Blick über den Tellerrand | Ajax und Feyenoord vor Showdown, Sion-Präsident ernennt sich zum Trainer

15. März 2023 | Global News | BY Yannick Lassmann

Die Berichterstattung über den internationalen Fußball dreht sich hauptsächlich um die führenden fünf europäischen Ligen und ihre Topklubs. Doch auch dahinter wird attraktiver Fußball geboten, auf den wir regelmäßig im „Blick über den Tellerrand“ ein genaueres Auge werfen. Unser Blick richtet sich dabei auf die deutschen Nachbarländer Niederlande, Belgien, Österreich und die Schweiz sowie Portugal und Schottland, die in der UEFA-Fünfjahreswertung starke Positionen einnehmen.

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Primeira Liga: Kommt der Sporting-Lauf zu spät? – Gil Vicente befreit sich

Keine Bewegung herrschte zuletzt an der Spitze der Primeira Liga: Benfica (65 Punkte), das vergangene Woche durch einen eindrucksvollen 5:1-Erfolg über Brügge das Champions-League-Viertelfinale erreichte, eilt weiter zielstrebig in Richtung Meistertitel. Die Aufgaben gegen Famalicao (2:0) und bei Marítimo Funchal (3:0) erledigte der Spitzenreiter souverän. Schon schwerer tat sich der FC Porto (57), der sowohl gegen Estoril (3:1) als auch beim Auswärtsspiel gegen Chaves (3:2) vor allem defensiv in größere Bedrängnis geriet und froh sein konnte, jeweils die volle Punktzahl einzufahren. Klar ist allerdings, das ein ähnliche Auftritt gegen Inter am Dienstagabend nicht zum Weiterkommen ausreichen wird.

 

Sporting Braga (55) reagierte auf die Derbyniederlage bei Guimaraes (1:2) mit zwei überzeugenden Siegen. Auf das 2:0 gegen Rio Ave folgte ein wesentlich zu klar ausfallendes 4:0 bei Vizela, bei dem der Drittplatzierte mit gnadenloser Effektivität glänzte. Die Resultate dürften Sporting (50) nicht gefallen. Über weite Strecken der Saison fiel die zweite Lissabonner Kraft durch inkonstante Leistungen auf. Mittlerweile strahlt sie wieder mehr Stabilität aus, gewann die vergangenen vier Ligaspiele relativ ungefährdet und knüpfte in der Europa League dem FC Arsenal ein 2:2 ab, das sogar leistungsgerecht ausfiel. Trotzdem: Sporting wirkt weiterhin von allen Topteams in Portugal als das Team, das die größten Leistungsschwankungen zeigt.

Eredivisie: Alle Augen auf De Klassieker – Vitesse mit Stadionproblematik

Am 19. März richten sich um 14:30 Uhr wohl die Blicke aller niederländischen Fußballinteressierten auf die Johan-Cruyff-Arena. Die 201. Auflage von De Klassieker, dem bedeutendsten Fußballspiel des Landes, besitzt nämlich auch im Titelrennen wegweisenden Charakter. Die Vorarbeit haben Ajax (55) und Feyenoord (58) in den vergangenen Wochen geleistet. Der Tabellenführer aus Rotterdam siegte in der Eredivisie fünfmal hintereinander, entschied auch zähe Partien wie die jüngsten Heimspiele gegen Groningen (1:0) und Volendam (2:1) für sich. Besser aufgelegt zeigten sich die Amsterdamer seit dem Trainerwechsel zu Johnny Heitinga. Nach überragender Anfangsphase gewannen sie am Sonntag auch das siebte Ligaspiel unter seiner Leitung mit 4:2 in Heerenveen und wollen nun an die Tabellenspitze zurückkehren.

Ein Unentschieden dürfte sich wohl AZ Alkmaar (53) wünschen. Als Drittplatzierter liegt das Team in Reichweite der beiden Spitzenmannschaften – und das trotz Dreifachbelastung. Die zurückliegende englische Woche meisterte die Mannschaft von Pascal Jansen herausragend. Auf den 1:0-Arbeitssieg bei Vitesse folgte der Conference-League-Vergleich mit Lazio. Den schnellen Rückstand durch Pedro glich AZ in Person von Torjäger Evangelos Pavlidis kurz vor dem Pausenpfiff aus. In der 56. Minute erzielte der hoch talentierte Milos Kerkez den Siegtreffer, sodass Alkmaar sich vor dem Rückspiel am Donnerstag große Chancen auf das Viertelfinale der Conference League ausrechnen darf. Die Generalprobe meisterte es am Sonntag. Ein frühes Tor von Jesper Karlsson langte zum 1:0-Sieg.

