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Bundesliga | Bayerns größter „Konkurrent“, Gladbacher Aufschwung und fünf Jahre VAR – Die Brennpunkte des Wochenendes

22. August 2022 | Spotlight | BY Victor Catalina

News | Spieltag drei der Bundesliga ist in den Geschichtsbüchern – und bot abermals viel Gesprächsstoff. Diesmal unter anderem mit der offensivfreudigsten Mannschaft Deutschlands, die nicht FC Bayern heißt, einer positiven Entwicklung in Gladbach und dem fünfjährigen Jubiläum des VAR.

15 Tore – aber trotzdem bundesweit nur der zweitbeste Wert: Wer im Moment mit dem FC Bayern mithalten kann

7:0 gewann der FC Bayern am Sonntagabend in Bochum, steht nach drei Spieltagen bei 15 Treffern. In der Bundesliga kann keine Mannschaft mit diesen Statistiken auch nur ansatzweise mithalten.

Trotzdem gibt es einen Klub in Deutschland, der sich bislang noch offensivfreudiger gezeigt hat: der SC Paderborn, mit 18 Treffern. Zur vergangenen Saison mussten sie den Abgang Steffen Baumgarts einstecken. Lukas Kwasniok wurde sein Nachfolger und führte den Verein auf Platz 7.

Diese Spielzeit hätte für die Ostwestfalen kaum besser – und torreicher – beginnen können. Zum Einstand gab es ein 5:0 über den Karlsruher SC. Auch Hannover 96 bezwang man nach zweimaligem Rückstand 4:2. Dieses Wochenende gab es ein 7:2 über Holstein Kiel. Bereits nach 38 Minuten führte Paderborn 5:1.

Bundesliga SC Paderborn

Photo by Thomas F. Starke/Getty Images

Hauptverantwortlich dafür ist das von Kwasniok etablierte, flexible Dreierkettensystem, mal im 3-1-4-2, wie gegen den KSC oder im 3-3-1-3, wie beim 1:0 in Kaiserslautern. Gegen Kiel gab es ein klassisches 3-4-2-1. Die Schlüsselpositionen nehmen hierbei die inverted wingbacks Robert Leipertz und Raphael Obermair ein. Was ist ein inverted wingback? Im Grunde genommen, ein Linksfuß auf der rechten Seite und umgekehrt. So dienen jene wingbacks in Ballbesitz als zusätzliche Angreifer um ein Übergewicht zu kreieren und mit ihrem starken Fuß zu Abschlüssen zu kommen. Gegen Kiel traf Obermair zum zwischenzeitlichen 3:1.

Dazu stimmt diese Saison vor allem in der Offensive mit Felix Platte, Schalke-Leihgabe Marvin Pieringer, Sirlord Conteh oder Dennis Srbeny auch die Kaderbreite. Mit diesem erfrischend modernen und offensiven System ist Paderborn ein heißer Kandidat auf den Aufstieg.

Borussia Mönchengladbach: Farke lernt aus der Vorsaison

Eine erfreuliche Entwicklung nahm bislang auch Borussia Mönchengladbach. Letzte Saison standen sie nach drei Spieltagen aufgrund von Niederlagen in Leverkusen (0:4) und an der alten Försterei (1:2) sowie dem Remis gegen den FC Bayern (1:1) auf Platz 15.

Bislang ließen sie sich bis auf das Handspiel von Patrick Herrmann, das Schalke das 2:2 rettete, nicht viel zu Schulden kommen. Zusammen mit den Siegen gegen Hoffenheim (3:1) und Hertha BSC (1:0) sind sie in dieser Spielzeit erster Bayern-Jäger.

Bundesliga Borussia Mönchengladbach

Photo by Lars Baron/Getty Images

Daniel Farke hat analysiert, warum es unter seinem Vorgänger Adi Hütter nicht lief und an den entsprechenden Stellschrauben gedreht. Zum einen dem System. Im 4-2-3-1 scheint sich die Mannschaft wesentlich wohler zu fühlen, als noch mit Hütter und der Dreierkette. Dazu gibt das Mittelfeld mit Christoph Kramer und Manu Koné die nötige defensive Stabilität. Dahingehend war auch Ko Itakura, den Farke nach dem Sieg gegen Hertha BSC explizit lobte, ein Glücksgriff. Florian Neuhaus auf der Zehn ergänzt das Ganze um Kreativität und Torgefahr. So können auch die Angreifer Alassane Pléa und vor allem Marcus Thuram glänzen. Drei Tore erzielte der Franzose in der gesamten Vorsaison, nun steht Tikus bei zwei nach drei Partien. Zudem ist Jonas Hofmann weiterhin die personifizierte Verlässlichkeit und performt auf dem Flügel genauso wie als Teil einer Doppelzehn im 3-4-2-1.

