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BVB | Die Lust aufs Gewinnen

25. Mai 2019 | Spotlight | BY Damian Ozako

Spotlight | Borussia Dortmund hat nur wenige Tage nach dem Ende der Saison mehrere wichtige Transfers vollzogen. Der Verein ist bereit den nächsten Schritt zu gehen, was letztendlich auch die Kommunikation betrifft. Eine überfällige Entwicklung.

Umbruch im Sommer abgeschlossen

Zum ersten Mal seit etlichen Jahren gab es mal wieder einen Kampf um die Meisterschaft in Deutschland. Der Sieger war zwar zum siebten Mal in Folge der FC Bayern München und der BVB hat einen komfortablen Vorsprung teils leichtfertig aus der Hand gegeben, aber der Verein darf trotzdem stolz auf die Saison sein. Es war die drittbeste Punkteausbeute der Vereinsgeschichte und die Favre-Elf wusste (zumindest in der Hinrunde) mit spektakulären Fußball zu überzeugen. Damit war so schnell nicht zu rechnen.

Nun folgt im Sommer der zweite Teil des eingeleiteten Umbruchs: Mit Thorgan Hazard (26), Nico Schulz (26) und Julian Brandt (23) hat Dortmund bereits kurz nach dem Saisonende drei Transfers bestätigt, die die Mannschaft auf ein neues Level heben sollen. Es werden nicht die letzten Verpflichtungen gewesen sein. Der BVB wird zwar auch viele Spieler verkaufen, aber unantastbare Stammspieler werden in diesem Transferfenster nicht verkauft.

(Photo by Dean Mouhtaropoulos/Bongarts/Getty Images)

Endlich wieder überzeugt

In den letzten Jahren gab es zwar immer wieder sehr gute Phasen, aber der BVB war zuletzt in der Saison 2015/16 unter Thomas Tuchel eine Klub, der um die Meisterschaft kämpfen konnte. Seitdem ist die Borussia zwar jedes Jahr in die Champions League eingezogen und hat 2017 den DFB-Pokal gewonnen, aber eine souveräne Spitzenmannschaft war man in diesem Zeitraum. Das soll sich jetzt offenbar ändern. Der Kader wird der beste sein, den Dortmund seit Jahren hatte. Die Mischung aus aufregenden Talenten und erfahrenen Spielern, die schon einiges in ihrer Karriere erlebt haben, ist bis jetzt sehr gut gelungen.

Borussia Dortmund wird in der kommenden Saison eine höchst talentierte und ambitionierte Mannschaft auf den Platz schicken können, die auch nochmal mehr nach Favres Geschmack zusammengestellt ist als der aktuelle Kader. Alles spricht derzeit für eine erfreuliche Spielzeit 2019/20 für alle, die es mit dem BVB halten. Doch schon öfter hat man sich dort Hoffnungen gemacht, dass endlich der nächste Schritt gelingt und man den Bayern wieder näher kommen könnte. Es folgten immer wieder Rückschläge und Enttäuschungen. Warum sollte es diesmal klappen?

Schluss mit Understatement

Die Verantwortlichen in Dortmund läuten ein neues Zeitalter ein. Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke hat am Dienstag in einer Presserunde mitgeteilt, dass der BVB in der kommenden Saison um die Deutsche Meisterschaft spielen will. Und das “ohne Wenn und Aber”. So deutlich wurde dies in den vergangenen Jahren vor dem Start einer Saison nicht kommuniziert. Seit Jahren herrscht in Dortmund eigentlich ständiges Understatement. Die Verantwortlichen fühlten sich in der Rolle des Underdogs wohl und wollten sich aus dieser Komfortzone nicht raus bewegen.

(Photo by Alexander Hassenstein/Bongarts/Getty Images)

Fehler in der vergangenen Saison

Warum nun das Umdenken? In der abgelaufenen Spielzeit hat man ein unglückliches Bild bei der Kommunikation bezüglich der sportlichen Ambitionen abgegeben. Dass man vor der Saison die Qualifikation für die Champions League als Ziel ausgegeben hat, ist angesichts der schwachen letzten Saison und dem Umbruch realistisch gewesen. Dann kam diese extrem starke Hinrunde und man war plötzlich Titelkandidat. Doch in Dortmund entschied man sich dafür weiter mit Understatement aufzufallen.

Doch mitten in der Rückrunde änderte man plötzlich die Strategie. Ausgerechnet nach der schwächsten Phase der Saison, in der man sowohl aus der Champions League als auch aus dem DFB-Pokal ausgeschieden ist und in der Bundesliga drei Spiele in Folge nur einen Punkt holen konnte (darunter einen 3:0-Vorsprung gegen Hoffenheim verspielt und ein 0:0 in Nürnberg), kündigte Michael Zorc an, dass man alles versuchen werde, um Deutscher Meister zu werden.

