DFB-Pokal | Leipzigs Abgezocktheit lässt Freiburgs mutigen Auftritt unbelohnt – Das Finale in der Einzelkritik

22. Mai 2022 | Trending | BY Victor Catalina

Spotlight | Im Finale des DFB-Pokals 2022 bezwang RB Leipzig den SC Freiburg 5:3 nach Elfmeterschießen. Die Akteure in der Einzelkritik.

Freiburg zeigt Nerven vom Punkt – Leipzig in Unterzahl zum ersten Titel

In der 19. Minute eröffnete Maximilian Eggestein das Endspiel mit einem äußerst umstrittenen Treffer. Zuvor sprang Roland Sallai die Kugel klar an den Arm. Als Marcel Halstenberg in Minute 57 gegen Lucas Höler zur Notbremse griff, schien es, als sei die Partie zumindest vorentschieden. Dennoch kämpfte sich Leipzig zurück und kam eine Viertelstunde vor Schluss durch Christopher Nkunku auf die Anzeigetafel. Mit diesem Ergebnis ging es bis ins Elfmeterschießen. Dort zeigte der Sport-Club Nerven. Christian Günter beförderte seinen Versuch über das Tor, Ermedin Demirović traf lediglich die Unterkante des Querbalkens. Da Leipzig alle vier Versuche versenkte, dürfen sie nach den beiden verlorenen Endspielen 2019 (0:3 vs. Bayern) und 2021 (1:4 vs. Dortmund) im dritten Versuch den ersten, großen Titel der Vereinsgeschichte feiern! Die Einzelkritik zum Finale.

SC Freiburg: Gegen den Ball stark, vorne mit Alu-Pech

Mark Flekken: War stets zur Stelle, wenn er gebraucht wurde, starke Parade in der Schlussphase (82.). Sah beim Gegentreffer allerdings nicht gut aus (76.), wirkte danach phasenweise etwas verunsichert. Beim Elfmeterschießen chancenlos. Note: 3,0

Manuel Gulde (bis 105′): Manchmal etwas wackelig, auch im Spielaufbau nicht immer präzise. Dennoch hat auch er dazu beigetragen, dass Leipzig sich extrem schwertat, Lücken zu finden. Note: 3,0

Philipp Lienhart: Fing viele Bälle ab, war insbeondere auch in der Luft stark. Spielte den ein oder anderen starken Diagonalball, zu viele verpufften allerdings auch. Note: 2,5

Nico Schlotterbeck: Klärte, tackelte, rettete. In seinem letzten Spiel für den Sportclub war an Nico Schlotterbeck kein Vorbeikommen. Für ihn besonders bitter, dass es nicht zum Sieg gereicht hat. Note: 1,0

Lukas Kübler (bis 86′): Nicht immer ganz sauber in der Zweikampfführung, auch im Passspiel etwas unpräzise. Wurde nach dem Seitenwechsel stärker. Note: 3,5

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Maximilian Eggestein (bis 86′): Starkes und wichtiges Tor zum 1:0 (19.), ansonsten vor allem in der Arbeit gegen den Ball überzeugend. Mit der Kugel am Fuß wollte nicht alles gelingen, wobei die Ideen oftmals nicht schlecht waren. Note: 2,5

Nicolas Höfler: Unheimlich stark gegen den Ball, erstickte viele gegnerische Angriffsbemühungen früh im Keim. Highlight: Seine saubere Risiko-Grätsche im eigenen Strafraum. Allerdings: Doppelt schwerer Fehler in der ersten Halbzeit (24.), der beinahe zum Gegentor führte. Note: 2,0

Christian Günter: Verrichtete gewohnt viel Laufarbeit auf seiner linken Seite, hinterlief immer wieder. Gute Ideen mit Ball, gegen den Ball solide. Traf bei einem späten Distanzschuss nur die Latte (115.). Noch bitterer: Vergab im Elfmeterschießen. Note: 3,0

