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Eintracht Frankfurt nach dem ambitionierten Transferfenster: Zwischen Erwartung und Realität

12. Februar 2024 | Spotlight | BY David Schöngarth

Auf dem Papier steht Eintracht Frankfurt nicht schlecht da. Die Stimmung am Main ist allerdings angespannt, auch trotz oder vielleicht gerade wegen des ambitionierten Transferfensters, das Sportvorstand Markus Krösche im Januar hingelegt hat. Die Adler sind gefangen zwischen Erwartung und Realität. Eine Analyse.

Eintracht Frankfurt: Durchwachsener Start in die Rückrunde

Die Lage bei Eintracht Frankfurt ist angespannt. Nach der erschreckend schwachen 0:2-Auswärtsniederlage gegen Abstiegskandidaten aus Köln letzte Woche verschwand die Mannschaft von Dino Toppmöller schnell in der Kabine. Der erhoffte Befreiungsschlag gegen Bochum am vergangenen Wochenende blieb aus. Ganz im Gegenteil ertönten beim durchwachsenen 1:1 gegen den VfL vereinzelt Pfiffe, die es im Waldstadion zuvor lange nicht mehr gegeben hatte.



„Die Pfiffe haben wir mitbekommen, die Fans haben einen hohen Anspruch. Das nehmen wir an.“, so Eintracht-Keeper Jens Grahl (35), der spontan für Kevin Trapp (33) einspringen musste, nach dem Spiel. Und Sportvorstand Markus Krösche bestätigte nach dem Spiel am Mikrofon dann noch einmal das, was die gut 57.000 Zuschauer bereits vorher gesehen hatten: „Es ist normal, dass die Jungs nervös sind, es ist normal, dass die Verunsicherung wächst.“

Dabei war der Start der Adler in die Rückrunde mit Spielen gegen Darmstadt, Mainz, Köln und Bochum – alles Mannschaften aus der unteren Tabellenregion – eigentlich prädestiniert dafür gewesen, einen Angriff auf die Champions-League-Plätze zu starten. Nach Siegen gegen Bayern, Leipzig und Gladbach zum Abschluss der Rückrunde hatte es zumindest danach ausgesehen, als ob die Eintracht sich nach oben orientieren könnte.

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Auch auf dem Transfermarkt agierte die Eintracht im abgelaufenen Winter-Transferfenster eines Europa-Anwärters würdig und sorgte mit den Transfers von Donny van de Beek (26), Sasa Kalajdzic (26) und Hugo Ekitiké (21) international für Aufsehen.

Eintracht Frankfurts Sportvorstand Markus Krösche.

Der Mann hinter dem Wintertransferfenster der Eintracht: Markus Krösche. (Photo by Helge Prang/Getty Images)

Spult man wenige Wochen vor, ist die Transfer-Euphorie jedoch mehr oder weniger verpufft. Und von einem Angriff nach oben kann derzeit auch nicht die Rede sein. Was ist also los bei der Eintracht? Und ist die derzeitige Untergangsstimmung gerechtfertigt?

Auf und ab: Die Suche nach Konstanz und Entwicklung

Eigentlich stehen die Adler nämlich auf dem Papier gut da. In der Conference League geht es am Donnerstag in der Zwischenrunde gegen Union Saint-Gilloise. Und in der Bundesliga steht die Eintracht trotz den zuletzt gemischten Ergebnissen auf Rang Sechs – also voll auf Kurs Europa. Nach unten trennen die Adler vier Puntke zum SC Freiburg, nach oben fünf Zähler zu RB Leipzig.

Es ist also nicht unbedingt die Tabellensituation, die bei den Adler-Fans gerade für Unmut sorgt. Viel mehr dürften es die fehlende Konstanz und stagnierende fußballerische Entwicklung sein, genauso wie die Schere zwischen Erwartungshaltung und Realität, die bei der Eintracht zunehmend auseinanderklafft.

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In der Bundesliga gelangen der Eintracht in der laufenden Saison nur zwei Mal zwei aufeinanderfolgende Siege – zuletzt gegen Gladbach und Leipzig. Und das Spiel gegen Gladbach hätte die SGE gut und gerne auch verlieren können, schließlich lag man bis in die Nachspielzeit noch hinten. Es mangelt an Stabilität, Rhytmus und Selbstvertrauen.

Dino Toppmöller, Trainer von Eintracht Frankfurt.

Der Druck auf Dino Toppmöller nimmt zu. (Photo by Helge Prang/Getty Images)

Dazu kommt die spielerische Entwicklung, die nach vielversprechenden Ansätzen in der Hinrunde zuletzt eher stagnierte. Der ehemalige Adlerträger Dino Toppmöller, der drei Jahre als Co-Trainer von Julian Nagelsmann bei Leipzig und dem FC Bayern sozialisiert wurde, trägt seit dem vergangenen Sommer die Verantwortung an der Seitenlinie der Eintracht und versucht seitdem, der Mannschaft seine Philosophie vom Ballbesitz-Fußball einzuprägen.

