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Stark-Aus im Sommer: Hertha bricht mit dem Status quo

5. April 2022 | Trending | BY Marc Schwitzky

Spotlight | Es ist offiziell: Niklas Stark wird Hertha BSC im Sommer verlassen. Der Verein hat sich gegen ein weiteres Vertragsangebot entschieden, sodass sich die Wege nach sieben gemeinsamen Jahren trennen werden. Mit Stark verlässt Hertha ein Gesicht, das gute wie schlechte Zeiten verkörpert. Die Trennung ist letztendlich wohl alternativlos. 

Fredi Bobic (50) hat es nun öffentlich bestätigt: Niklas Stark (26) wird seinen auslaufenden Vertrag bei Hertha BSC nicht verlängern, im Sommer trennen sich die Wege. Sieben Jahre ist Stark Teil der „alten Dame“ gewesen – eine Ära, die – sollte er noch sämtliche ausstehende Ligaspiele bestreiten – mit 200 Einsätzen für Blau-Weiß beendet wird. Und doch scheint der Abgang Starks nicht so sehr mit Wehmut verfolgt zu werden wie es bei ähnlich verdienten Spielern meist der Fall ist. Woran liegt das? Dafür muss in die sieben gemeinsamen Saisons geblickt werden.

Stark kam als großes Versprechen zu Hertha

Es ist der 11. März 2016. Hertha BSC trifft am 26. Spieltag der Saison 2015/16 auf den FC Schalke 04 – Platz drei gegen Platz fünf. Allein dieser Umstand zeigt bereits: Es ist eine andere Zeit. Vereine, die im Jahr 2022 in der Krise stecken, konkurrieren damals um Europa. Hertha gewinnt das Spiel letztendlich mit 2:0, die Tore kommen von Vedad Ibisevic und – per Kopfball nach einer Ecke von Vladimir Darida – Niklas Stark. Nach dem Spiel küsst Trainer Pal Dardai seinem Schützling freudig den siegbringenden Schädel. Stark ist damals gerade einmal 20 Jahre alt, im Sommer 2015 wechselt er für drei Millionen Euro vom 1. FC Nürnberg zum Hauptstadtverein.

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(Photo credit should read ODD ANDERSEN/AFP via Getty Images)

Stark kommt als großes Versprechen für die Zukunft nach Berlin. In Nürnberg gilt er jahrelang als größtes Talent im Verein – als er nach Berlin wechselt, hat er bereits knapp 50 Einsätze in Liga eins und zwei absolviert. Als der „Club“ absteigt, entscheidet sich Stark für den Wechsel an die Spree. Zusammen mit John Anthony Brooks soll der deutsche U-Nationalspieler die Berliner Innenverteidigung der Zukunft bilden, doch bereits in seiner ersten Saison gehört er zur erweiterten Stammelf. Trainer Pal Dardai (46) hält große Stücke auf ihn. Der Ungar zeigt generell ein gutes Händchen für Talent: Marvin Plattenhardt, Mitchell Weiser, Brooks und Stark blühen allesamt unter ihm auf.

Ohnehin gehört Hertha zu jener Zeit zu den Überraschungsmannschaften. Ein Jahr zuvor hielt die „alte Dame“ mit – damals noch Interimslösung – Dardai knapp die Klasse. In der darauffolgenden Spielzeit – Starks erster in Berlin – werden die Blau-Weißen tatsächlich Tabellensiebter. 2016/17 beendet Hertha die Saison sogar auf Rang sechs. Erneut konnte der spielerisch oftmals wenig attraktive, aber sehr disziplinierte und clevere Dardai-Fußball die Bundesliga austricksen. Erneut war Niklas Stark – dieses Mal mit 27 Einsätzen – als Leistungsträger mittendrin.

Stark verpasst den nächsten Sprung

Stark gilt 2017 als eines der größten Innenverteidiger-Talent des Landes. Nach seinem verheißungsvollen Start bei Ausbildungsverein Nürnberg scheint ihm der Sprung in die große Stadt und Bundesliga vollends geglückt zu sein. Im Sommer 2017 gewinnt Stark mit der deutschen U21-Nationalmannschaft sogar die Europameisterschaft in Polen. Wie für so einen jungen Spieler üblich schleichen sich auch bei Stark immer wieder schwache Spiele ein, grundsätzlich weist er dennoch eine bereits bemerkenswerte Konstanz auf. Auch seine menschliche Reife fällt auf. Mit jungen Jahren wirkt Starks Charakter bereits so gefestigt und seine Eloquenz so ausgereift, dass die Vergleich mit einem gewissen Mats Hummels nicht weit hergeholt scheinen.

