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Borussia Mönchengladbach | Breel Embolo: Typisches Eberl-Schnäppchen oder ewiges Talent?

29. Juni 2019 | Spotlight | BY Kilian Thullen

Spotlight | Am gestrigen Freitag wurde der Wechsel von Breel Embolo zu Borussia Mönchengladbach offiziell bestätigt. Nach mehrwöchigen Spekulationen und Berichten, die von Schalke 04 geforderte Ablösesumme liege im Bereich von 20 Millionen Euro, wechselte der Schweizer für einen vermeintlichen Schnäppchenpreis von rund 10 Millionen Euro Grundablöse und unterschrieb einen Vertrag bis 2023. Hinzu kommen einige erfolgs- und einsatzbezogenen Bonuszahlungen, die die Summe wohl auf knapp 15 Millionen ansteigen lassen können. Max Eberl ist hier mal wieder ein echter Transfer-Coup gelungen – oder doch nicht?

26,75 Millionen Euro: Schalker Rekordtransfer

Die Geschichte von Breel Embolos Bundesligakarriere beginnt im Jahr 2016. Für die Schalker Rekordablöse von 26,75 Millionen Euro wechselte der damals 19-jährige Schweizer vom FC Basel in den Ruhrpott. Nach einer starken Saison mit 17 Torbeteiligungen (zehn Tore, sieben Assists) war er der Königstransfer der „Knappen“ und sollte die Lücke schließen, die Leroy Sané nach seinem Abgang zu Manchester City hinterließ. Falsche Erwartungen wurden geschürt, denn Embolo ist sicherlich kein Edeltechniker wie Sané, sondern hat seine Qualitäten in ganz anderen Bereichen. Nach einem verhaltenen Start in die Bundesligasaison 16/17, war es gerade die Borussia, gegen die er seine ersten beiden Bundesligatore erzielen konnte. Mit seiner enormen Wucht und seinem Tempo war er für die Verteidiger der Mönchengladbacher nicht zu stoppen. Doch eine Woche später folgte der Schock: Beim Spiel in Augsburg wurde Embolo hart von Stafylidis gefoult und musste unter Schmerzen vom Platz getragen werden. Die Diagnose lautete Knöchelbruch, Wadenbeinbruch, Syndesmosebandriss und Außenbandriss. Es folgte knapp ein Jahr Pause aufgrund dieser Verletzung, von der er sich bis heute nicht ganz erholt hat. Doch nun zurück ins Hier und Jetzt.

(Photo by Dean Mouhtaropoulos/Bongarts/Getty Images)

Günstige Bedingungen für Eberl

Gladbach-Sportdirektor Max Eberl machte sich eben diese Gegebenheiten zunutze. Der 45-jährige war vor seinem Wechsel zu den „Königsblauen“ bereits an Embolo interessiert, konnte im Ablösepoker jedoch nicht mithalten. Während seiner Schalker Zeit verlor Eberl den bulligen Stürmer jedoch nie aus den Augen und ließ ihn weiter beobachten. Nun, da sich einige günstige Bedingungen boten, schlug Eberl zu und verpflichtete ihn für eine geringe Ablösesumme. Ein Transfer von einem fitten und in Schalke erfolgreichen Breel Embolo wäre für die Borussia auch heute nicht möglich gewesen. Außerdem benötigt Schalke 04, das wurde zuletzt mehrfach deutlich, dringend Einnahmen, um den Kader umzubauen und neue Spieler zu verpflichten. Die Embolo-Millionen werden demnach für Ozan Kabak und Benito Raman verwendet, die aller Voraussicht nach in den Ruhrpott wechseln werden. Erschwerend hinzu kam für Schalkes neuen Sportvorstand Schneider, dass der Spieler sich dem Gladbacher Projekt mit dem neuen Trainer Marco Rose offenbar schnell hingezogen fühlte, sonst hätte Embolo nicht, wie von diversen Medien berichtet, eine Untersuchung in Gladbach absolviert, ehe sich die Verhandlungen zwischen den Vereinen im entsprechenden Stadium befanden.

Prototyp-Stürmer für Roses System

Rose äußerte sich in einem Interview mit der „Rheinischen Post“ wie folgt über seinen neuen Schützling: „Wir wollen hier einen fußballerischen Stilwechsel und er bringt die Dynamik und Power mit, die man dafür braucht.“ In der Tat bringt Embolo Qualitäten mit, die der Borussia in der vergangenen Saison zuweilen etwas abhanden gekommen sind. Im Spiel gegen den Ball zeigt er eine enorme Laufbereitschaft und kann die Gegner mit seiner körperlichen Präsenz enorm unter Stress setzen. Gerade in Roses von Gegenpressing und hohem Anlaufen geprägten Spiel gegen den Ball, sind diese Eigenschaften von Vorteil. Doch auch im eigenen Angriff bringt der gebürtige Kameruner ein starkes Grundtempo mit, was das Offensivspiel der „Fohlenelf“ um eine Facette erweitert. Im von Marco Rose favorisierten 4-3-1-2, wird Embolo voraussichtlich in der Doppelspitze neben Alassane Pléa agieren. Obwohl er sich im Zentrum am wohlsten fühlt, kann der 22-jährige auch auf der rechten Außenbahn spielen, wo er dann eingesetzt wird, wenn Rose auf sein Zweitsystem (4-3-3) ausweicht. Die Voraussetzung für eine erfolgreiche Saison im Dress der „Fohlen“ ist aber, dass er verletzungsfrei bleibt.

(Photo by Patrik Stollarz/AFP/Getty Images)

Chance oder Risiko?

Aufgrund der Anfälligkeit Embolos, hat man den Schweizer für Voruntersuchungen in den Borussia Park eingeladen. Die Verantwortlichen der Gladbacher wollten sichergehen, dass die schweren Verletzungen am linken Fuß keine bleibenden Schäden hinterlassen haben. Embolo hat nicht das Torjäger-Gen eines Alassane Pléa, nicht die Technik eines Raffael und nicht das Spielverständnis eines Lars Stindl. Bleibt er aber fit, wird er dem Spiel der Borussia Qualitäten bringen, die man nicht an Toren und Assists messen kann, die die Massen nicht begeistern, die aber für eine erfolgreiche Umsetzung des Systems von Marco Rose von großer Bedeutung sind.

„Bei jedem Wechsel gibt es Chancen und Risiken“, äußerte sich Rose selbst zur Personalie Embolo. Doch während das Risiko aufgrund der geringen Ablösesumme und der erfolgsbezogenen Boni recht klein gehalten wurde, ist die Chance, dass wir nach der Saison von einem genialen Transfer von Max Eberl sprechen, durchaus groß.

Kilian Thullen

(Photo by Dean Mouhtaropoulos/Bongarts/Getty Images)

Kilian Thullen

Bosz, Rose & Co. im Herzen, die Bundesliga im Blick. Seinen Durst nach Gegenpressing und dynamischem Offensivspiel stillt Kilian vor allem in Deutschland. Seit 2018 bei 90PLUS.


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