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BVB | Zurückgekämpft – Die „Auferstehung“ des Mario Götze

26. Februar 2019 | Spotlight | BY Julius Eid

Hinter Mario Götze liegt nicht nur eine nicht einfache Hinrunde, hinter Mario Götze liegen schwere Jahre. Umso beeindruckender ist es mitanzusehen wie sich der Offensivspieler, der einst als größte Nachwuchshoffnung Deutschlands galt, zurzeit präsentiert.

Kein guter Start

Der Götze-Start in die Saison verlief nicht gerade gut, bis in den Oktober hinein wartete der Offensivspieler auf Einsatzzeiten in der Bundesliga. In der neuen „Ära Favre“ kristallisierte er sich schnell als einer der ersten Verlierer heraus. Der Trainer selbst reagierte immer genervter auf Nachfragen zu dem Mann, der Deutschland zur Weltmeisterschaft schoss, betonte, dass es eben auch andere Spieler im Kader gibt, die über Qualitäten verfügen. Der Spieler selbst konnte sich nur weiter im Training anbieten, sich durch harte Arbeit zurückkämpfen. Und mit dem Zurückkämpfen kennt sich Götze, der unter einer Stoffwechselerkrankung, die ihm längerfristig große Probleme bereitete, litt, sehr gut aus. Nach mehreren Monaten intensiver Behandlung kehrte Götze in den Leistungssport zurück und näherte sich sukzessive einem entsprechend guten Niveau an, doch das reichte noch nicht um unter Lucien Favre von Beginn an eine gute Rolle zu spielen.

Photo by Lars Baron / Bongarts

Der Wendepunkt – Einwechslung und Erfolgserlebnis gegen Augsburg

Mario Götze hatte also einige Hürden zu überwinden, ehe er in dieser Bundesligasaison endlich eingewechselt wurde und sich dem Publikum zeigen konnte Gegen seinen kleinen Bruder Felix und den FC Augsburg spielte Mario Götze seine ersten 13 Bundesligaminuten der Saison. Selten ist ein Name im Dortmunder Signal Iduna Park bei einer Einwechslung lauter durch das Stadion gerufen worden als an diesem Tag. Der Spieler selbst zeigte sich davon unbeeindruckt, sorgte mit einem Treffer in einem dramatischen Spiel dafür, dass der BVB am Ende durch ein Alcacer-Tor noch mit 4:3 gewinnen konnte. Dieses Spiel stellte einen Wendepunkt in der Saison des Mario Götze dar.

Denn ganz offensichtlich schien der Kampf, den der Mittelfeldspieler austrug, sei es gegen die Krankheit oder die teilweise deutlich überzogene mediale Berichterstattung bestreiten musste, das Dortmunder Publikum endlich wieder in großen Teilen zu Götze-Fans gemacht zu haben. Die hohe Arbeitsmoral, die Geduld, die der Spieler bewies und die Tatsache, dass er unmittelbar nach seiner Einwechslung einen Einfluss hatte, sorgte auch bei Trainer Lucien Favre für ein Umdenken. Favre wusste, dass er an einem Götze in guter Verfassung nicht vorbeikommen wird und überlegte, wie er den technisch begabten, hochmotivierten Offensivspieler zukünftig einbinden kann.


Götze etabliert sich

Die Positionen hinter der Spitze waren mit einem überragenden Marco Reus, einem Jadon Sancho und Möglichkeiten wie beispielsweise Bruun Larsen oder Pulisic im Prinzip „voll“. Im Mittelfeldzentrum spielten sich Delaney und Witsel fest. Die Lösung lag also auf der Hand: Mario Götze wurde im Sturmzentrum eingesetzt! Paco Alcacer brillierte vor allem als Joker und war ohnehin noch nicht bei 100 %, Maximilian Philipp die einzig adäquate Alternative. Und Götze zeigte ansprechende Leistungen!Schon auf den ersten Blick wurde deutlich, dass sich Dortmunds Nummer 10 körperlich auf dem besten Level der letzten Jahre bewegt. Er war ballsicher, fügte sich im Kombinationsspiel nahtlos ein, ist ein Spieler für den One-Touch-Pass im genau richtigen Moment.

