Spotlight

Sebastian Rudy | Schalke oder Leipzig – wohin führt der Weg?

22. August 2018 | Spotlight | BY Manuel Behlert

Mittelfeldspieler Sebastian Rudy darf den FC Bayern München in diesem Sommer verlassen, wenn einer der interessierten Vereine die entsprechende Ablösesumme für den Nationalspieler hinlegt. Das hat nicht zuletzt Cheftrainer Niko Kovac bestätigt. Zurzeit buhlen der FC Schalke 04 und RB Leipzig um Rudy, beide Vereine haben einige gute Argumente auf ihrer Seite. Bis zum 31. August muss eine Entscheidung fallen – der Poker läuft auf Hochtouren. 

 

Ausgangslage und neueste Entwicklungen

Sebastian Rudy will vor allem deswegen einen Vereinswechsel vornehmen, weil er befürchtet, dass er in München nicht mehr genügend Einsatzzeiten bekommen wird. Das Mittelfeldzentrum ist gut gefüllt, der 28-jährige musste schon in der Rückrunde der vergangenen Saison häufiger zusehen, auch wenn er am Ende der Saison 37 Pflichtspieleinsätze vorzuweisen hatte. Das Jahr in München war also keinesfalls „verloren“, die persönliche Perspektive ist bei anderen Klubs schlichtweg besser.

(Photo by Adam Pretty/Bongarts/Getty Images)

Dass sich Schalke-Trainer Domenico Tedesco mit Rudy getroffen hat um ihn von einem Wechsel zu den „Königsblauen“ zu überzeugen ist bestätigt, eine Entscheidung ist aber mitnichten gefallen, denn Rudy hat sich dem Vernehmen nach auch in Leipzig umgesehen, das Trainingsgelände besichtigt. Die „SportBild“ berichtet zudem in ihrer aktuellen Mittwochsausgabe, dass Julian Nagelsmann, der Rudy sehr gut kennt und 2019 der neue Trainer von RB wird, eine entscheidende Rolle spielt und den Mittelfeldspieler bereits bearbeitet.

 

Schalke 04 – Führungsspieler und Champions League

Im Mittelfeldzentrum hat sich beim FC Schalke 04 einiges getan in diesem Sommer. Leon Goretzka und Max Meyer verließen den Verein, Suat Serdar und Omar Mascarell wurden verpflichtet, komplettieren nun das Mittelfeldquartett mit Weston McKennie und Nabil Bentaleb. Die Aufteilung ist klar: Mascarell ist ein eher klassischer 6er-Typ, der zweikampfstark und souverän im Aufbau ist, Serdar ein technisch versierter, passstarker 8er, McKennie ein flexibel (sogar in der Dreierkette) einsetzbarer Allrounder mit einem immensen Potenzial und Bentaleb ist ein dynamischer Antreiber, der das hohe Level, das er potenziell erreichen kann, leider zu selten abruft.

(Photo by Christof Koepsel/Bongarts/Getty Images)

Rudy gilt gemeinhin als strategischer Spieler vor der Abwehr, der das Tempo bestimmen und variieren kann. Insbesondere in Hoffenheim hat er nachgewiesen, dass er auch vor einer Dreierkette, die der FC Schalke 04 ebenfalls spielt, eine elementare Rolle einnehmen kann. Bei den „Königsblauen“ hat er die Chance in einem verhältnismäßig jungen Mittelfeldzentrum zum Führungsspieler zu avancieren, mit seiner internationalen Erfahrung dafür zu sorgen, dass gerade McKennie und Serdar einen Anhaltspunkt haben, einen Spieler, der sie führt. Die Stammplatzchancen sind gut, gerade zu Beginn der Saison in der Akklimatisierungsphase. Denn durch die Verletzung von Stambouli ist es durchaus denkbar, dass McKennie punktuell zumindest als Backup für die Dreierkette fungieren muss, auch wenn der junge Wiemann diese Rolle ebenfalls einnehmen kann.

Für Schalke spricht, dass der Klub in der kommenden Saison in der Champions League spielt, auch wenn die Perspektiven in den nächsten Jahren bei RB Leipzig sicher nicht schlechter sein dürften. Domenico Tedesco spielt ebenfalls eine entscheidende Rolle, das Gespräch mit Sebastian Rudy muss sehr positiv verlaufen sein. Auf der Gegenseite baggern Rangnick und Nagelsmann intensiv um Rudy, aber wer Tedesco in seinem Premierenjahr auf Schalke verfolgt hat, der weiß, dass der junge Trainer mit einem entsprechenden Plan zum Gespräch mit Rudy angereist ist und alles dafür getan hat um ihn von einem Wechsel zu überzeugen.

