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Vielversprechende Wette auf die Zukunft: Bayern-Neuzugang Mathys Tel im Porträt

26. Juli 2022 | Spotlight | BY Manuel Behlert

Vor wenigen Wochen hätte es in Deutschland sicher nicht viele Fußballfans gegeben, die den Namen Mathys Tel schon einmal gehört haben. Der französische Juniorennationalspieler rückte zuletzt aber immer mehr in den Fokus, denn der FC Bayern meldete zunächst Interesse an, verhandelte dann mit Stade Rennais und verpflichtete den Spieler schließlich. 

  • Mathys Tel: Der nächste Coup für den FC Bayern?
  • Transfer des 17-Jährigen auch eine Wette für die Zukunft
  • Große Anlagen, große Zukunft?

Der FC Bayern hat Mathys Tel verpflichtet

Wenn ein Klub inklusive Bonuszahlungen bis zu 28,5 Millionen Euro für einen 17-Jährigen mit nur wenig Profierfahrung bezahlt, dann muss das Scoutingteam schon sehr überzeugt von dem Spieler sein. Der FC Bayern zahlt eben jene Summe – sollten alle Bonusbedingungen eintreffen – für Mathys Tel (17), der von Stade Rennais nach München wechselt. Der U17-Europameister mit Frankreich soll, das ist bei der Summe bereits ersichtlich, direkt bei den Profis eingesetzt werden. Der 17-Jährige, der sowohl auf dem Flügel als auch im Zentrum spielen kann, dürfte von der neuen, deutlich flexibleren Ausrichtung nach dem Abgang von Robert Lewandowski (33) profitieren.



Eine Ablösesumme in dieser Höhe ist für einen jungen Spieler einerseits eine Auszeichnung, andererseits baut sie aber Druck auf. Für den FC Bayern ist der Transfer auch eine Wette auf die Zukunft des Spielers, denn Talent und gute Ansätze allein reichen nicht aus, um auf dem Profilevel den ganz großen Durchbruch zu schaffen. Viele Faktoren spielen eine Rolle, aber da sich in München in diesem Sommer vieles ändert, könnte Tel gerade zur richtigen Zeit am richtigen Ort sein. Doch welche Qualitäten bringt der Offensivspieler überhaupt mit und wie kann er dem Rekordmeister helfen?

Mathys Tel: Der Weg zum Toptalent

Bevor diese Fragen beantwortet werden, lohnt sich der Blick auf den bisherigen Werdegang des Spielers. Dieser ist nämlich durchaus facettenreich.Ehe er im Sommer 2020 in die Jugendabteilung von Stade Rennais wechselte, spielte er unter anderem für Montrouge, AS Jeunesse Aubervilliers und den Paris FC. In der Vergangenheit absolvierte er zahlreiche Partien als Innenverteidiger, arbeitete sich konsequent weiter nach vorne. Positionswechsel sind keine Seltenheit bei Jugendspielern, die Gegensätze zwischen dem Defensivzentrum und der vordersten Angriffsreihe sind aber durchaus groß. In Rennes hielten die Verantwortlichen schon vor einem Jahr große Stücke auf den Nachwuchsspieler. 

Nicolas Holveck, damals Präsident des Klubs, teilte seinerzeit gegenüber RMC Sport mit, dass Geduld das höchste Gebot ist. „Man muss ihm Zeit geben. Er ist Jahrgang 2005, man macht auch kein Abitur, ohne die erste oder die zehnte Klasse zu absolvieren. Er trainiert mit dem Team, was schon eine enorm positive Sache ist!“ Ein Jahr später taucht Mathys Tel, nach nur sieben Kurzeinsätzen in der Ligue 1, mit dem Wechsel zum FC Bayern in eine ganz neue Welt ein. 

Mathys Tel

(Photo by Paolo Bruno/Getty Images)

Hört man Trainern zu, die bisher bereits mit dem Youngster gearbeitet haben, wird deutlich, warum die Verantwortlichen des Rekordmeister so überzeugt vom 17-Jährigen sind. „Er hat mich fußballerisch und menschlich positiv überrascht. Mir wurde viel über ihn erzählt, ich wusste, dass ich ihn auch defensiv einsetzen kann. Bei uns war er mit 15 schon Teil der U17, ich setzte ihn offensiver ein, weil seine Qualitäten im Abschluss so enorm waren“, teilte Thomas Berlette, der mit dem Spieler in Montrouge arbeitete, im Scouting-Podcast von RMC im November 2021 mit. 

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Die Karriere des Mathys Tel verlief bisher insgesamt sehr geradlinig. Als jüngster Debütant bei Stade Rennais löste er Eduardo Camavinga (19, mittlerweile Real Madrid) ab, in den Juniorennationalmannschaften Frankreichs etablierte sich der Offensivspieler schnell. 2021 absolvierte er sechs Spiele für die U18 Frankreichs, traf dabei fünfmal. Im Kalenderjahr 2022 spielte der Angreifer für die U17, weil von Mitte Mai bis Anfang Juni die Europameisterschaft auf dem Programm stand. Fünfmal führte Tel das Team als Kapitän auf das Feld, auch bei der U17 traf er insgesamt fünfmal, war einer der dominierenden Spieler im Turnierverlauf und wurde mit seinem Team Europameister. 

