Deutschland in der Einzelkritik: Joker Müller sticht, trotzdem viel Nachholbedarf

9. Oktober 2021 | News | BY Victor Catalina

News | 2:1 gewann Deutschland am Freitagabend gegen Rumänien und drehte dabei einen zwischenzeitlichen Rückstand. Während der Bayern-Block einmal mehr überzeugen konnte, gibt es für einige Spieler Nachholbedarf.

Kimmich glänzt als Antreiber, Gnabry auffällig, Reus und Werner glücklos

Nach neun Minuten brachte Ianis Hagi die Rumänen in Führung, die zur Pause noch Bestand hatte. Doch in der zweiten Halbzeit gewann die Mannschaft von Hansi Flick dank der Treffer von Serge Gnabry sowie Thomas Müller 2:1. Die Protagonisten in der Einzelkritik.

Marc-André ter Stegen (FC Barcelona): Ein aus Torhütersicht extrem undankbares Spiel. Kaum gefordert – und als Marc-André ter Stegen es doch war, hatte er gegen Ianis Hagi keinen Auftrag. Eher als Aufbauspieler gefragt, denn wirklich als Torhüter. 3,0.

Jonas Hofmann (Borussia Mönchengladbach): Nach vorne zeigte sich der Gladbacher wie immer bemüht. Viel wollte ihm jedoch nicht gelingen. Die Laufwege stimmten, seine Hereingaben weniger. Bekommt in Skopje die Chance, wieder zum Level, das er im September gezeigt hat, zurückzufinden. 4,0.

 



 

Niklas Süle (FC Bayern): Verhinderte mit einem gekonnten Block gegen George Pușcaș kurz nach der Pause das mögliche 0:2. Ansonsten auch er in seinem Kerngeschäft als Verteidiger eher selten gefragt. Wenn, dann zuverlässig. Half beim Siegtreffer, laut Aussage von Thomas Müller, indem er ihm „den Raum freigezogen“ hat. 3,0.

Antonio Rüdiger (Chelsea FC): Sah beim Gegentreffer überhaupt nicht gut aus. Zuerst ging Rüdiger viel zu zögerlich ins Duell mit Ianis Hagi, anschließend ließ er sich noch den Beinschuss verpassen. Danach – wie Süle – als Verteidiger kaum gefordert, sodass er sich bisweilen auch nach vorne einschalten konnte. 4,0.

Thilo Kehrer (Paris Saint-Germain): Nach dem 4:0 in Island von Hansi Flick noch namentlich für seine Flexibilität gelobt, konnte Kehrer diesmal eher seltener Akzente setzen. Beim Gegentreffer ebenfalls mit Aktien. Nach vorne fehlten meist die zwingenden Aktionen. 4,0.

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Joshua Kimmich (FC Bayern): In Abwesenheit von Manuel Neuer (Adduktorenprobleme) und Thomas Müller (Bank) Kapitän. Wurde dieser Rolle zu jedem Zeitpunkt gerecht. Übernahm beim vermeintlichen Elfmeter Verantwortung und trieb die Mannschaft solange an, bis sie den Stein auf den Berg gerollt hatte. Servierte in der 81. Minute zudem den Eckball, der zu Thomas Müllers Siegtreffer führte. 2,0.

Leon Goretzka (FC Bayern): Vor dem 1:1 mit cleverem Laufweg, um Rumäniens Abwehr auseinanderzuziehen, sowie perfekter Flanke auf Marco Reus. Dazu verlängerte Leon Goretzka Kimmichs Eckball an den zweiten Pfosten perfekt zu Müller. Auf der anderen Seite kam er beim Gegentreffer aber etwas zu spät und hatte Ianis Hagi nichts mehr entgegenzusetzen. Ordentliches Spiel mit Luft nach oben. 3,0.

Serge Gnabry (FC Bayern): Wenn nichts geht, geht Gnabry. Erzielte gegen Rumänien sein 20. Länderspieltor im 30. Auftritt. Auch in der ersten Hälfte schon mit Abstand auffälligster Offensivakteur. Stolperte in Minute 17 die Kugel nur knapp am Tor vorbei, kurz vor der Pause mit gutem Versuch aus der Distanz. Auf mindestens diesem Level für Deutschland unverzichtbar. 2,0.

Photo by Martin Rose/Getty Images

Marco Reus (Borussia Dortmund): Für den zunächst geschonten Thomas Müller im Spiel. Bemüht, wenngleich glücklos. Der Assist zum 1:1 war eine seiner wenigen gelungenen Aktionen. Mitte der zweiten Halbzeit vergab Marco Reus im Fallen das mögliche 2:1. Muss sich steigern, wenn er bei Hansi Flick nachhaltig Eindruck hinterlassen will. Mit Thomas Müller, Jamal Musiala, Kai Havertz oder Florian Wirtz hat Reus Konkurrenten auf dem höchsten Niveau. 4,5.

