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Bundesliga | De Ligt und Ajorque als neue Hoffnungsträger – und Leverkusen mit Champions-League-Chancen? Die Brennpunkte des 27. Spieltags

10. April 2023 | Spotlight | BY Victor Catalina

Spotlight | Am 27. Bundesliga-Spieltag setzte sich der FC Bayern knapp in Freiburg durch. Während die Offensive noch etwas Justierungsbedarf offenbart, wird Matthijs de Ligt zum neuen Hoffnungsträger. Außerdem kämpfen Mainz und Leverkusen noch um Europa. Die Brennpunkte. 

1. Matthijs de Ligt: Bayerns Hoffnungsträger in der entscheidenden Saisonphase

Die Münchener werden froh sein, dass sie die beiden Duelle mit dem SC Freiburg hinter sich haben. Wie bereits im P0kalspiel machten die Breisgauer dem Rekordmeister das Leben durch extrem kompaktes Verteidigen sowie situatives Pressing in der eigenen Hälfte schwer. Zu aussichtsreichen Szenen im Strafraum kam es dadurch nur selten. Mark Flekken parierte den Kopfball von Serge Gnabry (9′), Sadio Mané chippte knapp rechts vorbei (18′). Viel mehr Hochkarätiges ließ der Sport-Club nicht zu.

Auch, weil es den Münchenern, ohne den verletzten Eric Maxim Choupo-Moting in der Offensive an Struktur fehlte. Man kam zu selten in Abschlussposition oder traute sich, das zu, was letztlich zum Siegtreffer führte: Distanzschüsse. In Minute 51 hielt Matthijs de Ligt aus ziemlich genau 27,6 Metern drauf. Leicht von Matthias Ginter abgefälscht schlug die Kugel im rechten Winkel ein.

Bundesliga SC Freiburg FC Bayern München

Photo by Alex Grimm/Getty Images

Der Niederländer ist im Moment Bayerns Mann der Stunde. Seine Grätsche gegen Paris Saint-Germain hängt bereits im Vereinsmuseum. Dazu kommt die Klärungsaktion gegen den Kopfball von Dinos Mavropanos kurz vor der Linie in Stuttgart sowie der Treffer zum 0:1, der auf ähnliche Art und Weise fiel, wie jener in Freiburg. Beide Male legte Jamal Musiala vor. Beim 4:2 gegen Borussia Dortmund blockte de Ligt Marco Reus eine frühe Chance weg (7′) und bereitete mit einem wuchtigen Kopfball Thomas Müllers zwischenzeitliches 2:0 vor (18′). Spätestens jetzt darf man die 67 Millionen, die Juventus für ihn aufrief, guten Gewissens als Schnäppchen bezeichnen. Sieht man ihn spielen und nach den Partien in den Interviews, ist man geneigt zu denken, „Schade, dass er mit 34 Jahren nicht mehr lange auf höchstem Niveau spielen wird.“ Dann schaut man auf die Statistik und sieht, de Ligt ist erst 23.

 

 

Was man allerdings mit ziemlicher Gewissheit sagen kann, ist, dass Bayerns Saison ohne ihn zu diesem Zeitpunkt komplett anders aussehen würde. De Ligt ist genau der Abwehrchef, den die Münchener Defensive im Sommer suchte. Mit ihm zusammen hat sich auch der letzte Saison noch fehleranfällige Dayot Upamecano stabilisiert. Als de Ligt im Sommer nach München kam, betonte er, dass ihm der offensivere Münchener Spielstil liege und zog Parallelen zu Jugendklub Ajax. Spätestens jetzt weiß man genau, was er damit meinte. De Ligt schaltet sich in Ballbesitz immer wieder in die Angriffsbewegung ein und steht teilweise gut vier, fünf Meter vor dem gegnerischen Strafraum, um Gegenspieler zu binden oder selbst in Abschlussposition zu kommen. Diese Situationen hatte er beim defensiveren Juventus kaum und anführen durfte er die Abwehr – in Anwesenheit von Giorgio Chiellini oder Leonardo Bonucci – eher selten.

Am Dienstagabend im Etihad wird es vor allem auch auf de Ligt ankommen, wenn es gilt, Erling Haaland zu stoppen. Auf der anderen Seite muss die Münchener Offensive ihre Torgelegenheiten in der Umschaltbewegung klarer und konsequenter ausspielen. Chancenwucher wie in der zweiten Hälfte oder rund um den Treffer von Kingsley Coman in Paris darf sich der FC Bayern diesmal nicht erlauben. Vor allem, da gerade Haaland nicht viele davon braucht. Die Münchener haben bereits im Achtelfinal-Rückspiel bewiesen, dass sie eine taktisch extrem disziplinierte Leistung abrufen können, mit der sie in der Lage sind, große Spiele zu gewinnen. Am Dienstagabend braucht es die nächste.

