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FC Bayern | „Zentrale“ Probleme vor dem BVB-Spiel: Der Schlüssel für Schwarzgelb?

3. November 2023 | Spotlight | BY Manuel Behlert

Am Samstag findet das Topspiel in der Bundesliga zwischen Borussia Dortmund und dem FC Bayern (18:30 Uhr, Sky) statt. Die Gemengelage vor der Partie ist nicht ganz einfach einzufangen. Nach dem Pokalaus des Rekordmeisters und dem anhaltenden Personalengpass sind die Probleme bei den Gästen aber für den Moment definitiv größer. Ist da der Ansatzpunkt für den BVB?

Topspiel BVB gegen FC Bayern: Zwei gute, aber nicht sehr gute Mannschaften

Am Samstagabend spielt Borussia Dortmund zuhause gegen den FC Bayern. Der Blick auf die Tabelle zeigt: Wo Topspiel draufsteht, steckt auch Topspiel drin. Doch bei genauerer Betrachtung beider Teams muss die Frage gestellt werden: Wie gut sind beide Mannschaften wirklich? Der BVB ist seit einer gefühlten Ewigkeit in der Bundesliga ungeschlagen und hat zuletzt gegen Newcastle, Frankfurt und Hoffenheim zwei Siege und ein Remis eingefahren. Das liest sich sehr gut. Trotzdem schwingt bei den Schwarzgelben immer eine leise Kritik mit. Die Spiele seien nicht immer schön anzusehen, es gibt zu viele Phasen, in denen Partien auch einmal entgleiten können.



Das stimmt in manchen Fällen auf jeden Fall. Der BVB schafft es aber wie schon in weiten Teilen der Rückrunde, das durch die Tore in den entscheidenden Momenten und Leistungssteigerungen in schwierigen Phasen zu kaschieren. Wohin das führt, wird sich zeigen, Luft nach oben besteht auf jeden Fall noch. Dafür entschuldigen, gute Resultate einzufahren, muss sich das Team von Trainer Edin Terzic aber sicher nicht. Eine solche Entschuldigung seitens des FC Bayern war nach dem Pokalspiel am Mittwoch aber dringend fällig. In Saarbrücken, bei einem Drittligisten, schied der Rekordmeister aus dem DFB-Pokal aus, wird dort zum vierten Mal in Folge nicht den Titel gewinnen.

Schon im Sommer warnten viele Experten, dass der Kader zu klein sei. Thomas Tuchel forderte Verstärkungen in der Abwehr und auf der „6“. Und alle Kritiker behielten recht, der Kader ist aktuell nicht nur auf Kante genäht, sondern geht sprichwörtlich auf dem Zahnfleisch. Bayern schafft es zudem selten, 90 Minuten überzeugend zu spielen. Fußballerische Defizite und defensive Wackler findet man regelmäßig, genauso aber auch die individuelle Brillanz von Spielern wie Leroy Sané, Harry Kane und Jamal Musiala. Vieles liest sich wie beim Gastgeber, nur hat der Rekordmeister schon einen Titel verspielt.

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FC Bayern – Probleme überall: Kann das gut gehen?

Die Voraussetzungen beim FC Bayern vor dem Spiel in Dortmund sind denkbar ungünstig, vor allem personell. Der Kader verfügt nämlich schon über eine natürliche Unwucht zu Ungunsten der Defensive. Noussair Mazraoui, Matthijs de Ligt, Dayot Upamecano, Kim min-Jae, Alphonso Davies, Konrad Laimer, Leon Goretzka, Joshua Kimmich, Raphael Guerreiro: Acht etablierte Spieler stehen für sechs Positionen zur Verfügung. Ergänzt wird durch junge Spieler wie Frans Krätzig. Die Offensive hingegen ist in der Spitze wie in der Breite gut besetzt, aber gerade hier herrschen keine Personalsorgen. Diese konzentrieren sich vollends auf die Defensive.