Leroy Sané (FC Bayern): Seit Wochen schon im Formhoch. Gegen Rumänien nicht ganz so auffällig, wie sein Pendant auf der anderen Seite, trotzdem vor allem in den Zweikämpfen äußerst engagiert. Offensiv jedoch mit zu großer Streuung. Machte nach 89 Minuten Platz für Karim Adeyemi. 3,0.

Timo Werner (Chelsea FC): Ja, Partien gegen tiefstehende Gegner sind für Spieler, die die Nummer 9 auf dem Trikot haben, notorisch undankbar. Trotzdem muss man auch in diesen Fällen mehr aus seiner Chance machen. Wirkte gegen Rumänien einmal mehr unbeholfen. In 67 Minuten brachte Timo Werner lediglich zwei Torschüsse zustande, keinen auf das Tor von Florin Niță. Sollte er sich nicht zügig steigern, dürfte es eine Frage der Zeit sein, bis Lukas Nmecha zum Thema für Hansi Flick wird. 5,0.

Auswechslungen von Deutschland: Müller überzeugt, Havertz muss nachlegen

Thomas Müller (FC Bayern, ab 67′): Lieferte einmal mehr zuverlässig. Nach seiner Einwechslung war Thomas Müller sofort ins Kombinationsspiel mit eingebunden, sorgte für permanente Unruhe in Rumäniens Hintermannschaft – und stand in Minute 81 dort, wo jemand zu stehen hat, der seinen zehn WM-Treffern gerne noch ein paar mehr folgen lassen würde. In Skopje dann wahrscheinlich wieder von Beginn an gebraucht. 2,0.

Kai Havertz (Chelsea FC, ab 67′): Auch für den Siegtorschützen des vergangenen Champions-League-Finals gilt es, auf sich aufmerksam zu machen. Das klappte gegen Rumänien nur bedingt. Durfte nach einer Stunde frei auf Niță zulaufen, zögerte beim Abschluss allerdings zu lange, sodass die Chance versandete. Das sind die minimalen Aktionen, die man auf diesem Niveau besser ausnutzen muss. 4,0.

Lukas Klostermann (RB Leipzig, ab 85′): Kam für Jonas Hofmann und sollte mithelfen, das Ergebnis sicher in den Hafen zu bringen. Mit seiner Geschwindigkeit stellte er sicher, dass keine weiteren rumänischen Konter über seine Seite kamen. 3,0.

Karim Adeyemi (RB Salzburg, ab 89′): Der Nationalspieler mit rumänisch-nigerianischen Wurzeln durfte in den Schlussminuten für Leroy Sané mitwirken – und konnte in einigen Aktionen sein wahnsinniges Tempo unter Beweis stellen. Für einen weiteren Jokertreffer – wie gegen Armenien – reichte die Zeit jedoch nicht. Ohne Bewertung.

Hansi Flick: Zu Beginn der Partie hatte seine Mannschaft durchaus Probleme mit dem mutigen wie aggressiven Forechecking der Rumänen, dem sie sich letztlich früh beugen musste. Kassierte seinen ersten Gegentreffer als Bundestrainer. Die Reaktion der Mannschaft stimmte jedoch. Nach der Pause präsentierte sich Deutschland noch präziser und zwingender. Die Einwechslung von Thomas Müller erwies sich als Goldgriff. Auch der Einfluss von Standardtrainer Mads Buttgereit macht sich zunehmend bemerkbar. Durfte spät seinen vierten Sieg im vierten Spiel feiern. 3,0.

Cüneyt Çakır: Zeigte nach fünf Minuten auf den Punkt. Revidierte diese Entscheidung nach Rücksprache mit Videoassistent Mete Kalkavan korrekterweise wieder. Der Kontakt von Andrei Burcă an Timo Werner reichte nicht für einen Strafstoß aus. Ansonsten in einer hitzigen Partie mit viel Ruhe, Erfahrung und Übersicht. Stellte Nicolae Stanciu trotz mehrmaligen Fouls nicht mit Gelb-Rot vom Platz, was der Spannung des Spiels zugute kam, da Rumänien bis zum Ende um das Remis kämpfen konnte. 2,0.

Spielnote: Nicht so hochklassig, wie die beiden Nations-League-Halbfinals, dennoch dramaturgisch wertvoll. Rumänien versteckte sich keineswegs, machte aus den eigenen Möglichkeiten das Meiste, verteidigte aufopferungsvoll – und stellte den Favoriten damit durchaus vor Probleme. Deutschland präsentierte sich vor allem im ersten Durchgang zu unpräzise, zog nach der Pause dann doch das gewohnte Powerplay auf. Letztendlich ein verdienter Sieg für Deutschland in einem unterhaltsamen Spiel. 2,5.

Photo by Martin Rose/Getty Images

Victor Catalina

Victor Catalina

Mit Hitzfelds Bayern aufgewachsen, in Dortmund studiert und Sheffield das eigene Handwerk perfektioniert. Für 90PLUS immer bestens über die Vergangenheit und Gegenwart des europäischen Fußballs sowie seine Statistiken informiert.


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