Liverpool ist menschlich, Tottenhams Two-Man-Show & ManUtd vor Wochen der Wahrheit

18. Juli 2020 | Premier League Awards | BY Chris McCarthy

7 Awards – Premier League | Der drittletzte Spieltag der Premier League ist komplett. Liverpool ist nicht perfekt, Tottenham kann sich auf zwei Spieler verlassen und West Ham hält (wohl) die Klasse.

„Nicht perfekt“ – Award: FC Liverpool

Seitdem der FC Liverpool als Meister feststeht, präsentiert sich die Mannschaft von Jürgen Klopp ungewohnt leichtsinnig, unkonzentriert und ineffizient. Das nächste Beispiel dafür gab es am Mittwochabend beim FC Arsenal. Nach einer verdienten 1:0-Führung lieferte Liverpool den Gunners doch noch alle drei Punkte auf dem Silbertablett: Die erste Liga-Niederlage nach einer Führung seit April 2017.

Den Anfang machte Virgil Van Dijk. Der sonst so souveräne Abwehrkoloss ließ sich – etwas überheblich – von Reiss Nelson bedrängen und spielte dann einen viel zu kurz geraten Pass auf Torhüter Alisson. Alexandre Lacazette fand den Ball und erzielte das 1:1. Keine 13 Minute später ließ Alisson einen Einwurf von Andrew Robertson fahrlässig zum Schotten zurückprallen. Wieder war es Lacazette, der den Braten roch. Dieses Mal legte der Angreifer mustergültig auf Nelson vor, der das 2:1 markierte. Liverpool hatte in der Folge genügend aussichtsreiche Gelegenheiten, die Fehler zu korrigieren, scheiterte allerdings wie schon gegen Burnley an der eigenen Präzision, der gegnerischen Defensive und dem Torhüter (Emiliano Martinez).

Ist es die bereits feststehende Meisterschaft? Überheblichkeit? Erschöpfung? Für Jürgen Klopp sind die aktuellen Schwankungen simpler zu erklären, zumal die Motivation seines Teams unverändert hoch erscheint. „Die Einstellung war gut, aber wir haben abgeschaltet und deswegen haben wir verloren“, sagte der 53-Jährige nach der Partie und betonte: „Das ist Fußball. Manche sind überraschst, dass die Jungs menschliche Wesen sind – ich nicht. Ab und zu sind sie nicht perfekt.“

„Fehler-Erzwinger“ – Award: FC Arsenal

Manch einem wird aufgefallen sein, dass der FC Arsenal in den vergangenen Wochen einige Geschenke erhielt. Vor den Patzern des FC Liverpool nutzten die Gunners in den letzten Wochen gegen Norwich und Southampton bereits ähnliche Unachtsamkeiten des Gegners im Spielaufbau aus.

Sicher, es waren allesamt vermeidbare Fehler. Nichtsdestotrotz waren sie auch die direkte Folge des sichtlich verbesserten Pressings seit der Ankunft von Trainer Mikel Arteta. Die Spieler schieben früh, aggressiv und vor allem mit System auf ihre Gegner und sorgen für falsche Entscheidungen.

„Man kann sehen, wie sie in jeden Zweikampf gehen, in jede Aktion, wie intensiv sie spielen. Jeder ist bereit, das zu tun und wenn du auf den presst, wirst du beim Gegner Fehler erzwingen“, freute sich der spanische Trainer nach dem Spiel. Die Qualifikation für die Europa League ist bei zwei Zählern Rückstand noch in Sicht.

(Photo: Imago)

„Wochen der Wahrheit“ – Award: Manchester United

Das späte Gegentor zum 2:2-Endstand gegen Southampton wurde offenbar gut verkraftet. Durch einen 2:0-Arbeitssieg bei Crystal Palace ist Manchester United wettbewerbsübergreifend nun seit 19 Spielen ungeschlagen – die längste Serie seit November 2010 unter Sir Alex Ferguson.

Dank neugefundener Kontinuität und vor allem neugefundener Kreativität durch die Ankunft von Bruno Fernandes bietet sich ManUtd nun trotz einer schwachen Hinserie ein mehr als versöhnlicher Abschluss. Die Wochen der Wahrheit stehen an. Zwei Titel sowie die Rückkehr in die Champions League stehen auf dem Spiel. Der dafür benötigte Platz vier wird mit drei Toren Vorsprung von Leicester belegt: Am letzten Spieltag kommt es zum Showdown.

  • 19.7. FA-Cup-Halbfinale gegen den FC Chelsea (N)
  • 22.7. Premier League: West Ham (H)
  • 26.7. Premier League, letzter Spieltag: Leicester (A)
  • Ab 5.8. Europa League
    • Achtelfinal-Rückspiel LASK (H, Hinspiel 5:0)
    • Viertelfinale gegen FC Kopenhagen/Basaksehir

Bei all der (berechtigten) Kritik an Trainer Ole Gunnar Solskjaer, hat der Norweger nun eine riesige Gelegenheit, Resultate sprechen zu lassen.

