Champions League | FC Bayern fällt ab, Manchester City mit deutlichem Sprung – Das Powerranking zum Viertelfinale

10. April 2023 | Spotlight | BY Victor Catalina

Spotlight | Am Dienstag und Mittwoch stehen die Hinspiele des Champions-League-Viertelfinales an. Wir werfen einen Blick auf die Form der jeweiligen Teilnehmer. Das Powerranking.

1. Manchester City (+3)

Die wohl momentan formstärkste Mannschaft Europas. Seit dem 1:1 in Leipzig gab es acht Siege am Stück, bei 31:3 Toren. Der ganz normale Alltag für Pep-Teams. Dazu fügten die Cityzens RB Leipzig im Achtelfinal-Rückspiel der Champions League mit einem 7:0 die höchste Niederlage der Vereinsgeschichte zu. Erling Haaland traf fünfmal. Vergangenes Wochenende waren es „nur“ deren zwei, beim 4:1-Sieg in Southampton. Dafür erzielte Haaland sein 30. Saisontor der Premier League in Style per Seitfallzieher.

 

 

Durch das 2:2 zwischen Liverpool und Arsenal darf sich City sogar berechtigte Hoffnungen auf die Titelverteidigung machen. Sechs Punkte trennen sie von den Gunners. Allerdings hat City noch ein Spiel in Brighton sowie das direkte Duell im Etihad in der Hinterhand.

Für Pep Guardiola und die Seinen steht dennoch am Dienstag die größte Prüfung dieser Spielzeit an. Gerade gegen in den Topduellen der Champions League schlug in den vergangenen Jahren das zu, was man in der eigenen Fanszene als Cityitis kennt: Sie machen viel richtig, nur um sich kurz vor dem Ziel selbst noch ein Bein zu stellen. So geschehen im Finale gegen Chelsea (0:1), oder im Halbfinal-Rückspiel gegen Real Madrid in der Vorsaison (4:3, 1:3 n.V.).

2. SSC Napoli (+1)

Auch im Rückspiel gegen Eintracht Frankfurt ließ die Società Sportiva Calcio Napoli keine Fragen unbeantwortet. Zweimal Victor Osimhen, einmal Piotr Zieliński vom Punkt. 3:0 am Abend, 5:0 nach Hin- und Rückspiel. Dazu ist man in der Liga weiter voll auf Titelkurs, mit 16 Punkten Vorsprung auf Lazio. Im Champions-League-Viertelfinale wartet die AC Milan. Jenes Duell, das auch am vorletzten Spieltag anstand und mit dessen Ausgang so überhaupt nicht zu rechnen war: Milan spielte sich, vor allem mit den überragenden Brahim Díaz und Rafael Leão, in einen Rausch und gewann – auch in der Höhe verdient – 4:0 im Stadio Diego Armando Maradona.

Champions League AC Milan SSC Napoli

Photo by Maurizio Lagana/Getty Images

Zumindest ergebnistechnisch erholten sich die Neapolitaner von diesem Debakel. Am Wochenende gab es ein 2:1 in Lecce. Dennoch muss die Mannschaft von Luciano Spalletti spätestens jetzt gewarnt sein. Milan weiß, wie einem der besten Teams dieser Saisons beizukommen ist, sie haben das Selbstvertrauen und die Nummer 7 auf dem Ärmel. Football Heritage wiegt mehr als alles andere in diesem Wettbewerb. Dazu fällt Victor Osimhen weiterhin mit Adduktorenverletzung aus. Es ist die Phase, in der jedes Team, das bislang eine märchenhafte Saison spielt, beweisen muss, dass es auch wetterfest ist. Nächste Chance, kommenden Dienstag in San Siro.

3. FC Bayern (-1)

Julian Nagelsmann wird dieser Tage wahrscheinlich vor dem Fernseher sitzen und sich fragen, welchen Teil der vergangenen Spiele er so nicht hinbekommen hätte. Mit Blick auf die Statistik – und etwas Zynismus – könnte man sagen, der FC Bayern wäre noch in allen Wettbewerben vertreten. Vergangenen Herbst gab es in der Allianz Arena ein souveränes 5:0 über den SC Freiburg. Es hat etwas tragikomisches, dass die Chefetage Nagelsmann entließ, um das Triple weiterhin zu sichern, man keine Woche später allerdings um den ersten Titel erleichtert wurde.