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(Photo credit should read PIOTR NOWAK/AFP via Getty Images)

Es scheint eine Frage der Zeit zu sein, bis Stark Hertha nur noch als Übergangsstation betrachtet und zu einem größeren Verein weiterzieht. Daran ändert auch seine Vertragsverlängerung im Februar 2017 nicht viel – sie wird als Weg des Vereins verstanden, Starks Entwicklung finanziell zu entlohnen und bei einem Verkauf noch größere Summen aufrufen zu können. Doch Stark bleibt erst einmal in Berlin. Womöglich, weil er sich zu diesem Zeitpunkt keinen besseren Lehrmeister als Förderer Dardai vorstellen kann. Womöglich auch, weil er glaubt, dass sich Hertha in demselben Tempo entwickeln kann. Immerhin hat sich der Hauptstadtverein zweimal hintereinander für Europa qualifiziert, auch wenn die internationalen Ausflüge wenig erfolgreich sind. Gemeinsam will man den nächsten Schritt gehen.

Doch dieser bleibt aus. In der Saison 2017/18 fällt Hertha auf einen etwas enttäuschenden zehnten Tabellenplatz zurück, der Mannschaft fehlt es in diesem Jahr an Konstanz. Auch Stark kann sich in dieser Spielzeit nicht sonderlich profilieren. Dardai setzt selbstverständlich auf ihn, 26 Ligaspiele hat der Abwehrspieler am Ende auf dem Konto, groß von sich reden macht Stark aber nicht. Solche Spielzeiten gibt es für jeden Fußballer – ein Jahr, in dem es weder signifikant vorangeht noch einen wirklichen Einbruch gibt. Diese Spielzeiten wurden bei Stark jedoch eher zur Regel als zur Ausnahme. Auch in der darauffolgenden Saison stagnieren wie Verein wie Spieler, 2018/19 kommen Hertha und Stark nicht vom Fleck. Die Berliner werden Tabellenelfter, für Stark ist es ein weiteres recht ereignisloses Jahr ohne große Entwicklungssprünge. Viel eher muss er sich mit mehreren kleineren Verletzungen und daraus resultierenden Formschwankungen herumschlagen. In dieser Zeit gerät der Defensivspezialist langsam aus dem Fokus.

Am Ende der Saison trennt sich Hertha von Trainer Dardai – man will einen neuen Impuls setzen und die eingeschlichene Stagnation wieder aufbrechen. Dardai weg, Stark bleibt.

Unter Klinsmann kommt der tiefe Fall

Stark, im Sommer mit 24 Jahren an einem entscheidenden Punkt seiner Karriere angekommen, geht als neuer Vizekapitän in die Saison 19/20 – eine Funktion mit viel Verantwortung, da bereits klar ist, dass Kapitän Vedad Ibisevic längst nicht alle Spiele von Anfang an machen würde, sodass seine Vertretung oftmals als Spielführer in die Partie gehen wird. Es war die Saison, in der sich Stark „endgültig“ in seiner Güteklasse einfinden soll – ein Spieler der Bundesliga-Mittelklasse oder doch ein Mann für größere Aufgaben?

Stark startet allerdings wie die gesamte Hertha-Mannschaft möglichst unglücklich in die Saison: Nach dem 2:2-Auswärtserfolg beim FC Bayern München folgten drei Niederlagen, besonders beim 0:3 auf Schalke sieht Herthas Defensive amateurhaft aus. Ein katastrophaler Saisonstart, der die Blau-Weißen sofort unter Druck setzt und Stark in ein tiefes Leistungsloch fallen lässt. Zwar steht Stark in den meisten Hinrundenpartien als Startelfspieler auf dem Platz, zufriedenstellende Darbietungen zeigt der Innenverteidiger allerdings selten. Er wird immer mehr zu einem Schatten seiner selbst.

