DFB-Team | Die alten Probleme bleiben: Nur Thiaw und Musiala überzeugen für schwache Nationalelf

17. Juni 2023 | Spotlight | BY Victor Catalina

News | 0:1 unterlag das DFB-Team in der zweiten Partie dieser Länderspielpause in Warschau. Die Akteure in der Einzelkritik.

Kiwior sorgt für nächsten Rückschlag des DFB-Teams

Vor allem in der ersten Hälfte präsentierte sich Deutschland fahrig. Polen kam zu einigen guten Gelegenheiten. Nach 31 Minuten landete ein Eckball von Sebastian Szymański auf dem Kopf von Jakub Kiwior. Arsenals Innenverteidiger setzte sich gegen Thilo Kehrer durch und traf per Kopfballaufsetzer ins lange Eck.



Das DFB-Team kam zwar verbessert aus der Pause, mit zwei guten Gelegenheiten durch den gerade erst eingewechselten Robin Gosens (48′) und Joshua Kimmich (49′), der die Kugel an den Querbalken schlenzte. Unterm Strich gab es jedoch zu wenige dieser Szenen, weshalb die Polen den knappen Erfolg ins Ziel brachten, ihren zweiten über Deutschland. Die Einzelkritik zum Spiel.

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Thiaw und Musiala machen Hoffnung, Flick fragwürdig

Marc-André ter Stegen: Bekam über 90 Minuten genau einen Ball aufs Tor – und der geriet nicht gänzlich unhaltbar. Ansonsten ohne größere Highlights oder Aussetzer. Note: 3,5.

Thilo Kehrer: Hatte eine gute Chance, als er nach gut 20 Minuten aus 25 Metern draufhielt. Wojciech Szczęsny parierte den Versuch sicher. Auf der anderen Seite verlor der Conference-League-Sieger mit West Ham das entscheidende Kopfballduell gegen seinen Londoner Rivalen Jakub Kiwior. Schwieriger Abend für Hansi Flicks Allzweckwaffe. Note: 5,0.

Malick Thiaw: Einer der großen Lichtblicke an diesem Abend. Der Debütant lief Gegner resolut ab, gewann Zweikämpfe, offensiv wie defensiv und hatte vorne sogar einige gute Gelegenheiten. Einer der wenigen, denen man an diesem Abend Nationalmannschaftsform nachsagen kann. Note: 2,0.

Antonio Rüdiger: Wie gegen die Ukraine hatte der Madrilene seine besseren Szenen in der Offensive. Kreierte mehrere Großchancen, für Robin Gosens (48′), Malick Thiaw (78′) oder Marius Wolf (88′) und holte auch den zwischenzeitlichen Elfmeter heraus. Note: 3,0.

Jonas Hofmann: Der Gladbacher machte nicht viel falsch. Besonders durchschlagskräftig war er jedoch auch nicht. Musste zur Pause für Robin Gosens weichen. Note: 5,0.

Joshua Kimmich: Langsam aber sicher entstehen auch Diskussionen um seine Rolle. Inszenierte auch in Warschau erneut viel und hatte selbst, kurz nach der Pause, eine sehr gute Chance, als er per Schlenzer nur den Querbalken traf (49′). Für wirkliche Druckphasen, in denen Polen konsequent ins Wackeln geriet, konnte jedoch auch er nur selten sorgen. Note: 4,0.

DFB-Team Polen Deutschland

Photo by Rafal Oleksiewicz/Getty Images

Emre Can: Durfte sich anstelle von Leon Goretzka als defensiver Mittelfeldspieler versuchen. Ging dieser Aufgabe anständig und ohne größere Highlights nach. Note: 3,0.

Benjamin Henrichs: Der Leipziger gehörte ebenfalls zu den Neuen und durfte sich am Freitagabend auf beiden Seiten ausprobieren. Hatte einige vielversprechende Situationen, die allerdings zu selten zu Ende gespielt wurden. Note: 4,0.

Florian Wirtz: In Warschau ließ Hansi Flick die deutsche Doppelzehn der Zukunft auflaufen: Florian Wirtz an der Seite von Jamal Musiala. Über weite Strecken fehlte es dem Leverkusener allerdings an Bindung zum Spiel, weshalb er sich auf seiner halbrechten Seite schwertat. Machte zehn Minuten vor Schluss Platz für den Ex-Leverkusener Julian Brandt. Note: 4,5.

Jamal Musiala: Besitzt die seltene Gabe, dass, selbst, wenn er nicht überragt, fast nie besonders schlecht spielt. Auch in Warschau setzte sich Jamal Musiala in Dribblings gekonnt durch, riss Lücken in die Abwehr und war einer der wenigen, die versuchten, so etwas wie Torgefahr heraufzubeschwören. Ist er allerdings nahezu auf sich allein gestellt, wird es auch für den Begabtesten der Nationalmannschaft schwer. Note: 2,5.