Roland Sallai (bis 79′): Sehr umtriebig. Bot sich gut zwischen den Linien an, suchte aber auch selbst den tiefen Laufweg und strahlte Gefahr aus. Gab die Vorlage zum 1:0 (24.), jedoch mit „Gschmäckle“, wie es auch manch einer in Baden zu sagen pflegt. Sallai war in der Torentstehung mit der Hand am Ball. Note: 2,5

Vincenzo Grifo: War als Spielmacher gefragt. Versuchte sich, dem gegnerischen Druck auszuweichen, in dem er etwas abkippte. Hatte viele gute Ideen, leitete mitunter das 1:0 ein. Zu viele seiner Bälle verpufften allerdings. Starker Freistoß (59.), zudem kurz vor Schluss noch mit einer guten Chance (120.+1). Note: 3,0

Lucas Höler (bis 79′): War aufmerksam gegen den Ball, lief aus einer 4-4-2-Formation gemeinsam mit Sallai an vorderster Front an. Provozierte die Rote Karte gegen Halstenberg (57.), indem er sich clever den Ball schnappte. War ansonsten allerdings wenig ins Spiel eingebunden. Note: 3,5

Einwechslungen des SC Freiburg

Ermedin Demirović (79. für Sallai): War nach seiner Einwechslung gut ins Angriffsspiel eingebunden, bekam einige (hochkarätige) Torchancen. Problem: Diese vergab er. Besonders der Nachschuss aufs leere Tor dürfte dem Schweizer eine schlaflose Nacht bereiten. Note: 3,5

Nils Petersen (79. für Höler): Auch er hatte vorne seine Momente, war zudem gegen den Ball präsent. Seinen Elfmeter verwandelte er souverän. Note: 3,5

Janik Haberer (86. für Eggestein): Nicht ganz sauber im Passpiel, dafür solide gegen den Ball. Hatte in derr Verlängerung einmal Pech, als er nur den Pfosten traf (104.). Note: 3,5

Jonathan Schmid (86. für Kübler): Biss sich in die Partie, tankte sich einmal ordentlich über seine rechte Seite durch. Ansonsten ein weitestgehend unauffälliger Auftritt des Franzosen, was ihm aber nicht zwingend negativ auszulegen ist. Note: 3,5

Keven Schlotterbeck (105. für Gulde): Hatte bei seinem verwandelten Elfmeter Glück, da er nicht gut platziert war und Gulasci mit der Hand noch am Ball war. – keine Bewertung

Christian Streich: Seine Jungs überzeugten insbesondere bei der Arbeit gegen den Ball. In Überzahl agierten die Freiburger jedoch zu zaghaft, hätten den Gegner offensiv mehr fordern müssen. Für die Idee, mit Petersen und Demirović in der Schlussphase nochmal mehr Durchschlagskraft zu bringen, kann man Streich wenig vorwerfen. Hintenraus hatte seine Mannschaft die Torchancen, scheiterte jedoch gleich mehrfach am Aluminium. Note: 3,5

Michael Bojkov

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Péter Gulácsi: In der 104. Minute lieferte er vielleicht den Moment des Spiels, zumindest für seine Mannschaft, als er den scharfen Abschluss von Janik Haberer an den Pfosten lenkte und seine dezimierte Mannschaft so im Spiel hielt. Hatte allerdings auch das nötige Glück auf seiner Seite, als Freiburg dreimal Aluminium traf, sowie im Elfmeterschießen bei den Versuchen von Christian Günter und Ermedin Demirovic. Note: 2,0.

Lukas Klostermann: Ließ über die rechte Seite nur wenig zu. Allerdings gelang ihm offensiv auch nicht viel. Ein durchwachsener Abend für den Nationalspieler. Note: 3,0.

Willi Orban: Wo ein Willi ist, ist auch ein Weg. Ging als Abwehrchef immer wieder voran. Hatte vor der Pause einen ordentlichen Versuch aus der Distanz, legte zudem Christopher Nkunku den Ausgleich auf – und verwandelte seinen Elfmeter sicher. Ließ sich allerdings auch einmal zu einfach von Roland Sallai auswackeln und hatte Glück, dass sein Versuch ans Außennetz ging. Note: 1,5.

