Mit Ex-Bayern-Juwel und klugen Köpfen: Wie Bologna die Serie A rockt

30. Dezember 2023 | Serie A | BY Michael Bojkov

Das Team der Stunde in Italien heißt Bologna. Mit einer ehemaligen Bayern-Hoffnung im Sturm und reichlich Fachkompetenz mischen die Rossoblu inmitten von Mailänder und Römer Topklubs um die vorderen Plätze mit. Über einen Überflieger, dessen Erfolg jedoch absehbar war.

Ein Ex-Bayer als Aushängeschild des Aufschwungs

Vor vier Jahren noch sahen einige den designierten Nachfolger für Robert Lewandowski in ihm. Seine Zeit beim FC Bayern fand nach Leihstationen in Parma und Anderlecht schließlich aber doch ein überraschend schnelles Ende: Im August 2022 zog es Joshua Zirkzee (22) für 8,5 Millionen Euro zum FC Bologna in die Serie A. Dort hatte er zunächst mit Ladehemmungen zu kämpfen, schaffte es in der ersten Saison auch nicht über den Status eines Ersatzspielers hinaus.



Der berühmte Knoten platzte erst in der laufenden Spielzeit, in der dem Niederländer in 17 Ligaspielen bereits sieben Treffer gelangen. Angesichts der Tatsache, dass der FC Bologna mit gerade einmal 10,8 Torschüssen pro Partie ligaweit die zweitwenigsten abgibt, ist das ein solider Wert. So ist es auch wenig verwunderlich, dass der 22-Jährige auf einen Expected-Goals-Wert von gerade einmal 4,64 kommt. Diese Zahl wiederum zeigt, wie effektiv Zirkzee seine Chancen nutzt.

Mehrere Klubs aus dem In- und Ausland sollen sich bereits um den Angreifer bemühen, für den sich der FC Bayern laut Fabrizio Romano mehrere Klauseln gesichert haben soll. Wie der Transfer-Insider berichtet, kassieren die Münchner im Falle eines Weiterverkaufs 50 Prozent der Ablöse. Gleichzeitig kann sich der deutsche Rekordmeister den Niederländer für 20 Millionen Euro aus Bologna zurückkaufen – eine Option, die Christoph Freund und Co. zumindest im Hinterkopf behalten dürften.

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Zirkzee ist aber nicht das einzige Aushängeschild des jüngsten Aufschwungs von Bologna. Neben dem Niederländer hat vor allem Lewis Ferguson (24) eine bemerkenswerte Entwicklung hingelegt. Bereits in seiner Debütsaison 2022/23 hat der Zehner sieben Treffer erzielt, was für einen Mittelfeldspieler eine durchaus bemerkenswerte Zahl ist. Auch in der laufenden Spielzeit konnte Ferguson bereits viermal netzen und hat sich damit schon jetzt als torgefährlichster Schotte in die Geschichtsbücher der Serie A geschrieben.

Dass zwei Offensivmänner im großen Stile auf sich aufmerksam machen, erweckt fast den Eindruck, als sei begeisternder Angriffsfußball das Erfolgsrezept der Norditaliener. Dabei ist im Grunde das Gegenteil der Fall: Der Schlüssel zum Sieg liegt beim FC Bologna in der eigenen Spielfeldhälfte.

Unter Thiago Motta zum Bollwerk

Ex-Profi Thiago Motta (41), der seit September 2022 die Geschicke in Bologna leitet, legt großen Wert darauf, hinten kompakt zu stehen und dem Gegner den Spaß am Fußball zu rauben. Mit zwölf Gegentreffern stellt der FC Bologna die drittbeste Defensive der Liga, achtmal bereits behielten die Rossoblu die weiße Weste, was nicht zuletzt auch Keeper Lukasz Skorupski zu verdanken ist. Der Pole ist bereits seit 2018 im Verein und hat spätestens in der laufenden Saison auch die letzten Herzen der Anhängerschaft gewonnen. Mit 79,6 Prozent abgewehrten Schüssen gehört er in dieser Kategorie zu den besten Europas und hat damit einen maßgeblichen Anteil daran, dass seine Mannschaft von der Teilnahme am Europapokal träumen darf.

