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Arsenal | Mikel Arteta FC – Wie aus einer Vision Realität wird…

8. Januar 2020 | Spotlight | BY Chris McCarthy

Nach drei Jahren als Pep Guardiolas rechte Hand bei Manchester City, kehrt Mikel Arteta als Trainer zum FC Arsenal zurück. Hier sprach er schon als Spieler von seiner Vision und hier möchte er sie in die Tat umsetzen.

Dunkelgrauer Anzug, weißes Hemd und einen dünnen schwarzen Pullover darüber. Mit seriösem Auftreten und selbstbewusstem Gang betritt Mikel Arteta am 20. Dezember 2019 erstmals als Trainer des FC Arsenal das Vereinsgelände im Norden Londons. Der Spanier mit der ernsten Miene, dessen akkurat zurechtgelegtes, schwarzes Haar an die Frisur eines Lego-Männchens erinnert, begrüßt seine Mitarbeiter und Spieler.

Vor drei Jahren noch war er selbst ein Spieler bei den Gunners, wenngleich seine Art und seine Worte keinen Zweifel daran aufkommen ließen, dass er eines Tages an der Seitenlinie stehen würde.

Mikel Arteta FC

Mai 2014. Der beim FC Everton noch so offensivhungrige Mikel Arteta ist seit seinem Wechsel zu Arsenal im Sommer 2011 mittlerweile im defensiveren Bereich der Schaltzentrale beheimatet. Hier kommt seine größte Stärke am besten zur Geltung: Sein Spielverständnis. Er dirigiert seine Mitspieler, gibt mit wohl überlegten und präzisen Pässen das Tempo vor.

Arteta bekommt schnell den Ruf als verlängerter Arm von Trainer Arsene Wenger. Der damals 32-jährige Kapitän führt ein Interview mit dem Arsenal Magazine. „Die Spieler sagen immer, ich werde eines Tages Trainer werden. Und ja, ich würde es lieben, eines Tages einen Kader und Mitarbeiter zu managen. Ich habe das in mir“, betont Arteta.

(Photo by David Rogers/Getty Images)

Auf die Frage, wie denn eine Mannschaft beim „Mikel Arteta FC“, aussehen würde, hat er umgehend eine detaillierte Antwort parat, beinahe schon eine Vision: „Meine Philosophie wird klar sein. Jeder wird 120% engagiert sein, das ist der erste Punkt. Wenn nicht, dann spielt man nicht für mich. Außerdem möchte ich, dass der Fußball aussagekräftig und unterhaltsam ist. Ich kann kein Fußball-Konzept haben, bei dem alles auf den Gegner ausgelegt ist. Wir müssen das Spiel diktieren, die Initiative ergreifen und die Leute unterhalten, die uns zuschauen. Von diesen Dingen bin ich 100% überzeugt und ich glaube ich könnte es tun.“

Zwei Jahre und zwei Pokalsiege später hängt Arteta im Sommer 2016 mit 34 Jahren letztendlich die Fußballschuhe an den Nagel. Nach 284 Premier-League-Spielen, war es nun Zeit, die ersten Schritte als Trainer zu gehen, und zwar direkt als Assistent des großen Pep Guardiola bei Manchester City.

Telefonat mit Guardiola als Grundstein

Arteta und Guardiola kannten sich aus ihrer gemeinsamen Zeit beim FC Barcelona und blieben in Kontakt. 2011 wurde allerdings erst der Grundstein für die zukünftige Zusammenarbeit gelegt.

Guardiola, zu diesem Zeitpunkt noch Trainer bei den Katalanen, musste in der Champions League gegen den FC Chelsea ran. Das kahlköpfige Taktikgenie rief Arteta an, um ein paar Eindrücke über den kommenden Gegner zu sammeln. Immerhin war dieser zu diesem Zeitpunkt bereits sechs Jahre auf der Insel und kannte die Teams der Premier League bestens.

Die Informationen, das taktische Detail und die prägnante Art des 29-jährigen Arteta sollen Guardiola laut einem Bericht von The Athletic tief beeindruckt haben. So sehr, dass er sich bei der Zusammenstellung seines Trainerstabs bei Manchester City an das Telefonat erinnerte und Arteta einen Einstieg ermöglichte.

Guardiola und Arteta auf einer Wellenlänge

Schon nach wenigen Wochen der Saison 2016/2017 würde man Guardiola und Arteta in Diskussionen vertieft auf der Bank der Cityzens sehen. Aufgrund der nahezu besessenen Blicke und der wilden Handgesten konnte man nur erahnen, in welchem taktischen Kosmos sich die beiden zuweilen aufhielten. Die Spanier schienen auf einer Wellenlänge zu sein.

(Photo by OLI SCARFF/AFP via Getty Images)

Auf dem Platz erntete die Zusammenarbeit schnell Früchte. Nach einem Jahr der Transition, in dem sich der Kader Manchester Citys an die anspruchsvollen Vorgaben Guardiolas gewöhnte, folgte 2017/2018 eine Machtdemonstration in der Premier League. Mit schwindelerregendem Kombinationsfußball stellte Manchester City in Sachen Siege (32), Punkte (100) und Tore (106) neue Rekorde auf und wurde bequem mit 19 Punkten Vorsprung Meister.

