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Was wurde eigentlich aus..? Teil 19: Martín Demichelis

14. April 2021 | Trending | BY 90PLUS Redaktion

Spotlight | Sieben Jahre lang war Martín Demichelis eine wichtige Säule in der Defensivabteilung des FC Bayern. Nun ist er wieder als Feuerwehrmann an der Säbener Straße im Einsatz, allerdings als Trainer der Amateure.

  • Martin Demichelis: Vom Spieler zum Trainer
  • Zweite Karriere beim FC Bayern
  • Vom Rebellen zum Retter?

Martín Demichelis: München als wichtigster Karrierepunkt

Manchmal wiederholt sich die Geschichte. Martín Gaston Demichelis erblickte am 20. Dezember 1980 in Justiniano Posse, einer kleinen argentinischen Gemeinde mit knapp 7.500 Einwohnern mitten in der Provinz, das Licht der Welt. Wer hätte damals geahnt, dass der Dreh- und Angelpunkt seiner Karriere das tausende Kilometer entfernte München werden sollte? Hier startete 2003 seine Karriere als Profi im europäischen Fußball und hier sollte über 15 Jahre später auch seine Trainerkarriere an Fahrt aufnehmen.

Doch von vorne. Demichelis‘ erste Vereinsstation war Complejo Deportivo in seiner Heimat. Dort kickte er, bis er 14 Jahre alt war, wechselte dann für die folgenden drei Spielzeiten zum Club Cesarini Rosario. Von dort gelang ihm der Sprung in den Profifußball.

Von River Plate hinaus in die Welt

Im Jahr 1998 startete Demichelis mit knapp 17 Jahren durch den Wechsel zu River Plate seine Profikarriere. Dort kam er bis 2003 auf 52 Einsätze und erzielte als Innenverteidiger sogar ein Tor. In seinen letzten beiden Spielzeiten in Buenos Aires gewann er dabei jeweils die Meisterschaft mit River Plate und konnte sich durch seine Leistungen auch in den Fokus europäischer Vereine spielen.

Im Sommer 2003 wechselte er dann aus seiner argentinischen Heimat an die Säbener Straße nach München. Mit einer Ablöse von knapp fünf Millionen Euro stellte er den zweitteuersten Neuzugang des FC Bayern in der Saison 2003/04 dar. Top-Transfer dieser Spielzeit war Roy Makaay, der für 19,75 Millionen Euro von Deportivo La Coruna an die Isar gekommen war. Sein Pflichtspieldebüt für die Münchener gab Demichelis am 30. August 2003 in der 1. Runde des DFB-Pokals. Gegenübergestellt sah er sich Borussia Neunkirchen, es gab einen 5:0-Pflichtsieg. Nach diesem wenig prominenten Gegner musste Demichelis warten, bis er sich gegen einen größeren Namen beweisen durfte. Erst am 7. Spieltag ließ ihn Ottmar Hitzfeld zu seinem ersten Bundesliga-Einsatz kommen, am 27. September 2003 in Rostock fand er sich in der Startelf wieder. Auch seinen ersten Treffer für den deutschen Rekordmeister konnte er bereits in der Hinrunde seiner ersten Saison feiern. Am 16. Dezember 2003 leitete er den 6:0-Auswärtssieg der Münchener in Freiburg mit einem Kopfballtreffer zum 1:0 ein.

Demichelis Bayern

Photo by Imago

Doch nach einem guten Start kam es in der Rückrunde zum Knick. Hitzfeld hatte in der Defensive viele Alternativen zur Verfügung, der Konkurrenzkampf war groß. Zwischenzeitlich zu groß für den jungen Argentinier, der es in der Rückrunde nur noch auf sechs Einsatze für die Profis brachte, davon keinen einzigen über die volle Zeit. Zwischenzeitlich wurde Demichelis 2004 von Hitzfeld gar zu den FC Bayern Amateuren degradiert, für die er ein Spiel absolvierte. Wer hätte geahnt, dass es genau dort 17 Jahre später zu einem möglicherweise bedeutenden Karrieresprung für den Argentinier kommen sollte? 

