Spotlight

Das Beste zum Schluss: Kroos‘ königliche Krönung

3. Juni 2024 | Spotlight | BY 90PLUS Redaktion

Toni Kroos lief am Samstagabend zum letzten Mal auf Vereinsebene auf. Dass dies Reals Taktgeber über weite Strecken kaum anzumerken war, sagt einiges aus. Das letzte Spiel der deutschen Legende im Trikot der Königlichen war sinnbildlich für sie.

Toni Kroos: Der letzte Tanz wird zur letzten Krönung

In der 85. Minute war es so weit: Toni Kroos wurde ein letztes Mal im Trikot von Real Madrid ausgewechselt. Unüblich war daran beim Stand von 2:0 für die Madrilenen gegen Borussia Dortmund im Champions-League-Finale in diesem Moment nur eines – Kroos interagierte stark mit dem nach London mitgereisten Anhang und ließ sich feiern. Es passte zur Metamorphose des deutschen Routiniers.

In fast genau zehn Jahren bei Real hat sich der 34-Jährige schließlich von einem im Deutschland beim FC Bayern fast schon verscheuchten Mittelfeldmann zu dem Strippenzieher schlechthin beim nun 15-fachen Champions-League-Sieger entwickelt. In so gut wie jeder Hinsicht gewann Weltmeister Kroos an Qualität, die er auch in Deutschland schon hatte, doch lange nicht die Anerkennung dafür erhalten sollte: Er wurde stärker im Gegenpressing, gab vermehrt Kommandos und verbesserte seine ohnehin schon starke Pass- und Standardqualität.



Es kommt nicht von ungefähr, dass nach zahlreichen Titeln mit Real (am Ende sind es mit dem sechsten Königsklassengewinn 23) auch in Deutschland mittlerweile anders über Kroos gesprochen wird; dass Bundestrainer Julian Nagelsmann sich für eine letzte EM-Teilnahme des gebürtigen Greifswalders starkmachte und dieser für seine Entscheidung, dem zuzustimmen weitgehend frenetisch in seinem Heimatland dafür gefeiert wird. 

Kroos auch in diesem Endspiel mit massivem Einfluss

Was in Deutschland viele länger nicht wahrhaben wollten, machte Kroos in seiner letzten Partie auf Vereinsebene, dem 456. Pflichtspiel für die Madrilenen, dann ausgerechnet dem deutschen Gegner Borussia Dortmund deutlich. Denn Kroos brachte nicht nur wie fast immer in seiner Real-Dekade Pass für Pass an, sondern fand ebenso ins Spiel und weckte seine Farben mit einem starken Freistoß kurz nach der Pause – Gregor Kobel parierte – auf. Das i-Tüpfelchen setzte der Mittelfeldregisseur mit seiner tollen Ecke, die das 1:0 durch Dani Carvajal hervorbrachte. Ganz nebenbei war Kroos nicht gerade unbeteiligt daran, dass der vorher so starke BVB in Durchgang zwei vorne kaum noch stattfand.

Kroos

(Photo by INA FASSBENDER/AFP via Getty Images)

Das letzte Spiel des deutschen Taktgebers Kroos, es passte also in seine große Karriere. Eine in der er seit zehn Jahren so gut wie immer gesetzt war (seit 2014 absolvierte kein Real-Spieler mehr Partien als Kroos). Selbst Luka Modric, der im Gegensatz zu Kroos noch ein Jahr weitermachen wird, spielte in der letzten Saison kaum eine Rolle. Der Kroate frohlockt dennoch: „Es wird nie wieder einen Spieler wie Toni Kroos geben.“ Auch der große Trainer Carlo Ancelotti adelt Kroos als „einen der größten Fußballer aller Zeiten“ – und der Italiener gibt offen zu darauf zu hoffen, doch noch mindestens eine Saison Toni-Kroos-Fußball im Trikot von Real Madrid begutachten zu dürfen.

Dies wird sehr wahrscheinlich jedoch nicht passieren. Kroos ist ein Mann für klare Entscheidungen, das hat er in seiner Karriere immer wieder bewiesen. Ebenso wie sein Taktgefühl. Schließlich tritt Kroos jetzt auf seinem Höhepunkt ab, eine königliche Krönung also – die Dortmund leidvoll miterleben musste.

Real, das nun 15-mal den Henkelpott holte, wird hingegen in Zukunft ohne seinen Ausnahmekönner, Dauerbrenner und Top-Vorlagengeber auskommen. Das Schließen der Lücke des deutschen Taktgebers scheinen sie in der spanischen Hauptstadt Madrid noch niemanden so recht zuzutrauen, was für die Größe des in Deutschland lange Gescholtenen spricht. Allerspätestens am Samstagabend sollte jedoch jeder gesehen haben, zu was Kroos imstande ist. Hoffentlich auch noch für den DFB.

(Photo by David Ramos/Getty Images)

Martin Jerez


Ähnliche Artikel