Exzellente Anlagen, keine Garantien

Um den Spieler, seine Qualitäten und sein Potenzial noch besser einschätzen zu können, sprachen wir mit Yoann*, unter anderem tätig für Radio Roazhon. Er ist ein Experte, der vor allem die Akademie von Stade Rennais im Blick hat und den Neuzugang des FC Bayern in vielen Spielen und Trainingseinheiten beobachten konnte. „Natürlich ist er noch sehr jung und hat dadurch sehr wenig Erfahrung im Profigeschäft, was gleichzeitig auch die größte Unbekannte an diesem Transfer ist und für ein gewisses Risiko beim FC Bayern sorgt. Aber körperlich ist er für einen Spieler seines Alters sehr weit, das ist ein Mitgrund für seine Dominanz im Spiel mit Gleichaltrigen. Mit dem Rücken zum Tor, im direkten 1vs1-Duell und in Sachen Geschwindigkeit ist er extrem stark. Im letzten Drittel und vor dem Tor macht er viel richtig, ist sehr effektiv. Er kann theoretisch auf allen Positionen im Angriff spielen, aber im Zentrum ist er besonders gut“, lautet die Einschätzung des Experten.

Junge Talente in diesem Alter verfügen selbstverständlich nicht nur über Stärken. An einigen Elementen im Spiel von Mathys Tel muss noch gearbeitet werden, Geduld ist gefragt: „Seine Schwächen liegen, wenn man das so sagen kann, in seiner technischen Finesse, er ist manchmal noch unsauber und in seinem Kopfballspiel. Er könnte seine Größe (1,83m) besser nutzen, mit dem Kopf trifft er nicht häufig.“

Mathys Tel

(Photo by JACK GUEZ/AFP via Getty Images)

Für einen Spieler seiner Altersklasse überwiegen aber die Stärken. „Er ist der dominanteste Spieler der französischen U17-Nationalmannschaft, weswegen zukünftig auch viele Hoffnungen auf ihm ruhen. Ob er sich schnell in der Bundesliga durchsetzen wird, ist schwer zu sagen, aber die Liga entspricht seinem Profil.“ Darüber hinaus sei Mathys Tel nie negativ aufgefallen und hat sich nichts zu Schulden kommen lassen. Etwas, das auch andere Weggefährten wie der bereits erwähnte Thomas Berlette, bestätigen: „Als ich ihn empfing, war meine Mannschaft Zweiter in der U17-Meisterschaft, ich hatte nicht unbedingt Bedarf. Doch er wollte sich beweisen. Eine Woche später sah ich ihn im Training und er wurde vom Rest der Gruppe etwas abwertend behandelt, weil er erst 15 war. Er wollte sich aber verbessern, war voll bei der Sache und am Ende mussten die anderen Jugendlichen sagen, dass er einfach zu zielstrebig war.“

Mathys Tel: Es bleibt eine Wette auf die Zukunft

Diese Zielstrebigkeit kann für den Neuzugang des FC Bayern ein großes Plus sein. Das Niveau im Training wird noch einmal steigen, die Konkurrenz ist größer als bei Stade Rennais. Eine gewisse Anlaufzeit und Toleranz für Konstanzdellen und Rückschläge muss einem Spieler jeden Alters zugestanden werden, einem Nachwuchsspieler noch einmal umso mehr. Deswegen wird es auch nur schwer möglich sein, diesen Transfer innerhalb der nächsten Monate zu bewerten. Ein prominentes Beispiel ist Alphonso Davies (21), der sogar mit mehr Erfahrung auf Profiniveau nach München kam, sich aber zunächst akklimatisieren musste.

Auch der Kanadier hatte bei seiner Ankunft in München Schwächen in seinem Spiel, an denen er aber intensiv arbeitete. Als er diese immer besser kaschieren konnte, kamen die Stärken des Spielers umso besser zum Vorschein und der steile Aufstieg begann. Eine solche Entwicklung erhoffen sich die Verantwortlichen des Rekordmeisters auch bei Mathys Tel. Das nötige Talent dafür bringt er mit, ganz offensichtlich auch das nötige Selbstvertrauen, sich bei einem großen Klub auf Dauer durchsetzen zu können. Wie bei nahezu allen Spielern in diesem Alter bleibt eine Verpflichtung aber auch eine Wette in Richtung Zukunft.

(Photo by SEBASTIEN SALOM-GOMIS/AFP via Getty Images)

*Auf eigenen Wunsch wird der volle Name nicht genannt 

Manuel Behlert

Vom Spitzenfußball bis zum 17-jährigen Nachwuchstalent aus Dänemark: Manu interessiert sich für alle Facetten im Weltfußball. Seit 2017 im 90PLUS-Team. Lässt sich vor allem von sehenswertem Offensivfußball begeistern.


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