Champions League | Duelle mit Porto: Inter strebt erstes Viertelfinale seit zwölf Jahren an

22. Februar 2023 | Vorschau | BY Yannick Lassmann

Schon dreimal setzte sich Inter die europäische Krone auf. Im vergangenen Jahrzehnt spielten die Mailänder in der Champions League jedoch kaum eine Rolle. Umso mehr Bedeutung besitzt das Achtelfinalhinspiel am Mittwochabend gegen den FC Porto, der einen äußerst unbequemen Gegner darstellen wird.

Schon in der Vorrunde zeigten die Drachen, dass mit ihnen zu rechnen sein muss. Sie gewannen – auch dank ihrer pragmatischen Spielweise – ihre Gruppe vor dem FC Brügge, Bayer Leverkusen und Atlético. Inter setzte ebenfalls ein Ausrufezeichen, schaltete den FC Barcelona aus, hatte dem FC Bayern allerdings nichts entgegenzusetzen. Zur obersten europäischen Elite zählt die Nerazzurri aktuell nicht. Ein wichtiger Schritt in diese Richtung soll im Vergleich mit dem sich ebenfalls Chancen aufs Weiterkommen ausrechnenden FC Porto gemacht werden.

 

Inter will die Heimstärke nutzen

Nach der nur hauchdünn verpassten Verteidigung des Scudettos in der Vorsaison galten die Mailänder wieder als Titelkandidat in der Serie A. Dieser Rolle wurden sie allerdings nur bedingt gerecht. 47 Punkte aus 23 Spielen stellen durchaus einen passablen Schnitt dar. Doch ein Formtief im Herbst, währenddessen sich auch die Fragen nach der Zukunft von Simone Inzaghi (46) mehrten, sowie eine alles überragende SSC Napoli sorgten dafür, dass Inter als Zweitplatzierter schon 15 Punkte (!) hinter der Tabellenspitze liegt.

Ebenfalls Rang zwei sprang in der Vorrunde der Champions League heraus. Dieser brachte allerdings strahlende Gesichter in Reihen der Nerazzurri. Zwar verlor sie zweimal glatt gegen den FC Bayern (0:2/0:2), blieb jedoch gegen den FC Barcelona ungeschlagen. Als wegweisend erwies sich der 1:0-Erfolg im San Siro. Ohnehin gibt Inter dort eine starke Figur ab, gewann 14 von 17 Heimspielen. Zuletzt feierte man gegen starke Gegner wie Atalanta (1:0), den Stadtrivalen AC (1:0) und Udinese Calcio (3:1) jeweils überzeugende Siege.

Mit stabiler Defensive zum Weiterkommen

Den Trend will der 19-fache italienische Meister, der nach dreifachem Ausscheiden in der Vorrunde nacheinander und im Vorjahr in der Runde der letzten Acht knapp dem FC Liverpool unterlag, weiter transportieren. Der Grundstein soll in der Defensive gelegt werden. Schlussmann Andres Onana (26), der gegen Udinese ausnahmsweise für Routinier Samir Handanovic (38) weichen musste, kassierte 2023 lediglich fünf Gegentore in zehn Pflichtspielen. Vor ihm gibt die Defensive um Milan Skriniar (28), den es im Sommer wohl zu Paris St. Germain zieht, wieder eine gute Figur ab. Noch im Herbst stand die Defensive der Mailänder in der Kritik, da sie besonders in Spitzenspielen einen unsicheren Eindruck hinterließ.

Zumeist ist Inter mit viel Ballbesitz ausgestattet, was Trainer Inzaghi durchaus gefällt. Trotzdem schaffte er es, das vor seiner Ankunft etablierte Umschaltspiel beizubehalten. Auf dem Flügel richtet sich dann der Fokus hauptsächlich auf den linken Schienenspieler Federico Dimarco (25). Vorangetrieben werden die Gegenstöße aber vom umsichtigen Mittelfeld, wo Marcelo Brozovic (30) nicht wegzudenken ist. Genauso wie Nicoló Barella (26), dessen Dynamik ihn an guten Tagen zum prägendsten Akteur der Mannschaft aufsteigen lässt.

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Barella kann den Ball nicht nur mit Tempo über viele Meter treiben, sondern hat auch das Auge für den Mitspieler, wovon der pfeilschnelle Lautaro Martínez (25) profitiert und Edin Dzeko (36), der  sowohl im Strafraum als auch bei lang geschlagenen Bällen im Spielaufbau als Abnehmer fungiert. Womöglich beginnt aber auch der wuchtige Romelu Lukaku (29). Verletzungsbedingt nahm er in der laufenden Saison noch nicht an Fahrt auf, traf aber am Samstagabend gegen Udinese. In umkämpften Duellen könnte ein gut aufgelegter Lukaku den Ausschlag geben, sodass Inter erstmals seit 2011 wieder ins Viertelfinale der Champions League einzieht.

