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Besondere Anlagen & viel Temperament: Das ist Bayern-Neuzugang Nestory Irankunda

14. November 2023 | Spotlight | BY Manuel Behlert

Nestory Irankunda gilt als eines der größten Talente, welches der australische Fußball jemals hervorgebracht hat. Erst 17 Jahre alt ist der Offensivspieler und dennoch steht sein Wechsel zum FC Bayern München, einem der größten Klubs der Welt, nun fest. 

Doch wer ist der Spieler, den der Rekordmeister schon seit Monaten genauer beobachtet, dessen Verpflichtung Schritt für Schritt vorbereitet wurde? Wir haben uns genauer mit ihm beschäftigt und einen Journalisten befragt, der sich intensiv mit Adelaide United, dem australischen Fußball und folglich auch mit Irankunda beschäftigt: Antonis Pagonis.

FC Bayern verpflichtet Nestory Irankunda

Monatelang beobachtete der FC Bayern Nestory Irankunda, der bei Adelaide United in der australischen Liga spielt und schon mit 17 Jahren zu den aufstrebendsten Talenten des Landes zählt. Der Offensivspieler wechselt nun zum 1. Juli 2024 zum FC Bayern, wird die Saison also noch in seiner gewohnten Umgebung zu Ende spielen. Bei den Angaben zu Ablösesumme für das junge Talent variieren die Zahlen deutlich, eine geringe einstellige Millionensumme sollte realistisch sein. Wie bei allen Transfers junger Spieler ist es auch hier eine Wette auf die Zukunft, die der Rekordmeister aber guten Gewissens eingehen kann. 



Einerseits, weil die finanzielle Lage ein solches Risiko, das aufgrund der Ablöse ohnehin minimal ist, zulässt. Und andererseits, weil der Spieler viel Potenzial mitbringt, um mittelfristig eine gute Rolle im Profifußball in Europa zu spielen. Ob es für den FC Bayern reicht, bleibt abzuwarten. In jedem Fall zeigt diese Verpflichtung, dass Christoph Freund (46) seine angekündigte Marschroute, immer wieder junge Spieler nach München zu lotsen, offenbar auch in die Tat umsetzen will. Denn Irankunda ist nur eines von vielen jungen Talenten, das der FCB zuletzt genauer unter die Lupe genommen hat. 

Irankunda bringt brillante Voraussetzungen mit

Dem ein oder anderen Fußballfan hierzulande wird der 17-Jährige durchaus schon ein Begriff sein. Kein Wunder, denn seine Highlightvideos auf den einschlägigen Plattformen zeigen einen sensationellen Abschluss nach dem anderen. Und in der Tat hat er in seinen 39 Pflichtspielen für Adelaide United schon so manches Tor erzielt, das besonders sehenswert war. Sein Abschluss aus vollem Lauf ist extrem wuchtig und präzise, sein Tempo außergewöhnlich. Beim Sieg gegen die Central Coast Mariners im Oktober wurde er beispielsweise mit etwas mehr als 37 km/h geblitzt. Zum Vergleich: Die schnellsten Bundesliga-Spieler 2023/24, zu denen auch Alphonso Davies gehört, liefen 35,97 km/h.

Der FC Bayern hat die Verpflichtung von Irankunda bekannt gegeben.

(Photo by Graham Denholm/Getty Images)

Charakteristisch für das Spiel des Youngsters ist, sein Tempo gewinnbringend einzusetzen. Er zeigt sich selbstbewusst im Dribbling, weiß um seine Fähigkeit, den Gegner mit einem Kontakt aus dem Spiel zu nehmen. Wenn er Raum vor sich hat, kann er sich den Ball vorlegen, sein Tempo ausspielen und den Abschluss suchen. Übrigens auch gerne aus sehr spitzem Winkel. Auch ruhende Bälle gehören zu seinen Stärken, so erzielte der Australier, der in Tansania geboren wurde, schon mehrere Freistoßtore, oft garniert durch mehrere turnerische Kunststücke, die in den Jubel eingebaut werden.

Viel Temperament, mehr Defensivdenken erforderlich

Natürlich kann ein 17-Jähriger noch nicht frei von Fehlern agieren. Das gilt auch für Irankunda, der in der Offensive mitunter noch die falschen Entscheidungen trifft. Mal wird der freie Mitspieler übersehen, mal ein etwas zu fester oder zu kurzer Pass gespielt. An Engagement mangelt es ihm indes nicht, er versucht sich häufig, in das Defensivspiel einzuschalten und die eigene Verteidigung zu unterstützen. Das muss allerdings noch zur Gewohnheit werden, nach Ballverlust hinter den Ball zu kommen, sollte in Zukunft eine Selbstverständlichkeit sein.

