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Alphonso Davies vor Comeback: Der Allesverbesserer kehrt zurück

6. April 2022 | Spotlight | BY Manuel Behlert

Eine Herzmuskelentzündung setzte Alphonso Davies, Verteidiger des FC Bayern München, monatelang außer Gefecht. Diese ernsthafte Erkrankung zwang den Kanadier zu einer totalen Ruhe, eng getaktete Untersuchungen sorgten für eine permanente Überwachung des Gesundheitszustandes. Nun ist die Zeit reif für das Comeback. 

Es war der Januar 2019, als der junge Alphonso Davies (mittlerweile 21) von den Vancouver Whitecaps aus der us-amerikanischen MLS zum FC Bayern wechselte. In trockenen Tüchern war der Deal bereits lange vorher, Vorschusslorbeeren stand allerdings auch eine gewisse Skepsis gegenüber. Die MLS mit der Bundesliga zu vergleichen sei schwierig, hieß es. Davies werde Anlaufzeit benötigen, hat abgesehen von seiner Athletik einige Defizite, die aufgeholt werden müssen.

Das Vertrauen des Klubs, die harte Arbeit und natürlich auch das Talent, das der Spieler von Natur aus mitbringt, haben dafür gesorgt, dass es nicht lange dauerte, bis der Youngster zu einem essenziellen Bestandteil der ersten Elf beim Rekordmeister wurde und den Titel in der Champions League 2020 feiern durfte.

Herzmuskelentzündung: Davies‘ erster großer Rückschlag

2022, ein anderes Jahr, wieder der Januar. Im Anschluss an eine Corona-Infektion direkt nach dem Winterurlaub wurden bei Alphonso Davies Anzeichen einer Herzmuskelentzündung festgestellt. Der Spieler wurde umgehend aus dem Training genommen und eingehend untersucht. Schnell stellte sich heraus, dass der Kanadier lange wird pausieren müssen. Eine Prognose, wann es zu einem Comeback kommen könnte, war unmöglich zu treffen. Abgesehen von einem Bänderriss in der Saison 2020/21, die Davies neun Spiele verpassen ließ, war das der erste große Rückschlag in der Karriere des Linksverteidigers. 

Ein Faktor, der im Vergleich zu einer „herkömmlichen“ Verletzung eine Rolle spielt, ist der der Ungewissheit. Für die Psyche eines Profifußballers ist es nicht einfach, kein wirkliches Ziel vor Augen zu haben. Ein generelles Trainingsverbot und Schonung, wo es nur geht, für eine unbestimmte Zeit, haben natürlich Auswirkungen auf mentaler Ebene. Der Januar verging ohne signifikante Neuigkeiten, ehe Trainer Julian Nagelsmann (34) Mitte Februar erstmals von einem „Best case“-Heilungsprozess sprach. Dennoch dauerte es noch lange, bis überhaupt wieder an eine Belastung zu denken war. Jetzt, Anfang April, vor dem Spiel in der Champions League gegen den FC Villarreal, steht der Kanadier vor seinem Comeback.

Seit mehreren Wochen nimmt er wieder am Training teil, auch in diesem Zeitraum wurde der Linksfuß permanent überwacht und untersucht. Es sind keine Reaktionen erkennbar, der Fitnesszustand hat sich sukzessive verbessert und ein Risiko besteht nicht. Sogar ein Platz in der Startelf ist am Abend (21 Uhr, Live bei DAZN) im Estadio de la Ceramica möglich. „Wir werden im Laufe des Tages entscheiden. Ich habe aber schon die Idee, ihn morgen starten zu lassen“, verkündete der Cheftrainer auf der Pressekonferenz.

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Die Rückkehr von Davies: Ein Schub in beide Richtungen

Die Verantwortlichen wurden zuletzt nicht müde, zu betonen, dass die größtmögliche Vorsicht im Umgang mit Davies vorherrscht, genau wie bei Leon Goretzka (27), der gegen Freiburg an vergangenen Wochenende sofort in der Startelf stand, ebenfalls nach langer Pause. Spielt Davies, dann ist er auch reif für Belastung. Vielleicht noch nicht im Viertagesrhythmus und über 90 Minuten, aber seine Qualitäten kann er auf den Platz bringen. Diese Qualitäten werden dem FC Bayern helfen, sowohl im offensiven, als auch im defensiven Bereich. Hinzu kommt, dass der 21-Jährige in einer Phase zurückkehrt, in der sich der Rekordmeister in einer besseren Form befindet, als es direkt nach der Winterpause der Fall war.