„Two Man Show“ – Award: Tottenham

Seit dem Trainerwechsel von Mauricio Pochettino zu José Mourinho im November 2019 sind bei den Tottenham Hotspur kaum spielerische Fortschritte erkennbar. Gleichzeitig haben seitdem allerdings nur Liverpool und Manchester City mehr Siege in der Premier League eingefahren als die Spurs.

Das liegt vor allem an der pragmatischen, aber derzeit effizienten Spielweise Mourinhos. Dass diese erfolgreich ist, liegt vor allem an der „Two-Man-Show“ der Londoner: Heung-Min Son und Harry Kane.

Zusammen war die südkoreanisch-englische Kombination seit dem Restart an sieben der insgesamt acht erzielten Treffer direkt beteiligt – Tottenham profitierte zudem von zwei Eigentoren.

Dank Kane und Son sowie ein Stück weit auch der Coronavirus-Pause – für beide Spieler schien vor der Unterbrechung verletzungsbedingt die Saison gelaufen zu sein – sind die Spurs wieder auf Europa-League-Kurs: Ein Punkt Vorsprung auf Sheffield United, zwei auf Arsenal.

(Photo: Imago)

„Überlebenswichtige Miniserie“ – Award: West Ham United

Für West Ham United war es (erneut) eine Saison zum Vergessen. Mit großen Ambitionen gestartet, landeten die Hammers im Abstiegskampf. Der Trainerwechsel zeigte kaum Wirkung, doch letztendlich hatte die Mannschaft dennoch genügend individuelle Klasse, um sich durchsetzen.

So auch am Freitagabend, beim 3:1-Erfolg über Mitkonkurrent Watford. Für West Ham war es der zweite Sieg in Serie – das gelang zuletzt im August 2019.

Sei es drum, bei zwei verbleibenden Spielen, sechs Punkten und zwölf Toren Vorsprung auf den ersten Abstiegsplatz wurde die Klasse wohl gesichert.

„Spätes Aufbäumen“ – Award: Bournemouth

Mit nur zwei Punkten aus neun Spielen hatte sich der AFC Bournemouth im Abstiegskampf der Premier League wahrlich ein Grab geschaufelt. Vergangene Woche gab es dann einen Hoffnungsschimmer. Die Mannschaft von Eddie Howe holte ein 0:0 gegen Tottenham und bezwang Leicester City mit 4:1.

Undankbarerweise folgte nun ein Gastspiel bei Manchester City. Dennoch: Der Underdog bot der Übermannschaft von Pep Guardiola trotz frühen Rückstands durch David Silva (6.) Paroli und hielt auch nach dem 0:2 (Gabriel Jesus, 36.) mit aller Macht dagegen. Erstmals seit April 2016 schoss eine Gästemannschaft öfter bei Manchester City aufs Tor als die Hausherren (14:8).

Die Chancen wurden allerdings nicht genutzt, die Qualität des Gegners setzte sich durch. „Die Spieler gaben alles, bis zum Ende, und kreierten eine Großzahl an Chancen. Das ist schwer zu schlucken“, kommentierte ein ernüchterter Eddie Howe nach dem Spiel.

Bei noch zwei ausstehenden Spielen (Southampton Everton) und drei Punkten Rückstand könnte das späte Aufbäumen gerade noch rechtzeitig kommen. „Ich hoffe die Jungs nahmen heute viel Selbstbewusstsein mit“, so Howe.

„Kostspielige Schlussphase“ – Award: Aston Villa

Nach 87 Minuten sah es aus, als würde Aston Villa einen immens wichtigen Dreier aus Everton mitnehmen. Dann erzielte Theo Walcott den Ausgleich.

Ein bekanntes Muster für die Villains, die bei drei Punkten Rückstand auf Platz 17 wohl beide Spiele gegen Arsenal und West Ham gewinnen werden müssen, um Chancen auf den Klassenerhalt zu haben. Keine Mannschaft der Premier League hat in dieser Saison mehr Gegentore in der Schlussviertelstunde gefangen als Aston Villa (17)

Restprogramm Abstiegskampf

  • 17. Watford (34 Punkte/ -23 Tore): ManCity, Arsenal (A)
  • 18. Bournemouth (31/-25): Southampton, Everton (A)
  • 19. Aston Villa (31/-27): Arsenal, West Ham (A)
  • 20. Norwich: (21/-42) bereits abgestiegen

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(Photo by GLYN KIRK/POOL/AFP via Getty Images)

Chris McCarthy

Gründer und der Mann für die Insel. Bei Chris dreht sich alles um die Premier League. Wengerball im Herzen, Kick and Rush in den Genen.


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