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Ernüchterung beim BVB: Willkommen im Mittelmaß?

2. September 2023 | Spotlight | BY Manuel Behlert

Es war knapp, sehr knapp. Borussia Dortmund verpasste die Meisterschaft in der Saison 2022/23 nach einer hervorragenden Rückrunde nur um einen Wimpernschlag. Ein 2:2 gegen Mainz 05, Zuhause, vor euphoriegeladenen Zuschauern, die sehnsüchtig auf den Titel warteten und ein Last-Minute-Treffer des FC Bayern zum 2:1 in Köln beendeten die Träume der BVB-Anhänger. 

Noch geschockt von den Erlebnissen am letzten Spieltag schworen sich die Spieler und Verantwortlichen von Borussia Dortmund, dass das nur der Anfang sei. Dass die Fehler, die zweifelsohne im Verlauf der Saison gemacht wurden, dazu dienen sollen, aus ihnen zu lernen und gestärkt in die neue Saison zu gehen. Die Fans hofften, dass ein Lernprozess einsetzt, der das Team auch ohne die Brillanz eines Jude Bellingham (20) auf ein höheres Level hievt. Drei Spieltage sind in der Bundesliga nun absolviert, die Diskrepanz zwischen dieser Hoffnung und der Realität könnte kaum größer sein.

BVB: Drei Spiele, dreimal Ernüchterung

Als die DFL in diesem Sommer den Spielplan der Bundesliga veröffentlichte, kam Borussia Dortmund mit seinem Programm bis zur ersten, frühen Länderspielpause eigentlich sehr gut weg. Ein Heimauftakt gegen den 1. FC Köln, ein Auswärtsspiel beim VfL Bochum und eine Heimpartie gegen Aufsteiger Heidenheim: Neun Punkte konnten eingeplant werden, sieben waren als Mindestziel fest eingeplant. Mehr noch: Mit drei klaren Siegen hätte direkt ein Zeichen an die Konkurrenz gesendet werden können, frei nach dem Motto: „Wir haben uns erholt und sind bereit, anzugreifen!“

 



Doch dieses Zeichen sendete der BVB nicht. Weder an die Fans, noch an die Konkurrenz. Ein mühsames 1:0 gegen den 1. FC Köln zum Auftakt sorgte immerhin für drei Punkte und ein spätes Aufatmen der Verantwortlichen. Es war kein schönes Spiel, der Favorit musste oft zu langen Bällen greifen, weil spielerische Lösungen fehlten. Köln war über einige Phasen des Spiels die gefährlichere Mannschaft, hatte Pech, nicht selbst in Führung gegangen zu sein. Eine Woche später, anderes Stadion, gleiches Spiel: Bochum wirkte griffiger, giftiger, manchmal sogar im Kopf schneller, ging in Führung, hatte Chancen. Ein glückliches Tor rettete den Punkt für Schwarzgelb.

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Freitagabend, Heimspiel gegen Heidenheim, der dritte Versuch in der neuen Saison. Für den BVB ging es diesmal sehr ordentlich los. Ein Geistesblitz von Julian Brandt (27) und ein Elfmeter von Emre Can (29) sorgten für eine frühe 2:0-Führung. Das sollte gegen einen Aufsteiger doch eigentlich reichen, oder? Mitnichten! Mit jeder vergebenen Chance der Dortmunder wurde Heidenheim aggressiver, besser, wacher. Zur Pause stellte der Aufsteiger um, erhöhte das Risiko, kam zum Anschluss. Das Spiel wurde offener und hektischer, was dem Emporkömmling aus der 2. Bundesliga extrem half. Heidenheim bekam einen Elfmeter zugesprochen, verwandelte diesen zum 2:2 und musste sich am Ende sogar noch ärgern, nicht den Sieg mitgenommen zu haben.

Ratlosigkeit bei Borussia Dortmund: Ein Alarmsignal

Ist der BVB ein ernst zu nehmender Titelkandidat? Bei den Wettanbietern haben sich die Quoten jedenfalls erhöht (hier geht es zum Bet365 Angebotscode). Denn das erste Zwischenfazit der neuen Saison fällt also alles andere als gut aus. Drei Spiele gegen Teams, die auf jeder Position individuell schwächer besetzt sind, wurden absolviert. Keines davon überzeugend, zweimal wurden Punkte abgegeben. Dem BVB fehlte in vielen Phasen die Kontrolle, in den letzten Minuten gegen Heidenheim auch die Frische. Heidenheim konnte in den Schlussminuten mehr investieren und draufpacken als Dortmund, obwohl der Aufsteiger lange hinterherlief. Die Alarmglocken sollten schrillen, denn jedes Topteam in der Liga muss in der Lage sein, ein 2:0 gegen einen solchen Gegner zu verwalten, den Kontrollmodus einzuschalten und auf Basis dieser Kontrolle auf das nächste Tor zu spielen.

