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Alles neu auf Schalke: Wie gut ist S04 bereits?

30. Juli 2024 | Spotlight | BY Till Gabriel

Nach einer Saison zum Vergessen soll beim FC Schalke 04 alles anders werden. Die Knappen stecken erneut mitten im Umbruch, gehen diesen aber anders an als in den vergangenen Jahren. 

Schalke 04: Der wichtigste Neuzugang steht gar nicht auf dem Platz

Vor einem Jahr herrschte beim FC Schalke 04 trotz des Abstiegs aus der Bundesliga Aufbruchstimmung. Nach einer starken, wenngleich nicht mit dem Bundesliga-Klassenerhalt gekrönten, Rückrunde wähnte man sich am Berger Feld auf dem richtigen Weg. Mit Trainer Thomas Reis sollte der direkte Wiederaufstieg gelingen. Wenige Monate später sah die Realität anders aus.



Reis musste nach schwachem Saisonstart gehen, der S04 fand sich im Abstiegskampf wieder und musste sich zwischenzeitlich um mehr als nur den Ligaverbleib sorgen. Am Ende gelang der Klassenerhalt unter Trainer Karel Geraerts zwar mit Platz zehn recht souverän, doch es war klar, dass im Sommer der nächste Umbruch folgen musste.

Der findet seitdem jedoch nicht nur auf dem Rasen statt. Der wichtigste Neuzugang beim Traditionsverein ist einer, der gar nicht selbst auf dem Platz steht. Kaderplaner Ben Manga, der einst bei Eintracht Frankfurt große Talente wie Luka Jovic entdeckte, wurde euphorisch empfangen und mit der schweren Aufgabe betreut, das Schalke der Zukunft und höhere Kaderwerte zu schaffen.

Sportdirektor Marc Wilmots und Ben Manga feilen am Schalke der Zukunft. (Photo by Christof Koepsel/Getty Images)

Seit der Ankunft Mangas hat sich die Transferpolitik bei S04 geändert. Wurden in den vergangenen Jahren noch zahlreiche Leihgeschäfte abgeschlossen, verpflichteten die Knappen bisher vor allem junge, entwicklungsfähige Spieler, deren Namen selbst gestandene Football-Manager-Spieler erst einmal googlen mussten. Manga hat große Teile seines Scouting-Netzwerks mit nach Gelsenkirchen gebracht und erntet mit den Transfers von Spielern wie Felipe Sanchez und Emil Hojlund bereits erste Früchte.

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Dabei konnte Schalke sogar mal wieder etwas Geld in die Hand nehmen. Die Verkäufe der Top-Talente Assan Ouédraogo (zu Leipzig) und Keke Topp (zu Werder) sowie Torhüter Marius Müller (zu Wolfsburg) taten sportlich zwar weh, spülten aber knapp 13 Millionen Euro in die klammen Vereinskassen. Königstransfer Moussa Sylla ließen sich die Blau-Weißen 2 Mio. Euro kosten, Sanchez kam für 800.000 Euro aus Argentinien.

Der Franzose Sylla ließ mit sieben Toren in der Vorbereitung gleich mal aufhorchen. „Durch seine explosive Beschleunigung sorgt Moussa auch im Konterspiel stets für Unruhe. Dieses Element hat dem FC Schalke 04 in der Vorsaison ein Stück weit gefehlt. Wir haben deshalb schnell erkannt, dass wir Tiefe und Schnelligkeit in unserem Kader benötigen. Beides bringt Moussa zu 100 Prozent mit“, beschreibt Manga die Qualitäten des 24-Jährigen, der einst bei der AS Monaco den Sprung in den Profifußball schaffte.

Darüber hinaus wurde eine Vielzahl an Talenten aus der Knappenschmiede mit Profiverträgen ausgestattet. Tristan Osmani kickt vorerst in der U23, doch Spieler wie Taylan Bulut, Max Grüger oder Vitalie Becker absolvierten die gesamte Vorbereitung mit der Zweitliga-Mannschaft.

Nach einem Jahr ohne Verein will Amin Younes wieder angreifen. (Photo by Christof Koepsel/Getty Images)

S04: Wohin mit den Ladenhütern?

Während die talentierten Neulinge Hoffnung machen, verläuft der Verkauf der Ladenhüter bisher schleppend. Ralf Fährmann, Dominick Drexler und Timo Baumgartl trainieren längst nicht mehr mit dem Profiteam, ein Abnehmer wurde für die Aussortierten bisher jedoch nicht gefunden. Sebastian Polter, Lino Tempelmann, Leo Greiml, Henning Matriciani und Tobias Mohr sollen ebenfalls gehen, zählen bis dahin aber weiterhin zum Kader von Karel Geraerts.

