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Weißt du noch? Als Schalke beim BVB die Meisterschaft verspielte

22. November 2017 | Spotlight | BY Manuel Behlert

Es war das 129. Revierderby zwischen Borussia Dortmund und dem FC Schalke 04 und es fand statt am 33. Spieltag der Saison 2006/07. Schalke unter Trainer Mirko Slomka fuhr als Tabellenführer und mit der Meisterschaft vor Augen nach Dortmund, der BVB wollte eine schlechte Spielzeit zumindest einigermaßen retten und dem Revierrivalen ein Bein stellen. Nach zuvor sieben vergeblichen Versuchen ein Derby zu gewinnen sollte dies auch gelingen.

Die Vorzeichen hätten unterschiedlicher nicht sein können. Schalke stand nach 32 Spielen mit 65 Punkten an der Tabellenspitze, gefolgt vom VfB Stuttgart (64), Werder Bremen (63) und dem FC Bayern (54). Dortmund stand mit 41 Punkten auf einem wenig zufriedenstellenden 9. Platz, befand sich nur wenige Wochen vorher noch auf einem Abstiegsplatz und konnte das Ruder gerade noch herumreißen.

 

Der psychologische Aspekt

Gerade die Tatsache, dass Dortmund sich aus einer prekären Lage herausgearbeitete hat und der Motivator, der emotionale Thomas Doll diese Mannschaft zumindest wieder in sichere Gefilde geführt hat, könnte beim BVB das entscheidende Puzzleteil gewesen sein, um am vorletzten Spieltag eben diese Leistung abzurufen. Nach zuvor vielen Misserfolgen gegen Schalke befand man sich nun in der Außenseiterposition, was aber besonders interessant war, ist die Tatsache, dass man trotz Platz 9 auf einmal etwas zu gewinnen hatte.

Der neue Anreiz bestand darin, dem Rivalen aus Gelsenkirchen etwas wegzunehmen. Dortmund träumte davon, Schalke wenigstens die Saison zu versauen und die Schalker hofften ihrerseits auf die langersehnte Meisterschaft. Die Vorstellung, den vorletzten Schritt in Dortmund, im Stadion des Gegners zu gehen, sollte Motivation genug sein. Und Schalke wusste, dass die Konkurrenz ihnen im Nacken hängt und wohl 6 Punkte aus den letzten beiden Spielen nötig wären. Hochmotiviert waren beide, wirklich etwas zu verlieren hatte aber nur Schalke.

(Photo by Lars Baron/Bongarts/Getty Images)

 

Aufstellungen und Torschützen

Borussia Dortmund: Weidenfeller, Metzelder, Brzenska, Wörns, Dede, Kruska, Kringe, Tinga (71. Gordon), Pienaar (71. Sahin), Smolarek, Frei (83. Valdez)

Thomas Doll änderte seine Aufstellung auf einer Position. Im Vergleich zum 2:0-Sieg gegen Wolfsburg rückte Christian Wörns in die Mannschaft, Metzelder wurde nach rechts geschoben und Degen musste pausieren. Nicht eingesetzt wurden eben jener Degen, Pirson, Kehl und Ricken.

FC Schalke 04: Neuer, Rafinha (73. Larsen), Bordon, Krstajic, Pander, Altintop, Ernst, Lincoln, Özil (79. Kobiashvilli), Asamoah (63. Halil Altintop), Kuranyi

Mirko Slomka konnte wieder auf Abwehrspieler Mladen Krstajic zurückgreifen, der Rodriguez aus der Verteidigung verdrängen konnte. Außerdem ersetzte der junge Mesut Özil den zuletzt formschwachen Kobiashvilli in der Offensive. Nicht eingesetzt wurden Tapalovic, Boenisch, Rodriguez und Bajramovic.

Torschützen: 1:0 Frei 44′ (Metzelder), 2:0 Smolarek 85′ (Metzelder)

 

Halbzeit 1: Rasante Anfangsphase, spätes Tor

Über 80.000 Zuschauer peitschten Borussia Dortmund von Beginn an nach vorne. Nach wenigen Sekunden hatte Alexander Frei die erste kleine Gelegenheit, auf der Gegenseite sorgte Marcelo Bordon erstmals für Gefahr. Kuranyi und Smolarek hatten ebenfalls Möglichkeiten – und danach waren erst 3 Minuten gespielt. Dortmund präsentierte sich kampfstark, Schalke war spielerisch überlegen und wirkte etwas abgeklärter, vor dem Tor fehlte aber die Präzision. Asamoah und Özil verfehlten in der Folge das Tor, danach nahmen die Nickligkeiten zu, Dortmund zog Schalke den Zahn und der Spielfluss ging verloren.

(Photo by Lars Baron/Bongarts/Getty Images)

Brzenska, Dede und Ernst holten sich die gelbe Karte ab, Altintop schoss nach 35 Minuten knapp vorbei, mehr war bis kurz vor der Halbzeit nicht drin. Özil scheiterte zunächst an Roman Weidenfeller, der glänzend reagierte. Dann folgte der Gegenzug des BVB, Rechtsverteidiger Christoph Metzelder brachte den Ball in die Mitte und Alexander Frei rutschte aus vollem Lauf in den Ball, bezwang Manuel Neuer und das Stadion bebte danach. Schalke hatte in einem recht ausgeglichenen Spiel zwar kleine Vorteile, das Ergebnis ging zur Halbzeit aber doch durchaus in Ordnung.

 

Halbzeit 2: Umständliche Schalker und der K.O.

Mirko Slomka motivierte seine Mannen in der Halbzeit noch einmal, die Kreativität fehlte aber auch zu Beginn der 2. Halbzeit. Thomas Doll arbeitete an der Seitenlinie wie verrückt, dirigierte seine Spieler und ließ die Schalker Offensivspieler immer wieder zu. Der sonst so häufig herausragende Spielmacher Lincoln konnte keine Akzente setzen, weil sich keinerlei Räume ergaben. Das Spiel verlagerte sich zwar in die Hälfte des BVB, die Nadelstiche in Form von Kontern waren aber weiterhin gefährlicher als die Schalker Angriffsbemühungen. Die Zeit lief den „Königsblauen“ davon, die Nervosität wurde immer größer, die eingewechselten Spieler hatten keinen entscheidenden Einfluss. Schalke musste in der Folge immer mehr riskieren, wodurch sich noch mehr Platz für den BVB ergab.

(Photo by Lars Baron/Bongarts/Getty Images)

Einer der Konter führte 5 Minuten vor dem Ende zum entscheidenden 2:0. Nach einer Offensivaktion der Schalker schaltete Dortmund schnell um und wieder einmal war es der überragende Christoph Metzelder, der den Polen Smolarek bediente. Smolarek versenkte den von Bordon abgefälschten Ball im Tor, Dortmund gewann das Spiel mit 2:0 und Schalke war die Tabellenführung los. Die Ausgangsposition vor dem letzten Spieltag hatte sich schlagartig geändert. Dortmund hatte noch Außenseiterchancen auf den UI-Cup, Schalke fuhrt mit 2 Punkten Rückstand nach Bielefeld. Die Meisterschaft für die Königsblauen war nahe, aber der VfB Stuttgart triumphierte am Ende durch einen Heimsieg am letzten Spieltag. Der Derbysieg der Dortmunder war also am Ende der Knackpunkt.

Manuel Behlert

Vom Spitzenfußball bis zum 17-jährigen Nachwuchstalent aus Dänemark: Manu interessiert sich für alle Facetten im Weltfußball. Seit 2017 im 90PLUS-Team. Lässt sich vor allem von sehenswertem Offensivfußball begeistern.


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