Nach gefeiertem Scudetto-Sieg: Napoli steht Umbruch bevor – folgt nächste Saison der Absturz?

24. Juni 2023 | Spotlight | BY Lea Selin Thomas

Spotlight | Der 33. Spieltag der Serie-A-Saison 2022/23 war für die SSC Napoli ein historisches Ereignis: Zum dritten Mal in der Vereinsgeschichte und erstmals seit 1990 konnten die Azzurri den Scudetto holen – auf beeindruckende Art und Weise: Fünf Spieltage vor Schluss betrug der Vorsprung auf den ersten Verfolger Lazio Rom stolze sechzehn Punkte.

Die Mannschaft von Trainer Luciano Spalletti blickt auf eine herausragende Saison zurück, an die es nach der Sommerpause anzuknüpfen gilt. Fraglich ist nur, ob das angesichts der vielen bevorstehenden Veränderungen gelingen wird.

Trotz Meisterschaft: Napoli droht Verlust einiger Top-Stars, Spalletti sagt Ciao

Im Anschluss an das 1:1 gegen Udinese Calcio am 33. Spieltag der abgelaufenen Serie-A-Saison herrschte in der Stadt am Vesuv der absolute Ausnahmezustand. Hunderttausende Anhänger der Partenopei feierten auf den Straßen und vor den Toren des Stadio Diego Armando Maradona die erste italienische Meisterschaft seit 33 Jahren. Ganz Napoli stand Kopf – die Euphorie über den langersehnten Gewinn des Scudettos ist auch jetzt, über einen Monat nach der legendären Meisterfeier, noch immer spürbar.

Möglicherweise wird die Freude aber bald getrübt, denn der Sommer bedeutet für Vereine bekanntlich eine Menge Veränderungen – diese könnten Napoli nun besonders hart treffen. Mit Coach Luciano Spalletti (64) hat bereits einer der Protagonisten des historischen Scudetto-Sieges seinen Abschied verkündet. „Ich muss ein Jahr aussetzen. Ich bin ein bisschen müde“, begründete der Italiener seine Entscheidung gegenüber der Öffentlichkeit und gab außerdem an, in der nächsten Saison auch kein anderes Team betreuen zu wollen. Ein Nachfolger steht bereits fest: Rudi Garcia (59, zuletzt Al-Nassr) übernimmt das Amt des Meistertrainers.

Spallettis Rücktritt bedeutet für Napoli einen herben Verlust, der zudem aller Voraussicht nach nicht der einzige bleiben wird: Innenverteidiger Min-jae Kim (26), den man im Juli des vergangenen Jahres von Fenerbahce holte, steht übereinstimmenden Medienberichten zufolge unmittelbar vor einem Wechsel zum FC Bayern. Im Dress der Azzurri entwickelte sich der Südkoreaner zu einem Spieler von Weltklasse-Format – nicht umsonst liegt sein Marktwert inzwischen bei rund 60 Millionen Euro.

Neben Kim waren zwei weitere Akteure maßgeblich daran beteiligt, die Meisterschaft zurück in die Hauptstadt Kampaniens zu holen: Victor Osimhen (24) und Khvicha Kvaratskhelia (22). Zusammen erzielte das Duo im Rahmen der Spielzeit 2022/23 wettbewerbsübergreifend 45 Tore, zudem gelangen 22 Vorlagen. Sowohl Osimhen als auch „Kvaradona“ reiften bei Napoli zu Top-Stars heran, stehen bei den größten Klubs Europas auf der Liste und dürften nur schwer zu halten sein, sollte einer dieser Vereine tatsächlich all-in gehen.



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Napolis Präsident Aurelio De Laurentiis (74) scheint zumindest einen Abgang von Osimhen mit (fast) allen Mitteln verhindern zu wollen. So versah er seinen Torjäger zuletzt mit einem absurd hohen Preisschild von satten 180 Millionen Euro. In der Vergangenheit hat der 74-Jährige bereits oft genug bewiesen, dass er in Verhandlungen äußerst stur bleibt und von einmal gestellten Forderungen nicht mehr abrückt. Dass ein europäischer Verein einen derart hohen Preis für Osimhen zahlen könnte, darf im Augenblick angezweifelt werden.

Stand jetzt sieht es also danach aus, als würde Osimhen auch in der kommenden Saison das Trikot der Partenopei tragen. Der Abgang von Kim hingegen scheint kaum noch abwendbar und auch die Zukunft von Kvaratskhelia ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch völlig offen. Manchester City und Real Madrid sollen den Georgier beobachten. Und: Real Madrid hätte offensiv theoretisch nach vier Abgängen sogar Bedarf. Es bleibt abzuwarten, wie sich die Dinge in der Personalie Kvaratskhelia entwickeln werden.

Khvicha Kvaratskhelia im Trikot der SSC Napoli

(Photo by Alessandro Sabattini/Getty Images)

Positiv im Hinblick auf die bevorstehende Spielzeit sind die Vertragsverlängerungen einiger Stammkräfte, darunter Amir Rrahmani (29) und Stanislav Lobotka (28). Auch das Arbeitspapier von Torhüter Alex Meret (26) soll – wenn alles nach Plan läuft – um ein weiteres Jahr verlängert werden. Für die Klubführung besteht die größte Herausforderung in erster Linie darin, die Meistermannschaft weitestgehend zusammenzuhalten und Abgänge bestmöglich zu kompensieren. Sollte dies einigermaßen gelingen, könnte die Gefahr eines möglichen Einbruchs in der Saison 2022/23 gedämmt werden.

Präsident De Laurentiis hat seine Ziele klar formuliert: „Meiner Meinung nach war der Scudetto ein erster Stein, ein Ziel, das wir seit Jahren angestrebt hatten und das wir endlich erreicht haben“, ließ der gebürtige Römer zuletzt verlauten. „Ich hoffe, dass dies der Beginn eines Weges ist, den die Napoli-Fans verdienen. Ich würde gerne das Champions-League-Finale erreichen.“ Die Erwartungen sind also hoch – an die Spieler und auch an Garcia, der sich als neuer Coach des Scudetto-Siegers erst einmal beweisen muss. Es besser zu machen als sein Vorgänger, ist eine Mammutaufgabe, die schwieriger kaum sein könnte.

Zumal abzuwarten bleibt, welche stilistischen Veränderungen der neue Übungsleiter vornehmen wird. Um diese durchzuführen, müssen die Abgänge durch Spieler ersetzt werden, die seinen Vorstellungen entsprechend. Da er erst seit kurzer Zeit im Amt ist, laufen die Gespräche mit den Verantwortlichen über konkrete Ziele auch noch nicht lange. Vieles wird also davon abhängen, wie schnell die Wunschspieler verpflichtet werden können und wie schnell es Garcia gelingt, seine Ideen auf die Mannschaft zu übertragen. Die Basis in Neapel ist noch immer gut, Vorsicht sollte aber allemal geboten sein.

(Photo by CIRO FUSCO/POOL/AFP via Getty Images)

Lea Selin Thomas

Lebt die Rivalität zwischen den Mailänder Klubs und trägt die rot-schwarzen Farben. Bedauert sehr, dass sie die sportliche Blütezeit der Rossoneri um ein paar Jahre verpasst hat.


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