Im Moment kann man nicht sagen, wo genau der FC Bayern steht. Einerseits tat sich der Rekordmeister in Leverkusen (1:2) und beiden Duellen gegen Freiburg (1:2, 1:0) vor allem offensiv sehr schwer. Andererseits glitten sie in einem Must-Win mit erstaunlicher Leichtigkeit durch Borussia Dortmund hindurch. Das 4:2 zeigt nicht mal ansatzweise, wie überlegen der FC Bayern tatsächlich war. Dann wäre da noch die Champions-League-Bilanz mit acht Siegen aus acht Spielen und 15 von 16 Halbzeiten ohne Gegentor. Robert Lewandowski, Pedri, Gavi, Edin Džeko, Kylian Mbappé, Lionel Messi, Neymar. Alle prallten bislang an der Münchener Defensive ab.

Vor allem das 2:0 im Achtelfinal-Rückspiel gegen Paris Saint-Germain war eine Meisterleistung in taktischer Disziplin. Geriet der FC Bayern vor der Pause noch unter Druck, ließen sie in der zweiten Hälfte keine Fragen offen, wer ins Viertelfinale einziehen würde und machten das durch die Treffer von Eric Maxim Choupo-Moting (61′) sowie Serge Gnabry (89′) deutlich. Der Pariser Trainer Christophe Galtier, bekannt als harter Hund und aufgewachsen im rauen Marseille, gab nach der Partie die Niederlage unumwunden zu: „Das können Sie so sagen. Ein taktischer Sieg meines Kollegen vielleicht.“

Champions League Manchester City FC Bayern München

Photo by Alexander Hassenstein/Getty Images

Gerade diese Abende setzten ein großes Fragezeichen hinter ein Narrativ, das momentan, qua Formstärke, offensichtlich erscheinen mag. Der FC Bayern hat mehr Erfahrung in der Champions League und wird kommenden Dienstag eben nicht vor der Aufgabe stehen, das Klavier gegen eine kompakte Defensive, in den zwölften Stock tragen zu müssen.

Allerdings muss Thomas Tuchel vor dem Duell mit City an der Präzision und Struktur der Offensive arbeiten. Zu oft ließen die Münchener in den vergangenen Partien beste Kontergelegenheiten liegen und zu sehr steht und fällt das Spiel mit der Fitness von Eric Maxim Choupo-Moting. Dass die letzten beiden Treffer des Rekordmeisters durch Innenverteidiger fielen, hinterlässt zumindest einen faden Beigeschmack. Mit Nagelsmanns Entlassung ist die Vereinsspitze, vor allem zu diesem Zeitpunkt der Saison, großes Risiko gegangen. Die beiden Partien gegen Manchester City werden zeigen, ob und wie sehr das Kalkül aufgeht.

4. Real Madrid (-3)

Im Achtelfinal-Rückspiel gegen Liverpool taten die Königlichen, was sie tun mussten, ließen nichts anbrennen und belohnten sich in Minute 78 durch Karim Benzema für eine abgezockte und souveräne Vorstellung. Mit dem 5:2 aus dem Hinspiel war die Begegnung mehr als nur vorentschieden.

National zeigte Real Madrid allerdings durchaus einige Schwächen. In der Liga verlor man den Clásico 1:2 und steht dadurch zwölf Punkte hinter Barcelona. Zudem gab es am Wochenende eine überraschende 2:3-Heimniederlage gegen Villarreal.

Champions League Real Madrid CF Chelsea FC

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Mit Real Madrid ist die Angelegenheit ähnlich gelagert, wie mit dem FC Bayern. Sie tendieren zu gelegentlichen Aussetzern. Wenn es wichtig wird, kann man sich allerdings darauf verlassen, dass sie liefern. So wie beispielsweise im Halbfinale der Copa del Rey, als sie, dank eines überragenden Karim Benzema, durch ein 4:0 das Camp Nou eroberten. Erstmals seit Mai 2008 unter Bernd Schuster gewann Real den Clásico wieder mit drei oder mehr Toren Differenz. Damals hießen die Torschützen Raúl, Arjen Robben, Gonzalo Higuaín und Ruud van Nistelrooy. Thierry Henry erzielte den Ehrentreffer für Barcelona. Ins Viertelfinale gegen Chelsea geht der Titelverteidiger als klarer Favorit.