(Photo by Matthias Hangst/Getty Images)

Zwar beginnt der Vizekapitän die Rückrunde als Stammspieler, Verletzungen und eine Gelbsperre lassen ihn aber zahlreiche Spiele verpassen. Auch seine Leistungen sind erneut ein Spiegelbild der Teamverfassung. Es ist die chaotische Phase, in der Jürgen Klinsmann (57) urplötzlich hinschmeißt und Alexander Nouri (42) eine zutiefst verunsicherte Mannschaft übernimmt, welche er nicht stabilisieren kann – Hertha verliert 1:3 gegen Mainz, gewinnt holprig 2:1 gegen Paderborn und geht mit 0:5 gegen Köln unter – Stark dabei stets im Epizentrum der höchst wackeligen Abwehr, der er keinerlei Stabilität verleihen kann. Nach dem Re-Start der Bundesliga spielt sich unter Neu-Coach Bruno Labbadia (56) das Duo aus Jordan Torunarigha (24) und Dedryck Boyata (31) fest, für Stark – der in dieser Zeit gleich zweimal in 14-tägige Quarantäne muss – ist kein Platz mehr.

Es ist eine mehr als nur durchwachsene Saison für Stark, der maximal unglücklich in diese gestartet ist, große Probleme unter Klinsmann hat, zwischenzeitlich in den Medien mit einem Vereinswechsel kokettiert und nach der langen Zeit abseits des Mannschaftstraining kein Vorbeikommen an Torunarigha und Boyata sieht. Am Ende gibt es mit der fruchtbaren Zusammenarbeit mit Trainer Labbadia, der ihn sichtlich schätzt und aufbauen will, zumindest einen Silberstreif am Horizont.

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Unter Dardai noch einmal in Hochform

Saison 2020/21. Hertha will die europäischen Plätze angreifen, Stark den nächsten Schritt in seiner Karriere machen und sich weiter in der deutschen Nationalmannschaft etablieren – schließlich würde eine Europameisterschaft im Sommer 2021 anstehen. Doch wie schon 2019/20 kommt alles anders bzw. schlechter. In seinem Amt als Vizekapitän bestätigt, wird Stark von Labbadia beinahe die gesamte erste Halbserie auf der „Sechs“ eingesetzt. Elf der 13 ersten Bundesliga-Partien bestreitet der gelernte Innenverteidiger vor und nicht in der Abwehr. Stark auf der Sechs spielen zu lassen, hat allerdings den positiven Nebeneffekt, dass er nach seiner grausigen Vorsaison vorsichtig wieder an das Spiel gewöhnt wird. Als Mittelfeldspieler konnte er all die Defensivaufgaben eines Innenverteidigers mimen, ohne aber das Risiko des „letzten Mannes“.

Davon profitiert Pal Dardai nach dem Trainerwechsel. Stark hat schon in den letzten Spielen Labbadias wieder als Teil der Abwehrreihe fungiert – Dardai macht keine Anstalten, daran etwas zu ändern. Der Ungar kennt Stark exzellent und vertraue ihm bedenkenlos, als er ihn zum festen Bestandteil der neuen Achse machte. Dardai setzt ab dessen viertem Spiel gegen RB Leipzig auf eine Dreierkette mit überraschender Besetzung: Stark, Marton Dardai (20) und Lukas Klünter (25). Die drei Defensivspieler ergänzen sich hervorragend. Dardai ist vor allem für die Spieleröffnung zuständig, der so schnelle Klünter für die Laufduelle, sodass sich Stark voll und ganz auf seine Kerngebiete konzentrieren kann. Als eine Art Schlachtturm ist Stark vor allem für direkte Zweikämpfe, Luftduelle und Blocks verantwortlich. Er soll immer einen Fuß oder Kopf in den Offensivaktionen des Gegners haben, stets nahe am Gegenmann sein.

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(Photo by JOHN MACDOUGALL/POOL/AFP via Getty Images)

In diese Rolle wächst Stark mit jedem Spiel besser hinein. Es ist bemerkenswerte Entwicklung bei ihm zu beobachten. Der 26-Jährige ist im letzten Saisondrittel endlich wieder der Rückhalt, den man so lange vermisst hat. Darüber hinaus ist auch eine menschliche Weiterentwicklung zu erkennen. Früher oftmals im Chaos mit untergegangen, agiert Stark unter Dardai tatsächlich als klarer Führungsspieler. Er wird seinem Amt als Kapitän erstmals vollends gerecht, indem er auf dem Feld dirigiert, Mitspieler wachrüttelt, motiviert und empathische Interviews gibt. Stark wurde eine echte Persönlichkeit auf dem Platz. Diese enorme Leistungssteigerung und das Hineinwachsen in die Führungsrolle ließen darauf hoffen, dass Stark nun einen wichtigen Entwicklungsschritt seiner Karriere vollbracht hat – ein Trugschluss.