De Ligt Bayern

(Photo by CHRISTOF STACHE/AFP via Getty Images)

So ergibt sich auch eine knifflige Ausgangslage. Torhüter Manuel Neuer macht sein drittes Spiel nach einer zehnmonatigen Pause, Mazraoui war unter der Woche krank und konnte nicht trainieren, schleppt einen Infekt mit. De Ligt hat sich im Pokal verletzt, fällt bis kurz vor der Winterpause aus, Upamecano muss direkt nach einer Muskelverletzung in den Kader und wahrscheinlich auch spielen, gleiches gilt für Goretzka nach seinem Handbruch. Kimmich fehlt gesperrt, Guerreiro kommt aus einer Verletzung, hat kaum trainiert, Gnabry hat nach wochenlanger Pause erst einen Kurzeinsatz hinter sich. Zudem wirkt Kim, der später zum Team stieß, Militärdienst absolvierte und danach ohne Pause spielen musste, an der körperlichen Grenze.

Zusammengefasst: Mittelfeldspieler Laimer müsste eigentlich auf zwei Positionen spielen. Gleichzeitig. Nur dann könnte verhindert werden, dass mehr als ein Spieler, der eigentlich noch nicht wirklich spielfit ist, durchspielen muss, ohne einen der absoluten Youngster in das kalte Wasser zu werfen. Bei noch zehn Spielen bis zur Winterpause und immer wiederkehrenden Blessuren, weil die Spieler kaum eine Verletzung auskurieren können, ist das ein riesengroßes Problem. Nicht nur kurzfristig, sondern auch langfristig. Der Kader, mit dem der Rekordmeister in die Hinrunde ging, war mit einem derart großen Risiko versehen, dass es nur schiefgehen konnte. Und jetzt erhält man die Quittung dafür.

Was der FC Bayern machen muss und wie der BVB profitieren kann

Der BVB wird diese Nachrichten natürlich sehr gerne hören. Der FC Bayern ist in dieser Saison in Bestbesetzung schon eine Mannschaft, die man bezwingen kann. Ohne einige Stützen und mit vielen Spielern, die nicht bei 100 % sind und das in der ohnehin schon wackeligen Defensive gibt es zahlreiche Ansatzpunkte. Sei es der Raum hinter dem aufrückenden Davies, seien es schnelle Konterangriffe, die die Verteidiger des Rekordmeisters in 1-gegen-1-Duelle verwickeln oder hohes Pressing, gegen das zuletzt nicht immer gute Lösungen gefunden wurden.

Insbesondere in Abwesenheit von Kimmich geht, trotz seiner Fehler in den letzten Wochen, ein Stück Pressingresistenz verloren. Auch die Passschärfe in Ballbesitz in Ruhe wird sich verändern. Laimer hatte bisher Schwierigkeiten, spielerische Akzente zu setzen, Goretzka ist, wenn er spielt, kein Typ, der jeden Ball fordert und konstruktiv weiterleiten kann. Der FC Bayern ist also gezwungen, seine Spielanlage zu verändern. Nicht einmal eine Variante mit Laimer tief und Musiala und Guerreiro als „Doppel-8“ ist denkbar, denn dafür ist der Portugiese nicht fit genug.

Bayern

(Photo by Lars Baron/Getty Images)

Was kann Tuchel also machen? Eine etwas tiefere Ausrichtung, um dem BVB nicht permanent die Möglichkeit zu offerieren, viel Raum bespielen zu können, wäre denkbar. Mit einer tieferstehenden Abwehrkette, weniger Ballbesitzmomenten und einem sich fallen lassenden Harry Kane, der dann wiederum die schnellen Außenspieler in Szene setzt, könnten die Probleme kaschiert werden, solange die Kräfte reichen. Für Dortmund gilt, dass man sich auf zwei, drei verschiedene Varianten im Spiel des FC Bayern wird einstellen müssen.

Durch die Personalsorgen verstärken sich einige Faktoren, die als Ansatzpunkte für den BVB dienen. Es lohnt sich umso mehr, den Spielaufbau konsequent zuzustellen und punktuell zu pressen, zudem sollte gerade in der 2. Halbzeit oder gegen Ende des Spiels ein Kräftevorteil bei den Hausherren liegen. Je länger Dortmund das Spiel offen gestalten kann, desto wahrscheinlicher ist ein Sieg. Es sei denn, die individuelle Klasse im Angriff des Rekordmeisters ist gnadenlos. Und damit muss ein Gegner nun einmal immer rechnen.

(Photo by Sebastian Widmann/Getty Images)

Manuel Behlert

Vom Spitzenfußball bis zum 17-jährigen Nachwuchstalent aus Dänemark: Manu interessiert sich für alle Facetten im Weltfußball. Seit 2017 im 90PLUS-Team. Lässt sich vor allem von sehenswertem Offensivfußball begeistern.


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