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FC Bayern | Darum sorgt die Davies-Situation für ein Strategiedilemma

10. Januar 2024 | Spotlight | BY Manuel Behlert

Im Sommer 2025 endet der Vertrag von Alphonso Davies beim FC Bayern. Die Zukunft des Kanadiers ist eines der meistdiskutierten Themen beim Rekordmeister. Und das aus gutem Grund. Von der Entscheidung, ob er seinen Vertrag verlängert oder eine neue Herausforderung sucht, hängt nämlich eine Menge ab. 

Alphonso Davies: Beim FC Bayern zum Star gereift

Im Januar 2019 wechselte der kanadische Youngster Alphonso Davies aus der MLS von Vancouver nach München, schloss sich dem FC Bayern an. Damals kostete er 14 Millionen Euro Ablöse und nicht wenige Experten fragten sich, ob dies nicht ein Risiko sei. Schließlich kannten sie den Linksfuß nur aus Highlightclips, auf denen zwar seine enorme Geschwindigkeit deutlich wurde, aber für ein umfassendes Bild zu wenig Informationen durchschienen. Zunächst hatte der Kanadier auch einige Anpassungsprobleme, musste sich in der neuen Umgebung zurechtfinden, sich in Deutschland akklimatisieren. 



Ein neues Umfeld, neue Teamkollegen, ein höheres Tempo, höhere Ansprüche und ein Druck, der bei einem Topteam nun einmal vorhanden ist: All das prasselte auf in ein. Doch Davies benötigte nicht lange, um sich einen Namen zu machen. 2019/20 spielte er schon in 46 Pflichtspielen, gewann mit dem FC Bayern das Triple. Es war seine Durchbruch-Saison, insbesondere nach dem Trainerwechsel von Niko Kovac zu Hansi Flick. Spätestens nach dem Gewinn der Königsklasse war er in aller Munde, begeisterte durch seine Offensivläufe, kaschierte defensiv seine vereinzelten Stellungsfehler mit seinem explosiven Antritt und seiner enormen Endgeschwindigkeit. Seitdem ist der mittlerweile 23-Jährige nicht mehr aus der Startelf des Rekordmeisters wegzudenken.

Davies: Real Madrid klopft an

Seine Qualitäten sorgen dafür, dass ihn einige Klubs aus der europäischen Elite auf der Liste haben, allen voran Real Madrid. Die Königlichen sollen Kontakt zur Spielerseite aufgenommen haben und Davies mit einem Wechsel liebäugeln, auch wenn noch keine Entscheidung gefallen ist. Und auch wenn der Linksverteidiger in den letzten Monaten einige Schwächephasen hatte und in einigen Elementen seines Spiels stagnierte, so ist er von seinem Skillset her kaum vergleichbar mit anderen Spielern auf seiner Position. Und gerade deswegen wollen die Königlichen im Sommer zuschlagen.

Davies

(Photo by RONNY HARTMANN/AFP via Getty Images)

Zwar fühlt sich Davies, das berichten viele Medien, in München nach wie vor wohl und er forciert keinen Abgang, dennoch soll laut Sky-Angaben das Wechselgerücht durchaus ein Thema in der Kabine sein. Dem Lockruf eines großen Klubs wie Real Madrid zu widerstehen ist nun einmal nicht leicht, Offerten wie diese kommen selten im Leben. Zumal der Kanadier mit dem FC Bayern jeden relevanten Titel gewinnen konnte. Dass der Spieler nachdenkt, sollte nicht überraschen und sei ihm zugestanden. Dass der Rekordmeister Nägel mit Köpfen machen und die Vertragsunterschrift festzurren möchte, ist ebenso logisch. Und je länger der Poker dauert, desto mehr spielt das Real Madrid in die Karten. Mehr noch: Es erschwert die Transferplanungen des Rekordmeisters erheblich.

