Aston Villa fordert den FC Bayern: Ein Spiel, wie es Emery liebt
2. Oktober 2024 | Spotlight | BY Manuel Behlert
Der FC Bayern bestreitet am heutigen Mittwoch sein zweites Spiel in der neuen Ligaphase der UEFA Champions League. Es geht auswärts in Birmingham zur Sache, dort ist Aston Villa zuhause. Jener Klub, der in der Vorsaison die Phalanx der Topteams durchbrach und sich auf direktem Weg als einer der Top-4-Klubs für die Königsklasse qualifizierte.
Sowohl der deutsche Rekordmeister (9:2 gegen Zagreb) als auch Villa (3:0 gegen die Young Boys) feierten einen klaren Sieg zum Auftakt. Für beide ist dieses Duell jetzt der erste richtige Härtetest in diesem Wettbewerb. Die Rollen sind dabei aber dennoch recht deutlich verteilt, sollte man meinen. Schließlich ist Bayern das erfahrenere Team, weiß ganz genau, worauf es ankommt, wenn es in der Beletage des europäischen Fußballs zur Sache geht. Doch Aston Villa hat einen ganz besonderen Faktor auf der eigenen Seite, der Mut macht: Unai Emery.
Emery hat Aston Villa Leben eingehaucht
Man sollte mit diesen Begrifflichkeiten vielleicht ein wenig vorsichtig sein, aber der 6. November 2022 war ein schicksalhafter Tag für Aston Villa. Dort absolvierte Unai Emery nämlich sein erstes Spiel als Trainer dieses Klubs, coachte ein 3:1 gegen Manchester United. Es folgte eine solide Halbserie, ehe die Mannschaft 2023/24 so richtig durchstartete. Der Spanier nutzte den Sommer, um gemeinsam mit dem Management den Kader auf Vordermann zu bringen.
Spieler wie Youri Tielemans, Pau Torres und Moussa Diaby untermauerten die Ansprüche. Es waren Neuverpflichtungen für die Spitze, nicht für die Breite. Die Folge: Die erste Elf war extrem gut besetzt. Klar, Rotation war auf manch einer Position schwierig, aber es war eben erst der erste Entwicklungsschritt von vielen. Gerade in den Heimspielen war Villa extrem gut und konstant unterwegs, wirkte in der ersten Halbserie der Saison sehr stabil. Nicht falsch verstehen: Auch die zweite Saisonhälfte war gut, aber in der Schlussphase ging der letzte Punch ein wenig abhanden.
Auch in der neuen Saison hat das Team aus Birmingham schon gute Spiele gezeigt. Von einer Eintagsfliege kann keine Rede sein. Emery hat dem Klub ein komplett neues Leben eingehaucht, das Anspruchsdenken revolutioniert. Und nicht nur das, bei seiner Vertragsverlängerung bestand er darauf, ein größeres Mitspracherecht bei allen Entscheidungen eingeräumt zu bekommen. Und das gewährte man ihm auch. Villa ist ein Emery-Klub, er hat Einfluss auf Transfers, auf die Jugendabteilung, auf das Scouting.
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Ihm mehr und mehr Kontrolle zu gewähren, ist natürlich einerseits ein gewisses Risiko. Denn die Dinge können irgendwann auch mal aus dem Ruder laufen und es gibt weniger Stimmen, die das Vorhaben des Trainers verhindern können. Aber es liegt ein klarer Plan vor, das zeigen die punktuellen Anpassungen in der neuen Saison, ohne die eigene Ausrichtung in irgendeiner Form zu vernachlässigen. Aston Villa ist auch in der neuen Spielzeit ein Kandidat für die Top-6.
Underdogfußball mit Finesse – auch für Bayern gefährlich?
Doch am Mittwoch konzentriert man sich beim Klub aus Birmingham erst einmal nicht auf die eigene Liga. Es ist ein Festtag in der Champions League. Und zwar einer gegen einen europäischen Topklub. Wer sich jetzt noch ein wenig mit der Vita von Emery, der lange als Europa-League-Experte galt, beschäftigt hat, der weiß: Für solche Spiele lebt der Spanier. Bayern weiß das sogar sehr gut, denn just dieser Trainer war es, der den FCB unter der Leitung von Julian Nagelsmann vor rund zweieinhalb Jahren mit dem FC Villarreal aus der Königsklasse warf. Vor allem zuhause hatte das „gelbe U-Boot“ seinerzeit einige Chancen, das Ergebnis (1:0) höher zu gestalten.
Der Fußball Emerys, das kann man nach den letzten acht, vielleicht zehn Jahren fast schon mit Gewissheit sagen, ist keiner für die absoluten Topteams, die den Anspruch haben, immer zu dominieren. Das ist okay, denn nicht jeder bringt das Zeug dafür mit. Wenn es das Steckenpferd des Spaniers ist, so genannte „1B-Teams“ zu absoluten Höchstleistungen zu pushen und das Maximum aus ihnen herauszuholen, ist das doch ideal – für beide Seiten.
Genau hier sind wir beim Spiel gegen den FC Bayern. Es ist ein Spiel, wie es Emery liebt. Eines, in dem die eigene Mannschaft etwas zeigen will, Ansprüche hat, aber nicht unter Zugzwang steht. Der Favorit reist aus München an. Die Gäste sind es, von denen besonders viel erwartet wird. Folglich kann die Emery-Elf nach den ersten Minuten, die sicher sehr stürmisch werden, erst einmal abwarten.
Es wird diverse Pressingphasen geben, die Intensität wird sehr hoch sein, aber es gibt eben keinen Dauerdruck über 90 Minuten. Das ist nicht das Spiel von Villa, auch nicht das von Emery. Schauen wir uns die Heimspiele gegen große Namen 2023/24 an, dann sehen wir folgendes: Siege gegen Manchester City (1:0) und Arsenal (1:0), Remis gegen Liverpool (3:3) und Chelsea (2:2). Warnung genug?
Sicher. Zweifelsohne hat der Rekordmeister aber auch das nötige Rüstzeug, um in Birmingham zu bestehen. Wenige Tage, nachdem man den deutschen Meister in der Allianz Arena zu einer defensiven Ausrichtung gezwungen hat. Bayern wird seinen charakteristischen Stil durchziehen, der Gastgeber aber eben auch. Es ist also alles angerichtet für ein sehr interessantes Spiel.
(Photo by Nathan Stirk/Getty Images)
Manuel Behlert
Vom Spitzenfußball bis zum 17-jährigen Nachwuchstalent aus Dänemark: Manu interessiert sich für alle Facetten im Weltfußball. Seit 2017 im 90PLUS-Team. Lässt sich vor allem von sehenswertem Offensivfußball begeistern.