Werder Bremen vor dem Saisonstart: Der Prototyp der Wundertüte

19. August 2024 | Bundesliga | BY 90PLUS Redaktion

Nach dem Abstieg im Jahr 2021 geht Werder Bremen in das dritte Bundesligajahr. Wo es für die Grün-Weißen in dieser Saison hingehen wird, ist nur schwierig einzuschätzen.

Werder Bremen: Zwischen Europa und Abstiegskampf ist alles möglich

Zweifelsohne gehört der SV Werder Bremen zu den traditionsreichsten Vereinen der Bundesliga, allerdings sind die erfolgreichen Jahre an der Weser schon länger vorbei. Das letzte Mal auf der europäischen Bühne spielten die Grün-Weißen in der Saison 2010/11 und immer wieder herrscht in dem Verein ein angespanntes Verhältnis zwischen den Träumen einer Europa-Rückkehr und einem Abstieg in die 2. Bundesliga. Die letzte Saison verlief exemplarisch und hat genau diese Situation perfekt beschrieben.

Zwar machten sich die Fans immer wieder Sorgen, dass die Mannschaft in den Abstiegskampf rutscht und im Frühjahr nahmen diese Sorgen zu, allerdings entledigte sich die Mannschaft von Ole Werner im Saisonendspurt aller Abstiegssorgen. Die Saison wurde auf Platz neun, punktgleich mit dem 1. FC Heidenheim beendet, wodurch Werder nur aufgrund des schlechteren Torverhältnisses nicht auf die internationale Bühne zurückkehrte. Zur neuen Spielzeit hat sich zwar wenig verändert, allerdings wirft die Vorbereitung einige Fragezeichen auf.



Der Kader: Punktuell verstärkt, kommen noch Neuzugänge?

Viel Bewegung gab es im Kader von Werder in diesem Sommer nicht. Abgegeben hat der Neuntplatzierte der Vorsaison Jiri Pavlenka und Christian Groß, deren Verträge ausgelaufen waren und nicht verlängert wurden. Deutlich schmerzhafter ist der Verlust der Eigengewächse Nick Woltemade und Eren Dinkci, die es zum VfB Stuttgart und zum SC Freiburg gezogen hat. Derzeit könnte vor allem in der Offensive noch etwas passieren, denn Top-Scorer Marvin Ducksch wird immer wieder mit einem Wechsel nach Saudi-Arabien in Verbindung gebracht. Zudem könnte noch der ein oder andere aktuell nicht gesetzte Spieler, darunter Leonardo Bittencourt, den Verein verlassen.

Bittencourt

(Photo by Stuart Franklin/Getty Images)

Insgesamt vier Neuzugänge konnte Werder in diesem Sommer präsentieren. Keke Topp, der bereits in der Jugend für den Club gespielt hat, kam vom FC Schalke zurück an die Weser. Skelly Alvero wurde nach seiner Leihe von Olympique Lyon fest verpflichtet und bei Marco Grüll setze man sich gegen Konkurrenz aus der Bundesliga durch. Zudem kam Markus Kolke als dritter Torwart von Hansa Rostock.

Damit wurde der Kader von Ole Werner um vier Spieler verstärkt, die sowohl in der Breite als auch in der Tiefe helfen können. Gerade von Grüll, der mit 13 Toren sowie sechs Vorlagen von Rapid Wien kam und mit seiner Dynamik der Offensive neue Elemente geben soll, erhofft man sich im Verein viel. Schlüsselspieler bei den Grün-Weißen sind neben Ducksch, vor allem Kapitän Marco Friedl, Mittelfeldspieler Romano Schmid und Mitchell Weiser.

Vorbereitung nicht optimal, droht ein Fehlstart?

Nach dem Trainingslager im Zillertal mahnte Friedl bereits: „Unter dem Strich bin ich nicht mit dem Trainingslager zufrieden. Hergeschenkt ist das falsche Wort, aber es kommt ein bisschen eine negative Stimmung auf, weil es nicht so läuft“, sagte der Werder-Kapitän und deutete damit auf die schwachen Leistungen in den Testspielen hin, die zwar Sorgen bereiten, allerdings auch nicht zu hoch gehängt werden dürfen.