Arteta leistete seinen Teil. „Er hat mir unglaublich geholfen, vom ersten Tag an“, blickte Guardiola 2019 auf einer Pressekonferenz zurück, „Er hat eine unglaubliche Arbeitsmoral und er hat ein besonderes Talent dafür, zu analysieren was gerade passiert, und dafür Lösungen zu finden.“

Arteta „hat einfach immer Recht“

Ein prominentes Beispiel für seine Arbeit ist die Entwicklung Raheem Sterlings. Nach seinem Wechsel von Liverpool zu Manchester City erntete der Engländer schnell die Reputation eines Chancentodes.

Nach nur sieben Treffern 2016/2017 erzielte Sterling im Meisterjahr 18 Tore und bereitete 15 weitere vor. Guardiola führte das auf die Arbeit seines Co-Trainers zurück: „Mikel Arteta arbeitet viele, viele Stunden und Tage nach dem Training speziell an der letzten Aktion auf dem Platz, die Kontrolle im letzten Moment, die richtige Bewegung zu machen und Raheem wollte auf dem Trainingsplatz bleiben und lernen.“

(Photo by Richard Heathcote/Getty Images)

Auch Leroy Sané erlebte einen Leistungssprung und bedankte sich im Buch „Pep’s City“ dabei ausdrücklich bei Arteta: „Leute fragen mich immer, wie es ist, unter Pep zu trainieren, aber die Sachen, die ich von Mikel Arteta gelernt habe, wir sprechen über meine Bewegungen, was ich in speziellen Momenten mit dem Ball machen soll, er hat einfach immer Recht!“

Im zweiten Anlauf zu Arsenal

Bei Arsenal nahm man die Entwicklung Artetas zur Kenntnis. Im Mai 2018, als Arsene Wenger nach beinahe 22 Jahren zurücktrat, empfand man die Fußstapfen für den damals 37-Jährigen allerdings noch als zu groß. Sein erfahrener Landsmann Unai Emery erhielt den Zuschlag für den Trainerposten.

Während Arteta und Manchester City in einem Herzschlagfinale den Titel gegen Liverpool verteidigten, konnte auch Emery die Stagnation des FC Arsenal nicht aufhalten und wurde bereits in der Folgesaison nach 13 Spieltagen entlassen.

Arteta kristallisierte sich schon bald als Favorit für die Nachfolge heraus. Guardiola wollte seine rechte Hand unbedingt halten, besonders während der Saison, wollte ihm allerdings keine Steine in den Weg legen: „Du kannst das nicht aufhalten“, sagte der 48-Jährige unmittelbar vor dem Wechsel auf einer PK, „er muss seine Träume verfolgen, ich bin mir ziemlich sicher, dass er einen großartigen Job machen wird.“

Arsenal auf der Suche nach Identität

Bei seinem Ex-Klub wartet auf Arteta eine Menge Arbeit. Der einstige Dauergast der Champions League dümpelt seit nun drei Jahren in der Europa League herum. In der Tabelle sind die Gunners auf Platz elf angelangt. Der mitreißende Kombinationsfußball, der sogenannte Wengerball, mit dem Arsenal so lange die Fußballinsel verzauberte, ist meilenweit entfernt. Die Mannschaft wirkt leblos und lethargisch.

(Photo by Dan Mullan/Getty Images)

„Hat Arsenal seine Identität verloren?“, wurde Arteta bei seinem ersten Interview von der vereinseigenen Website gefragt. Für eine Sekunde hob der 38-Jährige seine Augenbrauen an, ehe die gewohnt fokussierte Miene in sein Gesicht zurückkehrte: „Leider ja, das ist mein Gefühl und das muss ich wiederherstellen. Wir haben jetzt nicht viel Zeit. Die Spieler müssen die Idee verstehen, die ich ihnen nahe bringen möchte. Und langsam wird man die Veränderungen sehen und wo wir hin wollen. Die Richtung wird sehr klar sein und nicht verhandelbar. Die Spieler müssen an Bord sein, mit der richtigen Einstellung, Leidenschaft und Engagement. Schritt für Schritt werden wir uns verbessern und die für uns richtige Identität erreichen.“

Die ersten Schritte sind getan

Die ersten Charakterzüge sind verheißungsvoll. Nach nur drei Spielen strotzt Arsenal plötzlich vor Intensität und Spielwitz. Ein Plan ist erkennbar, die Gunners wirken organisiert, pressen früh, forcieren Ballverluste und kombinieren sich dann zumeist über die Außen zum Torabschluss. Im dritten Anlauf gepaart mit der nächsten massiven Leistungssteigerung belohnte sich das Team auch mit dem ersten Sieg, ein souveränes 2:0 gegen Manchester United.

Ein Pierre-Emerick Aubameyang ist plötzlich grätschend am eigenen Strafraum zu finden und scheint dabei Spaß zu haben. Ein fast aussortierter Mesut Özil dirigierte wie zu seinen besten Zeiten mit Finten und unglaublichem Auge das Spielgeschehen. Darüberhinaus gehört der polarisierende Ex-Nationalspieler derzeit sogar zu den laufstärksten Spielern seiner Mannschaft.

Nach dem Spiel sagte Innenverteidiger David Luiz gegenüber Sky: „Arteta kann jeden Spieler verbessern. Er ist ein großartiger Trainer und er versteht Fußball. Ich glaube an seine Philosophie.“

Die Spieler sind an Bord. Der erste Schritt ist gemacht. Aus „Arteta FC“ wird allmählich Realität….

Chris McCarthy

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(Photo by ADRIAN DENNIS/AFP via Getty Images)

Chris McCarthy

Gründer und der Mann für die Insel. Bei Chris dreht sich alles um die Premier League. Wengerball im Herzen, Kick and Rush in den Genen.


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