Stark liefert auch in der laufenden Saison zu wenig Argumente

Die Erzählung ist in der laufenden Saison angekommen. 2021/22 soll Stark Teil der neuen Achse sein, die vom im Sommer angetretenen Fredi Bobic zusammengestellt wurde. Trainer Dardai setzt weiterhin auf den Innenverteidiger, in den 13 Ligapartien, in denen der Ungar vor seinem Rauswurf Trainer gewesen ist, steht Stark in zwölf (ein Spiel verpasst er verletzt) über die volle Distanz auf dem Feld – fünfmal als Kapitän. Doch in den holprigen Wochen, die das Aus von Dardai bedeuten sollten, zeichnet sich ein bereits bekanntes Bild ab: Stark lässt sich vom Chaos anstecken, schwimmt vielmehr darin mit, als eine Stütze für andere zu sein. Er ist wohl selten bis nie der schlechteste Spieler auf dem Feld, Niederlagen sind kaum an ihm festzumachen,

Dieses Narrativ spinnt sich auch unter Dardai-Nachfolger Tayfun Korkut (48) weiter. Auch unter dem neuen Übungsleiter geht ebenfalls Hertha mehrmals unter – Stark ist mittendrin. Der ihm zugedachten Rolle wird der vermeintliche Führungsspieler nicht gerecht, es fehlt an Widerstandsfähigkeit und Klarheit im eigenen Spiel. So erklärt sich auch, weshalb die Vertragsgespräche zwischen Spieler und Verein in der Saison zwar immer wieder geführt, aber lange zu keinem Abschluss gebracht werden – trotz eines im Sommer auslaufenden Arbeitspapiers. Immer wieder ist zu lesen, dass beide Parteien die gegenseitige Entwicklung abwarten wollen, bevor eine Entscheidung getroffen wird. Es spricht wohl Bände, wenn trotz sechs gemeinsamer Jahre solch ein unsicheres Hin und Her herrscht, großes Vertrauen schienen Stark und Hertha jedenfalls nicht in den jeweils anderen zu haben.

Stark ist Gesicht der letzten Hertha-Jahre

Und dann kommt es zum 1. April 2022, an dem Bobic verkündet, dass sich die Wege im Sommer trennen werden. Die Aussagen werden auf der Pressekonferenz vor dem Spiel gegen Bayer Leverkusen (1:2) getätigt, sie haben etwas beiläufiges. Nachfragen der Journalist:innen bleiben aus, ein großes Beben auf Social Media o.ä. ebenfalls. Es hat etwas skurriles, wenn der Abgang eines Spielers nach sieben Jahren und 200 Pflichtspieleinsätzen kaum Echo erzeugt. Es haben zeitlich kürzere Engagements von Spielern gereicht, um bei den Vereinsfans als Legende zu gelten. Bei Stark, der bereits Ex-Herthaner wie Marcelinho (46), Vedad Ibisevic (37) oder Patrick Ebert (35) an Einsätzen über- und mit zwei weiteren Partien Andreas „Zecke“ Neuendorf eingeholt hat, wird das wohl nicht der Fall sein.

Vermutlich weil Stark den richtigen Zeitpunkt für einen Abschied verpasst hat. Der bald 27-Jährige steht wie kaum ein anderer für die so dramatische Entwicklung Herthas. Als er 2015 nach Berlin kommt, riecht es nach Aufschwung – Dardai und seine Jungs ärgern die Liga, kommen nach Europa und legen die Basis für größeres. Doch dann die bleierne Stagnation und mit ihr eine erneute Tristesse, die den Verein umgibt. 2019 soll mit Investor Lars Windhorst (45) eine historische Chance folgen, die jedoch ebenso geschichtsträchtig in den Sand gesetzt wird – Hertha wird von der neuen Erwartungshaltung erdrückt und befindet sich seit fast drei Jahren in einer Dauerkrise. Stark – als vielversprechendes Talent gekommen, auf sich aufmerksam gemacht, dann aber in der Entwicklung stehen geblieben –  ist, ähnlich wie ein Marvin Plattenhardt (30) oder Davie Selke (27) das Gesicht von all dem.