(Photo by Alexander Hassenstein/Bongarts/Getty Images)

Ob das so hilfreich war, darf angezweifelt werden. Die Mannschaft musste erhebliche Rückschläge hinnehmen und verlor ihr in der Hinrunde erspieltes Selbstvertrauen. Dann musste sie allerdings auch noch höchst offiziell den Zweikampf mit dem FC Bayern austragen. Das Duell war eröffnet und man konnte der Favre-Elf anmerken, wie sie damit Probleme hatte. Die Leichtigkeit ist ihr komplett abhanden gekommen und sie wirkte zunehmend verkrampft. Als wäre die Angst vor dem Verlieren dieses Zweikampfs größer als die Lust auf den Gewinn der Meisterschaft. Eine schlechte Voraussetzung für ein Duell mit dem Rekordmeister.

Wenn man sich und sein Potenzial ständig klein redet, ist es durchaus möglich, dass man irgendwann auch den Glauben an sich verliert in den entscheidenden Momenten. Und genau so lief die öffentliche Kommunikation in den letzten Jahren immer wieder ab. Erst in den Endphasen der Saison wurden die Ziele immer an die sportliche Realität angepasst. In der letzten Saison deutlich zu spät und zu einem extrem ungünstigen Zeitpunkt

Der richtige Weg

Wie eine Topmannschaft ist der BVB in den vergangenen Jahren nur sehr selten konstant aufgetreten. Dortmund hat 2012 das Double geholt und ist 2013 in das Finale der Champions League eingezogen. Danach hat man sich allerdings in der Öffentlichkeit weiterhin so dargestellt, als wäre man ein kleiner Klub, der ständig am absoluten Limit performe und das beste aus seinen begrenzten Möglichkeiten mache. Und das stimmt einfach nicht.

Natürlich muss man beachten, dass der BVB immer wieder Leistungsträger abgeben musste, aber trotzdem hätte es immer für die Vizemeisterschaft reichen müssen. Dies gelang in den letzten fünf Jahren nur zweimal. Nun wird die Mannschaft im Sommer jedoch nicht auseinanderbrechen. Im Gegenteil: Man wird am Ende des Sommers den vermeintlich besten Kader seit Ewigkeiten haben und schon in dieser Saison ist man nur knapp am Titel vorbeigeschrammt. Warum also nicht offen den Bayern den Kampf ansagen?

(Photo by Dean Mouhtaropoulos/Bongarts/Getty Images)

Es wäre keine Schande, wenn man am Ende der nächsten Saison wieder den Kürzeren gegen die Bayern ziehen würde. Das wäre alles andere als überraschend. Allerdings ist es eine große Chance sich in Dortmund so zu positionieren, dass man wieder deutlich mehr Strahlkraft entwickeln könnte. Die bisherigen Transfers und Watzkes Worte zeigen: Wir wollen ein Topklub sein und messt uns bitte daran. In Dortmund wird sich nicht mehr kleiner gemacht, als man eigentlich ist. Und das ist ein sehr gutes Zeichen. Man sollte auch nicht permanent den Blick nach München richten, sondern diesen Prozess unabhängig vom Rekordmeister gestalten. Man hat nun mal deutlich weniger Geld als der FC Bayern zur Verfügung, aber man hat auf der anderen Seite momentan auch mehr Möglichkeiten als der Rest der nationalen Konkurrenz. Dominiert man diese, befindet man sich automatisch in einem Zweikampf mit den Münchnern. Das war in den letzten Saisons aber nun mal nicht regelmäßig der Fall.

Die Marschroute ist ab jetzt ganz klar: Vom ersten Spieltag an will man um den Titel kämpfen und nicht zögerlich abwarten wie sich die Saison entwickelt. Man kauft wie ein Topklub ein und will ab sofort auch wieder wie einer auftreten. Aus einem Klub, der sich in den vergangenen Jahren, gemessen an seinen Strukturen und finanziellen Möglichkeiten, immer mehr in Richtung eines sportlichen Niemandslands bewegt hat, soll wieder ein ernsthafter Titelanwärter werden. Man konnte in der vergangenen Saison sehen, dass man sich auf einem guten Weg befindet und die Planungen sind vielversprechend. Nun passt auch die öffentliche Kommunikation. Es gibt kein Verstecken mehr, sondern eine öffentlich und mit breiter Brust demonstrierte Lust aufs Gewinnen. Man darf gespannt wohin die Reise des BVB führen wird.

Damian Ozako

(Photo by Dean Mouhtaropoulos/Bongarts/Getty Images)

Damian Ozako

Als Kind von Tomas Rosicky verzaubert und von Nelson Haedo Valdez auf den Boden der Tatsachen zurückgebracht worden. Geblieben ist die Leidenschaft für den (offensiven) Fußball. Seit 2018 bei 90PLUS.


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