Werder Bremen: Kein Ort mehr für Talente?

4. April 2024 | Spotlight | BY Jannek Ringen

Auch in diesem Jahr geht es für Werder Bremen nur um den Klassenerhalt in der Bundesliga. Dabei muss der Verein einige Nackenschläge einstecken, denn mit Eren Dinkci und Nick Woltemade verlassen zwei vielversprechende Spieler den Klub. Ist Werder kein Ort (mehr) für Talente?

Werder in Sorge um seine Talente

Nach dem starken Start in das neue Jahr, als man drei Spiele in Folge gewinnen und unter anderem den FC Bayern schlagen konnte, ist Werder Bremen wieder in der tristen Realität angekommen. Fünf Spiele ohne Sieg und vier Niederlagen in Folge sorgen dafür, dass Erinnerungen an die Abstiegssaison zurückkommen. Das Glück der Grün-Weißen ist, dass das Polster auch sieben Spieltage vor Ende immer noch zehn Punkte beträgt, sodass es unwahrscheinlich ist, dass man an der Weser nochmal groß ins Zittern gerät. Sorgen bereitet jedoch die Kaderplanung für die kommenden Jahre.



Werder Bremen: Abschied von Woltemade und Dinkci

In dieser Woche verkündete Nick Woltemade (22) seinen Abschied. Den Offensivspieler, der im Alter von acht Jahren in die Jugend von Werder Bremen kam, wird es aller Voraussicht nach zum VfB Stuttgart ziehen. Die Bremer hatten es verpasst, seinen Vertrag rechtzeitig zu verlängern. Und auch Eren Dinkci (22), ein weiteres Eigengewächs, das in Bremen geboren wurde, wird den Klub dem Vernehmen nach im Sommer verlassen. Der SC Freiburg zieht seine Ausstiegsklausel in Höhe von fünf Millionen Euro. Zwei gebürtige Bremer, die ihr Talent aufblitzen lassen haben, entscheiden sich gegen Werder und suchen eine neue Herausforderung. Sind die Grün-Weißen kein Verein mehr für Talente?

„Hier werden Stars gemacht und nicht gekauft“, heißt es in der Bremer Vereinshymne Lebenslang Grün-Weiß. Zu Beginn des Jahrtausends war Werder Bremen ein begehrter Ausbildungsverein. Miroslav Klose, Mesut Özil oder Diego nutzten die Bremer als Sprungbrett für eine Weltkarriere. Und auch in der jüngeren Vergangenheit entstammten Talente wie Maximilian Eggestein oder Florian Grillitsch, die mittlerweile gestandene Bundesligaspieler sind, der Werder-Jugend. Für einen Verein wie den Club aus der Hansestadt ist das Ausbilden und Entwickeln von jungen Spielern eine wichtige Grundlage, um langfristig konkurrenzfähig zu sein. Finanziell ist der Verein nämlich alles andere als auf Rosen gebettet.

Viel Kritik mussten insbesondere Clemens Fritz und Frank Baumann für die Abgänge von Woltemade und Dinkci einstecken. Bei Woltemade hatte man es verpasst, den Vertrag zu verlängern, nachdem er von seiner erfolgreichen Leihe zur SV Elversberg zurückgekommen war. Obwohl er trotz 22 Bundesligaspielen in dieser Saison kein Tor erzielen konnte, lässt er sein Talent immer wieder aufblitzen. Dinkcis Vertragsverlängerung inklusive Ausstiegsklausel stammt noch aus Zweitligazeiten. Dass der 22-Jährige in Heidenheim derart aufblüht, hatten die wenigsten erwartet. Was auch daran liegt, dass er bei Werder seine Fähigkeiten nicht zeigen konnte. Insgesamt stand er in der letzten Saison 214 Minuten in 17 Kurzeinsätzen auf dem Platz.

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Nick Woltemade verlässt Werder Bremen.

(Photo by KERSTIN JOENSSON/AFP via Getty Images)

Talente bei Werder Bremen und der Faktor Ole Werner

Womit wir bei Trainer Ole Werner wären. Zugegeben waren die Einsatzzeiten für Dinkci aus verschiedenen Gründen begrenzt. Zum einen funktionierte das Sturmduo aus Niclas Füllkrug und Marvin Ducksch, zum anderen gab es in Werners System keine Idealposition für Dinkci. Allerdings fällt jedoch immer wieder auf, wie wenig der Bremer Trainer jungen Spielern und Neuzugängen vertraut. Bestes Beispiel ist Senne Lynen (24), der vor der Saison als lang ersehnter Sechser aus Belgien gekommen war. Werner gab dem Strategen in der Hinrunde zumeist nur Kurzeinsätze. In der Rückrunde überzeugte er zuletzt neben Jens Stage auf der Sechs.

Neuzugänge und junge Spieler haben es grundsätzlich schwer, sich in die Aufstellung des ehemaligen Kielers zu spielen. Justin Njinmah (23), der in dieser Saison den Durchbruch bei Werder Bremen geschafft hat, ist ein positives Ausnahmebeispiel. Dabei hat sich die Transferpolitik im Winter deutlich gewandelt. Mit Skelly Alvero (21), Isak Hansen-Aaroen (19) und Julian Malatini (22) wurden drei Perspektivspieler in den Kader von Werder geholt. Mit Ausnahme von Malatini, der aufgrund der Verletzungsmisere in der Innenverteidigung ins kalte Wasser geschmissen wurde, ist die Einsatzzeit der anderen überschaubar.

Ole Werner muss junge Spieler bei Werder Bremen besser einbauen.

(Photo by Joern Pollex/Getty Images)

Die neue Transferpolitik ist unbedingt nötig, denn die eigene Nachwuchsabteilung ist seit Jahren auf dem absteigenden Ast. Die U23 stieg in der vergangenen Saison aus der Regionalliga in die Bremen-Liga ab. Kein gutes Pflaster für den Übergang aus der Jugend zur Profimannschaft. Die U19 steht in der Bundesliga auf einem Abstiegsplatz. Große Nachwuchshoffnungen hat man bei Werder Bremen derzeit kaum. Die Durchlässigkeit von der Jugend oder der U23 zu den Profis ist nicht gegeben.

Dabei lassen sich noch weitere Beispiele nennen. Mit Ilia Gruev und Fabio Chiarodia haben zwei weitere vielversprechende Eigengewächse den Verein bereits im vergangenen Sommer verlassen. Während es bei Gruev aus Sicht von Werder hauptsächlich um die finanzielle Komponente ging, war es bei Chiarodia die Aussicht auf Spielzeit. Zudem machen derzeit Spieler wie Patrick Osterhage, Deniz Undav und Anton Stach in der Bundesliga auf sich aufmerksam. Allesamt haben sie in der Jugend von Werder gespielt, wurden jedoch aussortiert.

Werder Bremen und insbesondere Ole Werner muss es spätestens in der kommenden Saison gelingen, ein sportlich stabiles Gerüst zu entwickeln, mit dem man zum einen den Verbleib in der Bundesliga sichern kann. Außerdem muss gewährleistet werden, dass sich junge Spieler in diesem System auch ohne große Anpassungszeit entwickeln können. Ansonsten steht es schwierig um die Zukunft der Grün-Weißen.

(Photo by CHRISTOF STACHE/AFP via Getty Images)

Jannek Ringen

Sozialisiert durch die Raute von Thomas Schaaf, gebrochen durch den Abstieg unter Florian Kohfeldt. Fußball in Deutschland ist sein Fachgebiet, aber immer mit einem Blick in England und Italien.


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