WM 2022 | Das sind die spannendsten Talente des Turniers

18. November 2022 | WM-Spotlight | BY Kilian Thullen

Dass Bellingham, Pedri, Musiala & Co. absolute Ausnahmetalente sind, dürfte inzwischen jedem bekannt sein. Wir stellen euch in diesem Artikel deshalb einige Spieler vor, die außerhalb der europäischen Top-Klubs spielen und deshalb womöglich etwas unter dem Radar fliegen. Für die folgenden Talente könnte die WM 2022 das Sprungbrett sein, das sie selbst auf den Wunschzettel ebendieser Vereine befördert.

Hannibal Mejbri (19, Tunesien, zentrales Mittelfeld)

Im Jahr 2019 zahlte Manchester United 10 Millionen Euro an die AS Monaco, um sich die Dienste des damals 16-jährigen Hannibal Mejbri zu sichern. Drei Jahre später stehen für ihn im Dress der Red Devils lediglich drei Kurzeinsätze zu Buche, weshalb man sich in Manchester vor der aktuellen Saison dazu entschied, Mejbri für eine Spielzeit an Birmingham City zu verleihen. Dieser vermeintliche Rückschritt könnte sich für den gebürtigen Franzosen als großer Schritt nach vorne entpuppen. Bei seinem neuen Arbeitgeber ist Mejbri in der bisherigen Runde eine feste Größe in der Startelf und überzeugt durch gute und konstante Leistungen.

Mejbri ist ein technisch starker Box-to-box-Spieler und besitzt über ein, vor allem für einen zentralen Mittelfeldspieler, hohes Grundtempo. Die defensiven Schwächen, die er in der Championship zuweilen offenbart, fallen in der tunesischen Nationalmannschaft hingegen weniger ins Gewicht. Nationaltrainer Jalel Kadri stellt Mejbri häufig im offensiven Mittelfeld oder gelegentlich sogar auf dem Flügel auf, wo er seine Stärken im Dribbling noch besser zur Geltung bringen kann. Die WM ist eine große Chance für Mejbri, sich wieder auf internationaler Bühne zu präsentieren und seiner Karriere einen weiteren Schub zu verleihen.

Warum wir über die WM 2022 in Katar berichten

Kamaldeen Sulemana (20, Ghana, Linksaußen)

Ein ähnliches Schickal ist auch Kamaldeen Sulemana widerfahren, der bei Stade Rennes aktuell nicht mehr zu ersten Garde gehört. Und das, obwohl er nach seinem Wechsel von Nordsjaelland in der Hinrunde der Saison 2021/22 exzellente Leistungen zeigte, bis ihn eine schwere Rückenverletzung ausbremste. Nach 21 Spieltagen in ebendieser Saison hatte Sulemana mehr Abschlüsse aus Dribblings generiert als jeder andere Spieler in der Ligue 1, bis auf Kylian Mbappé – auf den Plätzen Drei und Vier rangierten damals übrigens ein gewisser Lionel Messi und Neymar.

Allein diese Statistik zeigt bereits die große Stärke von Kamaldeen Sulemana. Er kann besonders dann seine Qualitäten ausspielen, wenn er weit außen auf dem linken Flügel den Ball bekommt und mit Tempo auf die Verteidiger zudribbeln kann. Sollte Otto Addo ihm das Vertrauen schenken und Sulemana während des Turniers zurück zu alter Form finden, könnte der 20-Jährige im Alleingang dafür sorgen, dass die Spiele Ghanas sehr spektakulär werden.

Sulemana Ghana WM 2022

(Photo by Dean Mouhtaropoulos/Getty Images)

Ismaël Koné (20, Kanada, zentrales Mittelfeld)

Mit deutlich mehr Selbstvertrauen im Gepäck reist hingegen Ismaël Koné nach Katar, denn das Jahr 2022 hätte für den gebürtigen Ivorer kaum besser laufen können. In seiner ersten Profi-Saison beim CF Montreal gehörte er sofort zum Stammpersonal und war entscheidend daran beteiligt, dass seine Mannschaft die Conference Semifinals der MLS erreichte. Als wäre das noch nicht genug, wurde er im März zudem erstmals für die kanadische Nationalmannschaft nominiert, für die er seitdem fünfmal auflief.

Im Gegensatz zur Vereinsebene, wo Koné zumeist aus dem zentralen Mittelfeld heraus agiert, spielte er für Kanada zuletzt als eine Art hängende Spitze. Diese Position kommt dem Youngster durchaus zugute, der seine Athletik und Dribbelstärke dort besser zur Geltung bringen kann. Vielleicht ist es sogar eben diese Polyvalenz, die Koné zu vielen Minuten in Katar verhelfen kann. Für einen jungen kanadischen Spieler sind seine Teamkollegen Alphonso Davies und Jonathan David, die sich auf europäischer Bühne längst etabliert haben, natürlich große Vorbilder. Angesprochen darauf, wie er sich auf der großen WM-Bühne präsentieren wolle sagte er allerdings selbstsicher: „Ich möchte nicht spielen wie jemand anderes, ich möchte spielen wie Ismaël Koné.“

Zeno Debast (19, Belgien, Innenverteidigung)

Schaut man auf die defensive Dreierkette in Belgiens Nationalmannschaft, dann stellt sich seit gefühlt einer Dekade lediglich die Frage, wer eigentlich den dritten Platz neben Toby Alderweireld und Jan Vertonghen einnimmt. Bei der WM 2022 wird die Antwort darauf vermutlich „Zeno Debast“ lauten. Trotz seines noch jungen Alters und erst zwei Länderspielen scheint er gute Chancen auf einen Platz in der Startelf neben den beiden Altmeistern zu haben. Diesen hat er sich mit einer starken Hinrunde beim RSC Anderlecht, wo er übrigens ebenfalls an der Seite von Vertonghen aufläuft, redlich verdient.

