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Die Saison von Juventus: Mit dem Catenaccio zurück zu alter Stärke?

25. Februar 2024 | Spotlight | BY Philipp Overhoff

Rein punktemäßig spielt Juventus die beste Saison seit vier Jahren. Auch wenn die Bianconeri noch nicht an Spitzenreiter Inter herankommen, zeigt die Entwicklungskurve in der norditalienischen Metropole wieder in die richtige Richtung. Eine Analyse.

Juventus: Die Zeiten der Dominanz sind vorbei

Hinter Juventus liegen wahrlich turbulente Jahre. Nach sage und schreibe neun Meisterschaften in Folge (2012-2020) verspielte die Alte Dame in einem rekordverdächtigen Tempo ihre Vormachtstellung im italienischen Fußball. Nach zwei vierten Plätzen in den darauffolgenden Jahren markierte die vergangene Saison den vorläufigen Tiefpunkt des Turiner Absturzes.



In diesen Zeitraum fiel auch der Skandal um die Bilanzfälschung, infolgedessen der Klub zu einem Abzug von zehn Punkten verurteilt wurde. Letztendlich konnte sich Juve in der vergangenen Saison noch auf den siebten Platz retten, der theoretisch immerhin zur Teilnahme an der Europa Conference League berechtigt hätte. Die UEFA schloss den Verein wegen der finanziellen Unregelmäßigkeiten jedoch vom Wettbewerb aus.

In der aktuellen Saison spielt Juventus daher zum ersten Mal seit 2011/2012 in keinem internationalen Wettbewerb und kann sich voll und ganz auf das Abschneiden in der heimischen Serie A konzentrieren, was der Mannschaft von Massimiliano Allegri gut zu gelingen scheint. Nach 25 Spieltagen steht die Alte Dame mit 54 Punkten hinter Spitzenreiter Inter auf dem zweiten Tabellenplatz.

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Voller Fokus auf die Serie A

Der aktuelle Punkteschnitt von 2,16 pro Spiel ist dabei der beste seit vier Jahren und sorgt dafür, dass sich Juve momentan klar auf Champions-League-Kurs befindet. Die Rückkehr zum Erfolg gelingt den Bianconeri mit der altbewährten Devise: die Null muss stehen. Mit gerade einmal siebzehn Gegentoren stellt das Allegri-Team die zweitbeste Defensive der Liga und kann bereits zwölf weiße Westen aufweisen.

Während der italienische Rekordmeister in den abgelaufenen Saisons oft mit einer Viererkette spielte, stellt Allegri seine Mannschaft in dieser Spielzeit wieder in einer Fünferkette auf. Das Zentrum der Defensive bildet dabei Bremer, der Brasilianer ist unumstrittener Abwehrchef und besitzt hinter Dušan Vlahović mit 50 Millionen Euro den zweithöchsten Marktwert des gesamten Kaders.

(Photo by Valerio Pennicino/Getty Images)

Flankiert wird der 26-Jährige zumeist von seinem Landsmann Danilo. Der frühere Außenverteidiger nimmt aufgrund des mittlerweile mangelnden Tempos die rechte Innenposition in der Dreierkette ein und überzeugt dabei zuverlässig. Als dritter Innenverteidiger fungiert in den meisten Fällen Frederico Gatti, aber auch Alex Sandro und Daniele Rugani kommen hier auf Einsatzzeiten.

Auf der Position des rechten Schienenspielers hat sich mittlerweile Andrea Cambiaso festgespielt. Der beidfüßige Italiener kehrte vor der Spielzeit von seiner Leihstation beim FC Bologna zurück und ist bei Juve mittlerweile eine feste Größe. Die linke Schiene der Fünferkette wird von Filip Kostic bekleidet, der in bester Eintracht-Frankfurt-Manier die Außenbahn rauf und runter marschiert.

Minimalismus statt Hurra-Fußball

Ein Blick auf die Statistiken verrät dabei, dass die Alte Dame ihre Stärken ganz klar im Spiel gegen den Ball hat. Mit nur 47,8 Prozent Ballbesitz im Schnitt überlässt Juve den zumeist individuell unterlegenen Gegnern die Spielkontrolle und agiert abwartend aus der eigenen Defensive heraus. Bezeichnend: Bereits sechs Partien gewannen die Turnier mit 1:0, kein anderes Ergebnis produzierten sie in dieser Saison so oft.

Dieser offensive Pragmatismus ist von Allegri einkalkuliert und sogar gewollt. Auch wenn seine Mannschaft mit 454,20 Millionen Euro immer noch den viertteuersten Kader der Serie A besitzt, so geht dem Team die individuelle Qualität vergangener Jahre etwas ab. Mit Vlahović (13) und Frederico Chiesa (6) erzielten nur zwei Spieler mehr als fünf Saisontore, die viert- und fünfbesten Torschützen sind mit Gatti (3) und Bremer (2) dann schon zwei Innenverteidiger.

(Photo by Alessandro Sabattini/Getty Images)

Insbesondere Vlahović ist für das Spiel der Norditaliener unverzichtbar. Der Serbe erlebt derzeit eine Art Comeback-Saison, nachdem er im vergangenen Sommer eigentlich hätte verkauft werden sollen. In der letzten Spielzeit konnte der einst für über 80 Millionen Euro von der Fiorentina geholte Stürmer insgesamt nur zehn Tore verbuchen, in diesem Jahr sind es bereits dreizehn. Im gegnerischen Strafraum ist der 23-Jährige ein permanenter Gefahrenherd, pro Spiel kommt er 5,5-mal im Sechzehner an den Ball und gibt dabei 3,7 Torschüsse ab. Beides sind im europaweiten Vergleich absolute Top-Werte.

Wird Juve gerade entschlüsselt?

Auch wenn die Bianconeri klar auf Champions-League-Kurs liegen und sich in dieser Saison zweifelsohne wieder auf dem Weg in die richtige Richtung befinden, so schlich sich in den letzten Wochen doch ein kleiner Schlendrian in die Ergebnisse ein. Seit vier Serie-A-Partien wartet man in Turin auf einen Sieg, in diesem Zeitraum holte die Mannschaft nur vier Punkte.

Ende Januar befand sich Juve sogar noch auf Tuchfühlung mit Spitzenreiter Inter Mailand, mittlerweile ist der Rückstand aber auf neun Punkte angewachsen. Auch kleine Gegner wie Empoli, Udinese oder zuletzt Hellas Verona setzten der Alten Dame zu, fast ein Drittel aller Saison-Gegentore fing sich Keeper Wojciech Szczęsny im letzten Monat.

Zur Wahrheit gehört aber auch, dass Allegri zuletzt immer wieder auf Teile seiner Stammkräfte verzichten musste. Adrien Rabiot, Kostic, Bremer und Danilo verpassten allesamt mindestens eine Partie. Sofern der exzentrische Trainer seine im Verlauf der Saison entdeckte Lieblingsformation (siehe Grafik) aufstellen kann, stimmen die Resultate in aller Regel.

Quelle: whoscored.com

Bleibt aus Juve-Sicht also zu hoffen, dass alle Spieler in naher Zukunft wieder auf das Feld zurückkehren können und der Mannschaft dabei helfen, die aktuelle Mini-Ergebnis-Krise zu überwinden. Am Sonntag trifft Juventus Turin zu Hause auf Frosinone Calcio, drei Punkte sind dabei absolute Pflicht. So oder so: Die Alte Dame wandelt in der Saison 2023/2024 wieder auf dem richtigen Pfad. Und das sogar im guten alten Catenaccio-Style.

(Photo by Alessandro Sabattini/Getty Images)


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