Nations League | Ein guter Schritt, aber ohne Belohnung – Deutschlands Remis gegen England in der Einzelkritik

8. Juni 2022 | Spotlight | BY Victor Catalina

News | Am 2. Nations League-Spieltag präsentierte sich das DFB-Team gegen England zwar stark formverbessert. Dennoch gab es das nächste 1:1. Die Akteure in der Einzelkritik.

Später Strafstoß kostet DFB-Team den Sieg gegen England

Sieben Änderungen nahm Hansi Flick im Vergleich zur Partie in Bologna vor. Das merkte man seinem Team deutlich an. Deutschland spielte mit wesentlich mehr Zug, mehr Energie, presste früher. In der 23. Minute brach Jonas Hofmann erstmals durch und vollendete frei vor Jordan Pickford, stand dabei jedoch abseits. Aufgrund der VAR-Überprüfung des Treffers sowie mehrerer Verletzungsunterbrechungen gab es acht Minuten Nachspielzeit, in denen England aufdrehte, aber auch nicht zur Führung kam.

 



 

Die gelang dafür Jonas Hofmann sechs Minuten nach Wiederanpfiff. Joshua Kimmich bediente den Gladbacher per unerwartetem Steckpass. Hofmann durfte die Kugel rechts im Strafraum nochmal annehmen und abschließen. Der Schuss kam zwar sehr zentral, Pickford war dennoch geschlagen. Das verdiente 1:0!

Auch im Anschluss blieb Deutschland feldüberlegen und hatte mehrere gute Umschaltmöglichkeiten auf das 2:0. Stattdessen gab es den späten Ausgleich. Ein Ball von links landete bei Harry Kane, der im Duell mit Nico Schlotterbeck zu Fall kam. Nach Ansicht der Videobilder zeigte Carlos del Cerro Grande auf den Punkt. Harry Kane verwandelte unten links in Minute 88 zum 1:1. Manuel Neuer lag im anderen Eck. Die Einzelkritik zum Spiel.

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Deutschland: Die Neuen um Hofmann nutzen ihre Chance

Manuel Neuer: Über weite Teile des Spiels als Aufbauspieler gefragt. In der Schlussphase musste er mehrmals eingreifen. So wie gegen Harry Kane in Minute 76. Beim Elfmeter machtlos. Note: 1,5.

Lukas Klostermann: Durfte anstelle von Benjamin Henrichs beginnen und machte seine Sache defensiv sehr ordentlich. Offensiv konnte er Jonas Hofmann jedoch nur selten unterstützen. Note: 3,0.

Antonio Rüdiger: Einmal mehr Deutschlands Fels in der Brandung. Agierte extrem abgezockt und mit viel Erfahrung. Besonders in der Schlussphase gefordert. Note: 2,0.

Nico Schlotterbeck: Sein Talent, auch im Aufbauspiel, war klar zu erkennen. Allerdings auch, wo die Defizite des Neu-Dortmunders liegen. Noch mit zu vielen Fehlpässen, zudem verursachte er – wie beim 2:0 gegen Israel – erneut einen späten Strafstoß, der diesmal genutzt wurde. Sein Teamkollege Niklas Süle dürfte momentan in großen Spielen noch den Tick weiter sein. Note: 4,0.

David Raum: Mit vielen guten Aktionen über seine linke Seite. Offensiv extrem auffällig, dabei auch in der Rückwärtsbewegung zuverlässig. Dennoch mit etwas zu viel Streuung in seinen Hereingaben. Sollte er aber so weitermachen, wird es für seine Konkurrenten Robin Gosens und Christian Günter schwer, an ihm vorbeizukommen. Note: 2,5.

Ilkay Gündoğan: Zu Beginn des Spiels als tiefer Gestalter neben Joshua Kimmich gefordert sorgte er für viel Stabilität. Mit der Einwechslung von Timo Werner übernahm Kai Havertz seinen Platz, sodass Gündoğan seine offensive Rolle, die er auch bei Manchester City spielt, einnehmen konnte. Tauchte in der zweiten Hälfte noch einmal gefährlich im Strafraum auf, konnte den Ball jedoch nicht kontrollieren, sodass die Chance versandete. Note: 3,0.

Joshua Kimmich: Wenn offensiv etwas ging, dann meist über ihn. Sehr aktiver Ballverteiler, leitete auch genial das 1:0 für Jonas Hofmann ein und zeigte sich zudem defensiv solide. Note: 2,0.

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Photo by CHRISTOF STACHE/AFP via Getty Images

Jonas Hofmann: Erstmals unter Hansi Flick rechts offensiv aufgeboten, wusste der Gladbacher erneut zu überzeugen. Lochte nach 23 Minuten ein. Das zählte noch nicht. Traf in Minute 51 nochmals, dann aber regulär. Auch sonst gut ins Kombinationsspiel eingebunden. Bester DFB-Akteur neben Manuel Neuer und Joshua Kimmich. Note: 2,0.