Doch seine zurückgewonnene Agilität, Fitness und Selbstüberzeugung ermöglichten dies endlich auch wieder kontinuierlich auf den Platz zu bringen. Götze ist dribbelstark, zählt regelmäßig zu den Spielern mit den meisten gelaufenen Kilometern und schließt mittlerweile regelmäßig auch Angriffe ab. Der 26-jährige verkörpert insgesamt also in etwa den Idealtypus des Spielers, der für die Spielidee eines Lucien Favre nahezu perfekt ist. Großgewachsene, wuchtige Stürmer sind eher Fehl am Platz, vieles soll spielerisch gelöst werden, Geduld, Kreativität und Ballsicherheit sind das A und O.

Endlich wieder Leistungsträger

Und der Trend, der sich in den ersten Wochen nach dem Augsburg-Spiel abzeichnete, führt sich im weiteren Saisonverlauf weiter fort. Zwar dürfte der Abschluss nicht mehr zu Götzes größter Stärke werden, aber entscheidend ist bei seiner Interpretation der Stürmerposition vor allem die Rolle, die er im favreschen Spielsystem einnimmt. Pulisic, Sancho, Reus – all diese Spieler sind torgefährlich, kommen durch einen arbeitenden, spielintelligenten Götze in Abschlusspositionen. Zudem besteht immer wie Möglichkeit mit Philipp oder vor allem Alcacer einen weiteren abschlussstarken Spieler zu bringen. Götze zeigt sein Qualitäten vor allem gegen tierstehende Abwehrreihen, wenn man geduldig spielen muss. Allerdings hat er mittlerweile auch wieder ein Selbstverständnis in seinem Spiel, das sein überragendes Gefühl für die Offensivräume wieder in den Vordergrund rückt.

Vor allem zuhause spielt Götze zurzeit auf einem hohen Niveau, in den letzten 3 Heimspielen hat er jeweils getroffen. Schon in der Hinrunde gegen Gladbach war Götze mit 2 Assists der entscheidende Mann im Spiel gegen einen direkten Konkurrenten, gegen Hoffenheim sah man eine weitere starke Performance, die wohl aufgrund des Ergebnisses ein wenig unterging. Und nun, gegen Leverkusen sank Götze nach seinem spielentscheidenden Treffer jubelnd vor der Südtribune auf die Knie. Die Beziehung zwischen den Fans und dem begnadeten Fußballer ist wieder intakt. Mittlerweile steht der lange als zurückhaltend geltende junge Spieler als Kapitänsvertreter seines guten Freundes Marco Reus nach seiner Auswechslung wütend brüllend am Seitenrand. Es ist der Hunger, der abgebaute Frust, der beeindruckende Wille und das endlich wieder klar sichtbare Ausnahmetalent, welches Mario Götze zu einem mehr als wichtigen Bestandteil dieser Dortmunder Mannschaft macht.

Photo by Jörg Schüler / Getty Images Sport

Und diese wiedergewonnene Stärke, diese breite Brust des Mario Götze dürfte auch Auswirkungen auf die Zukunft haben. Das Thema Nationalmannschaft wird bei konstant guten Leistungen sicher wieder eines, ist zum jetzigen Zeitpunkt aber uninteressant. Viel wichtiger ist, dass sich Götze mit seinen Leistungen, mit seinem Standing in der Mannschaft wieder für eine Vertragsverlängerung empfehlen konnte! In Teilen der Hinrunde galt er als ein Kandidat, der den Verein möglicherweise im Sommer 2019 verlassen könnte, weil sein Arbeitspapier nur noch bis 2020 gültig ist. Derzeit muss man klar feststellen, dass Lucien Favre nicht nur einen Weg gefunden hat Mario Götze einzubinden, sondern dass Götze ein wichtiger Bestandteil der Philosophie eines Lucien Favre ist. Beide scheinen sich gut zu verstehen, beide scheinen eine ähnliche Vorstellung von Fußball zu haben. Und das ist, in Kombination mit guten Auftritten auf dem Platz, die Basis für eine weitere Zusammenarbeit. Mario Götze ist zurück.

Julius Eid

Seit 2018 bei 90PLUS, seit Riquelme Fußballfan. Gerade die emotionale Seite des Sports und Fan-Themen sind Julius‘ Steckenpferd. Alleine deshalb gilt: Klopp vor Guardiola.


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