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5. SL Benfica (+1)

Das stand so nicht im Skipt. Im portugiesischen Clásico, dem Clássico führte Benfica bereits nach zehn Minuten 1:0. Gonçalo Ramos‘ Kopfball prallte an die Unterkante des Querbalkens, von dort auf den Rücken von Porto-Keeper Diogo Costa und ins Tor. Danach allerdings ließ es die Mannschaft von Roger Schmidt zu locker angehen, musste zwischenzeitlich auch die Verletzung von Rechtsverteidiger Alexander Bah wegstecken und fing sich in Minute 45 den Ausgleich durch Matheus Uribe. Keine fünf Minuten später drehte Wenderson Galeno vermeintlich die Partie, stand aber genau sechs Zentimeter abseits. In Minute 54 erzielte Mehdi Taremi den tatsächlichen Siegtreffer.

Champions League SL Benfica Inter Milan

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Aus Benfica-Sicht eine relativ unnötige Niederlage, auch wenn es erst die zweite der laufenden Ligasaison war. Dennoch ist der Flow von acht Pflichtspielsiegen am Stück dahin. Aufseiten Portos, das sich zuletzt eher schwertat, befürchtete man vor der Partie teilweise Schlimmstes. Umso überraschender kam der Auswärtssieg. Wirklich in Gefahr sollte der Titelgewinn für Benfica, ob sieben Punkten Vorsprung auf Porto, allerdings nicht mehr geraten.

Im Champions-League-Achtelfinale cruiste der portugiesische Rekordmeister an Club Brügge vorbei. 2:0 im Hinspiel, 5:1 im Rückspiel. Lediglich Manchester City gewann noch höher im Aggregat (8:1 gegen RB Leipzig). Sollte es Roger Schmidt gelingen, die Niederlage gegen Benfica nach dem Tabellenstand zu erzählen und die Mannschaft wieder in den Rhythmus zu bringen, stehen im Duell mit Inter die Chancen auf das erste Halbfinale seit 1990 sehr gut.

6. AC Milan (+1)

Anfang Februar hatte Milan eine Phase, in der man – am Stück – das Supercoppa-Finale 0:3 gegen Inter verlor, gefolgt von einem 0:4 bei Lazio sowie einem 2:5 gegen Sassuolo. Ganz so weltungergangsmäßig ist die Stimmung diesmal nicht. Nur ein Sieg aus den letzten sechs Pflichtspielen liest sich jedoch alles andere als optimal für den amtierenden Meister.

Dieser Erfolg war allerdings nicht irgendeiner, sondern jenes 4:0 bei Napoli. Damit bleibt Milan auf Platz 4 mitten im Rennen um die Champions-League-Plätze, sammelte aber vor allem Selbstvertrauen für die anstehenden Duelle mit ihrem designierten Nachfolger.

Champions League AC Milan SSC Napoli

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Napoli fehlte, ohne Victor Osimhen, der Punch im Angriff. Stefano Pioli gestaltete es taktisch geschickt und isolierte, mit Sandro Tonali und Rade Krunić im Mittelfeld sowie Davide Calabria hinten rechts, Khvicha Kvaratskhelia, sodass Brahim Díaz inszenieren und Rafael Leão zweimal gekonnt abschließen durfte. Alexis Saelemaekers machte mit seinem Solo das Schleifchen an die Gala.

Auch ohne entsprechende Torregel dürften in dieser Begegnung vor allem die Auswärtsspiele zum Faktor werden. Napoli wartet seit August 2018 auf einen Heimsieg gegen Milan (3:2), Milan seit Januar 2019 (2:0 im Viertelfinale der Coppa Italia). Umso wichtiger für den siebenmaligen Europapokalsieger, den Statement-Sieg in Neapel geholt zu haben. Dass sie solche Serien brechen können bewies Milan bereits im Achtelfinale, als sie den ersten Erfolg gegen Tottenham holten (1:0) und damit das Viertelfinale buchten.