Mohamed Simakan (bis 113′): Souveräner Part rechts in der Dreierkette. Ließ Freiburgs rechte Seite mit Roland Sallai und Lukas Kübler nur selten zur Entfaltung kommen. Machte in der 113. Minute Platz für Joško Gvardiol. Note: 3,0.

Benjamin Henrichs: Hatte in Minute 82 eine sehr gute Gelegenheit und leitete drei Minuten eine noch bessere für Dani Olmo ein. Defensiv ließ er sich als wingback nur wenig zu Schulden kommen. Im Elfmeterschießen zudem sicher. Note: 2,0.

Konrad Laimer (bis 99′): Konnte seine spielerischen Qualitäten in dieser Partie nur selten einbringen. War dafür entscheidend in der Entstehung des Ausgleichs beteiligt, als er den Nachklapp des Szoboszlai-Freistoßes nochmal für Willi Orbán scharf machte, sodass dieser auf Nkunku ablegen konnte. Nach 99 Minuten war sein Abend beendet. Tyler Adams kam für ihn. Note: 3,5.

Kevin Kampl (bis 69′): Wie Laimer wollte auch ihm spielerisch nicht viel gelingen, hielt dafür kämpferisch dagegen. In der Verlängerung machte er einmal die Tür zu laut zu, sodass ihn Sascha Stegemann des Feldes verwies. Note: 3,0.

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Marcel Halstenberg: Eigentlich mit solider Vorstellung. In Minute 57 stand er komplett schräg zum Geschehen und erwies den Seinen einen Bärendienst. Wenn – bei allem Respekt vor dem SC Freiburg – ein etwas schwergewichtigerer Gegner auf der anderen Seite steht, unterhalten wir uns über eine entscheidende Szene, die zur nächsten krachenden Niederlage in einem Pokalfinale führte. Note: 4,5.

Emil Forsberg (bis 61′): Leitete Leipzigs erste Chance in Minute 14, danach allerdings eher selten zu sehen, bis auf die RB-Druckphase nach der Pause. Musste nach dem Platzverweis von Halstenberg zugunsten von Nordi Mukiele weichen. Note: 3,5.

Christopher Nkunku: Einmal mehr Leipzigs Go-to-Guy. Als Leipzig zu Beginn der zweiten Hälfte Druck machte, hatte er die beste Möglichkeit. In einem Moment, in dem es schien, als würde Freiburg das 1:0 ins Ziel bringen, erlöste er die Seinen mit dem Ausgleich. Zudem im Elfmeterschießen borré-esk sicher. Note: 1,5.

André Silva (bis 61′): Der Portugiese hatte bei Nico Schlotterbeck und Philipp Lienhart einen denkbar schweren Stand. Kam über 61 Minuten auf lediglich einen Torschuss und musste zugunsten einer variableren Spitze mit Dominik Szoboszlai weichen. Note: 4,0.

Einwechslungen von RB Leipzig

Dominik Szoboszlai (ab 61‘): Wesentlich aktiver und beweglicher als André Silva. Einer seiner Freistöße wurde so abgeblockt, dass daraus das 1:1 entstand. Auch seine restlichen Standards waren durchaus interessant. Infolge seines Doppelpasses mit Henrichs entstand zudem noch eine Großchance für Dani Olmo. Note: 2,5.

Nordi Mukiele (ab 61′): Ersetzte den an diesem Abend glücklosen Emil Forsberg und konnte wesentlich mehr Druck über die rechte Seite entfalten. So wie in Minute 102. Sein Pass für Nkunku geriet allerdings etwas zu ungenau. Dennoch ein äußerst ansprechender Auftritt des Franzosen. Note: 2,5.