 

RB Leipzig: Hohe Ziele und Julian Nagelsmann

Dass RB Leipzig für Sebastian Rudy bereit ist die eigens festgelegte Transferstrategie hinsichtlich der Verpflichtung von „älteren“ Spielern ad acta zu legen, zeigt die Wertschätzung des Klubs für den Nationalspieler. Nach dem Abgang von Naby Keita zum FC Liverpool wurde bislang noch kein neuer Spieler für das Mittelfeldzentrum verpflichtet, hier fehlt es bei RBL definitiv noch an Qualität, gerade weil Kevin Kampl häufiger auch in einer offensiveren Rolle eingesetzt wird. Ralf Rangnick sprach zunächst davon, dass ein Transfer der Größenordnung Rudy schwer zu realisieren sei, allerdings war zu diesem Zeitpunkt auch noch der Poker um Ademola Lookman in vollem Gange. Mittlerweile scheinen die Forderungen des FC Everton zu hoch zu sein, Leipzig ist in der Lage sich auf Rudy zu konzentrieren und – ebenso wie Schalke 04 – die Ablösesumme, die sich der FC Bayern vorstellt, zu zahlen.

(Photo by Karina Hessland-Wissel/Bongarts/Getty Images)

Der Sommer verlief für RB Leipzig grundsätzlich nicht ganz einfach. Der Pflichtspielstart war enorm früh, die Trainerentscheidung fiel verhältnismäßig spät, der Kader ist noch nicht optimal zusammengestellt, gerade weil die Wunschkandidaten (wie Lookman) zu teuer waren. Da Ralf Rangnick das Traineramt nur für ein Jahr bekleidet, ist man geneigt, die Saison 2018/19 als Übergangsjahr zu bezeichnen, auch wenn man große Ziele hat, Nagelsmann die bestmögliche Mannschaft übergeben will. Für Sebastian Rudy sollte das aber nicht zwangsläufig ausschlaggebend sein, in Leipzig schlummert eine Menge Potenzial, die finanziellen Möglichkeiten sind vorhanden, der Abstand auf die europäische Spitze soll sukzessive verringert werden.

Dass der 28-jährige gerne wieder mit Julian Nagelsmann zusammenarbeiten würde, dürfte klar sein. Rudy weiß zudem, was Nagelsmann von ihm erwartet, wie er ihn einsetzen kann und welche taktischen Fortschritte eine Mannschaft unter seiner Führung vorweisen kann. Die Stammplatzchancen sind auch hier vorhanden, zusammen mit Demme, Kampl oder Laimer könnten verschiedene Varianten der Aufgabenverteilung im Mittelfeldzentrum gespielt werden, auch bei RBL ist eine Dreierkette zumindest eine Alternative.

 

Fazit und Ausblick

Zwei Vereine aus dem oberen Regal der Bundesliga buhlen um Sebastian Rudy. Bei beiden Vereinen sind die Stammplatzchancen existent, beide Vereine können ein ähnlich gutes Gehalt bezahlen, beide Vereine verfügen über eine talentierte Mannschaft mit einem talentierten Trainer, der den Spieler unbedingt haben will, die eine sofort, die andere ab 2019. Schalke kann sofort die Champions League bieten, Leipzig hat mittelfristig aber mindestens die gleiche Perspektive, seinen Platz in der Nationalmannschaft verliert er bei entsprechenden Leistungen ohnehin nicht. Weil ein Wechsel sowohl zu Schalke 04 als auch zu RB Leipzig aufgrund dieser Vorzeichen eine logische Wahl wäre, dauert der Entscheidungsprozess auch so lange. Tedesco und Nagelsmann können sehr überzeugend sein, Rudy dürfte sich auch deswegen Zeit lassen wollen.

Im Endeffekt werden Nuancen entscheidend sein. Minimale Unterschiede beim Jahresgehalt sind dabei eher nicht gemeint, sondern primär die sportliche Ausrichtung der beiden Klubs. Welches Konzept gefällt Rudy mehr? Will er den Weg mit dem „altbekannten“ Trainer Nagelsmann gehen oder etwas Neues unter Tedesco versuchen? Diese Fragen muss Sebastian Rudy allen voran für sich selbst beantworten. Der FC Bayern wird dem Spieler keine Steine in den Weg legen, sofern eine akzeptable zweistellige Millionensumme geboten wird. Es ist gut denkbar, dass mit Vertretern beider Klubs noch einmal ein finales, entscheidendes Gespräch ansteht. Wohin das Pendel im Endeffekt ausschlagen wird, bleibt abzuwarten – eine lukrative nächste Station wird der 28-jährige definitiv wählen.

 

Manuel Behlert

Vom Spitzenfußball bis zum 17-jährigen Nachwuchstalent aus Dänemark: Manu interessiert sich für alle Facetten im Weltfußball. Seit 2017 im 90PLUS-Team. Lässt sich vor allem von sehenswertem Offensivfußball begeistern.


Ähnliche Artikel