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Hertha BSC: Langer Abstiegskampf trotz Entwicklung? Das Streitgespräch

8. November 2022 | Spotlight | BY 90PLUS Redaktion

Im Sommer 2022 übernahm Sandro Schwarz das Amt des Cheftrainers bei Hertha BSC. Einfach war diese Aufgabe nicht, denn eine wirklich gute fußballerische und taktische Basis war nicht vorhanden. In der letzten Saison erarbeitete sich das Team zwar den Klassenerhalt in der Relegation, viel mehr Positives konnte aber nicht berichtet werden. 

Hertha BSC: Viel Lob, wenig Punkte

Am Wochenende spielte Hertha BSC im heimischen Olympiastadion gegen den FC Bayern. Die Gastgeber wählten einen mutigen Ansatz, offenbarten defensiv aber zu große Lücken. Die Folge: Der Rekordmeister nutzte seine Chancen, führte zeitweise mit 3:0. Doch die „neue“ Hertha ist ein Team, das auch danach nicht aufgibt. Dodi Lukebakio und Davie Selke brachten den Gastgeber noch vor dem Seitenwechsel auf 2:3 heran. Im zweiten Spielabschnitt gab es auch die ein oder andere Möglichkeit, am Ende fehlte nicht viel und die Aufholjagd hätte gekrönt werden können. Mitunter waren die Lücken zu groß, die Präzision im Offensivspiel fehlte. Was stimmte, war die Einstellung.

Nun lässt sich bei Hertha BSC zweifelsohne eine Entwicklung im taktischen und fußballerischen Bereich erkennen. Trainer Sandro Schwarz hat einen Plan, das Team tritt mit einem solchen auf. Was fehlt, ist die Belohnung. Noch immer sind nicht alle Spielphasen gut, noch immer gibt es zu viele Fehler. Elf Punkte aus 13 Spielen sind die Bilanz eines Abstiegskandidaten und genau in diesem Bereich der Tabelle befindet sich der Hauptstadtklub. Viel Lob, wenig Punkte: So sieht es momentan für die Schwarz-Elf aus. Doch reicht das auch? Die nächsten Gegner sind der VfB Stuttgart (auswärts) und der 1. FC Köln. Diese Aufgaben sind mindestens unangenehm. Droht also wieder der Abstiegskampf bis zum Ende der Saison?

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Hertha BSC wird die Punkte einfahren

Zwei Siege aus 13 Spielen sind in der Tat keine gute Bilanz und resultieren in einem durchaus besorgniserregenden 15. Tabellenplatz. Aber so wie im Fußball nicht alles Gold ist, was glänzt, ist auch nicht alles immer so schlecht wie es die Anzeigetafel suggeriert. Das gilt in dieser Saison insbesondere für die Hertha. Unter Schwarz hat die Mannschaft eine starke Entwicklung hingenommen, hat spielerische, vor allem aber auf mentaler Ebene Fortschritte gemacht.

Noch verliert man zwar einen Großteil seiner Spiele, lässt sich aber nicht mehr vom Gegner vorführen – und darin liegt ein ganz entscheidender Unterschied zur Vorsaison. Die Mannschaft ist wieder eine Einheit, lässt sich auch von hohen Rückständen nicht den Mut nehmen. Sowohl gegen Leipzig als auch jüngst gegen die Bayern schaffte man es beinahe, einen 0:3-Rückstand wettzumachen.

Was der „Alten Dame“ aktuell fehlt: Die Belohnung. Noch schaffen es die Herthaner nicht, couragierte Auftritte in Zählbares umzumünzen. Die Erkenntnis, dass Tabellenplatz 15 aus einer Ergebniskrise resultiert und nicht aus tiefgreifenden Problemen, ist aber wichtig und wird der Mannschaft helfen, mit einer positiven Einstellung in die letzen Tage vor der Weltmeisterschaft zu gehen. Gegen Stuttgart und Köln, die auch mit Problemen zu kämpfen haben, sollte zumindest ein Dreier gelingen. 

Michael Bojkov 

Die Situation wird sich vor der WM-Pause nicht verändern

Hertha BSC hat gute Ansätze gezeigt und es findet eine Weiterentwicklung statt, das ist nicht von der Hand zu weisen. Es mag zwar eine Floskel sein, aber wenn sich ein Team einmal im Abstiegskampf befindet, dann ist es schwer, wieder herauszukommen. Stuttgart ist punktgleich, nur Bochum und Schalke haben weniger Zähler eingefahren. Die Defensive ist zwar ganz ordentlich, 20 Gegentore sind nicht gerade verheerend, aber Aussetzer gibt es weiterhin. Dass jetzt ein Auswärtsspiel gegen den VfB Stuttgart ansteht, eine Mannschaft, die in den letzten Wochen positive Ansätze zeigte und zwei der vier letzten Spiele gewonnen hat, muss nicht unbedingt eine gute Nachricht sein.

Die Schwaben haben nämlich den Glauben an die eigene Stärke wiedergefunden. Auch Stuttgart hat noch Probleme und nicht alles läuft gut, aber die Tendenz geht in die richtige Richtung und gerade zuhause werden die Punkte eingefahren. Deswegen wird Hertha BSC auch in Stuttgart keinen Sieg einfahren. Und am Wochenende? Da kommt der 1. FC Köln. Eine Mannschaft, der jederzeit zuzutrauen ist, dass sie trotz der großen Belastung eine formidable und kämpferisch astreine Leistung hinlegt.

Holt das Team aus der Hauptstadt aus diesen beiden Spielen weniger als drei Punkte, wird es unruhig. Nun werden viele sagen, dass die lange WM-Pause mit einer langen Vorbereitung auf die Restsaison ein Vorteil ist, um spielerische und taktische Elemente weiter zu perfektionieren. Aber: Diese Zeit haben andere auch. Und vielleicht weniger Fragezeichen über dem Kopf, woran es liegt, dass trotz Lob wenig gepunktet wird. Es könnte also doch eine sehr zähe Saison für Hertha BSC werden.

Manuel Behlert 

(Photo by Reinaldo Coddou H./Getty Images)


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