Spotlight

3. Liga vor dem Start: Spannung oben wie unten

22. Juli 2022 | Spotlight | BY Yannick Lassmann

Spotlight | Der 1. FC Magdeburg, Eintracht Braunschweig und 1. FC Kaiserslautern feierten in der Vorsaison den Aufstieg in die 2. Bundesliga. Die am heutigen Freitag mit dem Duell zwischen dem VfL Osnabrück und MSV Duisburg beginnende 3. Liga verlor daher prominente Gesichter, lockt aber auch in der Saison 2022/23 mit einem attraktiven Teilnehmerfeld.

3. Liga: Viele Aufstiegsaspiranten, kein klarer Favorit

Der FC Ingolstadt, Erzgebirge Aue und Dynamo Dresden, das nach Beginn der Rückrunde keinen Sieg mehr einfuhr, mussten allesamt den Gang in die Drittklassigkeit antreten. Ihre Unterlegenheit in der 2. Bundesliga war offensichtlich, weshalb an den Kadern zahlreiche Veränderungen vorgenommen wurden. Die Umbrüche sorgen für viele Fragezeichen vor dem Saisonstart, denn oftmals besteht keine Klarheit, wohin der Weg des Klubs führen wird. Während Eintracht Braunschweig in der Vorsaison als Zweitplatzierter der direkte Wiederaufstieg gelang, ging es für die Würzburger Kickers im Fahrstuhl weiter bergab in die Regionalliga Bayern, wo Gegner wie die SpVgg Hankofen oder der FC Pipinsried warten.

Selbiges Schicksal will der zuletzt sechs Jahre in Liga zwei aktive FC Erzgebirge Aue vermeiden, nachdem 17 Neuzugänge verpflichtet worden und 18 Akteure sich anderen Vereinen anschlossen. Timo Rost (43) – der neue, zuvor Bayreuth in die 3. Liga führende Trainer – kann auf gestandene Drittligaspieler zurückgreifen, darunter Ulrich Taffertshofer (30), Maximilian Thiele (29) oder den treffsicheren Elias Huth (25). An der Seite des Angreifers wird Dmitri Nazarov (32) agieren, sodass der FCE wesentlich mehr als die 32 Tore aus der abgelaufenen Spielzeit bejubeln wird.

Zwei Tore und sogar fünf Zähler weniger, insgesamt 21, sammelte der FC Ingolstadt, dessen Auf und Ab weiter anhält, ein. Dementsprechend krempelte die Vereinsführung um Dietmar Beiersdorfer (58) die Mannschaft um, nahm für Drittliga-Verhältnisse viel Geld in die Hand. Der aus Sandhausen losgeeiste Pascal Testroet (31) kostete gleich 500.000 Euro Ablöse. Dazu kamen mit Torhüter Marius Funk (26), Maximilian Dittgen (27) und Moussa Doumbouya (24) im Vorjahr höherklassig auflaufende Spieler. Trainer Rüdiger Rehm (43), dank seiner Zeit bei Großaspach und Wehen Wiesbaden ein absoluter Kenner der 3. Liga, soll aus der durchaus vorhandenen individuellen Klasse ein funktionierendes Team formen.

Selbige Aufgabe steht Markus Anfang (48) bevor, dessen Rückkehr auf die Trainerbank Dynamo Dresden ähnlich viel Aufmerksamkeit wie die verlorene Relegation gegen Kaiserslautern einbrachte. Letztmals gewann die SGD am 12.12.2021 ein Pflichtspiel, was hauptsächlich mit der Harmlosigkeit vor dem gegnerischen Tor zusammenhing. Zu allem Überfluss zogen mit Christoph Daferner (24/1. FC Nürnberg) und Ransford-Yaboah Königsdörffer (20/Hamburger SV) die beiden besten Torschützen weiter. Auf den immer offensiv denkenden Coach Anfang wartet eine schwierige Aufgabe, die die Verpflichtung von Manuel Schäffler (33) wohl etwas erleichtert. Insgesamt müssen gleich 15 von fremden Klubs dazugestoßene Akteure integriert werden. Wie es um die Dresdener steht, dürfte wohl das Auftaktspiel gegen 1860 München zeigen.

