Marco Rose unter Druck: Der BVB und der ewige Teufelskreis
28. Februar 2022 | Spotlight | BY Damian Ozako
Die Saison von Borussia Dortmund ist mit dem Ausscheiden in der Europa League mehr oder weniger beendet. Für Marco Rose und den BVB stehen nun große Aufgaben bevor.
BVB-Misere: Wie groß ist der Anteil von Rose?
Die Einordnung der Debütsaison von Marco Rose fällt schwer, aber dass sie bereits Ende Februar erfolgen kann, ist ein Indiz dafür, dass einiges schief lief. Das Aus in der Gruppenphase der Champions League, die Niederlage im DFB-Pokal gegen den FC St. Pauli, das unmittelbare Ausscheiden in den Play-Offs der Europa League gegen die Glasgow Rangers und immer wiederkehrende Totalaussetzer in der Bundesliga, die das Titelrennen (mal wieder) früh zugunsten des FC Bayern beendeten: Es gab schon bessere Saisons für den BVB.
Rose komplett von der Schuld zu befreien, weil er einen unpassenden und schlecht geplanten Kader managen muss und darüber hinaus mit immensen Personalsorgen über die gesamte Saison hinaus zu kämpfen hat, ist gar nicht einmal so abwegig, aber auch nur ein Teil der Wahrheit. Trotz der mehr als ungünstigen Umstände, darf der BVB schlichtweg nicht so wackelig auftreten, wie er es im Grunde jede Woche tut. Die Ideen des neuen Trainerteams sind hier und da sichtbar, aber auch nach Monaten nicht konstant zu erkennen. Es kann nicht nur, sondern muss besser werden, ansonsten haben der 45-Jährige und seine Mitarbeiter keine Zukunft mehr in Dortmund.
Dem BVB fehlt es an Qualität
Dennoch sind die allermeisten Probleme tief in Dortmund verankert. Sportdirektor Michael Zorc wird für immer einen Platz in der Historie des Vereins haben und seine Arbeit war lange Zeit überragend, doch in den letzten Jahren bewegte sich die Personalplanung in keine förderliche Richtung. Die Talente, die kamen, waren zwar weitestgehend herausragende Transfers, aber diese Spieler hätten in eine funktionierende Mannschaft integriert werden müssen, in denen sie klare Aufgaben zugesprochen bekommen.
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Das war zunehmend nicht mehr der Fall. Es wurde sich zu sehr auf vermeintlich fehlende Mentalität konzentriert, obwohl es dem Team schlichtweg an Qualität fehlte. Der 18-jährige Jude Bellingham ist zwar ein sehr besonderer Spieler, aber darf niemals schon in seiner zweiten Saison in Dortmund zum Leistungsträger werden und aufgrund eines Vakuums im Kader in die Rolle des Führungsspielers rutschen.
Kehl muss für Wende sorgen
Nun liegt es an Sebastian Kehl, die Fehler der vergangenen Jahre zu korrigieren. Dass die Ära Klopp so erfolgreich verlief, lag vor allem daran, dass Transfers getätigt wurden, um eine funktionierende Mannschaft zu bilden, die zur Vision des Trainers passten. In den letzten Jahren wurde aber vor allem nach zwei Faktoren eingekauft: Potenzial und Mentalität. Der Plan ging nicht auf. Schon seit geraumer Zeit nicht mehr. Eine Mannschaft, in der jeder weiß, was er zu tun hat und jeder sich für den anderen auf dem Platz zerreißt, gibt es seit Ewigkeiten nicht mehr. Regelmäßig ist der BVB nur ein Haufen von Individualisten, die sich gegenseitig die Schuld für Misserfolge zuweisen und voneinander genervt zu sein scheinen.
Dortmund verfügt mittlerweile über einen unausgeglichenen Kader mit Spielern, die auf fremden Positionen spielen müssen, zu einem großen Teil seit Jahren keine konstanten Leistungen auf den Platz bringen und dann auch noch ein fürstliches Gehalt beziehen. Eine Mischung, die zu einem sportlichen Versagen geführt hat und nicht nur Rose unter öffentlichen Druck setzt, sondern auch einige seiner Vorgänger den Job kostete. Die sportlichen Ziele der aktuellen Spielzeit wurden zwar allesamt verpasst, aber offenbar wissen die Verantwortlichen, dass das größte Problem des BVB nicht auf der Bank sitzt und geben dementsprechend Rose noch Zeit.
Rose mit wichtigem Auftrag im letzten Drittel der Saison
Doch was ist jetzt noch zu tun? Es geht primär darum, die Qualifikation für die Champions League schnellstmöglich einzutüten. Bei zehn Punkten Vorsprung auf Rang fünf, ist dies ohnehin ein Ziel, das nicht verfehlt werden darf. Verpasst Rose die Königsklasse, dürfte er ohnehin keine Zukunft mehr beim BVB haben. Die spezielle Aufgabe liegt nun darin, in den verbleibenden zehn Partien, den Kader schon einmal auf die neue Spielzeit vorzubereiten. Einerseits muss der 45-Jährige die Laune im Kader schnell verbessern, sich mit Schwung in die Sommerpause zu verabschieden und dann auch noch ein Personalmanagement betreiben, von dem der BVB in der kommenden Saison profitiert.
Es wird ein anspruchsvoller Balance-Akt zwischen der gezielten Integration von Talenten, wie z. B. Youssoufa Moukoko oder auch Soumaïla Coulibaly, die langfristig bei den Schwarzgelben eine Rolle spielen sollen, und der Marktwertsteigerung von Akteuren, die Dortmund verkaufen sollte oder auch will. Hier dürften allen voran Profis, wie beispielsweise Julian Brandt, Thorgan Hazard oder auch Emre Can Kandidaten sein, die entweder zu unkonstant spielen oder nicht zur Vision Roses passen.
Eine undankbare Situation, an der Rose definitiv seinen Anteil besitzt, aber zum allergrößten Teil in den vergangenen Jahren von der sportlichen Vereinsführung verursacht wurde. Der Trainer der Dortmunder muss jetzt anfangen, den Grundstein für einen erfolgreichen Neustart im Sommer zu legen, ansonsten könnte Rose das nächste Opfer einer miserablen Personalplanung wird.
Der BVB wäre gut beraten, diesen endlos scheinenden Teufelskreis zu durchbrechen und den radikalen Umbruch zu vollziehen, den Jürgen Klopp vor knapp sieben Jahren ansprach. „Ich glaube, dass Borussia Dortmund eine Veränderung braucht, und wenn meine Person verändert wird, können viele Dinge bleiben“, teilte er damals mit. Der BVB wäre jetzt gut beraten, genau andersrum zu handeln. Denn viele gute Dinge, die bleiben sollten, gibt es in Dortmund schon lange nicht mehr. Glaubt der BVB wirklich an Marco Rose, sollten die Verantwortlichen daran arbeiten, ihm einen Kader zur Verfügung zu stellen, der seinen Visionen gerecht wird.
(Photo by Stuart Franklin/Getty Images)
Damian Ozako
Als Kind von Tomas Rosicky verzaubert und von Nelson Haedo Valdez auf den Boden der Tatsachen zurückgebracht worden. Geblieben ist die Leidenschaft für den (offensiven) Fußball. Seit 2018 bei 90PLUS.