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2. Mainz 05: Ajorque als neuer Fixpunkt, Stabilisator Hanche-Olsen

Viel wurde gesprochen, über das Titelrennen, über die herausragenden Saisons, die der SC Freiburg und Union Berlin spielen, über Frankfurts Formtief und RB Leipzig. Dennoch gibt es eine Mannschaft, die sich heimlich die Schlagzeilen sichert: der 1. FSV Mainz 05. Seit dem 1:2 an der alten Försterei sind die Rheinhessen in acht Bundesligaspielen ungeschlagen. Zwischendrin gab es Ausrufezeichen, wie die Siege in Leverkusen (3:2), gegen Borussia Mönchengladbach (4:0) oder in Leipzig (3:0). In den Duellen mit kleineren Gegnern, wie dem FC Augsburg (3:1) oder der TSG Hoffenheim (1:0) machten die Mainzer zudem ihre Hausaufgaben. Lediglich Borussia Dortmund (25) sowie der FC Bayern (22) holten in der Rückrunde noch mehr Punkte, als die Mainzer (21). Tabellarisch steht man auf Platz 8 und darf sich – mit zwei Zählern Rückstand – sogar noch Hoffnungen auf Europa machen.

Bundesliga Mainz 05 Werder Bremen

Photo by Christian Kaspar-Bartke/Getty Images

Der Mainzer de Ligt hätte, mit 1,96 Meter, Gardemaß für einen Innenverteidiger. Zuhause ist er allerdings im Sturm: Ludovic Ajorque. Für sechs Millionen Euro kam der Franzose im Januar von Racing Strasbourg und gibt der Mannschaft durch seine Wucht und Größe eine komplett neue Dimension im Angriff. Viel Anlaufzeit brauchte Ajorque nicht: Beim 4:0 über Gladbach erzielte er seinen ersten Treffer, rettete 05 einen Punkt in Berlin und brachte, mit einem herausragenden Heber in Leipzig, den Kantersieg auf den Weg. Zudem eröffnete Ajorque das wilde Spektakel gegen Werder Bremen fünf Minuten vor Schluss. Aus der Startelf ist er inzwischen nicht mehr wegzudenken und bietet den dynamischeren Karim Onisiwo, Marcus Ingvartsen oder dem momentan noch verletzten Jonathan Burkardt die Chance, sich freier um ihn herum zu bewegen.

Selbiges trifft auch auf einen weiteren Winterneuzugang zu: Andreas Hanche-Olsen. Für 2,5 Millionen Euro kam der Norweger aus Gent und spielt seitdem den rechten Part der Mainzer Dreierkette. In den letzten sechs Ligapartien mit ihm gab es nur noch vier Gegentore und drei zu-Null-Spiele. Ajorque wie Hanche-Olsen sind ein weiterer Beweis für das herausragende Mainzer Scouting, mit dem Martin Schmidt und Christian Heidel bereits Bo Svensson im Frühjahr 2021 verpflichteten. Damals holte die Mannschaft unter ihm in der Rückrunde insgesamt 32 Punkte. Deren sieben waren es in der ersten Saisonhälfte. Zufall ist der Mainzer Höhenflug somit nicht.

3. Macht Bayer den entscheidenden Schritt in die Champions League?

Nach dem überraschenden 3:4 bei der SV Elversberg in der ersten Pokalrunde schien es, als hätten sich sämtliche Fußballmächte gegen Bayer Leverkusen verschworen. Die Mannschaft machte zwar nicht viel falsch, man konnte allerdings einfach nicht mehr gewinnen. Am 8. Spieltag, nach dem 0:4 in München rutschte Leverkusen auf Platz 17 ab.

Bundesliga Bayer Leverkusen Eintracht Frankfurt

Photo by Christof Koepsel/Getty Images

Eigentlich hatte man der Werkself, nach Platz 3 in der Vorsaison, sogar zugetraut, in den Titelkampf einzugreifen. Nun schien es, als müsste man die Saisonziele neu justieren. Von der Champions League konnte vorerst keine Rede mehr sein.

Umso beeindruckender ist der Höhenflug, den die Mannschaft unter Xabi Alonso momentan hinlegt. Trotz eines zwischenzeitlichen Tiefs, mit vier Pflichtspielniederlagen am Stück bekam der ehemalige Mittelfeldspieler die Seinen wieder auf Kurs und steht, nach dem 3:1 über Eintracht Frankfurt, wieder auf einem Europapokalplatz. Fünf Punkte sind es noch bis zur Königsklasse und diese Differenz kann Bayer in den kommenden Wochen selbst ausradieren. Am nächsten Spieltag geht es nach Wolfsburg, bevor die beiden wichtigsten Partien der Saison anstehen: gegen RB Leipzig und bei Union Berlin. Sollte es Xabi Alonso und den Seinen gelingen, gegen zwei direkte Konkurrenten in aufeinanderfolgenden Spielen sechs Punkte zu holen, könnte man die Saison doch noch zum gewünschten Ende bringen. Zu einem Ende, nach dem es zwischenzeitlich überhaupt nicht mehr aussah.

Photo by THOMAS KIENZLE/AFP via Getty Images

Victor Catalina

Victor Catalina

Mit Hitzfelds Bayern aufgewachsen, in Dortmund studiert und Sheffield das eigene Handwerk perfektioniert. Für 90PLUS immer bestens über die Vergangenheit und Gegenwart des europäischen Fußballs sowie seine Statistiken informiert.


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