Kai Havertz: Gegen die Ukraine Top-Joker. Erzielte das 2:3 selbst und holte den Elfmeter zum 3:3 heraus. Gegen die kompakten Polen tat er sich auf der Neun allerdings wesentlich schwerer. Fand nur selten zu seinem Spiel. In Minute 48 war er an der frühen Chance für Robin Gosens beteiligt. Note: 4,0.

Einwechslungen des DFB-Teams

Robin Gosens: Gelungener Joker-Auftritt, wie bereits im Champions-League-Finale. Sorgte erneut auf seiner linken Seite für viel Druck und Zug zum Tor. Es ist kein Zufall, dass Deutschlands erste, richtig große Chance mit ihm auf dem Feld kam. Verkörpert genau das schnörkellose Element, das es momentan öfter braucht. Note: 3,0.

Leroy Sané: Ersetzte gut 20 Minuten vor Schluss Jamal Musiala. Mit einigen guten Dribblings. Insgesamt fehlte allerdings der letzte Tick Durchschlagskraft. Note: 3,5.

Niclas Füllkrug: Zusammen mit Leroy Sané kam mit Füllkrug auch wesentlich mehr Wucht. Allein, die brachten die Polen auch mit, sodass der Bremer weitestgehend ohne nennenswerte Szenen blieb. Note: 4,0.

DFB-Team Polen Deutschland

Photo by Maja Hitij/Getty Images

Leon Goretzka: Kam zehn Minuten vor Schluss für Joshua Kimmich und hätte für den Buzzer Beater sorgen können. Sein Kopfball auf Vorlage von Julian Brandt landete allerdings genau bei Wojciech Szczęsny. Note: 4,0.

Julian Brandt: Der Dortmunder brachte, durch sein Plus an Erfahrung, im Vergleich zu Florian Wirtz, mehr Ruhe und Struktur ins deutsche Spiel. Leitete die Großchance von Leon Goretzka ein und hatte in der Nachspielzeit selbst noch eine gute Gelegenheit. Note: 3,0.

Marius Wolf: Kam drei Minuten vor Schluss für Debütant Malick Thiaw. Wirklich viel konnte er nicht zeigen. Eine seiner Flanken kam immerhin bei BVB-Teamkollege Julian Brandt an, wodurch in der Nachspielzeit nochmal eine gute Chance entstand.

Hansi Flick: „Kritisiert mich, aber lasst die Spieler in Ruhe!“, forderte der Bundestrainer auf der Pressekonferenz vor der Partie. Dem muss man, nach den jüngsten Ergebnissen zwingend nachkommen. Momentan ist keiner der Spieler so ursächlich für die Probleme des DFB-Teams wie der Übungsleiter. Rotierte im Vergleich zum 3:3 gegen die Ukraine gleich neunmal. Bis auf Malick Thiaw oder Jamal Musiala wusste jedoch kaum einer der Akteure zu überzeugen.

DFB-Team Polen Deutschland

Photo by Maja Hitij/Getty Images

Flick gelingt es nicht, dem Team Selbstvertrauen mitzugeben und, vor dem anstehenden Heimturnier, für Euphorie zu sorgen. Eher das Gegenteil ist der Fall. Nur drei seiner letzten zehn Partien konnte das DFB-Team gewinnen, gegen den Oman (1:0), Costa Rica (4:2) und Peru (2:0). Der Auftritt in Warschau war über weite Strecken zu zusammenhanglos und nicht durchschlagskräftig genug. Flick scheint, gegen kompakte und aggressive Gegner, die sich nicht am eigenen Strafraum unter Druck setzen lassen, der Plan B zu fehlen, weshalb das deutsche Spiel immer wieder ins Stocken gerät. In einem Exklusivinterview mit Sport1 hielt Leon Goretzka seinem Trainer noch die Treue. Der DFB sollte sich überlegen, ob das wirklich die beste Idee ist. Note: 6,0.

Orel Grinfeld: Beide Teams machten es dem israelischen Schiedsrichter nicht allzu schwer. Die Partie hatte weder übermäßig viele Zweikämpfe, noch übermäßig viele strittige Szenen. Die eine, die es gab, als Grinfeld in Minute 57 auf den Punkt zeigte, revidierte er nach VAR-Rücksprache zurecht. Note: 2,0.

Spielnote: In der ersten Hälfte war es eine durchaus unterhaltsame Partie, weil die Polen auch ihren Teil dazu beitrugen. Nach dem Treffer von Jakub Kiwior verlief die Partie allerdings so, wie man es erwarten durfte. Deutschland war der Wille nicht abzusprechen. Letztlich setzte sich aber der Pragmatismus und die Cleverness, die Fernando Santos schon immer auszeichneten, durch. Note: 3,5.

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Victor Catalina

Victor Catalina

Mit Hitzfelds Bayern aufgewachsen, in Dortmund studiert und Sheffield das eigene Handwerk perfektioniert. Für 90PLUS immer bestens über die Vergangenheit und Gegenwart des europäischen Fußballs sowie seine Statistiken informiert.


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