3. Liga: Markus Anfang trainiert Dynamo Dresden.

(Photo by Matthias Kern/Getty Images)

Jene „Löwen“ gehen mit großen Ambitionen in die Spielzeit. „Ich weiß, dass ihr uns jede Woche brutal unterstützen werdet. Also was soll da schiefgehen? Am Ende kann es da nur eins geben. Wir werden meine super Saison spielen mit euch im Rücken, und wir werden im Mai wieder hier stehen und etwas ganz Großes feiern“, so Trainer Michael Köllner (52). Die letzte Rückrunde unterstreicht den Anspruch. 1860 München kletterte vom Tabellenkeller auf Rang vier und stellte mit Marcel Bär (30) den Torschützenkönig. Dazu präsentierten die Verantwortlichen einige hochkarätige Neuzugänge: Martin Kobylanski (28/Eintracht Braunschweig), Jesper Verlaat (26/Waldhof Mannheim) sowie Joseph Boyamba (26/Waldhof Mannheim) wiesen allesamt bereits höchstes Drittliga-Niveau nach.

Waldhof Mannheim verlor nicht nur zwei Leistungsträger nach München, sondern auch Marcel Costly (26) an Ingolstadt. Dennoch strebt er den Aufstieg in die 2. Bundesliga an. Patrick Glöckner (45) musste daher trotz Platz fünf und überwiegend attraktivem Fußball seinen Posten räumen. Auf das gesetzte Fundament um Mittelfeldroutinier Marco Höger (32) kann der bereits in Meppen erfolgreich arbeitende Christian Neidhardt (53) aufbauen. Nicht weit entfernt von Mannheim liegt Saarbrücken, wo der 1. FC ebenfalls nach oben schielt. Er baut im Vergleich zur Konkurrenz auf einen sehr erfahrenen Kader. Eingengewächse wie Keeper Daniel Batz (31), Manuel Zeitz (31) und Mike Frantz (35) prägen den Kader von Uwe Koschinat (50), dessen körperbetonter Ansatz nicht überall für Freude sorgt, den 1. FC Saarbrücken aber zu einem schwer bespielbaren Gegner macht.

Hinter diesen sechs Vereinen lauern der VfL Osnabrück und der SV Wehen Wiesbaden auf ihre Chance. Insbesondere die ihren Kader weitestgehend zusammenhaltenden Niedersachsen schnupperten in der vergangenen Saison bereits an den Aufstiegsplätzen, gaben jedoch in den entscheidenden Duellen keine gute Figur ab. Wehen Wiesbaden fehlte wiederum ein ganzes Stück nach oben, hielt aber seinen Torjäger Gustaf Nilsson (25) und verstärkte sich mit einigen überdurchschnittlich veranlagten Drittliga-Spielern.

3. Liga: Die Hälfte schaut nach unten

Der SV Wehen Wiesbaden könnte allerdings abermals den Anschluss an die Tabellenspitze verpassen und sich im Mittelfeld wiederfinden. Dieses ist zumeist nicht allzu breit besetzt, denn angesichts der geringen Leistungsunterschiede innerhalb der 3. Liga sowie der gleich vier Abstiegsplätze befindet sich zumeist fast die Hälfte der Liga in Abstiegsgefahr. Bezeichnend dafür stehen der FSV Zwickau und SV Meppen, zuletzt auf Rang zehn und zwölf eintrudelnd. Alljährlich zählen beide Klubs trotz sechs- bzw. fünfjähriger Ligazugehörigkeit zu den Abstiegskandidaten. Die Nordlichter bestätigten diese Annahme mit einer katastrophalen Rückrunde, weshalb Rico Schmitt (53) durch Stefan Krämer (55) ersetzt wurde. In dessen Kader steht mit Marvin Pourie (31) ein extrovertierter Torjäger, der den Klassenerhalt bringen soll.

Ebenso als gefährdet gelten die Zweitvertretungen des SC Freiburg, die ein sehr stabiles Debütjahr hinlegte, und von Borussia Dortmund. Der BVB verlor Trainer Enrico Maaßen (38) an den FC Augsburg und die Leistungsträger  Immanuel Pherai (21/Eintracht Braunschweig), Berkan Taz (23/Waldhof Mannheim), Richmond Tachie (23/SC Paderborn) und Lennart Maloney (22/1. FC Heidenheim), bekam mit Michael Eberwein (26) oder Jayden Braaf (19) aber viel Qualität/Potenzial hinzu, weshalb er wohl trotz des größeren Umbruchs und der sehr jungen Mannschaft die besseren Chancen zu haben scheint, in der 3. Liga zu bestehen.

