Champions League | Club Brügge empfängt Benfica: Zwei Außenseiter unter sich

15. Februar 2023 | Vorschau | BY Manuel Behlert

Am Mittwochabend empfängt der Club Brügge aus Belgien den portugiesischen Vertreter SL Benfica zum Achtelfinalhinspiel in der UEFA Champions League. Nach der Gruppenauslosung hätten die Experten die Belgier wohl der nicht im Achtelfinale gesehen, Benfica zumindest nicht als Gruppensieger. 

Und doch trat beides ein. Generell zählen beide Teams beim aktuellen Teilnehmerfeld in der Champions League zu den Außenseitern, was aber nicht heißen muss, dass dieses Spiel nicht attraktiv werden kann. Im Gegenteil: Beide haben viele Qualitäten, beide versuchen, so schnell wie möglich nach vorne zu spielen und beide sind in der Lage, das Tempo auch einmal aus dem Spiel zu nehmen, wenn Plan A nicht gelingt. Das macht den Reiz dieser Partie aus.



Club Brügge will den Formverlust auffangen

Als der Club Brügge in der UEFA Champions League in eine Gruppe mit Bayer Leverkusen, dem FC Porto und Atletico Madrid gelost wurde, trauten nur wenige den Belgiern überhaupt den Sprung auf Platz drei und damit in die Europa League zu. Doch die ersten drei Spiele in der Gruppe wurden allesamt ohne Gegentor gewonnen, das Team überraschte mit einer guten Kompaktheit, Automatismen und Struktur im Ballbesitz und blitzschnellem Spiel nach vorne, das für ein 4:0 auswärts (!) beim FC Porto sorgte. Doch ein Teil des Glanzes ist mittlerweile verflogen. 

Carl Hoefkens (44), der das Team vor der WM-Pause noch betreute, ist nicht mehr als Cheftrainer im Amt. Mittlerweile dirigiert Scott Parker (42) an der Seitenlinie – mit bisher mäßigem Erfolg. Am vergangenen Freitag gab es gegen Union Saint-Gilloise nur ein Remis, im Jahr 2023 gewannen die Belgier nur eines von sieben Spielen. Die aktuelle Form ist also alles andere als ideal. Da könnte sich die Champions League als Glücksfall erweisen, denn die Vorzeichen sind hier komplett andere. Die Gastgeber sind nicht der Favorit, wie es in der Liga häufig der Fall ist. Dadurch wird das Parker-Team mehr Umschaltmöglichkeiten erhalten, seltener gegen eine tiefstehende Abwehr anlaufen. 

Gefahr auf mehreren Ebenen

Die Hausherren wollen zu ihrem typischen Champions-League-Modus finden, schnell und schnörkellos spielen. Die Zusammenstellung des Kaders ermöglicht das auch, Tempo ist ausreichend vorhanden. Tajon Buchanan (24), Kamal Sowah (23) und vor allem Noa Lang (23) sind schnell und dribbelstark, vor allem dann gefährlich, wenn sie Räume bekommen. Zudem steht mit Hans Vanaken (28) ein sehr kompletter offensiver Mittelfeldspieler auf dem Platz, der die Fäden zieht und sich klug in gefährliche Räume bewegen kann. 

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Es gibt nicht den einen Spieler in der Offensive, auf den sich alles konzentriert. Gefahr kann es auch durch ruhende Bälle geben, die Belgier haben einige physisch starke Spieler im Kader, die auch ein gewisse Körpergröße und Wucht mitbringen. Im Offensivspiel kann der Club Brügge die Gäste aus Portugal also sicher vor Probleme stellen. Interessant wird aber sein, wie die Gastgeber ihre eigene Defensive strukturieren, denn zuletzt gab es immer wieder Gegentore nach Fehlern. Benfica hat zudem eine höhere individuelle Qualität als die Gegner in der belgischen Liga. Kompaktheit und Balance werden also elementar wichtige Schlüssel sein, um sich eine gute Ausgangslage zu verschaffen.