(Photo by Alexander Hassenstein/Getty Images)

Er ist das Gesicht des Verfalls der „alten Dame“ geworden, das Gesicht der Komfortzone, in der sich so viele Berliner Spieler immer noch befinden. Er ist auch das Gesicht des gescheiterten Umbruchs im Jahr 2020, als sich Hertha von der Führungsachse aus Ibisevic, Per Skjelbred (34) Salomon Kalou (36) und Thomas Kraft (33) trennte. Spieler wie Stark, zuvor in der zweiten Reihe, sollten daraufhin in der Führungshierarchie aufsteigen, konnten jene Lücke jedoch keineswegs ausfüllen und so wurde ein Führungsvakuum geschaffen, an dem die Mannschaft bis heute zu knabbern hat – und Stark eben auch. Dardai, Covic, Klinsmann, Nouri, Labbadia, wieder Dardai, Korkut, nun Felix Magath (68); Aufschwung, Europa, Stagnation, Krise – Stark hat all das miterlebt, all diese Ereignisse heften an ihm wie Gewichte und lassen ihn somit nicht mehr unbeschwert agieren. Hertha und Stark haben sich einander aufgebraucht.

Das unvermeidbare Ende

Laut Bobic habe man über das Jahr viele Gespräche geführt, aber es liefe darauf hinaus, dass Stark keinen neuen Kontrakt in Berlin unterzeichnet. Es hätten auch „wirtschaftliche Fragen“ eine Rolle gespielt: „Da muss man sich auch mit auseinandersetzen, dass es auch schwierig war, ihm vielleicht ein adäquates Angebot für eine Verlängerung zu machen.“ Klartext: Stark wird 27 Jahre alt, ist somit im besten Fußballeralter und will folgerichtig den besten Vertrag seiner Karriere unterschreiben. Er gehört allerdings bereits zu den besser verdienenden im Hertha-Kader, eine Gehaltserhöhung verbietet sich nahezu – zum einen, weil Stark eben nicht in die Führungsrolle hineingewachsen ist, die Hertha für ihn vorgesehen hat, zum anderen aufgrund der Corona-bedingten wirtschaftlichen Situation des Vereins.

Vermutlich hätten Stark und Hertha, wäre der Vertrag noch für mehrere Jahre gültig, weiter zusammen existieren können. Mit dem auslaufenden Arbeitspapier ist jedoch klar gewesen, dass eine Entscheidung für die Zukunft getroffen werden muss. In diesem Denkprozess wird beiden Parteien klar geworden sein, dass das Verhältnis zuletzt von jeweils unerfüllten Erwartungen geprägt gewesen ist. Hertha ist nicht zu dem Verein geworden, den sich Stark für seine Ambitionen gewünscht hat und Stark nicht zu dem Führungsspieler, den Hertha so dringend braucht. Eine Trennung scheint somit das beste für beide Seiten zu sein.

Zwar würde die Bewertung der Kaderplanung von Bobic ein ganz anderes Fass öffnen, doch nüchtern lässt sich festhalten, dass der Geschäftsführer Sport mit dem Status quo bricht. Spieler, in den letzten Jahren für Vermodern des Berliner Kaders standen und stehen, werden nach und nach aussortiert. Im Sommer könnte es neben Stark auch Spieler wie Selke oder Plattenhardt treffen, die für ihr üppiges Gehalt zu wenig zeigen und somit durchaus konträr zum Leistungsprinzip stehen. Im Falle von Stark hat Hertha sich nun für einen Neuanfang entschieden: Mit Eigengewächs Linus Gechter (18) steht der direkte Nachfolger bereits fest. Der gebürtige Berliner gilt als großes Talent, hat sich in der laufenden Spielzeit bereits beweisen können und zuletzt einen neuen langfristigen Vertrag unterschrieben. Ein großes deutsches Innenverteidiger-Talent in Berlin – ein neuer Zyklus beginnt.

(Photo by Frederic Scheidemann/Getty Images)

Marc Schwitzky

Erst entfachte Marcelinho die Liebe zum Spiel, dann lieferte Jürgen Klopp die taktische Offenbarung nach. Freund des intensiven schnellen Spiels und der Talentförderung. Bundesliga-Experte und Wortspielakrobat. Seit 2020 im 90PLUS-Team.


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