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Weißblaue Erfolgsgeschichte bei Bayern für Demichelis

Seine erste Saison bei den Bayern schloss Demichelis als Vizemeister hinter Werder Bremen ab. Nach der durchwachsenen Rückrunde 2003/04 zeigte seine Erfolgskurve in München steil nach oben. Den ersten Titel gewann er trotz der verpassten Meisterschaft 2004 mit den Bayern, sogar inklusive Revanche an Werder Bremen, als man sich im Ligapokal mit 3:2 durchsetzte. Der Trainerwechsel von Hitzfeld zu Magath bescherte Demichelis regelmäßige Einsätze von 2004-2007 – wenn auch primär im defensiven Mittelfeld und nicht auf seiner Stammposition als Innenverteidiger. Mit seiner Leistung stiegen auch seine Ansprüche und so kam es 2008 zum Eklat. Inzwischen wieder unter Ottmar Hitzfeld, ließ der Coach Demichelis zunächst mit Lucio und van Buyten ein Innenverteidiger-Trio bilden, bevor er den Argentinier wieder in das von ihm ungeliebte defensive Mittelfeld beorderte. Demichelis meuterte öffentlich auf einer Pressekonferenz und weigerte sich, weiter im defensiven Mittelfeld zu spielen. Hitzfeld ließ sich das nicht bieten und griff durch. Demichelis wurde vor der Partie gegen Energie Cottbus kurzfristig suspendiert.

Einer von zwei Eklats, die sich der temperamentvolle Defensiv-Akteur in seiner Zeit bei den Bayern leistete. Auch der zweite sprach für seinen persönlichen Ehrgeiz, als er 2010 unter Tulpengeneral van Gaal streikte. Van Gaal gab zum Saisonauftakt 2010/11 gegen Wolfsburg Badstuber und van Buyten den Vorzug in der Innenverteidigung. Das stieß bei Demichelis, der in der Vorsaison noch Stammspieler unter dem Niederländer war, auf Unverständnis. Seine Konsequenz war, dass er sich weigerte, in Wolfsburg auf der Ersatzbank Platz zu nehmen und seinen sofortigen Abschied ankündigte. Auch wenn die Verantwortlichen der Münchener nicht bereit waren, ihn umgehend ziehen zu lassen, war damit der Anfang vom Ende eingeläutet. Ein Martín Demichelis gibt sich nicht mit einer Reservistenrolle zufrieden, aus der er in dieser Saison aber nicht mehr herauskommen sollte und wechselte so zum Jahresbeginn 2011 nach Spanien.

Von der Bank in die La Liga

Über die Ablösemodalitäten wurde Stillschweigen vereinbart, im Raum stehen etwa drei Millionen Euro für Demichelis, die der FC Málaga an die Bayern überwies. Demichelis dankte es direkt mit einem Treffer im ersten Spiel für die Spanier. Insgesamt erzielte er dort bis 2013 als Verteidiger sieben Treffer in 84 Einsätzen und so machte sich der Transfer für beide Seiten bezahlt. Als sein Vertrag in Málaga im Sommer 2013 auslief, lehnte er die angebotene Verlängerung ab und wechselte ablösefrei zu Atlético Madrid, für das er nicht einen einzigen Einsatz haben sollte. Stattdessen wechselte er trotz Einjahresvertrags bereits zwei Monate nach seiner Verpflichtung zu Manchester City. Die Citizens banden ihn zunächst bis zum Sommer 2015, verlängerten dann erneut um ein Jahr mit dem Argentinier, der es auf 78 Premier-League-Spiele und drei Tore für City brachte und in der Saison 2013/14 die Meisterschaft mit den Skyblues holte.

Demichelis

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2016 zog es ihn dann zurück nach Spanien, zu Espanyol. Allerdings hatte Demichelis mit inzwischen Mitte 30 den Zenit seiner Karriere überschritten, nach nur zwei Einsätzen für die Katalanen wurde der Vertrag im Januar 2017 vorzeitig aufgelöst. Die Saison wollte er dennoch zu Ende bringen und schloss sich erneut dem FC Málaga an. Dort kam er noch einmal auf zehn Einsätze, bis er nach vorheriger Ankündigung im Sommer 2017 seine Profikarriere beendete.