In der Tradition seiner beiden Nebenmänner ist Debast ein enorm spielstarker Verteidiger, der zumeist die halbrechte Position in der Dreierkette bekleidet. In dieser Rolle genießt er auf Vereinsebene viele Freiheiten, sein gutes Aufbauspiel einzubringen. Dass er diese zu nutzen weiß, belegen die 6,83 Pässe pro 90 Minuten, die er in das offensive Drittel zu den Angreifern spielt. Um diese Situationen zu forcieren rückt Debast immer wieder sehr weit nach vorne, was ihm neben der Unterstützung für die Offensive eine gute Positionierung im Gegenpressing ermöglicht. Sollte Roberto Martinez ihm diese Freiheiten auch während der Weltmeisterschaft gewähren, könnte Debast ein großes Turnier bevorstehen.

Debast Belgien WM 2022

(Photo by LAURIE DIEFFEMBACQ/BELGA MAG/AFP via Getty Images)

Nicola Zalewski (20, Polen, linkes Mittelfeld)

Geboren in Italien, von der Roma ausgebildet, aber dennoch seit der U17 für die Nachwuchsmannschaften des polnischen Verbandes unterwegs. Nicola Zalewski entschied sich schon früh dafür, das Land seiner Eltern international repräsentieren zu wollen und hat inzwischen sieben Einsätze in der Nationalmannschaft auf dem Konto.

Als echtes Eigenwächs der Roma gehört er seit der Rückrunde der Saison 21/22 zum Stammpersonal von José Mourinhos Elf. Sowohl der Portugiese als auch Nationaltrainer Czeslaw Michniewicz stellen den 20-jährigen als linken Flügelverteidiger auf, obwohl sein Profil keineswegs dem eines klassischen Außenspielers entspricht. Zalewski ist keiner dieser Flügelläufer, die durch Athletik, Robustheit und Geradlinigkeit überzeugen. Seine große Stärke ist vielmehr eine feine Technik und vor allem herausragende Qualitäten im Kombinationsspiel in engen Räumen. Außerdem erlaubt es ihm seine Beidfüßigkeit, situativ nach innen zu ziehen und so Überzahlsituationen im Zentrum zu erzeugen.

Trotz aller Stärken muss Zalewski sich in der Arbeit gegen den Ball noch etwas steigern. Gerade wenn er weiterhin als Flügelverteidiger eingesetzt wird, kann seine Schwäche in der Defensivarbeit durchaus zu Problemen führen. Mit einem zarten Alter von 20 Jahren ist das jedoch zu verkraften.

Strahinja Pavlović (21, Serbien, Innenverteidigung)

Die Karriere von Strahinja Pavlović kommt gerade richtig ins Rollen. Mit damals erst 19 Jahren wagte er vor zwei Jahren den großen Schritt von Partizan zur AS Monaco – es war ein zu großer Schritt, wie sich herausstellte. Seine Laufbahn geriet etwas ins Stocken und nahm nach zahlreichen Leihen erst in diesem Jahr nach einem Wechsel zu Red Bull Salzburg wieder richtig Fahrt auf. Dort ist Pavlović aus der Viererkette inzwischen kaum mehr wegzudenken und auch in Serbiens Nationalmannschaft ist er trotz seines jungen Alters auf der linken Halbposition in der Dreierkette gesetzt.

Trotz seiner Größe von 1,94 Metern wäre es zu einfach, ihm das Label „beinharter Verteidiger“ aufzudrücken, und das obwohl er über sich selbst sagt, er versuche „wie Nemanja Vidic“ zu sein. Zweifelsohne liegt die Kernkompetenz des Linksfußes in seiner exzellenten Zweikampfführung und einer enormen Kopfballstärke. Dennoch ist auch sein Aufbauspiel durchaus solide. Mit einer Passquote von 81% liegt Pavlovic für einen Innenverteidiger zwar eher im unteren Durchschnitt, das liegt jedoch eher an seiner durchaus riskanten Spielweise als an fehlenden Qualitäten im Passspiel.

Pavlovic Serbien WM 2022

(Photo by JURE MAKOVEC/AFP via Getty Images)

Fünf weitere Talente, die man während der WM 2022 im Blick haben sollte:

  • Yunus Musah (19, USA, zentrales Mittelfeld)
  • Nico Williams (20, Spanien, Rechtsaußen)
  • Enzo Fernández (21, Argentinien, zentrales Mittelfeld)
  • Ez Abde (20, Marokko, Linksaußen)
  • Kang-in Lee (21, Südkorea, offensives Mittelfeld)

(Photo by Shaun Botterill/Getty Images)

Kilian Thullen

Bosz, Rose & Co. im Herzen, die Bundesliga im Blick. Seinen Durst nach Gegenpressing und dynamischem Offensivspiel stillt Kilian vor allem in Deutschland. Seit 2018 bei 90PLUS.


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