Dani Olmo (ab 69′): Ersetzte gut 20 Minuten vor Schluss Kevin Kampl. In Minute 85 hatte er seinen allergrößten Moment, als er nach Vorlage von Benjamin Henrichs frei zum Abschluss kam, dieser allerdings knapp vorbeiging. Beschwor im Zweikampf mit Nicolas Höfler zudem eine äußerst strittige Szene herauf. Im Elfmeterschießen hielt er dem Druck, nach dem vergebenen Versuch Christian Günters den Leipziger Vorteil herstellen zu können, stand und traf sicher oben links.

Tyler Adams (ab 99′): Kam in Minute 99 für Konrad Laimer und tat genau das, was man von ihm erwarten durfte: das Mittelfeld zusammenhalten. Kämpfte die Partie sicher ins Elfmeterschießen. Note: 3,0.

Joško Gvardiol (ab 113′): Ersetzte sieben Minuten vor dem Elfmeterschießen den gelb vorbelasteten Mohamed Simakan und ließ bis auf Haberers Lattenschuss, der eher zufällig zustande kam, nichts mehr zu. Note: 3,0.

Domenico Tedesco: Man braucht nicht lange herumreden. Bis zur 70.-75. Minute war Leipzig die zweitbeste Mannschaft auf dem Platz und verdient in Rückstand. Erst der Ausgleich von Nkunku gab RB neuen Auftrieb. Danach allerdings agierten sie, wenngleich in Unterzahl, so, wie man es von einem Favoriten erwarten darf. Der Nachschuss von Henrichs (82‘), die dicke Gelegenheit von Dani Olmo (85‘) und vier äußerst konzentrierte und souveräne Versuche vom Punkt. Die Einwechslungen von Dani Olmo und Dominik Szoboszlai gaben dem Team definitiv neuen Auftrieb, genau so wie seine Emotionalität an der Seitenlinie. RB hat unter Ralf Rangnick ein Finale verloren, unter Julian Nagelsmann ein Finale und ein Champions-League-Halbfinale verloren. Auch Tedesco musste bereits in der Europa League die Niederlage gegen die Rangers einstecken, ist nun aber Leipzigs erster Titeltrainer. Note: 2,0.

Sascha Stegemann: Hatte beileibe keinen einfachen Abend. Handspiele wie vor Freiburgs Treffer sollen auch schon mal dazu geführt haben, dass sie aberkannt wurden. Vertretbar war die Entscheidung dennoch. Der Platzverweis für Halstenberg ließ keinen Spielraum für Diskussionen. Traf zudem die richtige Entscheidung, sich die Szene mit Nicolas Höfler und Dani Olmo nochmal am Bildschirm anzusehen. Note: 3,0.

Spielnote: Dieses Finale brachte viele Serien, die die vergangenen Jahre aufgestellt haben, zum Reißen: Erstmals seit 2016 ging ein Finale wieder in die Verlängerung, erstmals seit 2016 gab es wieder ein Elfmeterschießen. Es ist zudem mit lediglich zwei Treffern auch das torärmste Endspiel seit – richtig. Damals gab es gar keine Treffer zwischen dem FC Bayern und Borussia Dortmund. Erst zum dritten Mal in den letzten 13 Finals fielen zudem weniger als drei Tore. Es war eine Partie, die von ihrer Spannung lebte, weniger von der spielerischen Klasse oder den herausgespielten Chancen. Freiburg hatte RB mit der Führung und dem Platzverweis eigentlich schon in die Ecke gedrängt. Allein, sie verpassten es, den Deckel mit einem weiteren Treffer draufzumachen. So kämpfte sich Leipzig zurück ins Spiel und glänzte letztlich durch Ruhe und Erfahrung. Note: 3,5.

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Victor Catalina

Victor Catalina

Mit Hitzfelds Bayern aufgewachsen, in Dortmund studiert und Sheffield das eigene Handwerk perfektioniert. Für 90PLUS immer bestens über die Vergangenheit und Gegenwart des europäischen Fußballs sowie seine Statistiken informiert.


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