Demichelis: Die Karriere nach der aktiven Zeit

Demichelis blieb Málaga auch nach seiner Zeit als aktiver Fußballer treu und startete hier seine zweite Karriere als Fußballtrainer. Bereits in der folgenden Saison 2017/18 agierte er als Co-Trainer von José Miguel González beim FC Málaga. Ein gutes Ende nahm diese Saison allerdings nicht, man stieg trotz zwischenzeitlichem Trainerwechsel als Tabellenletzter in die La Liga Segunda ab und spielt dort bis heute.

Die Jahre in München bildeten zweifellos den Glanzpunkt in der Karriere des Martín Demichelis. Mit keinem anderen Team feierte er mehr Erfolge (viermal deutscher Meister, viermal DFB-Pokalsieger, zweimal Ligapokal-Sieger, einmal Supercup-Sieger und einmal Champions-League-Finalist). Insofern mag es folgerichtig erscheinen, dass ihn sein Weg als Trainer zurück in die bayerische Landeshauptstadt führte. Zur Saison 2019/20 verpflichteten ihn die Bayern als Trainer der U19-Junioren. Der Nachwuchsbereich ist für die Münchener von großer Bedeutung und wird entsprechend gepflegt. Hier begannen unter anderem bereits Thomas Müller, Toni Kroos und David Alaba ihre Karriere. Im Trainerstab der Jugendabteilung sind neben Demichelis auch andere ehemalige Größen tätig, wie etwa Halil Altintop oder Tom Starke.

FC Bayern II: Mit dem Argentinier zum Klassenerhalt?

Kein schlechter Ort für Demichelis also, um seine Trainerkarriere voranzutreiben und er trat in namhafte Fußstapfen, löste bei der U19 nämlich Sebastian Hoeneß ab, der zum Trainer der zweiten Mannschaft aufstieg, mit dem bekannten Erfolg. Sprich: Hoeneß führte die kleinen Bayern zur Meisterschaft in der 3. Liga und beförderte sich selbst damit auf die nächste Karrierestufe, indem er Nachfolger von Julian Nagelsmann bei der TSG 1899 Hoffenheim wurde. Nachfolger von Sebastian Hoeneß wurde bei den kleinen Bayern, wo unter anderem Juwele wie Fiete Arp zu finden sind, Holger Seitz, der eigentliche sportliche Leiter des Nachwuchsleistungszentrums der Bayern. Allerdings lief es nicht rund für Seitz und seine Bayern, der Meister fand sich im Frühjahr 2021 in akuter Abstiegsgefahr wieder.

Demichelis Bayern

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Die Verantwortlichen zogen die Notbremse. Seitz kehrte an seine Ursprungsposition als Leiter des FC Bayern-Campus zurück und wird durch gleich zwei Nachfolger ersetzt. Der bisherige U17-Trainer der Bayern, Danny Schwarz (45) und Martín Demichelis feierten am Wochenende beim Derby gegen den FC Ingolstadt (2:2) ihr Debüt an der Seitenlinie bei der zweiten Mannschaft des FC Bayern. Zunächst war der Wechsel für den Sommer verkündet worden, wurde nun aber nach vier Niederlagen in Folge unter Seitz vorgezogen. Möglich machte dies auch der erwartete Abbruch der Junioren-Bundesligen, der Schwarz und Demichelis abkömmlich werden ließ. Zudem hat Schwarz kürzlich seine schriftliche Prüfung zum Fußballehrer abgeschlossen und dadurch mehr Kapazitäten. Aktuell finden sich die „kleinen Bayern“ auf Platz 16, also dem letzten Nichtabstiegsplatz wieder. Schwarz und Demichelis sollen den Nachwuchs also möglichst über dem Strich halten. Keine leichte Aufgabe, aber vielleicht genau die richtige für den ehrgeizigen Argentinier, der in seiner Karriere selbst gelernt hat, sich als junger Spieler durchzubeißen und dies nun weitergeben kann.

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Beitrag von: Katrin Arnoldy


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