7. Inter Milan (-2)

Auch im Duell zwischen Inter und dem FC Porto fiel nur ein einziger Treffer. Romelu Lukaku traf in der 86. Minute des Hinspiels zum 1:0. Dieses Ergebnis brachte der schwarzblaue Teil Mailands, mit Geschick und Glück, ins Ziel. Seitdem gab es allerdings nur noch ein 2:0 über Lecce und ansonsten drei Remis und vier Niederlagen – unter anderem in Bologna (0:1), Spezia (1:2) oder gegen die Fiorentina (0:1) – gegen Teams aus dem Tabellenmittelfeld, beziehungsweise der Abstiegszone.

 

 

Inters Form auf dem Platz stimmt momentan überhaupt nicht. Dazu kommen auch noch Probleme daneben. Als Romelu Lukaku in der 95. Minute des Coppa-Italia-Halbfinals bei Juventus zum Elfmeter antrat, bekam er von den gegnerischen Fans Affenlaute ab und kassierte für seinen – gar nicht mal überzogenen – Tor“jubel“, eine Schweigegeste, Gelb-Rot. „Geschichte wiederholt sich. Ich bin 2019 da durchgegangen…und 2023 erneut. Hoffe, die Liga agiert diesmal wirklich, weil dieses schöne Spiel von Jedem genossen werden sollte…Vielen Dank für die unterstützenden Nachrichten. F*ck racism“, schrieb der Belgier im Anschluss bei Instagram. Vergangenes Wochenende legte Lukaku Robin Gosens bei Salernitana die frühe Führung auf. Es sah aus, als sollte Inter die Sieglosserie beenden können. Ex-Spieler Antonio Candreva stellte in der 90. Minute doch noch auf 1:1. Zwischen Benfica und Inter sind die Portugiesen momentan das Team mit deutlich weniger Rückschlägen.

8. Chelsea FC (neu)

Es ist einigermaßen grotesk, was in und um SW6 London momentan vorgeht. Einmal full circle: Von Frank Lampard zu Thomas Tuchel, mitsamt Champions-League-Sieg und Eigentümerwechsel und über Graham Potter wieder zurück zu Lampard. Diesmal als Interimslösung bis Saisonende, um Zeit zu gewinnen, sodass im Hintergrund mit Julian Nagelsmann und/oder Luis Enrique, den beiden Favoriten auf die Nachfolge, verhandelt werden kann.

Champions League Real Madrid CF Chelsea FC

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Dass Lampard die kurzfristige Rolle angenommen hat, spricht für ihn und dafür, wie sehr er diesen Klub lebt und liebt. Für den Moment ist aber kaum ein zusammenhängendes Projekt zu erkennen, stattdessen nur ein XXL-Kader. Der Mannschaft fehlt das Gerüst und mit Thiago Silva auch der verletzte Abwehrchef. Zudem tut sich Chelsea unfassbar schwer, Tore zu erzielen. Den gesamten Februar über traf lediglich João Félix bei West Ham. Nach dem 0:1 in Molineux ist man erneut drei Spiele in Folge torlos. Das zwischenzeitliche Mini-Hoch, nach den Erfolgen über Borussia Dortmund (2:0) und in Leicester (3:1) – komplett verflogen.

Gegen Real Madrid kann Chelsea eigentlich nur überraschen. Sollten sich die Königlichen nicht selbst im Weg stehen, spricht nur wenig gegen den nächsten Halbfinaleinzug. So eng wie vergangene Saison (3:1, 2:3 n.V.) sollte es jedenfalls nicht mehr werden. Was Chelsea momentan braucht, ist einen Trainer mit einer langfristig ausgelegten Idee, der sich bis zum Sommer Gedanken machen kann, welche Spieler aus dem Überkader er braucht, welche nicht und welche Profile noch fehlen, beispielsweise ein Stürmer. Erst dann können die Blues wieder ganz oben angreifen.

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Victor Catalina

Victor Catalina

Mit Hitzfelds Bayern aufgewachsen, in Dortmund studiert und Sheffield das eigene Handwerk perfektioniert. Für 90PLUS immer bestens über die Vergangenheit und Gegenwart des europäischen Fußballs sowie seine Statistiken informiert.


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