FC Porto kommt mit beeindruckender Siegesserie

Der FC Porto feierte in der Spielzeit 2021/2022 mit starken 91 von 102 möglichen Zählern sowie 86 erzielten Toren seine 30. nationale Meisterschaft. Die Titelverteidigung geriet jedoch zunächst außer Reichweite, da das sich glänzend entwickelnde Benfica fast keinen Punkt liegen ließ. Mittlerweile haben sich die Drachen dem Level angepasst. Die letzten zehn Pflichtspiele entschieden sie allesamt für sich, rutschten bis auf zwei Zähler an die Lissabonner heran und gewannen erstmals in der Vereinsgeschichte den Ligapokal, durch ein hart erarbeiteten 2:0-Erfolg über Sporting.

Die Auswahl des seit 2017 amtierenden Übungsleiters Sérgio Conceicao (48) musste im Rahmen ihres fulminanten Laufs nur zwei Gegentore hinnehmen. In der Champions League trat der FCP, das 0:4-Debakel gegen Brügge ausgenommen, ebenfalls sehr stabil auf. Mit zumeist weniger Ballbesitz ausgestattet, disziplinierter Abwehrarbeit und durchaus robustem Einsteigen, woraus 16 Gelbe Karten und ein Platzverweis entstanden, stellte er mindestens auf Augenhöhe eingestufte Gegner wie Bayer Leverkusen oder Atlético in den Schatten und gewann die Gruppe B.

Costa und Taremi sollen den Unterschied herstellen

Eine tragende Rolle beim Gruppensieg spielte Diogo Costa (23). Der im eigenen Nachwuchs ausgebildete Torwart verantwortet sogar eine neue Champions-League-Bestmarke. Er hielt in der Vorrunde gleich drei Elfmeter, zwei davon in den wegweisenden, letztlich höchst erfolgreich gestalteten Duellen mit Leverkusen. Trotz großem internationalen Interesse verlängerte Costa seinen Vertrag bis zum 30.06.2027. Eines Tages dürfte er dem stets auf Transfereinnahmen bauenden FC Porto eine deftige Ablöse einbringen.

(Photo by INA FASSBENDER/AFP via Getty Images)

Davor greift Conceicao stets auf eine Viererkette zurück. Sie ist mit reichlich Routine ausgefüllt. Der durchaus als Raubein bekannte Pepe (39) und Iván Mariano (35) bringen es auf stolze 74 Lebensjahre. Auf das Duo besteht zumeist Verlass, wobei es auf hohem internationalen Niveau in Bedrängnis geraten kann. Wesentlich jünger ist Rechtsverteidiger Joao Mário (23), der in dieser Saison eine starke Entwicklung nahm, sich regelmäßig offensiv einschaltet und schon den ein oder anderen Treffer vorbereitete. Er bildet eine Flügelzange mit dem spielfreudigen, aber nicht immer effektiven Otávio (28). Zielstrebiger agiert der wohl angeschlagen ins Spiel gehende Galeno (25) auf der linken Seite. Ihm gelangen bereits 14 Pflichtspieltore.

Die Treffer von Galeno sind von Nöten. Aus dem zentralen Mittelfeld, das im von Conceicao verwendenden 4-4-2-System aus zwei Akteuren besteht, kommen nur gelegentlich offensive Impulse. Mit dem Kolumbianer Mateus Uribe (31) fokussiert sich ein Spieler fast ausschließlich auf die Konterabsicherung. Umso mehr Gefahr strahlen dafür die Angreifer aus. Gesucht wird vor allem Mehdi Taremi (30), den der FC Porto einst für 4,7 Millionen Euro von Rio Ave verpflichtete. Der Iraner ist treffsicher – netzte alleine in der Champions League schon fünfmal ein – und hat die für einen Vollstrecker besondere Gabe, einen Blick für den besser postierten Mitspieler zu besitzen und diesen mit einem zielgenauen Zuspiel in eine aussichtsreiche Position zu bringen.

Inter vs Porto: Mögliche Aufstellungen für das Achtelfinal-Hinspiel der Champions League

Inter: Onana,-Skriniar, Acerbi, Bastoni,-Dumfries, Barella, Brozovic, Mkhitaryan (Calhanoglu),-Dimarco,-Dzeko (Lukaku), Martínez

FC Porto: Costa,-Mario, Pepe, Marcano, Zanusi,-Otávio, Uribe, Grujic, Galeno,-Taremi, Pepe

Prognose

Rechtzeitig zum Champions-League-Achtelfinale befindet sich Inter in einer sehr guten Verfassung. Dennoch erwartet die Nerazzurri mit dem FC Porto, der aktuell ebenfalls eine sehr ansprechende Form aufweist, kein leichter Gegner. Aufgrund der höheren individuellen Klasse sowie den aktuell hervorragend funktionierenden Abläufen dürfte ein Heimerfolg herausspringen, welcher jedoch alle Optionen für das Rückspiel offen lässt.

(Photo by MIGUEL MEDINA/AFP via Getty Images)

Yannick Lassmann

Rafael van der Vaart begeisterte ihn für den HSV. Durchlebte wenig Höhen sowie zahlreiche Tiefen mit seinem Verein und lernte den internationalen Fußball lieben. Dem VAR steht er mit tiefer Abneigung gegenüber. Seit 2021 bei 90Plus.


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