SL Benfica: Roger Schmidt kann sich voll entfalten

Im Sommer 2022 verpflichtete SL Benfica Roger Schmidt (55) als Trainer. Diese Entscheidung war eine sehr gute, zumindest sieht es bis heute danach aus. Stimmen, dass der sehr energetische, pressingstarke und zuweilen etwas wild anmutende Fußball nicht zum technisch sauberen Topklub aus Portugal passen könnte, wurden schnell widerlegt. Schmidt und Benfica gewannen Spiel um Spiel, hatten zeitweise einen riesengroßen Vorsprung in der heimischen Liga. Auch heute noch führt Benfica die Liga NOS an, der Vorsprung ist weiterhin souverän.

Schmidt Club Brügge Benfica

(Photo by CARLOS COSTA/AFP via Getty Images)

Während seiner bisherigen Amtszeit bei Benfica zeigte Roger Schmidt jedenfalls, dass ein Trainer auch nach vielen Jahren noch dazulernen kann. Seinen Stil zieht er noch immer durch und er implementiert diesen schnell in einer Mannschaft. Der Unterschied ist, dass die Radikalität nicht mehr vorhanden ist. Schmidt passt sich seiner Mannschaft und dem Gegner an, hat gelernt, dass gewisse Grundprinzipien abseits der hohen Intensität und des Pressings unabdingbar sind, um langfristig zum Erfolg zu kommen. Auch gegen den Club Brügge wird es Phasen geben, in denen Benfica die Kontrolle übernimmt und den Gegner müde spielt.

Spielfreude in einem angemessenen Rahmen

Die Bilanz von Benfica in dieser Saison liest sich beeindruckend. Die Portugiesen verloren nur zwei Pflichtspiele, beide gegen Braga. Selbst in der Gruppenphase der Champions League gegen Juventus und Paris Saint-Germain gab es in Addition acht Punkte. Zuhause verlor die Mannschaft kein einziges Spiel, was auch einen Einfluss auf die Herangehensweise in Belgien haben könnte. Benfica verfügt über die Qualität und auch die Möglichkeiten im Kader, sowohl die eigenen Stärken hervorzuheben als auch die Schwächen des Club Brügge zu bespielen. 

Vieles wird auf Joao Mario (30) und Goncalo Ramos (21) ankommen, denn beide sind in dieser Saison extrem torgefährlich. Zwölf Ligatreffer erzielten beide, auch in der Champions League machten beide schon auf sich aufmerksam. Die fluide, technisch starke Offensive hat außerdem noch weitere hochkarätige Spieler in ihren Reihen, so zum Bespiel David Neres (25), Goncalo Guedes (26) oder Rafa Silva (29). Diese Breite könnte am Ende entscheidend sein, um über 180 (+ X) Minuten die Oberhand zu behalten. 

Mögliche Aufstellungen für das Hinspiel

Club Brügge: Mignolet – Mata, Hendry, Mechele, Meijer – Onyedika, Nielsen, Vanaken – Sowah, Lang, Yaremchuk

SL Benfica: Vlachodimos – Bah, Verissimo, Otamendi, Grimaldo – Florentino, Aursnes, Joao Mario, Neres, Guedes – Ramos

Prognose

Der Club Brügge befindet sich aktuell in einer schwierigen Phase. Die Belgier gewinnen zu selten, die Anpassungen des neuen Trainers fruchten noch nicht. Zwar könnte die Außenseiterrolle dem Team etwas entgegenkommen, individuell ist der Unterschied auf einigen Positionen aber groß. Auch wenn Benfica in dieser Saison schon mit einer besseren Form in die Spiele gehen konnte, sprechen einige Elemente für die Gäste. Dass die Portugiesen also mindestens ein Remis einfahren, scheint in dieser Partie wahrscheinlich zu sein. 

(Photo by CARLOS COSTA/AFP via Getty Images)

Manuel Behlert

Vom Spitzenfußball bis zum 17-jährigen Nachwuchstalent aus Dänemark: Manu interessiert sich für alle Facetten im Weltfußball. Seit 2017 im 90PLUS-Team. Lässt sich vor allem von sehenswertem Offensivfußball begeistern.


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