Thiago Motta hat aus dem FC Bologna ein Defensivbollwerk geformt, das um die Champions-League-Plätze mitspielt. (Photo by Alessandro Sabattini/Getty Images)

Die Qualifikation für das internationale Geschäft wäre wahrlich ein Erfolg für den FC Bologna und seine Fans, die vor rund zehn Jahren noch den finanziellen Bankrott fürchten mussten. Auch Klubpräsident Giuseppe Saputo (59) lechzt nach der ersten Europapokal-Teilnahme seit 1999, damals im UEFA-Cup. Für den Kanadier wäre eine Platzierung in den Top sechs gleichzeitig eine Bestätigung: Bei seiner Übernahme 2015 kündigte er nämlich an, den FC Bologna innerhalb von zehn Jahren groß rausbringen zu wollen. Wieder groß rausbringen. Schließlich blicken die Rossoblu mit sieben gewonnenen italienischen Meisterschaften auf eine durchaus erfolgreiche Vergangenheit, die allerdings schon weit zurückliegt.

FC Bologna: Kluges Spieler-Recruitment als Erfolgsformel

Dass Saputo es aber ernst meinte, wurde schnell klar. Seit der Übernahme hat sich der FC Bologna nicht nur stets in der italienischen Beletage gehalten, auch machten sich die Rossoblu als Entwicklungsverein einen Namen. Zu verdanken ist das dem starken Spieler-Recruitment der Norditaliener, das in den letzten Jahren Spieler wie Takehiro Tomiyasu (25), Aaron Hickey (21), Nicolás Dominguez (25), oder Jerdy Schouten (26) hervorbrachte. Sie alle kamen als unbeschriebenes Blatt nach Bologna, wo sie sich zu gestandenen Fußballprofis entwickelten und schließlich gewinnbringend zu größeren Klubs verkauft wurden.

Takehiro Tomiyasu

Reifte in Bologna zum Fußballprofi und hilft mittlerweile dem FC Arsenal im Titelrennen der Premier League: Takehiro Tomiyasu. (Photo by Alessandro Sabattini/Getty Images)

Seit der Installation von Giovanni Sartori (66) als neuer technischer Direktor im Sommer 2022 verpflichtet der FC Bologna vermehrt auch etablierte Spieler wie etwa den Ex-Hoffenheimer Stefan Posch (26) oder Remo Freuler (31), der jahrelang eine Stütze bei Atalanta war. Auch Zirkzee war zumindest kein komplett Unbekannter auf dem Spielermarkt. Der etwas modifizierte Weg sollte sich aber keinesfalls als minder erfolgreich herausstellen.

Im Gegenteil: Unter Motta, der als Spieler über 500 Partien für unter anderem PSG, Inter und den FC Barcelona bestritt, scheint der Klub auch endlich die Früchte der eigentlich seit Jahren so erfolgreichen Arbeit ernten zu können. Eigentlich, weil das Projekt zwar immer vielversprechend aussah und auch der später an Krebs verstorbene Trainer Sinisa Mihajlovic (†53) hervorragende Arbeit leistete. Für den Sprung ins erste Tabellendrittel reichte es unter dem Serben aber nie, auch weil es letztlich an Konstanz in den Resultaten mangelte.

Unter Motta ist die Mannschaft nochmal reifer geworden – und das spiegelt sich auch in den Ergebnissen wieder: Seit seinem Amtsantritt im September letzten Jahres konnte Bologna fast die Hälfte aller Spiele gewinnen. In der laufenden Spielzeit mussten die Rossoblu erst zwei Niederlagen hinnehmen und durften Weihnachten auf Platz vier verbringen – vor der Fiorentina, Napoli, Atalanta und den Römer Klubs. Der Traum vom europäischen Geschäft ist plötzlich mehr als eine Illusion in Bologna.

Michael Bojkov

(Photo by Alessandro Sabattini/Getty Images)

Michael Bojkov

Lahm & Schweinsteiger haben ihn einst zum Fußball überredet – mit schwerwiegenden Folgen: Von Newcastle über Frankfurt bis Cádiz saugt Micha mittlerweile alles auf, was der europäische Vereinsfußball hergibt. Seit 2021 bei 90PLUS und vorwiegend in Spanien unterwegs.


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