Davies Bayern Bundesliga

(Photo by Matthias Hangst/Getty Images)

Offensiv kann Davies mehrere Rollen einnehmen. Vor einer Dreierkette kann er als so genannter „Joker“ die Linie alleine rauf und runter arbeiten, sich seine Freiheiten im Spiel nach vorne nehmen und mit seinem Tempo die gegnerische Defensive vor Probleme stellen. Ebenso kann er in einer Viererkette dafür sorgen, die linke Seite gemeinsam mit seinem Vordermann doppelt zu besetzen, diesem aber auch die Möglichkeit geben, selbst eine eher zentralere Rolle auszufüllen. Ein Paradebeispiel dafür ist Leroy Sane (26), der in einer solchen Konstellation häufig im Halbraum zwischen der linken Seite und dem Zentrum auftauchen kann. Im Vergleich zu einem Spieler wie Lucas Hernandez (26) ist der Kanadier die deutlich offensivere Wahl.

Das geht aber nicht unbedingt zu Lasten der Defensive. Die extreme Geschwindigkeit, sowohl im Antritt als auch am Ende des Sprints, machen Davies zu einer Waffe, wenn es darum geht, die gefährlichen Konter der Gegner abzulaufen. Nicht selten drehen die Angreifer schon früh ab, weil sie wissen, dass im Sprint gegen Davies ohnehin kein Kraut gewachsen ist. Zunächst dürfte Trainer Nagelsmann auf eine Viererkette setzen, wenn der 21-Jährige wieder mit dabei ist. Einerseits, weil dies in den letzten Wochen gut funktionierte, andererseits, weil dann der Weg zum eigenen Tor kürzer ist. Die Folge ist im Idealfall, dass weniger intensive Sprints notwendig sind. In einer Phase, in der der Verteidiger an die hohe Belastung gewöhnt wird, ist das von enormer Bedeutung.

Davies‘ Rückkehr löst mehrere Probleme auf einmal

Selbstverständlich sollte niemand damit rechnen, dass der Kanadier auf Anhieb wieder in seiner Bestform auftritt. Er benötigt wieder den Spielrhythmus und einige Automatismen, ehe er wieder bei 100 Prozent ist. Diese Zeit hat er aber. Villarreal, Augsburg, Villarreal, Bielefeld: Das sind die vier Gegner, die für den FC Bayern nun anstehen. Anschließend ist eine Woche Pause, ehe das Spitzenspiel gegen Borussia Dortmund ansteht, dann folgt erst das – im Falle eines Weiterkommens – Halbfinale der Champions League.

Die Rückkehr des 21-Jährigen, der in dieser Saison immerhin auf 23 Pflichtspieleinsätze insgesamt kommt, kommt also exakt zum richtigen Zeitpunkt. Zudem ist sie Teil einer Reihe positiver Entwicklungen, angefangen personeller Natur, denn hier gab es mehrere Spieler, die sich wieder zurückmeldeten, bis hin zur generellen Weiterentwicklung in allen Mannschaftsteilen, allen voran der Defensive, nach wackeligen Wochen.

Mehr Tempo auf der linken Außenbahn, sowohl defensiv als auch offensiv, mehr Flexibilität in der Wahl der Aufstellung und der Systematik, mehr Möglichkeiten zur Rotation oder zum Durchwechseln innerhalb einer Partie, mehr Konterabsicherung in Phasen, in denen das Risiko erhöht wird: Es ist beeindruckend, wie ein Spieler eine solche Vielzahl an Mosaiksteinen in eine positive Richtung bewegen kann. Für Davies selbst geht es jetzt nur noch um eines: Auf den Platz zu laufen und endlich wieder zu spielen.

(Photo by CHRISTOF STACHE/AFP via Getty Images)

Manuel Behlert

Vom Spitzenfußball bis zum 17-jährigen Nachwuchstalent aus Dänemark: Manu interessiert sich für alle Facetten im Weltfußball. Seit 2017 im 90PLUS-Team. Lässt sich vor allem von sehenswertem Offensivfußball begeistern.


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