Abgeschlossen ist die Personalplanung zwar noch nicht, doch so langsam kristallisiert sich ein Stamm heraus, auf den der belgische Trainer wohl bauen wird. Beim Test gegen Twente testete Schalke die Viererkette, jedoch ist Geraerts ein klarer Verfechter des 3-5-2. „Es ist wichtig, dass wir taktisch flexibel sind“, betonte der Belgier.

In der Offensive sind Sylla und Kapitän Kenan Karaman gesetzt. Der Türke war bereits in der letzten Saison mit 13 Toren und neun Vorlagen die Lebensversicherung, als Kapitän soll der 30-Jährige nun noch mehr Einfluss nehmen. Auch der zuletzt vereinslose Amin Younes dürfte gute Karten für einen Stammplatz haben. Der Ex-Nationalspieler kann in der 2. Bundesliga ein Unterschiedsspieler sein.

„Amin ist ein Fußballer, der einfach Bock aufs Kicken hat. Er hat eine Ballbehandlung wie kaum ein Zweiter, seine spieltechnischen Fähigkeiten sind herausragend“, beschreibt Manga den früheren Frankfurter, bittet aber um Geduld: „Da Amin lange Zeit nicht gespielt hat, denke ich allerdings, dass er noch zwei, drei Monate benötigt, um wieder auf optimalem Level zu sein.“

Dahinter werden Ron Schallenberg und Paul Seguin das Mittelfeldzentrum bilden, Abwehrchef ist Tomas Kalas. Zwischen den Pfosten läuft ein Duell zwischen Neuzugang Ron-Thorben Hoffmann und Justin Heekeren, der sich nach seiner Leihe zu Patro Eisden Maasmechelen für den nächsten Schritt bereit fühlt.

Die Vorbereitung verlief bisher durchwachsen, zuletzt blieb Königsblau drei Spiele in Folge ohne eigenes Tor. Der Trainer will die Niederlagen gegen Leeds und Utrecht jedoch nicht überbewerten: „Am Ende sind die Resultate in der Vorbereitung zweitrangig. Ich habe im Fußball schon vieles erlebt. Manchmal gewinnst du alle Testspiele – und wenn es dann um Punkte geht, setzt es eine Niederlage.“

Kapitän und Schlüsselspieler bei S04: Kenan Karaman. (Photo by Juergen Schwarz/Getty Images)

Kein Aufstieg um jeden Preis: Schalke will sich gesund entwickeln

Um Punkte geht es bereits am Samstag, wenn Eintracht Braunschweig zum Saisonauftakt in der Veltins-Arena gastiert. Die ersten Wochen der neuen Saison werden für den siebenmaligen deutschen Meister zur Standortbestimmung und dürften Aufschluss darüber geben, wie gut die neue, junge Mannschaft im Ligavergleich bereits ist und wie weit der Weg zu einem Aufstiegsfavoriten noch ist. Denn dazu zählt Schalke nach der enttäuschenden Vorsaison sicherlich nicht, zumal Vereine wie Köln, Hamburg oder Hertha deutlich stärker einzuschätzen sind als die Geraerts-Elf.

Doch mit welchem Ziel geht S04 in die Spielzeit? Der Aufstieg soll nicht mehr auf Biegen und Brechen gelingen, stattdessen steht eine langfristig gesunde sportliche Entwicklung im Fokus, die den Verein in den nächsten Jahren wieder ins Oberhaus führen und dort etablieren soll. Dennoch ist klar, dass ein erneuter zehnter Platz nicht akzeptabel ist. „Wir müssen im oberen Drittel mitspielen, das ist die Ambition“, gab Vorstandsboss Matthias Tillmann das Saisonziel für 2024/2025 aus.

Geraerts, der nach seinem Amtsantritt im Oktober 2023 erstmals eine Sommervorbereitung mit Königsblau absolvieren konnte, hatte erstmals Zeit, seine Spielidee zu etablieren. Greifen die Vorstellungen des Belgiers und erweisen sich Spieler wie Younes und Sylla tatsächlich als Volltreffer, kann S04 in der neuen Spielzeit bereits eine sehr gute Rolle spielen. Gerät Schalke jedoch gleich zu Saisonbeginn in eine Ergebniskrise, wird es traditionell schnell ungemütlich am Berger Feld.

(Photo by Christof Koepsel/Getty Images)


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