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Die Ära Streich endet im Sommer: Die größten aller möglichen Fußstapfen

19. März 2024 | Spotlight | BY Manuel Behlert

Es ist offiziell. Christian Streich verlässt den SC Freiburg am Saisonende. Der Erfolgstrainer will Platz machen für neue Impulse, hat viele kräftezehrende, aber auch schöne Jahre hinter sich. Der Sportclub, so sagte er selbst in seiner Abschiedsbotschaft, sei sein Leben. Und das wird ihm auch jeder abnehmen. Umso schwieriger wird das, was jetzt kommt. Für beide.

Freiburg: Die Ära Streich endet im Sommer

Jeder in Freiburg, ob Spieler, Funktionär oder Fan, wusste, dass der Moment kommen wird. Dieser Moment, in dem Christian Streich, der langjährige Erfolgstrainer, seinen Abschied verkünden wird. Ein jeder hoffte, dass er so spät wie möglich kommen wird. Jetzt ist er Realität. Am Montag wandte sich der 58-Jährige an die Fans und teilte mit, dass im Sommer Schluss ist. Nach zwölf Jahren auf der Trainerbank und 29 Jahren im Klub. Es endet ein Arbeitsverhältnis, das immer viel mehr war als nur das. Es endet eine ganz enge Verbindung zwischen dem Klub und dem Trainer, der maßgeblich dafür verantwortlich war, dass die Breisgauer zuletzt gar regelmäßig prickelnde Europapokalnächte feiern durften und den Abstiegskampf nur noch aus alten Erzählungen kennen.

 



Streich war es, der dem Klub, der schon immer familiär, ruhig und besonnen war, dazu verholfen hat, professionellere Strukturen aufzubauen und die Sachlichkeit beizubehalten. Der SC Freiburg wuchs, ohne dabei die eigenen Prinzipien über den Haufen zu werfen. Im Gegenteil. Der Klub zeigte, dass es im modernen Fußball auch möglich ist, mit den vorherrschenden Bedingungen zu wachsen. Weil der Trainer eine klare Struktur vorgab, die Mannschaft zu Höchstleistungen pushen konnte und mit den anderen Verantwortlichen, die ihrerseits ebenfalls lange im Geschäft und lange beim Sportclub sind, perfekt harmonierte.

Ein Teil dieses erfolgreichen Puzzles beim SCF fehlt ab dem Sommer. Eine Ära geht zu Ende. Es ist Zeit für neue Impulse. Impulse, die Veränderungen vorantreiben, aber wie in den letzten Jahren nicht dazu führen, den Pfad zu verlassen. „Ich weiß, dass sehr gute Entscheidungen getroffen werden, dass es hier so weitergeht, wie es in den letzten Jahren und Jahrzehnten weiterging“, ist sich der scheidende Trainer sicher. Für die Verantwortlichen beginnt nun aber ein schwieriger Prozess.

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Streich hinterlässt die größtmöglichen Fußstapfen

Dabei geht es noch nicht einmal darum, einen Trainer zu finden, der fachlich zu den Breisgauern passt. Julian Schuster, Ex-Kapitän und schon im Klub involviert, bringt dafür vieles mit, das steht außer Frage. Die Lücke, die Streich hinterlässt, ist aber so viel größer. Weil er Werte vermittelt, sich auch politisch geäußert hat, wenn er der Meinung war, dass es an der Zeit ist. Weil er die richtigen Worte in schwierigen Situationen gefunden, aber trotzdem immer seinen Humor beibehalten hat. Streich war fachlich wie menschlich ein Gewinn für die Bundesliga, für den SC Freiburg. Und beide Komponenten gleichzeitig zu bedienen, auf einem sehr hohen Niveau, wird für jeden Nachfolger schwierig.

Streich Freiburg

(Photo by Christian Kaspar-Bartke/Getty Images)

Zumal der Fußball, den der 58-Jährige in Freiburg spielen ließ, auch keiner ohne Anspruch war, das kommt sogar manchmal etwas zu kurz. Über die Jahre hinweg hat Streich seine Vorstellungen von Fußball immer besser implementieren können. Der typische Abstiegskampf-Fußball in den Anfangszeiten war Mittel zum Zweck. Er sorgte für Punkte, für Verbesserungen, die wiederum dazu führten, dass es einfacher fiel, junge, hungrige und talentierte Spieler einzubauen. Freiburg konnte sich dadurch immer mal wieder namhafte Verstärkungen leisten, ein positiver Kreislauf wurde in Gang gesetzt. Die Qualität stieg, der Fußball wurde technisch anspruchsvoller, immer häufiger konnte besser kombiniert, flacher und strukturierter aufgebaut und höher und intensiver gepresst werden. Die Mannschaft war immer fit, hatte immer einen Plan B und konnte auch große Gegner schlagen.

Völlig unabhängig davon, ob nun besagter Julian Schuster das Amt übernimmt oder eine externe Lösung gefunden wird, das Zauberwort für den Übergang heißt Zeit. Die braucht es nämlich, um die Nachfolge eines solch prägenden Trainers zu übernehmen und sich selbst zu verwirklichen, die eigenen Ideen umzusetzen. Das Umfeld in Freiburg wird das sicher ermöglichen, was positiv zu bewerten ist. Doch die Fußstapfen, die der nächste Trainer im Breisgau auf gleich mehreren Ebenen zu füllen versuchen muss, könnten größer kaum sein und waren in der Bundesliga selten derart groß. Und seien wir ehrlich, das sagt eigentlich schon alles über die Bedeutung von Christian Streich für den Sportclub Freiburg.

(Photo by Martin Rose/Getty Images)

Manuel Behlert

Vom Spitzenfußball bis zum 17-jährigen Nachwuchstalent aus Dänemark: Manu interessiert sich für alle Facetten im Weltfußball. Seit 2017 im 90PLUS-Team. Lässt sich vor allem von sehenswertem Offensivfußball begeistern.


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