DFB-Team | Chance für Wolf, Musiala und Wirtz ziehen erstmals zusammen die Fäden – Hansi Flicks Planspiele in der ersten Länderspielpause

18. März 2023 | Spotlight | BY Victor Catalina

Spotlight | Ende März steht die erste Länderspielpause der Saison an. Hansi Flick wird dabei auf einige Stammspieler verzichten, um das DFB-Team auf die Heim-EM einzustellen. Wer dabei wie funktionieren könnte. Die Analyse.

DFB-Team: Auf der Jagd nach Titeln – und Herzen

562 Tage. Genau 562 Tage werden zwischen dem letzten und nächsten Pflichtspiel des DFB-Teams liegen, der 4:2-Siegniederlage gegen Costa Rica und dem Eröffnungsspiel der Europameisterschaft 2024. In dieser Zeit wird die Nationalmannschaft, als Gastgeber des kommenden Turniers, lediglich Freundschaftsspiele bestreiten. Eine Teilnahme an der Qualifikation außer Konkurrenz lehnte der DFB ab, um freie Wahl bei den Gegnern zu haben.

Natürlich ist es im Nachhinein ärgerlich, dass man nicht die Teilnahme am Final Four der Nations League sichern konnte, um zumindest etwas Wettbewerbscharakter zu haben und die Mannschaft darauf einzustellen, um einen Titel zu spielen, noch dazu einen, den man bisher nicht gewinnen konnte. Nun hat Hansi Flick viel Zeit zum Experimentieren und eine Elf zusammenzustellen, mit der er, laut eigener Aussage, nicht nur Titel, sondern auch verlorengegangenes Interesse der Fans zurückgewinnen will.

DFB-Team FC Bayern Hansi Flick

Photo by Matthias Hangst/Getty Images

Dafür kündigte Flick an, auf etliche Stammspieler zu verzichten und stattdessen neuen Gesichtern die Chance zu geben. Vielleicht auch ein Stück weit aus eigener (schmerzvoller) Erfahrung, als er 2021 den FC Bayern zu genau dieser Zeit in Topform brachte, nur, um im Viertelfinale gegen Paris Saint-Germain ohne Robert Lewandowski (Bänderdehnung), Serge Gnabry (COVID-19) sowie den angeschlagenen Leon Goretzka auskommen zu müssen, damals drei der besten sechs Torschützen des Teams.

Thomas Müller bekam daher für die nächsten Länderspielpausen frei. Auch Leroy Sané, der bei der WM verletzungsbedingt nur gegen Costa Rica in der Startelf stehen konnte, bleibt diesmal in München. Niklas Süle, Antonio Rüdiger und Ilkay Gündoğan wurden ebenfalls nicht nominiert.

Wolfs große Chance, Berisha als Alternative?

Bei den Debütanten hat Flick genau auf die beiden größten Problemzonen des Teams geachtet: (Außen-)Verteidigung und Sturm. Marius Wolf durchlief über die vergangenen Monate eine bemerkenswerte Entwicklung bei Borussia Dortmund: Vom Transferflop, zum Leihspieler, über den brauchbaren Kaderspieler zum Stamm- und nun Nationalspieler. Fußballerisch hat er sich enorm gesteigert und steht als unermüdlicher Antreiber für genau das Spielerprofil, mit dem man die Fans zurückgewinnen will. Für Wolf selbst bietet sich eine enorme Chance: Gerade auf seiner rechten Defensivseite ist die Konkurrenz überschaubar. Gegen Japan begann Niklas Süle hinten rechts, Thilo Kehrer war es im Duell mit Spanien und Joshua Kimmich gegen Costa Rica. Zudem kündigte Hansi Flick vor der WM an, mit Jonas Hofmann, wenn, dann offensiv zu planen. Sollte Wolf auch hier überzeugen, könnte er sich über die kommenden Partien einen Stammplatz bei der EM 2024 erarbeiten.

Die zweite Baustelle betrifft das Abwehrzentrum. Zwar zeigte bei Süle und Nico Schlotterbeck die Formkurve zuletzt nach oben. Allerdings fehlte es zuletzt an zuverlässigen, jungen Spielern. Armel Bella Kotchap wird höchstwahrscheinlich mehr Minuten bekommen. Sollte Malick Thiaw seine starken Leistungen bei der AC Milan bestätigen, dürfte es eine Frage der Zeit sein, bis auch er erstmals berufen wird.

Formstark zeigte sich zuletzt auch Emre Can. Mit seinem Tor aus rund 50 Metern schoss er Borussia Dortmund beim 2:1 in Bochum ins Viertelfinale des DFB-Pokals. Gegen Chelsea verhinderte er heroisch auf der Linie den Gegentreffer. Joshua Kimmich und Leon Goretzka sind im Mittelfeld zwar gesetzt. Für Can bietet sich die Chance, zu zeigen, dass er eine brauchbare Alternative sein kann. Die nötige Erfahrung auf höchstem Niveau hat er aus seiner Zeit in Liverpool und bei Juventus allemal.