Thomas Müller: 20 Minuten vor Schluss bekam Müller seine große Chance, auf 2:0 zu stellen, scheiterte jedoch aus spitzem Winkel an Pickford. Ansonsten ohne die wirklich großen Aktionen, half dem Team allerdings durch seine Passgenauigkeit und Erfahrung immer wieder aus Drucksituationen zu kommen. Note: 2,5.

Jamal Musiala: Man sah Bayerns Youngster an, wie bemüht er war, gegen seine zweite Heimat einen guten Auftritt abzuliefern. Das tat er unbestritten. Was das reine Mittelfeldspiel angeht, nahezu makellos. Offensiv wollte er seinen Treffer jedoch zu sehr erzwingen. Note: 2,5.

Kai Havertz: Warf sich als Sturmspitze immer wieder in die Zweikämpfe. Wirklich viele Abschlüsse oder gelungene Aktionen hatte er dabei jedoch selten. Gegen Ende der Partie im Mittelfeld präsenter. Note: 4,0.

Einwechslungen von Deutschland

Serge Gnabry (ab 65′): Ersetzte Jonas Hofmann. Mal wieder mit einem anständigen Auftritt. Zwar auch nicht mt der letzten Durchschlagskraft, dafür setzte er Ilkay Gündoğan mit einem brillianten Zuspiel in Szene. Note: 3,0.

Timo Werner (ab 65′): Zeigte sich äußerst bemüht und hatte eine Viertelstunde vor Schluss nach einem Konter die Großchance zum 2:0, scheiterte allerdings an Jordan Pickford. Note: 4,0.

Leon Goretzka (ab 75′): Kam für Thomas Müller ins Spiel, wusste dem Mittelfeld allerdings nicht die nötige Stabilität zu geben, sodass die Engländer ihre Druckphase aufziehen und letztlich ausgleichen konnten. Note: 5,0.

Leroy Sané (ab 83′): Zwar nur mit einem Kurzauftritt. Dabei gelang es ihm – abermals – nicht, auf die Ideen seiner Mitspieler einzugehen und das zu tun, was er qua gottgegebener Fähigkeiten eigentlich kann, beziehungsweise können sollte: den Unterschied herbeizuführen. Note: 5,0.

Hansi Flick: Erkannte die Schwachstellen aus der Partie in Bologna. Seine sieben Wechsel waren gut gewählt. Der Auftritt der deutschen Mannschaft war – mit Jamal Musiala und Ilkay Gündoğan im Mittelfeld – wesentlich aktiver, kreativer und druckvoller. Dennoch muss sich die Mannschaft weiterhin mehr (Groß-)Chancen herausarbeiten, um sich für einen solchen Auftritt zu belohnen. Die Einwechslungen verpufften in diesem Fall nicht nur wirkungslos, sondern schadeten dem Spiel regelrecht. Mindestens einer der formstarken Spieler – Musiala, Hofmann, Müller – hätte in diesem Fall durchspielen müssen, um den Sieg sicher nachhause zu bringen. Note: 3,5.

Carlos del Cerro Grande: Seine großzügige Linie tat dem Spiel generell gut. Dennoch hatte er immer wieder Momente, in denen er, wenig nachvollziehbar, kleinlich entschied. Dass er vor dem Treffer von Müller qua Verletzungsunterbrechung abpfiff, war reine Kulanz den Engländern gegenüber. Erkannte den ersten Treffer von Jonas Hofmann aufgrund einer Abseitssituation korrekt ab, gab dafür einen äußerst fragwürdigen Elfmeter. Reicht das reine Abfälschen des Balles wirklich, um Kanes Abseitsposition aufzuheben? Bringt Schlotterbeck Englands Kapitän bewusst zu Fall oder entsteht die Aktion vielmehr im Zweikampf? Eine Leistung, die del Cerro Grande defintiv besser kann. Note: 5,0.

Spielnote: Es waren 94 durchaus unterhaltsame Minuten in der Allianz Arena. Beide Mannschaften hielten sich eher selten im Mittelfeld auf, suchten stattdessen den direkten Weg nach vorne, was zu vielen interessanten Torraumszenen führte. Deutschland präsentierte sich taktisch hochüberlegen, mit dem Dreierkettenaufbau Klostermann, Rüdiger, Schlotterbeck sowie Musiala und Müller als Doppelzehn, respektive den beiden hohen Außen Hofmann und Raum. England kam dennoch immer wieder zu Nadelstichen. Spät nutzten sie einen davon zum – nach Chancenverhältnis – nicht unverdienten Ausgleich. Für das DFB-Team dennoch ein Schritt in die richtige Richtung. Note: 3,0.

Photo by CHRISTOF STACHE/AFP via Getty Images

Victor Catalina

Victor Catalina

Mit Hitzfelds Bayern aufgewachsen, in Dortmund studiert und Sheffield das eigene Handwerk perfektioniert. Für 90PLUS immer bestens über die Vergangenheit und Gegenwart des europäischen Fußballs sowie seine Statistiken informiert.


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