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EM 2024 | Ohne Frankreich und England – Die Elf der Gruppenphase

27. Juni 2024 | Spotlight | BY Till Gabriel

Die Gruppenphase der EM 2024 ist im Kasten und hielt einige Überraschungen bereit. Wir stellen euch unsere Top-Elf der Vorrunde vor.

Gruppenphase der EM 2024: Favorit Spanien, Georgien verblüfft

Vor dem Start der EM 2024 galten England und Frankreich als die Top-Favoriten auf den Titel. Nach den enttäuschenden Auftritten der teuersten Teams im Wettbewerb, muss man diesen Eindruck zwar revidieren, sollte die individuell herausragend besetzen Mannschaften jedoch nicht abschreiben.

In der 90PLUS-Elf der Gruppenphase prägen andere Nationen das Bild. “Les Bleus” und die “Three Lions” sind nicht vertreten, dafür schaffen es neben zwei Spaniern und zwei Portugiesen auch zwei Georgier in die Auswahl.



Tor: Giorgi Mamardashvili (Georgien)

Zwischen den Pfosten führt kein Weg am Georgier Giorgi Mamardashvili vorbei. Der Rückhalt des FC Valencia ist neben Dribbelkünstler Khvicha Kvaratskhelia der Star des Außenseiters. Im ersten Spiel gegen die Türkei war gegen die Kunstschüsse von Arda Güler und Mert Müldür nichts auszurichten, doch im zweiten Auftritts sicherte der 23-Jährige seinem Land fast im Alleingang den ersten Punktgewinn jemals bei einer Europameisterschaft.

Gegen Tschechien zeigte Mamardashvili die beste Torhüterleistung beim Turnier und bewies, wieso er einst mit einem Transfer zum FC Bayern in Verbindung gebracht wurde. Auch beim überraschenden Sieg gegen Gruppenfavorit Portugal parierte der Rückhalt des Teams von Willy Sagnol mehrere Male herausragend.

Rechtsverteidiger: Joao Cancelo (Portugal)

Der frühere Münchner Joao Cancelo spielt unter Roberto Martinez eine wichtige Rolle für Portugal und stellte das in den ersten beiden Partien unter Beweis. Einem soliden Auftritt gegen Tschechien ließ der 30-Jährige eine Top-Performance gegen die Türkei folgen, ehe er gegen Georgien geschont wurde.

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Innenverteidiger: Riccardo Calafiori (Italien)

Kaum ein Spieler löste bei der EM 2024 bisher einen derartigen Hype um seine Person aus wie Italiens Riccardo Calafiori. Nicht nur wegen seiner optischen Ähnlichkeit zu früheren Abwehrchefs der Squadra Azzurra wie Alessandro Nesta oder Paolo Maldini fällt der 22-Jährige auf. “Er grätscht nicht, wenn er nicht grätschen muss. Er schießt keinen Ball unters Stadiondach, wenn er keinen Ball unters Stadiondach schießen muss”, fasste Weltmeister und ZDF-Experte Christoph Kramer die unaufgeregten Vorstellungen Calafioris zusammen.

In den Schlusssekunden des letzten Gruppenspiels bereitete er zudem das wichtige 1:1 durch Mattia Zaccagni in bester Beckenbauer-Manier vor. Auch wenn dem Verteidiger von Überraschungsteam FC Bologna gegen die übermächtigen Spanier ein unglückliches Eigentor unterlief, zählt er schon jetzt zu den Gewinnern dieser EM.

Für Christoph Kramer “der beste Spieler der EM”: Riccardo Calafiori. (Photo by Claudio Villa/Getty Images for FIGC)

Innenverteidiger: Manuel Akanji (Schweiz)

Als Manuel Akanji noch für Borussia Dortmund spielte, galt der Schweizer zwar als hochveranlagter Verteidiger, war aber immer wieder für einen Fehler gut. In den zwei Jahren seit seinem Wechsel zu Manchester City hat sich der 29-Jährige zu einem der Besten auf seiner Position entwickelt.

Der Triple-Sieger von 2023 stand beim 3:1 gegen Ungarn noch im Schatten von Breel Embolo, Remo Freuler und Co., doch bei den Punkteteilungen gegen Schottland und Deutschland war Akanji ein Garant für die weitgehend stabile Defensive der Eidgenossen. Ruhe am Ball, zweikampfstark, temporeich – in Top-Form verkörpert der Schweizer das Komplettpaket eines modernen Innenverteidigers.

Linksverteidiger: Marc Cucurella (Spanien)

Wer die Leistungen von Alejandro Grimaldo in der Bundesliga gesehen hat, dürfte sich beim Blick auf die spanische Aufstellung verwundert die Augen gerieben hat. Nicht etwa der Leverkusener sondern Marc Cucurella lief in den ersten beiden Gruppenspielen auf.

Der 25-Jährige Chelsea-Legionär, der in der Schlussphase der abgelaufenen Premier-League-Saison erstmals seit seinem Wechsel aus Brighton überzeugen konnte, erfüllte seine Aufgabe tadellos. Erst im letzten, unbedeutenden Gruppenspiel durfte Grimaldo ran. Es ist auch diese Kaderbreite auf allen Positionen, die Spanien im Verlauf der Vorrunde vom Mit- zum Top-Favoriten hat werden lassen.

