Champions League | Haller vorne wie hinten, Yaremchuk per Kopf: Spektakuläres Remis zwischen Benfica und Ajax

23. Februar 2022 | News | BY Victor Catalina

News | Mittwochabend, Champions League-Achtelfinale, Estadio Da Luz. Zwei der weltweit größten Talentfabriken traten gegeneinander an, SL Benfica empfing den Amsterdamsche Football Club Ajax. Am Ende von 94 höchst unterhaltsamen Minuten stand ein verdientes 2:2-Remis.

Haller vorne und hinten: Ajax mit knapper Pausenführung

Mit Eusébio und Johan Cruyff begann die große Geschichte beider Vereine. Das konnte Benfica in zwei Titel ummünzen, 1961 und 1962, bevor sie von Erfolgstrainer Béla Guttmann für ein Jahrhundert verflucht wurden. Ajax gewann bislang deren vier, zuletzt 1995 unter Louis van Gaal. Etwaige Gedanken an Wiederholungen dessen verbieten sich allerdings gegenwärtig.

Die Gastgeber setzten sich hinter dem verlustpunktfreien FC Bayern durch und verwiesen den FC Barcelona in die Europa League. Ajax gewann seine Gruppe, vor Sporting, Dortmund und Beşiktaş ebenfalls mit summa cum laude. Vor allem ihre nationale Bilanz beeindruckt: 57 Punkte nach 23 Spielen bei einer Tordifferenz von 70:5. Roger Schmidts störrische PSV Eindhoven konnte man mittlerweile auf fünf Zähler distanzieren.

 



 

Wesentlich ungemütlicher sieht es für Benfica aus: In der Liga Portugal steht der Rekordmeister lediglich auf Platz 3, zwölf Punkte hinter Erzrivale Porto und sechs hinter Stadtrivale Sporting. Jorge Jesus, der die Mannschaft ins Achtelfinale führte, ist nach einem Spieleraufstand im Zuge der 0:3-Pokalniederlage in Porto auch schon wieder Geschichte. Nélson Veríssimo, der bereits nach dem Rücktritt von Bruno Lage übernahm, tut selbiges nun erneut.

Keine Überraschungen gab es bei der Aufstellung, lediglich eine Veränderung nahm Veríssimo im Vergleich zum 2:2 bei Boavista vor: Gilberto begann hinten rechts für den ehemaligen Herthaner und Gladbacher Valentino Lazaro. Ajax erarbeitete sich vergangenes Wochenende ein 0:1 bei Willem II, fuhr damit wettbewerbsübergreifend den zehnten Sieg in Folge ein, bei einem einzigen Gegentor. Auch Erik ten Hag beließ es bei einem Wechsel: Der Ex-Bremer Davy Klaassen rückte auf die Bank. Für ihn begann der vom FC Bayern umworbene Ryan Gravenberch.

Haller macht seinen Fauxpas sofort wieder gut – und belohnt überlegenes Ajax

Damit in medias res. In Benfica-Kreisen war man vor der Partie äußerst pessimistisch. Die Anfangsphase lieferte dazu nicht wirklich Anlass. 3. Minute, Grimaldo brachte einen Freistoß von links, Jan Vertonghen und Darwin Núñez nahmen sich gegenseitig den Ball ab, sodass Remko Pasveer sicher zupacken konnte.

Ansonsten konzentrierte sich sich Benfica darauf, Ajax zu verhindern und tat das gut. Den Gästen fiel nicht viel ein. Sie versuchten über Ballbesitz ins Spiel zu finden. Nach einer guten Viertelstunde wurden die Niederländer allmählich durchschlagskräftiger: Odisseas Vlachodimos setzte Grimaldo mit einem Anspiel zu sehr unter Druck, Noussair Mazraoui spritzte dazwischen und sah am zweiten Pfosten Dušan Tadić glockenfrei stehen. Ajax‘ Kapitän konnte in Ruhe ausholen und die Kugel in den rechten Winkel schlenzen. 0:1, 18. Minute.

Trotzdem hatte Benfica seine Momente. Einen solchen beispielsweise in Minute 25: Rafa Silva ließ Lisandro Martínez aussteigen und zog Richtung Grundlinie. Seine Hereingabe fälschte Martínez noch gefährlich aufs kurze Eck ab, Pasveer klärte zum Eckball. Der brachte erstmal nichts ein. Benfica hielt die Szene allerdings scharf, Jan Vertonghen, von 2003 bis 2012 selbst bei Ajax, flankte scharf in die Mitte, wo Sébastien Haller nicht mehr rechtzeitig reagieren konnte und den Ball über die eigene Torlinie drückte. 11. Saisontor.

Und Nummer elf auf der richtigen Seite ließ lediglich drei Minuten auf sich warten. Steven Berghuis flankte einfach mal aus dem Halbfeld in die Mitte. Haller konnte noch die Gabel hereinhalten, Vlachodimos aber nur abprallen lassen. Beim Rebound hatte der ivorische Nationalspieler keine Probleme mehr. So macht man Fehler wieder gut. 1:2. Damit wurde Haller zum ersten Spieler der Champions-League-Geschichte, der in seiner Debütsaison mindestens elf Tore erzielte.