BVB Dortmund

(Photo by UWE KRAFT/AFP via Getty Images)

Es stellt sich die Frage, woran im Sommer eigentlich genau gearbeitet wurde. Plan A ist wackelig, Plan B war nicht zu erkennen. Torschütze Brandt konnte sich nach dem Spiel kaum erklären, warum die sichere Führung verspielt wurde. Noch schlimmer: Das konnte auch der Trainer nicht. „Wir wollten gut in die Saison starten. Wir haben um neun Punkte gekämpft, jetzt sind es fünf geworden, nach zwei Heimspielen. Das wollten wir vermeiden, das ist nicht der Anspruch, den wir an uns gestellt haben. Was wir aber auch gezeigt haben in der Vergangenheit: Wenn es holprig wurde, konnten wir gestärkt aus diesen Phasen herausgehen“, so Edin Terzic (40) nach dem Spiel.

Schön und gut, aber Lösungsansätze hatte der Trainer nicht parat. Auch Sebastian Kehl (43) wirkte ratlos. Auch er konnte nur konstatieren, dass die bisherigen Auftritte zu wenig waren. „Heute war es viel zu wenig, in der Summe der drei Spiele zu wenig für die Ansprüche, die wir haben. Darüber müssen wir mit den Spielern reden, es waren zu viele Fehler dabei, die so auf diesem Niveau nicht passieren dürfen“, sagte Kehl. Und weiter: „Wie wir das Spiel mit einer solchen Sorglosigkeit in der zweiten Halbzeit aus der Hand geben, darf einer solchen Mannschaft nicht passieren. Gerade zu Hause, gerade gegen Heidenheim, gerade nach einer guten ersten Halbzeit. Das zu erklären fällt schwer.“

Der BVB muss dringend Lösungen finden

Dass sich so früh, direkt nach einer langen Vorbereitung, wieder die gleichen Muster einschleichen, die in der letzten Saison dafür sorgten, dass die Schwarzgelben viele Punkte liegen lassen, ist alarmierend. Von einer Aufbruchstimmung ist nichts mehr zu sehen, vielmehr reift die Erkenntnis, dass die gute Bilanz der Rückrunde vieles kaschiert hat. Es gibt bisher kein Anzeichen dafür, dass das Team stärker ist als in der letzten Saison, zumal einige Baustellen im Kader nicht angegangen wurden. Ein spielerisch stärkerer Akteur auf der „6“ und ein Rechtsverteidiger, Innenverteidiger oder Hybrid-Verteidiger wären sinnvoll gewesen. Stattdessen verpflichteten Kehl & co. Niclas Füllkrug (31) für bis zu 15 Millionen Euro. Im Anschluss hatte Dortmund keine Mittel mehr, um beispielsweise Armel Bella-Kotchap (21) unter Vertrag zu nehmen.

Terzic BVB

(Photo by UWE KRAFT/AFP via Getty Images)

Das Scouting und die Transfers (vier Neuzugänge, alle aus der Bundesliga) sind ein Thema für sich, aber die Betrachtung aller Aspekte der letzten Monate lässt nur ein Fazit zu: Alle Verantwortlichen in Dortmund haben ihren Teil dazu beigetragen, dass die Situation derzeit so ist, wie sie ist. Der Frust ist groß, Lösungen müssen dringend gefunden werden. Ein Nachsatz ließ nach dem Spiel gegen Heidenheim tief blicken: „Spitzenmannschaften passiert so etwas nicht. Uns passiert es wiederholt.“ Ist der BVB aktuell also vielleicht keine Spitzenmannschaft, sondern nur besserer Durchschnitt mit hoher individueller Klasse? Die Wochen nach der Länderspielpause werden aufschlussreich.

(Photo by UWE KRAFT/AFP via Getty Images)

Manuel Behlert

Vom Spitzenfußball bis zum 17-jährigen Nachwuchstalent aus Dänemark: Manu interessiert sich für alle Facetten im Weltfußball. Seit 2017 im 90PLUS-Team. Lässt sich vor allem von sehenswertem Offensivfußball begeistern.


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