Zentrales Mittelfeld: Fabián Ruiz (Spanien)

Die äußert sich auch im Mittelfeldzentrum. Wo einst Xavi, Iniesta oder Sergio Busquets die Fäden zogen, laufen jetzt, abgesehen von ManCity-Sechser Rodri, meist weniger klangvolle Namen auf. Einer davon ist Fabián Ruiz, der im Verein bei Paris St. Germain zwischen Startelf, Bank und Tribüne pendelt.

Im Auftaktspiel gegen Kroatien steuerte der 28-Jährige einen Treffer und eine Vorlage zum 3:0 bei. Bei der dominanten Vorstellung gegen Italien brachte der Linksfuß 95% seiner Pässe an den Mann und bestach darüber hinaus durch starkes Zweikampfverhalten.

Zentrales Mittelfeld: Vitinha (Portugal)

Dass PSG trotz mäßiger Vorstellungen bis ins Halbfinale der Champions League vordringen konnte, lag neben Kylian Mbappé auch an Vitinha. Der portugiesische Edeltechniker macht bei der EM 2024 genau da weiter, wo er im Verein aufgehört hat. Besonders im ersten Spiel gegen Tschechien verlieh Vitinha dem bisweilen lahmenden Offensivspiel der Selecao Esprit.

Gegen die Türkei war der 24-Jährige defensiver gefordert und erledigte seine Aufgabe auf der Doppelsechs neben Joao Palhinha mit 80% gewonnenen Zweikämpfen und einer Passquote von 92% formidabel.

Christoph Baumgartner dreht jubelnd ab: Österreich wird Gruppensieger. (Photo by RONNY HARTMANN/AFP via Getty Images)

Offensives Mittelfeld: Christoph Baumgartner (Österreich)

Bei RB Leipzig ist Christoph Baumgartner meist nur Joker, für Team Austria hat sich der frühere Hoffenheimer dagegen zum Schlüsselspieler in der Offensive entwickelt. Beim wichtigen 3:1 gegen Polen erzielte er sein erstes EM-Tor, musste dann gegen die Niederlande jedoch überraschend auf die Bank.

Nach seiner Einwechslung drückte der 25-Jährige dem Spiel auch gegen die Elftal seinen Stempel auf und bereitete das entscheidende 3:2 durch Marcel Sabitzer mustergültig vor. Baumgartner verkörpert einen perfekten Akteur für das Rangnick-System. Wie viele ÖFB-Kicker ist er ein fantastischer Pressing-Spieler, bringt dazu allerdings seine technische Finesse und Kreativität ein, die dem Geheimfavorit sonst häufig fehlt.

Rechter Flügel: Jamal Musiala (Deutschland)

Jamal Musiala absolviert mit seinen 21 Jahren bereits sein drittes internationales Turnier. Schon bei der EM 2021 und der WM in Katar gehörte das Bayern-Talent zu den Lichtblicken im DFB-Team. Bei der Europameisterschaft im eigenen Land erzielte Musiala zwei Tore und spielte seine Gegenspieler gegen Schottland sowie Ungarn der Reihe nach schwindlig. Gegen die Schweiz hing der Dribbelkünstler zwar durch, das Schicksal teilte er sich jedoch mit seinen Offensivkollegen.

Linker Flügel: Cody Gakpo (Niederlande)

Dass sich die Niederlande als Dritter fürs Achtelfinale qualifizierten, lag auch am stark aufspielenden Cody Gakpo. Der Stürmer des FC Liverpool traf am 1. Spieltag gegen Polen und bei der Niederlage gegen Österreich. Neben seinen Toren ist er ein ständiger Unruheherd und Gefahrenquelle in einer Mannschaft, die bisher den eigenen Erwartungen hinterherhinkt.

Stürmer: Georges Mikautadze (Georgien)

Nicht Kylian Mbappé, nicht Cristiano Ronaldo, nicht Harry Kane: Der beste Torjäger der EM in Deutschland ist ein Georgier. Georges Mikautadze traf in jedem Spiel einmal und besiegelte mit seinem Elfmeter gegen Portugal das sensationelle Weiterkommen der EM-Debütanten vom Schwarzen Meer.

Die spektakulärste Flügelzange der EM 2024: Nico Williams und Lamine Yamal. (Photo by Fran Santiago/Getty Images)

Prominente Ersatzbank: DFB-Kapitän und Spanien-Juwele

Natürlich wussten bei der EM 2024 noch weit mehr als diese elf Akteure zu gefallen. Im Tor zeigte beispielsweise Gianluigi Donnarumma wieder sein Italien-Gesicht, nachdem er zuletzt bei PSG durchwachsene Wochen erlebte. Einen schweren Stand in der Öffentlichkeit hatte vor dem Turnier DFB-Kapitän Ilkay Gündogan, der seine Kritiker in den Spielen gegen Schottland und Ungarn verstummen ließ.

Etwas unter dem Radar fliegt Rumäniens Dennis Man, mit drei Assists der beste Vorlagengeber des Turniers. Österreichs Nicolas Seiwald und Routinier N’golo Kanté (Frankreich) sind als Sechser von enormer Bedeutung für ihre Länder.

Das dürfte auf Jahre hinaus auch für die spanische Flügelzange gelten. Der 16-jährige Lamine Yamal und Nico Williams (21) beeindrucken mit ihren spektakulären Dribblings und drehten insbesondere gegen Italien ihre Gegenspieler regelrecht ein. Einzig der mangelnde Output – beide sind noch ohne Tor – verhindern eine Nominierung für die Top-Elf.

(Photo by LLUIS GENE/AFP via Getty Images)


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