Allerdings ließ sich Benfica auch durch den erneuten Rückstand nicht aus dem Konzept bringen. Sie lieferten einen wesentlich besseren Auftritt ab, als von vielen befürchtet. 31. Minute, erneut sorgte ein Eckball für Gefahr. Darwin Núñez verpasste am Elfmeterpunkt und irritierte somit Sturmpartner Gonçalo Ramos, der den Ball am zweiten Pfosten nicht mehr aufs Tor gedrückt bekam.

Direkt im Anschluss kollidierten Nicolas Otamendi und Lisandro Martínez mit den Köpfen und mussten beide behandelt werden. Während ersterer kurz darauf wieder weitermachen konnte, bekam Martínez eine schwarze Badekappe verpasst – und konnte dann weiterspielen. In Minute 44 sah er, wie sich seine Vorderleute ansehnlich nach vorne kombinierten. Am Ende kam Edson Álvarez aus spitzem Winkel zum Abschluss, den er an den Pfosten setzen. In der Mitte konnte Haller abermals nicht schnell genug reagieren und beförderte den Ball diesmal links vorbei. Damit stand das knappe 2:1 für Ajax zur Pause.

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Yaremchuk köpft ein – Benfica erarbeitet sich gute Ausgangslage fürs Rückspiel

Bereits in der Saison 2018/19 standen sich beide Mannschaften in der Gruppenphase gegenüber. Damals rettete Tadić das Remis für Ajax. Nun lag es an Benfica, noch einen Weg zurück in dieses Spiel zu finden. Ohne Wechsel ging es in die zweite Halbzeit, dafür mit einer weiteren Chance für den niederländischen Rekordmeister. 53. Minute, Tadić schickte Haller auf die Reise, der locker an Vertonghen vorbeizog und erneut seinen Kapitän bediente, der aus dem Rückraum über den Querbalken schoss.

So blieb Benfica im Spiel – und muckte nun immer mehr auf. 55. Minute, Grimaldo bediente Rafa Silva im Strafraum, der intelligent für Éverton ablegte. Pasveer lag bereits im falschen Eck, der Ball ging abgefälscht am rechten Pfosten vorbei.

Nach einer Stunde hatte Rafa Silva viel Wiese vor sich, zog nach innen. Anstatt es selbst zu versuchen, bediente er Darwin Núñez in der Mitte, der knapp an der Hereingabe vorbeigrätschte. Von Ajax kam inzwischen nicht mehr viel. Lediglich eine Gelegenheit konnten sie nach der Chance von Tadić noch verbuchen: 63. Minute, Mazraoui wurde steil in den Strafraum geschickt, scheiterte aber an Vlachodimos.

Champions League Benfica Ajax

Photo by CARLOS COSTA/AFP via Getty Images

In Minute 72 stürmte auch sein Abwehrpartner Jurriën Timber nach vorne, was sich nicht zwingend als Geniestreich herausstellen sollte. Timber kam im Strafraum zu Fall, Benfica durfte im Anschluss kontern. Abermals ging es über die rechte Seite. Rafa Silva sah an der Strafraumkante Gonçalo Ramos, der die Kugel einfach mal aufs Tor trümmerte, Pasveer wehrte nach oben ab, konnte allerdings nicht mehr rechtzeitig aufstehen, sodass der eingewechselte Roman Yaremchuk nachsetzte und aus kurzer Distanz einköpfen konnte. 2:2, Willkommen im Inferno Da Luz, AFC Ajax. Ein Gegentor in den letzten zehn Spielen, zwei an diesem Mittwochabend. Mehr tat sich nicht. Benfica verdiente sich mit einer wesentlich aktiveren zweiten Hälfte das Remis. Ajax‘ Serie von zehn Siegen in Folge ist damit gerissen.

Für beide Mannschaften stehen in den kommenden Wochen drei Gegner aus dem Tabellenmittelfeld auf dem Programm: Vitória Guimarães (H), Portimonense (A) sowie Aufsteiger Vizela bei Benfica. Ajax reist zu ten Hags Ex-Klub Deventer, bevor es gegen Waalwijk und nach Cambuur geht. Das Rückspiel steigt am 15. März in der Johan Cruyff Arena.

Der Endstand aus dem Estadio Da Luz: SL Benfica 2, AFC Ajax 2.

Photo by PATRICIA DE MELO MOREIRA/AFP via Getty Images

Victor Catalina

Victor Catalina

Mit Hitzfelds Bayern aufgewachsen, in Dortmund studiert und Sheffield das eigene Handwerk perfektioniert. Für 90PLUS immer bestens über die Vergangenheit und Gegenwart des europäischen Fußballs sowie seine Statistiken informiert.


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