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Doch gerade hier erkennt man die fehlende Erfahrung auf hohem Niveau, wie auch Experte Antonis Pagonis erklärt: „Sein Stellungsspiel ohne Ball kann noch verbessert werden, aber das wird sich mit dem Alter und dem Training ergeben. Eine weitere Sache, an der Nestory noch arbeiten kann, ist, sein Temperament zu zügeln und einen kühlen Kopf zu bewahren, wenn die Dinge auf dem Spielfeld nicht so laufen, wie er will.“ Ein Beispiel ist das Duell, das kürzlich gegen Melbourne Victory ausgetragen wurde. Hier kassierte der Bayern-Neuzugang in der 96. Minute einen Platzverweis.

Irankundas Rolle beim FC Bayern? „Von der Bank viel bewirken“

Die Frage ist natürlich, wie reif der Youngster schon ist und ob er das Niveau hat, in der Bundesliga eine Rolle zu spielen. Dazu muss gesagt werden, dass das aktuell auch ein wenig spekulativ ist, denn er hat noch ein halbes Jahr Zeit, um sich zu entwickeln. Gerade in diesem Alter können mehrere Schritte auf einmal ebenso möglich sein wie eine Stagnation. Nach Ansicht Antonis Pagonis könnte Irankunda aber direkt einen Einfluss haben: „Er ist noch nicht so weit, dass er bei einem Verein wie Bayern München in der Startelf steht, aber ich glaube, dass er von der Bank aus wirklich viel bewirken kann, wenn die Bayern ihn auf diese Weise einsetzen will, um ihn frühzeitig in die erste Mannschaft zu integrieren.“

Irankunda

(Photo by Mark Metcalfe/Getty Images)

Doch auch ein Leihgeschäft erscheint vorstellbar zu sein. Das wird maßgeblich von den Plänen des FC Bayern abhängig sein. „Was ihm in dieser Phase seiner Entwicklung gut tut, ist regelmäßiger, hochklassiger Fußball. Es würde mich daher nicht überraschen, wenn er an einen Verein ausgeliehen würde, der ihm das versprechen kann“, so Pagonis. Auch eine Teilintegration für ein halbes Jahr, um sich beim Klub zu akklimatisieren und im Nachhinein Spielpraxis zu sammeln, ist möglich. Klar ist: Da sich Irankunda für den Wechsel nach München entschieden hat, wird ihm ein entsprechendes Konzept vorgelegt worden sein.

Fleißig auf dem Trainingsplatz, Unterstützung erforderlich

Neben der sportlichen Komponente spielt auch die menschliche eine große Rolle bei einem Transfer. Und dahingehend gibt es zunächst einmal Positives zu berichten. „Nestor ist ein sympathischer Junge, der den Fußball liebt. Nach den Trainingseinheiten sieht man ihn oft weiter auf dem Platz beim Üben von Freistößen. In den letzten Jahren hat er alle Trainer mit seinen Fähigkeiten beeindruckt, was seine Aufnahme in die erste Mannschaft von Adelaide United zu einer Selbstverständlichkeit machte.“ In Sachen Trainingsfleiß und Engagement scheint er also sehr gewissenhaft zu sein, ähnliches ließ sich seinerzeit über Mathys Tel (18) sagen, als dieser aus Rennes zum FCB wechselte. 

Zweifelsohne wird der Spieler aber auch Zeit benötigen, um sich an die neue Umgebung zu gewöhnen. Das Rampenlicht ist stärker ausgeprägt, auch wenn er schon mit 15 Jahren in der ersten Elf debütierte und es gewohnt ist, im Fokus zu stehen. Ein neues Land, eine neue Sprache, eine neue Kultur: All das wird auf einen im Sommer 18-jährigen Spielern einprasseln. Geduld ist also gefragt – und eine entsprechende Hilfe bei der Integration.

Das sieht auch der Experte so: „Die Bayern oder der Verein, an den er ausgeliehen wird, täten gut daran, ihm Mentoren zur Seite zu stellen, die ihm helfen, sich in einem neuen Land, in einer neuen Umgebung als Profifußballer, aber auch als Erwachsener zu integrieren.“ Wenn das gelingt, so Pagonis, dann kann Nestory Irankunda sein Potenzial möglicherweise schnell abrufen. Und dieses Potential ist enorm.

Manuel Behlert

Vom Spitzenfußball bis zum 17-jährigen Nachwuchstalent aus Dänemark: Manu interessiert sich für alle Facetten im Weltfußball. Seit 2017 im 90PLUS-Team. Lässt sich vor allem von sehenswertem Offensivfußball begeistern.


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