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Slot, Boadu und Co. | Wie Alkmaar zum Ajax-Konkurrenten Nummer eins wurde

19. November 2019 | Spotlight | BY Kilian Thullen

Spotlight | In den letzten Jahren machten, mit Ausnahme der Saison 16/17, in der Feyenoord Rotterdam den Titel gewann, die PSV Eindhoven und Ajax Amsterdam die Meisterschaft unter sich aus. Diese Dominanz könnte in dieser Saison von AZ Alkmaar durchbrochen werden, der mit dem neuen Trainer Arne Slot eine bislang sehr starke Saison spielt.

Neuer Trainer, neues System

AZ Alkmaar gehört seit jeher schon zu den stärkeren Klubs der Eredivisie. Seit der Meistersaison 08/09 konnte man jedoch nicht mehr unter den ersten beiden Plätzen abschließen. Auch unter John van den Brom, der von September 2014 bis vor dieser Saison die Geschicke von der Trainerbank aus leitete, zeigte die Mannschaft zwar konstante Leistungen, es reichte jedoch nie für den großen Wurf. In dieser Saison könnte sich das ändern, denn die Mannschaft hat ein neues Gesicht bekommen.

(Photo by John Thys/AFP/Getty Images)

Allen voran ist Arne Slot (41) zu nennen, der unter van den Brom zwei Jahre als Co-Trainer arbeitete und zu Saisonbeginn zum Cheftrainer der Niederländer befördert wurde. Dieser Schachzug entpuppte sich als Geniestreich, denn unter Slot zeigt die Mannschaft eine Dominanz und ein Selbstvertrauen, das einigen Kritikern unter dem vorherigen Coach gefehlt hat. Diese Attribute schlagen sich auch in positiven Ergebnissen nieder: In der Liga steht man mit sechs Punkten Abstand vor der PSV auf dem zweiten Rang und auch in der Europa League ist man aktuell auf Zwischenrunden-Kurs, sollte man die letzten beiden Spiele nicht beide verlieren. In der aktuellen Form wäre das jedoch eine große Überraschung. Die letzten fünf Spiele vor der Länderspielpause wurden allesamt deutlich gewonnen (21:0 Tore in diesen Partien) und das keineswegs gegen schwache Gegner. Der Höhepunkt der laufenden Saison war freilich der 4:0-Auswärtssieg in Eindhoven, bei dem die Gäste in allen Belangen überlegen waren und den Vorjahreszweiten phasenweise vorführte. Doch wie ist das möglich, mit einem Kader, der keinen einzigen gestandenen Top-Spieler aufweist?

Geduldiger Ballbesitzfußball als Schlüssel

Arne Slot ist es gelungen, ein Spielsystem zu installieren, das den Stärken des Kaders zugute kommt. Aus einer 4-3-3-Grundordnung heraus lässt er einen Ballbesitzfußball (im Schnitt 59,6% Ballbesitz) spielen, der vor allem in der ersten Aufbauphase sehr geduldig vorgetragen wird. Grundlage dafür ist die konsequente Besetzung, und zeitweise sogar Überladung, des Sechserraums, der sichere und saubere Kombinationsmöglichkeiten bietet. Vor allem Teun Koopmeiners (21) beweist in diesen Situation immer wieder eine starke Übersicht und ein gutes Gespür für die korrekte Besetzung von Räumen. Häufig ist es auch er, der die Angriffe durch scharfe Tiefenpässe oder aggressive Vorwärtsdribblings initiiert und einen Spieler aus dem Offensivtrio in Szene setzt. Besonders interessant ist dabei die Rolle von Calvin Stengs (20), der als nomineller Rechtsaußen agiert, sich aber häufig in den Zehnerraum fallen lässt, der aufgrund der oben angesprochenen Überladungen gelegentlich unbesetzt ist. Sturmtalent Myron Boadu (18) schafft es dabei immer wieder durch Läufe entlang der Abwehrkette des Gegners, diese Positionsrochaden auszugleichen, während Linksaußen Oussama Idrissi (23) für Breite sorgt.

(Photo by Andrej Isakovic/AFP)

Boadu und Stengs im Blickfeld der Top-Klubs

Mittelstürmer Myron Boadu steht aktuell im Zentrum des Hypes rund um AZ Alkmaar. Grund dafür ist zum einen sein junges Alter (18), zum anderen jedoch sein enormes Selbstvertrauen und seine Qualitäten, die er bereits zu Genüge unter Beweis gestellt hat. Boadu hat in 22 Pflichtspielen bereits 24 Torbeteiligungen (14 Tore, zehn Vorlagen) vorzuweisen und wurde bereits für die niederländische Nationalmannschaft nominiert, konnte sein Debüt jedoch noch nicht feiern. Eben so geht es auch Calvin Stengs, dessen erster Einsatz für die Elftal auch bevorstehen könnte, nachdem auch er für die beiden Partien in der Länderspielpause nominiert wurde.

Wenn die guten Leistungen anhalten, wird es für die Verantwortlichen bei Alkmaar enorm schwer, die beiden Talente langfristig zu binden. Das Gleiche gilt für Arne Slot, der bereits mit Ajax Amsterdam in Verbindung gebracht wird, sollte Erik ten Hag den Verein im Sommer wirklich verlassen. Sollten diese Szenarien eintreten, könnte das „Märchen AZ Alkmaar“ vorbei sein, bevor es richtig begonnen hat. Gelingt es jedoch die Akteure noch eine Weile zu halten, kann man zweifellos davon ausgehen, dass sich Alkmaar unter den Top 3 festsetzen wird.

Kilian Thullen

(Photo by Thomas Johansson/AFP/Getty Images)

Kilian Thullen

Bosz, Rose & Co. im Herzen, die Bundesliga im Blick. Seinen Durst nach Gegenpressing und dynamischem Offensivspiel stillt Kilian vor allem in Deutschland. Seit 2018 bei 90PLUS.


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