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Wieso Playoffs die Bundesliga noch uninteressanter machen würden

10. Februar 2022 | Spotlight | BY Florian Weber

Wiedermal entdecken die DFL und erste Vereinsverantwortliche ihre inneren Innovatoren und denken laut über Bundesliga-Playoffs nach. Eine Idee, die verheißungsvoll klingt, der Bundesliga aber ihren Zauber nehmen würde, ohne ihr viel zu geben. Das Produkt wäre ein uninteressanteres. Ein Kommentar.

Donata Hopfen artikulierte die Idee am Sonntag bereits: Playoff-Spiel um die Deutsche Meisterschaft. Die Verheißung ist offenkundig: Die Bundesliga soll ein besseres, ergo spannenderes Produkt werden. Denn genau daran hakt es doch momentan. Die Meisterschaft ist bereits im April entschieden — und der Deutsche Meister heißt immer FC Bayern München.

Donata Hopfen und die DFL-Pläne: Profitmaximierung statt Fußballromantik 

Dass sich nun als erster Klubverantwortliche ausgerechnet Oliver Kahn, der Vorstandsvorsitzende des FC Bayern, also dem Klub, dem der Weg zur Meisterschaft mit dieser Reform erschwert werden würde, wohlwollend über diesen Vorstoß äußert, überrascht. Aber was soll’s. Diejenigen, denen man es am wenigsten zugetraut hätte, zeigen sich grundsätzlich reformbereit. Also, Playoffs einführen und die Bundesliga ist gerettet, oder?

Playoffs als Irrweg für die Bundesliga

So einfach ist es leider nicht, denn die Einführung von Playoffs könnte sich für die Bundesliga als Irrweg erweisen. Dazu ist ein genauer Blick nötig. Zunächst müssen zwei Kritikpunkte auseinandergehalten werden, die gegenwärtig ständig in einem Atemzug genannt werden. Die Bundesliga würde spannender sein, wenn der FC Bayern München nicht jedes Jahr Deutscher Meister werden würde. Das Produkt wäre folglich ein besseres. So oder so ähnlich formuliert wird die Kritik an der Bundesliga gegenwärtig vorgetragen. Das eine, die Serien-Meisterschaften des FC Bayern, bedingt in dieser Argumentation zwangsläufig das andere, die Spannung der Liga. Wenn eins dieser Probleme gelöst wird, löst sich das andere folglich gleich mit auf.



Diese mittlerweile fast axiomatische Annahme ist allerdings nur im herkömmlichen Bundesligaformat richtig. Würde man aber ein Playoff-System einführen, verliert sie seine Gültigkeit. Die beiden Kritikpunkte müssten getrennt voneinander betrachtet werden. Auch wenn die Serien-Meisterschaften des FC Bayern durch Playoffs fraglos gebrochen werden würden, wäre die Bundesliga keine spannendere oder gar interessantere Liga.

Denn ein Playoff-Format würde bedeuten, dass die Meisterschaft sich ausschließlich in wenigen Spielen am Ende der Saison entscheidet. Was im Umkehrschluss bedeutet, dass alle Spiele, die vorher stattfinden würden, radikal entwertet werden. Welche Motivation hätte der FC Bayern München etwa, an den letzten 10 Spieltagen der Saison an seine Leistungsgrenze zu gehen, wenn er nach 24. Spieltagen 20 Punkte Vorsprung auf einen Nicht-Playoffs-Platz hat? Würden sie die Bundesliga-Spiele in dem eh schon völlig überladenen Spielplan nicht dafür nutzen, sich für die anderen Wettbewerbe zu schonen? Werden Robert Lewandowski und Erling Haaland dann rare Erscheinung, die in der Bundesliga nur selten zu bestaunen sind?

Ein warnender Blick in die NBA

Ein Blick in die USA und über den Tellerrand des Fußballs hinaus ist lehrreich. Seit jeher wird der NBA-Champion in guter alter amerikanischer Tradition im Playoff-Format ermittelt. Inklusive spektakulärer Finalspiele. Der Fokus auf die Playoffs hat allerdings zur Folge, dass die Spiele in der regulären Saison uninteressant werden. Jedes Jahr zeichnet sich dort das selbe Bild: Die ersten Spiele der Saison werden von den Fans sehnlich erwartet, die ersten Monate leidenschaftlich verfolgt — die Einschaltquoten sind hoch. Doch wenn die erste Euphorie verflogen ist und das Kräfteverhältnis in groben Zügen zu erkennen ist, sinkt das Interesse der Zuschauer stetig. Erst wenn die Playoffs starten, schwillt die Begeisterung wieder an. Nach Monaten voller gähnender Langeweile.

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Einerseits hängt dies damit zusammen, dass die Stars in der regulären Saison oftmals geschont werden. Giannis Antetokounmpo, Europas bester Basketballer, absolvierte in der vergangenen Saison nur dreiviertel der Spiele; LeBron James, der schillerndste Basketballer der Welt, nur etwas mehr als die Hälfte der Spiele. Klar, auch wegen Verletzungen und nicht nur weil sie geschont wurden verpassten sie so viele Spiele. Fakt ist aber: Stars werden häufiger geschont, wenn die reguläre Saison weniger wert ist. Und andererseits ist die reguläre Saison weniger ansehnlich, weil die Intensität der Spiele manchmal eher an ein canabisumnachtetes Freiplatzwerfen am Venice Beach erinnert als an die beste Basketball Liga der Welt. Gefahren, die auch der Bundesliga drohen würden.

Der Wert des unaufgeregten Zaubers

Mit all diesen möglichen Kollateralschäden im Kopf: Ist bei all den Schwächen der Bundesliga nicht eine ihrer größten Stärken, dass jedes Spiel — vom ersten bis zum 34. Spieltag — gleich viel Wert ist? Und sie genau deswegen einen unaufgeregten Zauber in einer höhepunktsüchtigen Zeit versprüht. Als ein Begleiter für alle Fans — und zwar über das gesamte Jahr hinweg.

Schlussendlich muss sich jeder folgenden Frage beantworten: Wollen wir wirklich 34. gleichwertige Spieltage gegen wenige Wochen Spektakel eintauschen? Zumal dieses Spektakel in eine Zeit fallen würde, in der es dem Fußball nicht an Höhepunkten, Spektakel und Entscheidungsspielen fehlt. Denn genau in diese Zeit, am Ende jeder Saison, finden das DFB-Pokalfinale und das Champions-League-Finale bereits statt.

(Photo by Stuart Franklin/Getty Images)


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