WM 2022 | Kroatien will auch Argentinien den Zahn ziehen

13. Dezember 2022 | WM-Spotlight | BY Manuel Behlert

Die WM 2022 in Katar neigt sich ihrem Ende zu. Die beiden Spiele im Halbfinale stehen auf dem Programm, den Anfang macht das Duell zwischen Argentinien und Kroatien. Die Kroaten wollen wie 2018 in das Endspiel einziehen, die Hürde könnte aber größer kaum sein. 

Argentinien: Ist der Moment gekommen?

Andere Teams galten als die ganz großen Favoriten vor diesem Turnier in Katar. Es war nicht Argentinien, das permanent genannt wurde. Brasilien, Frankreich, England, Spanien, vielleicht auch Portugal: Das waren die größten Anwärter auf den Titel. Von diesen Auswahlmannschaften ist nur noch Frankreich übrig, der Weltmeister von 2018. Den damaligen Endspielgegner hat die argentinische Auswahl um Superstar Lionel Messi (35) nun vor der Brust. Viele Fragen sich, ob der Moment für Messi und Argentinien nun gekommen ist. Kann dieses Team den WM-Pokal wirklich in die Höhe strecken? Bisher kaschiert die Mannschaft ihre leichten Probleme in mehreren Teilbereichen des Spiels ganz gut.



Auffällig ist, dass das Team rein von den Namen her betrachtet nicht auf allen Positionen vor Brillanz strotzt. Defensiv räumt noch immer ein erfahrener Nicolas Otamendi (34) auf, im Mittelfeld spielt unter anderem der junge Enzo Fernandez (21), Alexis Mac Allister (24) ist eine Art Bindeglied zwischen Mittelfeld und Offensive. Es sind Systemspieler und nicht Einzelkönner. Doch genau diese Spieler benötigt ein Team auf dem Weg zum WM-Titel. Gegen alle Widrigkeiten im Spiel gegen die Niederlande setzten sich die Argentinier durch, das Elfmeterschießen sorgte für den Einzug in das Halbfinale. Die Stimmung vor dem Spiel gegen Kroatien ist gut, allerdings droht eine sehr unangenehme Aufgabe.

Effizienz und Balance als wichtigste Faktoren

Zu denken, bei den Argentiniern dreht sich alles um Messi, wäre vermessen. Natürlich ist der Offensivspieler von PSG noch der Mann, der den Unterschied ausmachen kann. Aber gerade im Spiel gegen den Ball hält er sich gerne vornehm zurück. Umso wichtiger sind die angesprochenen Systemspieler, die viele Wege gehen müssen. Argentinien wird sicher das Viertelfinale Kroatiens gegen Brasilien gesehen haben. Eines der größten Probleme der Südamerikaner war die fehlende Effizienz. Und auch Argentinien selbst machte gegen die Niederlande den Sack nicht zu. Die Chancen, die sich zwangsläufig ergeben werden, müssen also genutzt werden.

90PLUS sucht Verstärkung: Jetzt bewerben 

Darüber hinaus wird es auf die Balance ankommen. Viel Druck auszuüben, um die Kroaten vor Probleme zu stellen und permanent zu beschäftigen, ist natürlich wichtig. Gleichzeitig muss aber auch bedacht werden, dass dieser Gegner nicht allzu viele Möglichkeiten für einen Treffer braucht. Die Argentinier müssen also auch auf eine gute Konterabsicherung achten und versuchen, jederzeit genügend Spieler hinter dem Ball zu haben. Schon ein Fehler, ein zu frühes Rausrücken oder ein unachtsamer Ballverlust könnte für Leinengegentreffer sorgen.

Kroatien: Noch ein Schritt vom nächsten Endspiel entfernt

2018 galt Kroatien nicht zu den größten Turnierfavoriten, kämpfte sich aber durch das Turnier und forderte plötzlich Frankreich im Endspiel. Die Mischung aus defensiver Disziplin, einer guten Physis in allen Mannschaftsteilen, grandiosen Technikern wie Luka Modric (37) und einem breiten Kader machen die Kroaten zu einem extrem schwer zu bespielenden Gegner. Auch diesmal hatten nicht viele Experten Kroatien vor dem Turnier auf dem Zettel, wenn es um das Erreichen des Halbfinales oder gar noch mehr ging. Im medialen Schatten der großen Nationen erhielt das Team weniger Aufmerksamkeit, was aber kein Problem darstellte.

Zlatko Dalic (56) und seine Auswahl profitierten vielmehr von der Ruhe, die rund um das Team herrschte. Jedes Spiel konnte gut vorbereitet werden und schon in der Gruppenphase zeigte die Mannschaft, was in ihr steckt. Die Gruppe mit Belgien, Kanada und Marokko war nicht einfach, zwei der vier Halbfinalisten spielten dort. Für die K.O.-Runde galt, dass die Kroaten starke Nerven brauchten. Gegen Japan und Brasilien ging es in das Elfmeterschießen, beide Male bliebt Dominik Livakovic (26) im Tor cool und avancierte zum Helden. Und nun? Steht Argentinien als Gegner dem erneuten Einzug in das Endspiel im Weg. 

Kroatien: Warum etwas verändern?

Den größeren Druck vor diesem Spiel hat in jedem Fall Argentinien. Das weiß auch die kroatische Mannschaft und will das für sich nutzen. Das Team ist eingespielt, die Automatismen funktionierten zuletzt sehr gut. Die Frage ist, warum dieses Team überhaupt etwas verändern sollte. Dejan Lovren (33) und Josko Gvardiol (20) verstehen sich in der Innenverteidigung sehr gut, das Mittelfeld gehört ohnehin zur Creme de la Creme im Weltfußball. Mit den ganz großen taktischen Finessen überraschen wird nicht möglich sein, also dürfte Trainer Dalic auf das gewohnte Personal setzen. Wer gemeinsam mit Andrej Kramaric (31) und Ivan Perisic (33) die Offensive bilden wird, bleibt aber noch abzuwarten.

Mögliche Aufstellungen

Argentinien: E. Martinez – Molina, L. Martinez (Romero), Otamendi, Tagliafico – Fernandez, de Paul, Mac Allister – Di Maria, Messi, Alvarez

Kroatien: Livakovic – Juranovic, Lovren, Gvardiol, Sosa – Brozovic, Kovacic, Modric – Pasalic (Vlasic), Perisic, Kramaric

Prognose

Vieles wird davon abhängen, ob Kroatien wieder von Beginn an zum typischen, laufstarken und unangenehmen Spiel findet. Dann könnte sich für Argentinien nämlich ein Geduldsspiel entwickeln, das mit zunehmender Spieldauer das Risiko mit sich bringt, dass jeder Fehler schon das Aus bedeuten kann. Argentinien geht als leichter Favorit in diese Partie, aber Kroatien hat das Zeug dazu, das Spiel offen zu gestalten. Vielleicht kommt es ja zum dritten Mal in Folge zu einem Elfmeterschießen… 

(Photo by NELSON ALMEIDA,ALFREDO ESTRELLA/AFP via Getty Images)

Manuel Behlert

Vom Spitzenfußball bis zum 17-jährigen Nachwuchstalent aus Dänemark: Manu interessiert sich für alle Facetten im Weltfußball. Seit 2017 im 90PLUS-Team. Lässt sich vor allem von sehenswertem Offensivfußball begeistern.


Ähnliche Artikel