Erst in den kommenden Wochen wird man sehen, wieviel Borussia Mönchengladbach aus diesem Start zu machen weiß. Am nächsten Spieltag steht das Topspiel Erster gegen Zweiter an, wenn sie in die Allianz Arena reisen. Danach geht es gegen Mainz und nach Freiburg, wo sich die Gladbacher notorisch schwertun und seit März 2002 kein Bundesligaspiel mehr gewinnen konnten, bevor sie RB Leipzig empfangen.

Fünf Jahre VAR: Viele richtige Entscheidungen, noch mehr Diskussionen

An diesem Wochenende gab es auch ein Jubiläum zu feiern. Vor genau fünf Jahren, beim Eröffnungsspiel der Saison 2017/18, riss Charles Aránguiz im Strafraum Robert Lewandowski um und forcierte so die erste Entscheidung des neu eingeführten Video Assistant Referee. Nach Rücksprache mit Dr. Jochen Drees und Hellmut Krug in Köln entschied Tobias Stieler auf Elfmeter. Lewandowski verwandelte gewohnt sicher zum 3:0. Admir Mehmedi besorgte gut zehn Minuten später den 3:1-Endstand.

Nach fünf Jahren lässt sich fazitieren, dass die Einführung des VAR eine gute und zwingend notwendige Idee war. Im heutigen Spiel geht es einfach um zu viel, um es menschlichen Ungenauigkeiten zu überlassen. In vielen Situationen wurde dies auch belegt. Trotzdem bleiben vornehmlich die Szenen hängen, in denen der VAR für Aufregung sorgte. So wie bei der Partie zwischen Borussia Dortmund und dem FC Bayern in der Vorsaison, infolge derer sich Felix Zwayer beinahe aus dem Schiedsrichterwesen hätte zurückziehen müssen. Auch an diesem Wochenende gab es – einmal mehr – eine strittige Situation. Als der Kölner Ausgleich in Frankfurt fiel, stand Florian Dietz a) abseits und b) im Sichtfeld Kevin Trapps, der nachher im Interview bei DAZN keinen Hehl aus seiner Gefühlslage machte:

„Es tut mir leid, wenn da einer steht, dann ist es Abseits. Ich reagiere auch gar nicht. Ich sehe den Ball nicht, weil natürlich auch welche von meiner Mannschaft da vorne stehen. Aber er (Florian Dietz, Anm. d. Red.) steht im Abseits. Da verstehe ich nicht, warum man das nicht rigoros abpfeift. Jedes Wochenende haben wir Diskussionen über diese scheiß Abseitstore, es tut mir leid für meine Wortwahl. Aber es ist einfach ein Wahnsinn, er steht im Abseits. Warum wird das nicht abgepfiffen? Ich reagiere ja nicht einmal. Er kann mich auch fragen, ob ich verdeckt wurde, oder nicht. Und außerdem geht der Ball an mir vorbei, weil ich ihn nicht sehe. Da frag ich mich, warum man da kein Abseits pfeift. Das ist wirklich, jedes Wochenende haben wir Diskussionen wegen dem Videoschiedsrichter. Letzte Woche kriegen wir einen Elfmeter zurückgenommen, gestern in Berlin wird ein Elfmeter nicht gegeben (Christopher Trimmel an Timo Werner, Anm. d. Red.), der ein ganz klarer Elfmeter ist und da wird ein Tor nicht zurückgenommen.“

Bundesliga Videoassistent

Photo by Frederic Scheidemann/Getty Images

Bereits Christian Streich hatte sich nach dem nicht zurückgenommenen Treffer von Marius Wolf zum 1:3 gegen Borussia Dortmund und der anschließenden Erklärung echauffiert: „Da schwillt einem der Kamm. Da fühlt man sich ein Stück weit auch verarscht. Jeder kann Fehler machen, aber bei solchen Statements verliert man Vertrauen in diese Leute.“

Bei aller Kritik hielt Deniz Aytekin nach dem Topspiel zwischen Union Berlin und RB Leipzig bei Sky ein Plädoyer für den Videoassistenten: „Wir dürfen nicht jedes Mal den Videoschiri in den Vordergrund schieben, weil wir Schiedsrichter die Entscheidung treffen müssen und für mich war es – in dem Ablauf – der Kontakt oben, nicht ausreichend für einen Elfmeter. Das will ja niemand hören. Aber wir haben so viele richtige Entscheidungen. Das will ja niemand hören. Das ist ja das Problem des Videoschiedsrichters. Die Jungs machen, auch wenn sie jede Woche, gefühlt, in der Kritik stehen, einen sehr guten Job. Es gibt aber Einzelsituationen im Fußball, die sind leider nicht schwarz oder weiß, sondern grau. Und das ist das Problem.“

Eines steht fest: Bei allen richtigen Entscheidungen wird der VAR auch in Zukunft für genug Diskussionsstoff sorgen.

Photo by Lars Baron/Getty Images

Victor Catalina

Victor Catalina

Mit Hitzfelds Bayern aufgewachsen, in Dortmund studiert und Sheffield das eigene Handwerk perfektioniert. Für 90PLUS immer bestens über die Vergangenheit und Gegenwart des europäischen Fußballs sowie seine Statistiken informiert.


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