Aus dem Abstiegskampf wollen sich auch der MSV Duisburg und Hallescher FC heraushalten. Die „Zebras“ verhinderten in den vergangenen zwei Spielzeiten nur knapp den Abstieg in die Regionalliga, kassierten Unmengen an Gegentoren und lebten nach vorne zumeist von den herausragenden Fähigkeiten des Moritz Stoppelkamp (35). Torsten Ziegner (44) soll den Verein nun in eine sorgenfreie Postion bringen. Unterstützt wird er von Ralf Heskamp (56), zuvor in Halle tätig. Auch in Sachsen-Anhalt soll Ruhe einkehren. Trainer André Meyer (38) steht für einen mutigen, offensiven Spielstil, setzt auf einen jungen Kader, der bei einer guten Entwicklung sich wohl von der Konkurrenz absetzen könnte.

3. Liga: Moritz Stoppelkamp im Dress des MSV Duisburg.

(Photo by Christof Koepsel/Getty Images)

Wesentlich mehr Erfahrung besitzt die von Marcel Risse (32) und Daniel Buballa (32) angeführte Auswahl von Viktoria Köln, Pokalgegner des FC Bayern München. Schon im letzten Halbjahr meisterten die Domstädter den Abstiegskampf letztlich souverän,. Diesmal wollen sie gar nicht erst dort ankommen. Der SC Verl hingegen stellt sich auf ein weiteres Jahr im Tabellenkeller ein. Erst zehn Punkte aus den verbleibenden vier Spielen sicherten den schon nicht mehr für möglich gehaltenen Klassenerhalt. Mit Blick auf das geringe Budget, den weiterhin bis zum Jahresbeginn 2023 nicht gegebenen Heimvorteil durch die Spiele in Paderborn dürfte auf die Ostwestfalen ein weiteres kompliziertes Jahr warten.

Ron Berlinski (27) zog es vom SC Verl zu Rot-Weiss Essen, das eine ganz andere Wucht entfalten kann. Nach 13 Jahren teils jämmerlichen Jahren in der Regionalliga West kehrt der Traditionsklub in den Profifußball zurück. 9.500 Dauerkarten wurden bereits verkauft. Mittelfristig soll der Weg in die 2. Bundesliga führen, doch zunächst steht die Etablierung in der 3. Liga auf dem Programm. „Wir wollen in erster Linie in der Liga ankommen und arbeiten hart daran, eine stabile Saison zu spielen“, betonte der neue Trainer Christoph Dabrowski (44), dessen Kader nur über wenig Drittliga-Erfahrung verfügt.

Der Auftaktgegner SV Elversberg fehlte in den vergangenen acht Spielzeiten, triumphierte dann aber in der Regionalliga Südwest, erzielte dort 79 Treffer in 36 Spielen. Jenen offensiven Ansatz will der Aufsteiger genauso wie der VfB Oldenburg beibehalten. Die Huntestädter fehlten gleich 30 Jahre im Profifußball, was die mangelhaften Bedingungen – fehlendes Flutlicht im Marschwegstadion – unterstreichen. Bei Neuzugängen musste genau ins Portemonnaie geschaut werden. Die Auswahl von Dario Rossi (41) konnte dennoch in fast allen Mannschaftsteilen verstärkt werden, doch den Kern bildet die Aufstiegsmannschaft. Selbigen Ansatz vertritt die in der Regionalliga Bayern äußerst dominante SpVgg Bayreuth. Sie verlor jedoch Erfolgscoach Rost gen Aue. Thomas Kleine (44) übernahm die Nachfolge. Das Unterfangen Klassenerhalt dürfte sich für die Bayreuther und Oldenburger besonders schwierig gestalten. Das Beispiel SC Verl zeigt aber auch, dass man auch unter schwierigen Voraussetzungen in der 3. Liga etwas bewirken kann.

(Photo by Sebastian Widmann/Getty Images)

Yannick Lassmann

Rafael van der Vaart begeisterte ihn für den HSV. Durchlebte wenig Höhen sowie zahlreiche Tiefen mit seinem Verein und lernte den internationalen Fußball lieben. Dem VAR steht er mit tiefer Abneigung gegenüber. Seit 2021 bei 90Plus.


Ähnliche Artikel