Champions League | Manchester City an der Spitze Europas: Das Ende der „Noisy Neighbours“

11. Juni 2023 | Spotlight | BY Victor Catalina

Spotlight | 1:0 gewann Manchester City das Champions-League-Finale gegen Inter. Damit sind sie an der Spitze Europas angekommen – und einen Spitznamen alter Tage endgültig los.

Manchester City: Von den „Noisy Neighbours“ an die Spitze Europas

Es war der 20. September 2009, gerade ging eines der denkwürdigsten Premier-League-Spiele zu Ende. Als Manchester Citys Craig Bellamy in Old Trafford in der Schlussminute zum 3:3 traf, schien es, als würde die Geschichte dieser Partie bereits erzählt sein. Mit der letzten Aktion des Spiels filetierte Ryan Giggs Citys Defensive mit einem maßgenauen Steilpass auf Michael Owen – doch noch der Sieg für United, in der Fergie Time.

 

 

Dieser gab nach dem Spiel ein nicht minder denkwürdiges Interview: „We lost two games to Man City two years ago and still won the league. We won both games last season and still won the league. The name of the game at this club is to win the league. It doesn’t matter what we do against Man City. At the end of the day, what we want is to stay at the top. At the moment, we have a neighbour. And sometimes, neighbours are noisy. We can’t do anything about them. You gotta get on with your life and we gotta get on with our life.“

Damit hatte City endgültig einen neuen Spitznamen: Die „noisy neighbours“. Nach dem Motto: Ihr könnt uns schlagen, ihr könnt vielleicht den ein oder anderen nationalen Titel holen und dann beim Feiern die Musik ein bisschen lauter aufdrehen. Aber ihr werdet niemals mit uns auf Augenhöhe sein.

Mehr News und Stories rund um Champions und Europa League

Manchester Citys Champions-League-Sieg: Nicht erkauft, sondern geplant und erspielt

Seit Samstag ist allerdings genau das der Fall. Die Premier League ist um einen Champions-League-Sieger-Klub reicher. Durch das Tor von Rodri (68′) hat Manchester City die beiden größten Erfolge Uniteds eingestellt: den Gewinn der Königsklasse und des Triples. Zusammen mit fünf Meistertiteln in sechs Saisons kann man nun endgültig sagen, dass Manchester City nicht mehr der neureiche Klub ist, der irgendwann mal erfolgreich sein will. Sie spielen ab jetzt im Konzert der Großen.

Zu sagen, sie hätten sich ihren Platz dort ausschließlich erkauft, würde zu kurz greifen. Chelsea beispielsweise gab über 600 Millionen Euro in den vergangenen beiden Transferperioden aus. Da sich weder Graham Potter, noch Frank Lampard als geeignete Nachfolger für Thomas Tuchel erwiesen, gab es in der Premier League Platz zwölf und das Aus im Viertelfinale der Champions League gegen Real Madrid (0:2, 0:2). Paris Saint-Germain scheiterte auch in der laufenden Saison im Achtelfinale am FC Bayern (0:1, 0:2). Zusammen mit Geld braucht es auch einen klaren wie durchdachten Plan.

Champions League Chelsea FC

Photo by JUSTIN TALLIS/AFP via Getty Images

Es braucht eine Mannschaft mit einer klaren Hierarchie, in der jeder Spieler seinen Platz und seine Rolle kennt. In dieser Hinsicht steht Manchester City anderen Klubs, mit mehr Champions-League-Titeln in nichts nach.

Im Finale machte die Mannschaft, die jenes Endspiel in höchst überzeugender Art und Weise für sich gebucht hatte, gegen RB Leipzig (1:1, 7:0), den FC Bayern (3:0, 1:1) sowie Real Madrid (1:1, 4:0) eigentlich nicht ihr bestes Spiel. Von spielerischer und vor allem taktischer Überlegenheit, die Pep Guardiola anstrebt, war lange Zeit nicht viel zu sehen. Mit viel Einsatz und enormer Zweikampfstärke gestaltete Inter die Partie ausgeglichen.

Manchester City übersteht den eigenen Druck diesmal

City merkte man an, was auf dem Spiel steht. Sie waren der klare Favorit gegen ein Inter, das in der Gruppenphase zweimal torlos gegen den FC Bayern blieb und in der K.O.-Runde etwas mehr Losglück hatte, als ihr Gegner. Ederson erlaubte sich zwei schwere Fehlpässe. Der Spielaufbau von Rodri und Ilkay Gündoğan geriet wiederholt ins Stocken. Kevin De Bruyne hing seine Schüsse bei Weitem nicht so maßgenau in den Winkel, wie er es gegen RB Leipzig tat, sondern zog sie genau auf André Onana. „RELAX!“, schrie Pep Guardiola mit letzter Verzweiflung von der Seitenlinie.

Als auch Manuel Akanji nach der Pause anfing zu patzen und mit seinem Rückpass, statt Ederson, Lautaro Martínez fand, sah Citys Coach das Unheil bereits kommen und sank darnieder. Der Brasilianer bügelte allerdings selbst wieder aus. Genau das schien der Unterschied an diesem Abend zu sein. „Es stand in den Sternen, dass City dieses Jahr gewinnen muss“, sagte Guardiola nach dem Spiel auf der Pressekonferenz.

Champions League Manchester City FC Inter Milan

Photo by Shaun Botterill/Getty Images

Wenn man sich so für ein Finale qualifiziert, wie es City tat, hat man in den entscheidenden Momenten das Glück auf seiner Seite. Das Glück, dass der Torhüter hält. Das Glück, dass die abgefälschte Flanke von Bernardo Silva genau bei Rodri landete – und das Glück, dass Federico Dimarcos Kopfball zuerst am Querbalken landete und dann ausgerechnet Romelu Lukaku blockte.

Mit der Führung im Rücken agierte City etwas defensiver, allerdings nicht souverän. Zwei Minuten vor Schluss legte Robin Gosens per Kopf für Romelu Lukaku auf. Erneut wehrte Ederson mit dem Standbein ab. Rúben Dias entging dem Eigentor knapp.

„It’s all in the head“, äußerte Pep Guardiola durchaus Verständnis für den Auftritt seiner Mannschaft. Er persönlich war zum zweiten Mal bei einem erstmaligen Europapokalsieg eines Klubs dabei. 1992, mit dem FC Barcelona, stand er noch selbst auf dem Feld, als Ronald Koeman das entscheidende Freistoßtor gegen Sampdoria erzielte. Eine Partie, die sich ähnlich abspielte, wie die gestrige. Am Ende steht jedoch der Titel – und damit Manchester Citys Ende als „Noisy Neighbours“.

Photo by FRANCK FIFE/AFP via Getty Images

Victor Catalina

Victor Catalina

Mit Hitzfelds Bayern aufgewachsen, in Dortmund studiert und Sheffield das eigene Handwerk perfektioniert. Für 90PLUS immer bestens über die Vergangenheit und Gegenwart des europäischen Fußballs sowie seine Statistiken informiert.


Ähnliche Artikel