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Kommentar | BVB: Richtige Erkenntnis, aber fehlende Konsequenz

30. Dezember 2023 | Spotlight | BY Damian Ozako

Edin Terzic bekommt beim BVB mit Nuri Sahin und Sven Bender zwei sehr prominente Co-Trainer zur Seite gestellt. Eine Entscheidung, die Fragen aufwirft. Ein Kommentar.

Katastrophale Hinrunde des BVB

Jeder, der Borussia Dortmund intensiv über die Hinrunde verfolgt hat, wird wissen, dass der Verein sich sehr glücklich schätzen darf, überhaupt schon 27 Punkte auf dem Konto haben zu dürfen. Auf ganzer Linier hat der BVB in der Bundesliga im Grunde in keinem Spiel überzeugt. Im DFB-Pokal gab es gegen den VfB Stuttgart so gar keine Chance und der Sieg in der Champions-League-Todesgruppe F rettete die Borussia vor einer Totalkatastrophe.

 



Edin Terzic, dem Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke mehrfach eine Jobgarantie aussprach, hat keinerlei Fortschritte erzielen können. Im Gegenteil: Der BVB ist extrem weit davon entfernt, ein Topteam zu sein. Und dennoch entschied man sich in der Führungsetage des Vizemeisters dagegen, die Winterpause für einen Neustart zu nutzen.

Einerseits ist dies nicht wirklich überraschend, da sich Watzke mit der Aussage „Wir gehen die nächsten Jahre den Weg mit Edin Terzic. Punkt, aus!“, ohne Not in eine Sackgasse manövrierte, die es ihm nicht erlaubt, seinen guten Freund zu entlassen, ohne öffentlich eigene Fehler einzugestehen. Andererseits muss man sich schon wundern, dass Sportdirektor Sebastian Kehl in der vereinseigenen Mitteilung quasi das richtige Fazit zog, aber der Verein dann die letzte Konsequenz vermissen ließ. „Wir haben den bisherigen Saisonverlauf intensiv analysiert. Eine unserer gemeinsamen Erkenntnisse war es, im Trainerstab neue Impulse setzen zu wollen“, so der 43-Jährige.

Aber anstelle der absolut verständlich und vermutlich notwendigen Terzic-Entlassung, stoßen mit Nuri Sahin und Sven Bender zwei Ex-BVB-Spieler zum Trainerstab hinzu. Der routinierte Co-Trainer Armin Reutershahn verließ die Schwarzgelben hingegen nach einem Jahr auf eigenen Wunsch. Terzic bleibt, obwohl ihm offensichtlich einige Kompetenzen fehlen, die jetzt mit Neuzugängen aufgefangen werden müssen.

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Sind Sahin und Bender die Lösung?

Die Doppelsechs, die erheblichen Anteil an Dortmunds Meisterschaft 2011 hatte, soll nun für Besserung sorgen. Wie genau das erfolgen soll, bleibt offen. Sahin, der seit Oktober 2021 den türkischen Erstligisten Antalyaspor trainierte und dort einen weitgehend guten Eindruck hinterließ, dürfte taktisch deutlich mehr involviert sein als Bender, der sich bislang bei Deutschlands U16 und U17 als Co-Trainer versuchen durfte.

Werden die beiden Dortmunds Probleme auf Anhieb lösen können? Das ist Stand jetzt noch überhaupt nicht abzusehen, vor allem, weil der Kader nach wie vor ausgebessert werden muss. Bei dem minimalen Budget, dass der BVB – auch dank der Erfüllung von Terzics Wünschen – hat, wird dies schon eine riesige Herausforderung. Fest steht: Das Spiel der Borussia muss komplett runderneuert werden. In allen Bereichen mangelt es an Qualität. Auch – beziehungsweise insbesondere – auf der Trainerbank.

BVB: Sahin und Bender sind zurück

(Photo by Lars Baron/Bongarts/Getty Images)

Beim BVB ist gerade, dank hausgemachter Probleme, richtig viel Druck auf dem Kessel und die Bosse haben sich entschieden, Terzic einerseits zu stärken, aber ihm andererseits auch einen Schattentrainer an die Seite zu stellen, der für mediale Unruhe sorgen wird. Noch hat Sahin keine UEFA Pro Lizenz, darf also gar nicht offiziell Cheftrainer beim BVB werden, aber es ist nur noch eine Frage der Zeit sein, bis er sie hat. Und dann hätte man gleich zwei junge Trainer auf der Bank sitzen, die ganz klar die Ambition haben, Cheftrainer zu sein. Und mit jedem verlorenen Spiel, jedem verlorenen Titel werden neue Diskussionen um Terzic aufgemacht – mit einem potenziellen Nachfolger, der neben ihm sitzt.

Wird Sahin herangeführt, um im Sommer zu übernehmen? Ist er überhaupt bereit, um einen Verein dieser Größenordnung zu trainieren? Warum verlässt Reutershahn den Klub, obwohl er erst vor wenigen Monaten seinen Vertrag verlängerte? Kommen die beiden beliebten Ex-Profis um die Routiniers rund um Marco Reus zufriedenzustellen, die sich von Terzic zuletzt distanzierten? Fragen über Fragen, die in den nächsten Wochen sicherlich zum Thema werden.

BVB: Nach Kehl ist nun auch Terzic angezählt

All dies wurde jetzt schon in Gang gesetzt. Die Diskussionen laufen bereits und werden nicht aufhören. Terzic, dem Watzke die Treue geschworen hat, wird durch diese Maßnahme geschwächt. Warum hält man an einem Trainer fest, der auf die Hilfe von neuen Co-Trainern angewiesen ist, um das Ruder herumzureißen? Jede spielerische Weiterentwicklung, die kommen könnte, würde in der Außenwahrnehmung auf das Konto von Sahin gehen. Die Stimmung im Verein wird besser? Gottseidank ist der beliebte „Manni“ Bender da und hat die Risse innerhalb der Mannschaft kitten können. Und so weiter und so fort. Und Kehl? Der erhält grundsätzlich keine richtige Rückendeckung und musste sich zuletzt auch noch von seinem engsten Vertrauten Slaven Stanic verabschieden. Eine gefestigte Machtposition sieht auch hier deutlich anders aus.

Nach dem Sportdirektor ist jetzt auch noch der Trainer angezählt, bleibt aber im Amt. Borussia Dortmund hat zwei kleine Pflaster auf einen Scherbenhaufen geklebt, um die Eingeständnisse von Fehlern zu vermeiden und einen vermeintlichen Neustart hinzulegen. Ein enormes Risiko. Diese Entscheidung müsste eigentlich definitiv die letzte Patrone der Verantwortlichen rund um Watzke sein, wenn nicht im Hintergrund schon mit Hochdruck an einer nachhaltigen Lösung gearbeitet werden sollte. Aber in Dortmund ticken die Uhren dahingehend nunmal ein wenig anders.

(Photo by Christof Koepsel/Getty Images)

Damian Ozako

Als Kind von Tomas Rosicky verzaubert und von Nelson Haedo Valdez auf den Boden der Tatsachen zurückgebracht worden. Geblieben ist die Leidenschaft für den (offensiven) Fußball. Seit 2018 bei 90PLUS.


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