Gegen Oberligist FC Verden siegte Werder mit 2:0. Daraufhin folgte ein 0:3 gegen den italienischen Erstligisten Lecce, ein 2:2 gegen den englischen Zweitligisten Sheffield Wednesday, einen 2:1-Erfolg gegen Coventry City und ein 0:1 gegen Stade Rennais. Zudem wurden gegen viele Gegner, wie Coventry oder Stade Rennes zwei Spiele bestritten, bei denen auch die B-Elf zum Einsatz gekommen war. Unter anderem geriet diese mit 0:4 gegen Coventry unter die Räder.

Da die Vorbereitung auf die neue Saison nicht optimal war, befürchten bereits einige Werder-Fans, dass ein Fehlstart in die neue Spielzeit droht. Am ersten Spieltag müssen die Hanseaten zum FC Augsburg reisen, was in der Vergangenheit nicht das beste Pflaster war. Die ersten beiden Heimspiele bestreitet die Werner-Elf gegen Borussia Dortmund und den FC Bayern. Zwischendurch reist man zum 1. FSV Mainz 05, der den Schwung aus der vergangenen Rückrunde mit in die neue Saison nehmen könnte. Gerade die schwierigen Aufgaben in den Spielen vor eigenem Publikum könnten zum Problem werden.

Die Systemfrage und die Wichtigkeit der Außenverteidiger

Zum Ende der vergangenen Spielzeit stellte Ole Werner das System seiner Mannschaft von einem 3-5-2 auf ein 3-4-3 um. Daraufhin zeigte sich das Team deutlich verbessert, spielte sich mehr Chancen heraus und konnte die Abwehr durch ein kompakteres Pressing entlasten. In der Vorbereitung ließ Werner Werder anfänglich wieder im 3-5-2 auflaufen, stellte jedoch in den letzten Spielen wieder auf das zuvor bewährte 3-4-3 um.

Das Bremer Spiel unter Werner ist geprägt von vielen Tempowechseln und hohen Außenverteidigern. Während Weiser auf der rechten Seite so etwas wie ein verkappter Spielmacher ist und viele Ballaktionen im Spiel hat, beläuft Felix Agu mit seiner Dynamik auf der linken Seite immer wieder die Tiefe. Nachdem er sich in der Startelf festgespielt hatte, agierte er oft auf letzter Linie, um dadurch den Raum hinter der Abwehr zu bedrohen. Oftmals versucht man eine Seite zu überlagern, damit durch einen Tempowechsel diese gewechselt werden kann.

Die Tendenz: Wo geht es für Werder Bremen hin?

Eine der schwierigsten Fragen ist, wo es für Werder Bremen in dieser Saison hingehen könnte. Zwischen Abstiegskampf und Europa ist alles drin für die Mannschaft von Ole Werner, der typisch norddeutsch tiefstapelt und die 40-Punkte-Marke als Ziel ausgibt. „Der Verein hat eine klare Zielsetzung: möglichst schnell die 40-Punkte-Marke knacken“, erklärte der Übungsleiter und fügte hinzu: „Ich würde sagen, für die Hälfte der Liga geht es darum. Jeder Punkt will erarbeitet sein.“ Ein entscheidender Faktor für den Saisonverlauf wird der Start sein. Ein Fehlstart könnte zu einer Negativspirale führen und da die Bundesliga sehr ausgeglichen ist, zu einem zumindest kurzfristigen Besuch im Abstiegskampf führen.

Durch einen guten Saisonstart wäre es der Werner-Elf gelungen, das Selbstbewusstsein aus den letzten Spielen der vergangenen Saison mitzunehmen und sich direkt an die europäischen Plätze zu heften. Die Bremer sind aktuell eine der Mannschaft, wo man am wenigsten weiß, was einen in dieser Saison erwartet. Für die Fans von Werder Bremen gibt es ohnehin lediglich Abstiegskampf oder die Träume von Europa. Dazwischen gibt es wenig bis gar nicht. Doch genau in diesem Vakuum wird am Ende der Saison höchstwahrscheinlich die Wahrheit liegen.

(Photo by Dan Istitene/Getty Images)


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