DFB-Team Kevin Schade

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Bleibt noch die Offensive, in der zwei Namen sofort herausstechen: Mergim Berisha und Kevin Schade. Letzterer kam, nach seinem Wechsel aus Freiburg, bei Brentford immer besser in Form und legte beim 3:2 gegen Fulham Mathias Jensen den Siegtreffer auf. Schade ist flexibel einsetzbar, spielte unter Christian Streich bereits auf der rechten Seite. Thomas Frank setzte ihn vorne links ein. Auch auf der Neun kam er bereits zum Einsatz.

Noch etwas vertrauter mit dieser Position ist Mergim Berisha. Zuletzt machte sich der Augsburger einen Namen als Bayern-Schreck. In bislang vier Partien gegen den Rekordmeister mit Salzburg und dem FCA gelangen Berisha fünf Treffer, darunter ein Doppelpack bei der 3:5-Niederlage der Augsburger in München. Mit acht Toren und vier Assists führt er mannschaftsintern beide Kategorien an und könnte sich als mögliche Alternative zu Niclas Füllkrug ins Spiel bringen, der mit seinen Leistungen bei Werder Bremen und in der Nationalmannschaft vorerst gesetzt sein dürfte.

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Florian Wirtz wieder in Form, Jamal Musialas Aufstieg setzt sich fort

Sollten die Debütanten noch nicht Grund genug sein, sich die Partien gegen Peru und Belgien anzuschauen, bieten diese die Chance, zwei der besten Spieler, nicht Talente oder junge Spieler, sondern zwei der besten Spieler Europas zu erleben und fraglos die Zukunft der deutschen Nationalmannschaft: Jamal Musiala und Florian Wirtz.

Mit welcher Formstärke sich Wirtz nach seinem Kreuzbandriss zurückgemeldet hat, ist beeindruckend. Normalerweise gilt die Faustregel, ein Spieler braucht genauso lange, um wieder zu seiner Topform zu finden, wie er verletzt ausgefallen ist. Xabi Alonso und dem Leverkusener Staff ist es jedoch gelungen, die Belastung so zu dosieren, dass Wirtz eigentlich seit Mitte Februar wieder auf allen Zylindern läuft und mit der Hauptgrund ist, warum Bayer, seit dem 2:3 gegen Mainz 05, fünf Pflichtspielsiege und ein Remis einfahren konnte. Die Partie in Monaco hat Wirtz, mit Tor und Assist, praktisch im Alleingang entschieden. Beim 2:0 gegen Ferencváros legte er Kerem Demirbay die Führung auf. Das alles, im Alter von 19 Jahren.

 

 

Jamal Musiala ist aus dem System von Julian Nagelsmann inzwischen nicht mehr wegzudenken. Wer am Freitag die Champions-League-Auslosung in den sozialen Medien mitverfolgt hat, wird aufgefallen sein, dass er sogar zunehmend zum Gesicht des Vereins wird. So auch bei Bayerns kommendem Viertelfinalgegner Manchester City. Das wohlgemerkt bei einem Klub, bei dem Thomas Müller nicht nur den Prototyp des Ur-Bayers darstellt, sondern in seiner Karriere auch alles gewinnen konnte. Leistungstechnisch liefert er ohnehin mit einer Konstanz, die seinem Alter weit voraus ist.

Bundesliga FC Bayern Union Berlin

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Im Wissen, wie sehr Hansi Flick am 4-2-3-1-System hängt, wird die einzige Frage sein, wie er in Zukunft Jamal Musiala und Florian Wirtz – oder in näherer Zukunft mit Thomas Müller – in einer Startelf unterbringen wird. Musiala müsste in diesem Fall auf den linken Flügel ausweichen, wodurch man das System und auch ihn selbst schwächen würde, da er seine Stärken in den Halbpositionen und im Zentrum hat. Ein 3-2-4-1 oder 3-4-2-1 mit Musiala und Wirtz als Doppelzehn würde sich in diesem Fall eher anbieten. Die Gelegenheit, das System auszuprobieren, bieten die Testspiele ohnehin und Zeit bis zum nächsten Pflichtspiel ist auch mehr als genug. Noch 455 Tage, um genau zu sein.

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Victor Catalina

Victor Catalina

Mit Hitzfelds Bayern aufgewachsen, in Dortmund studiert und Sheffield das eigene Handwerk perfektioniert. Für 90PLUS immer bestens über die Vergangenheit und Gegenwart des europäischen Fußballs sowie seine Statistiken informiert.


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