Und auch wenn Toppmöller damit bislang Erfolg zu haben scheint (nur fünf Teams der Liga haben im Schnitt mehr vom Ball als die Eintracht und keine Mannschaft schlägt weniger Flanken, als Frankfurt), wirkten die Adler auf dem Feld zuletzt statisch, ideenlos, und – mit Blick auf die von Toppmöller gepredigte taktische Flexibilität – schlichtweg überfordert.

Großbaustelle Offensive

Das schlägt sich vor allem in der Offensive nieder – die Eintracht schoss in der laufenden Saison 31 Tore. Fünf weniger als die elftplatzierten Augsburger. Mit den Transfers von Sasa Kalajdzic und Hugo Ekitiké haben die Verantwortlichen darauf reagiert, wenngleich vor allem Ekitiké noch Zeit brauchen wird, ehe er der Eintracht wirklich helfen kann. Der Franzose bringt aus Paris einen enormen Trainingsrückstand mit und kann aktuell nur eine Option von der Bank sein.

Hugo Ekitike auf der Bank von Eintracht Frankfurt.

Aufgrund von fehlender Fitness wird es für Hugo Ekitiké zunächst bei Kurzeinsätzen bleiben: Hier auf der Bank bei Frankfurts Niederlage gegen Köln. (Photo by Leon Kuegeler/Getty Images)

Dass er sowohl die Qualität besitzt, der Eintracht jetzt zu helfen, als auch das Potenzial, in Zukunft zu einem wichtigen Puzzleteil der Adler-Offensive zu werden, das war in den bisherigen Kurzeinsätzen des 21-Jährigen aber bereits erkennbar. Und der Fall Ekitiké ist auch eine Erinnerung, dass dem auf vielen Positionen jungen Eintracht-Team schlichtweg Zeit gegeben werden muss, um eine klare Identität und Spielphilosophie zu entwickeln und damit Erfolge zu feiern. Um Geduld bat nach dem Unentschieden gegen Bochum auch Toppmöller selbst: „Wir sind eine Mannschaft im Umbruch“, so der Trainer der SGE.

Trotzdem, so sagen Fans und Experten zurecht, spiegelt der jetzige Entwicklungsstand der Eintracht nicht unbedingt das wieder, was man sich vor der Saison erhofft hatte, als Toppmöller versprach, seine Adler wollen „positive Troublemaker“ sein.

Eintracht Frankfurt: Zwischen Erwartung und Realität

Von diesem einstigen Versprechen ist aktuell wenig zu sehen. Der uninspirierte Start in die Rückrunde hat in Kontrast mit dem regen Transfergeschäft im Januar dafür gesorgt, dass die Schere zwischen Erwartungshaltung und Realität noch weiter auseinandergedriftet ist, was die Anspannung trotz komfortabler Tabellensituation erklärt.

Mit der Rückkehr von Leistungsträgern wie Omar Marmoush (25) und Farès Chaïbi (21) vom Afrika-Cup und der fortlaufenden Integration der Winter-Neuzugängen könnte sich die Lage allerdings auch genauso schnell wieder entspannen, wie sie scheinbar eskaliert ist.

In der zweiten Halbzeit gegen Bochum präsentierte sich die SGE im Vergleich zu den letzten Wochen deutlich stärker und scheiterte am Ende an der eigenen Chancenverwertung. Kann die Eintracht diesen Schwung in die beiden richtungsweisenden nächsten Spiele gegen Union Saint-Gilloise in der UEFA Conference League und dann zum Verfolgerduell in der Liga gegen Freiburg mitnehmen, so sehen die Schlagzeilen am Main bald möglicherweise schon wieder ganz anders aus.

Omar Marmoush von Eintracht Frankfurt.

14 Minuten dauerte es, bis Omar Marmoush sich nach dem Afrika-Cup mit einem Treffer für die Eintracht zurück meldete. (Photo by Helge Prang/Getty Images)

Trainer Dino Toppmöller scheint zumindest das Vertrauen der Verantwortlichen zu genießen, mit seiner Mannschaft Lösungen zu finden. „Ich bin sehr froh, dass wir genau das richtige Trainerteam und die richtigen Spieler haben um diese Aufgabe anzugehen und uns auf das höchstmögliche Niveau zu entwickeln.“, so Vorstandssprecher Axel Hellmann auf der Mitgliederversammlung der Eintracht vor wenigen Tagen. Jetzt muss dieses Vertrauen in den kommenden Wochen zurückgezahlt werden.

(Photo by Helge Prang/Getty Images)

David Schöngarth

Aufgewachsen mit Grafite, Luca Toni und Co. entfachten Gareth Bale und Mauricio Pochettinos Spurs in David eine Leidenschaft für die Premier League. Interessiert sich für alles, was auf der Insel vor sich geht. Seit 2022 bei 90Plus.


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