Das Davies-Dilemma für den FC Bayern

Um dem genauer auf den Grund zu gehen, muss etwas weiter ausgeholt und ein wenig in die Konjunktiv-Kiste gegriffen werden. Die Situation in der Innenverteidigung hat zunächst einmal wenig mit der auf den Außenverteidigerpositionen zu tun, das sollte isoliert voneinander betrachtet werden. Aktuell sind die einzigen beiden Außenverteidiger im Kader des FC Bayern, die über ein entsprechend hohes Niveau verfügen, Noussair Mazraoui und Alphonso Davies. Bouna Sarr ist nur eine Notlösung, hat zudem eine schwere Knieverletzung. Raphael Guerreiro ist im Mittelfeld besser aufgehoben, ebenso wie Frans Krätzig nur ein Notfall-Backup. Heißt also: Schon die aktuelle Situation ist nicht einfach.

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Nun zum Konjunktiv: Käme Nordi Mukiele von Paris Saint-Germain im Winter – nun mal unabhängig davon, ob als Leihe mit Kaufoption oder -pflicht –, dann würde das die Personalplanungen erst einmal nicht maßgeblich beeinflussen. Der Mazraoui-Kokurrent auf rechts heißt derzeit Konrad Laimer, der im Mittelfeld zuhause ist. Es würde primär für die Rückrunde mehr Ausgeglichenheit im Kader bewirken, mit offenem Ausgang. Im Sommer müsste man sich dann die Frage stellen, ob Mukiele (bei einer Option) behalten oder Josip Stanisic, ebenfalls flexibel einsetzbar und aktuell nach Leverkusen verliehen, den Kaderplatz übernehmen soll.

Soweit, so einfach. Doch der komplizierte Teil folgt nun. Nachvollziehbar ist, dass ein neuer Linksverteidiger kommen muss, wenn Alphonso Davies den Klub verlässt. Der Markt an Linksverteidigern für das allerhöchste Level ist klein, viele spielen bereits bei absoluten Topteams. Die Backup-Frage könnte derweil intern geklärt werden, denn Adam Aznou (17) macht, wie man aus dem Verein hört, einen sehr guten Eindruck und hat die Chance, in den Profikader integriert zu werden. Das größte Problem der offenen Davies-Frage ist aber ein anderes, nämlich die Homogenität in der gesamten Defensive.

Bayern Aznou Davies

(Photo by Christian Kaspar-Bartke/Getty Images)

Das hat auch mit der Personalie Mazraoui zu tun. Nicht alle sind überzeugt vom Marokkaner, der rund um den Beginn des Israel-Krieges mit Postings in den sozialen Medien keine Pluspunkte sammelte. Hinzu kommt, dass seine Leistungen schwankend sind. Technisch bringt er viel mit, rutscht aber gleichzeitig zu oft in den Leichtsinnsmodus. Im Zuge einer Runderneuerung ist eine Trennung vorstellbar und basierend darauf, dass einer aus Mukiele/Stanisic im Sommer 2024 im Kader des FC Bayern steht, würde bei einem Mazraoui-Abgang ein neuer rechter Verteidiger benötigt.

Wer jetzt eins und eins zusammenzählt, der erkennt das Dilemma. Solange keine Davies-Entscheidung getroffen wurde, kann der FC Bayern auch keine auf der rechten Seite treffen. Ein Spieler wie Jeremie Frimpong, der das höchste Niveau verkörpert und eine Ausstiegsklausel im Vertrag hat, ließe sich nicht mit einem Davies auf der anderen Seite vereinbaren, solange eine Viererkette gespielt wird. Dafür sind beide viel zu offensiv. Heißt im Umkehrschluss: Solange die Personalie Davies offen ist, müssen sich Christoph Freund & co. auf diverse Szenarien vorbereiten. Und das vor einem Transfersommer, der die Fehler aus den letzten Transferperioden beheben und gleichzeitig den Neuanfang markieren soll.

(Photo by Alexander Hassenstein/Getty Images)

Manuel Behlert

Vom Spitzenfußball bis zum 17-jährigen Nachwuchstalent aus Dänemark: Manu interessiert sich für alle Facetten im Weltfußball. Seit 2017 im 90PLUS-Team. Lässt sich vor allem von sehenswertem Offensivfußball begeistern.


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