Ganz andere Sorgen besitzt dagegen Vitesse Arnhem (23). Viermal hintereinander setzte es zuletzt eine Niederlage, nicht nur gegen die Spitzenteams aus Amsterdam und Alkmaar, sondern auch gegen Volendam (0:2), einen direkten Konkurrenten, oder Sparta Rotterdam (1:3). Bei letztgenanntem Kontrahenten lag Vitesse am vergangenen Samstag frühzeitig in Front, stand aber dennoch auf verlorenem Posten. Die schon gebannt geglaubte Abstiegsgefahr kehrte angesichts von nur noch drei Punkten Vorsprung auf den Relegationsplatz zurück. Hinzu kommen Schwierigkeiten abseits des Platzes. Der Verein konnte sich nämlich mit der Stadiongesellschaft des GelreDome noch nicht auf eine Vertragsverlängerung einigen. Sollte dies in naher Zukunft nicht geschehen, steht er ohne Stadion dar und könnte im schlimmsten Fall, die Lizenz für die Saison 2023/24 entzogen bekommen.

Jupiler Pro League: Saint-Gilloise strebt Großes an – Parker muss Brügge schon wieder verlassen

Ein Schlagerspiel nach dem anderen steht aktuell für Royal Union Saint-Gilloise (62) auf dem Programm. Insbesondere die letzten zwei Wochen hatten es in sich. Dabei begannen sie mit einem ernüchternden Moment. Der Einzug in das Pokalfinale wurde nämlich hauchdünn verpasst. Im Elfmeterschießen unterlag RUSG, welches das Hinspiel noch mit 1:0 gewann, bei Royal Antwerpen und verpasste den Einzug in das Pokalfinale. Dies wird neben dem im Ligabetrieb auf Rang drei platzierten Antwerpen der KV Mechelen bestreiten. David Bates, einst beim Hamburger SV aktiv, traf im Rückspiel zum 1:0 gegen das zu diesem Zeitpunkt bereits dezimierte Zulte Waregem. Da Mechelen das Hinspiel bereits gewann, feierte es den Einzug in das für den 30. April terminierte Finale des Beker van Belgie.

Royal Union Saint-Gilloise wird die Begegnung höchstens als TV-Zuschauer verfolgen, könnte sich zu diesem Zeitpunkt aber mit anderen Herausforderungen beschäftigen. Auf das Pokalaus folgte gab es einen mühevollen 2:1-Sieg gegen Eupen, der schnell abgehakt wurde, weil schon am Donnerstag das Europa-League-Achtelfinalhinspiel bei Union Berlin wartete. Hier glänzte RUSG mit einer eiskalten Verwertung von Torchancen, die eigentlich dem Gegner immer nachgesagt wird, ergatterte ein 3:3-Remis und schnuppert am Erreichen der Runde der letzten Acht. Vor dem Rückspiel ging es noch zum Spitzenspiel beim KRC Genk (67). Bryan Heynen brachte den Tabellenführer per Strafstoß in Minute 24 in Führung. Doch noch vor der Pause bogen Bart Nieuwkoop sowie Simon Adingra den Rückstand um. Anschließend verteidigten die Gäste den Vorsprung sehr geschickt und landeten einen wichtigen 2:1-Erfolg, der sie auf fünf Punkte an Genk heranbrachte.

(Photo by KRISTOF VAN ACCOM/Belga/AFP via Getty Images)

Die Meisterschaft werden Genk, Saint-Gilloise und möglicherweise Royal Antwerpen unter sich aus machen. Keine Rolle spielt dagegen der Titelverteidiger FC Brügge (49). Rang vier täuscht wohl sogar noch über den weitestgehend ernüchternden Saisonverlauf hinweg. Nach der 1:5-Niederlage am Mittwochabend bei Benfica, die nach toller Vorrunde das Aus in der Champions League bedeutete, trennte sich der Verein von Coach Scott Parker, der erst an Silvester 2022 verpflichtet wurde. Der Engländer löste den erst im Sommer zum Chef beförderten Cark Hoefkens ab, gewann allerdings nur zwei von zwölf Pflichtspielen. Besserung trat unter Interimstrainer Rik de Mil ein: Der FC Brügge bezwang am Sonntag in einem richtungsweisenden Heimspiel Standard Lüttich mit 2:0.

Bundesliga: Salzburg marschiert in Richtung Meisterschaft, Altach stürzt weiter ab

Mit dem Pokalaus startete RB Salzburg (54) ins Kalenderjahr 2023. Angesichts von keinem Sieg aus drei Duellen mit dem ärgsten Verfolger Sturm Graz (45) wurde sogar über eine Ablösung des seit 2014 durchgehend amtierenden Champions spekuliert. Doch der Ligaprimus schaffte in den Wochen darauf Klarheit, gewann sämtliche fünf Ligaspiele. Die Mannschaft von Matthias Jaissle stand zuletzt noch einmal vor größeren Herausforderungen. Zunächst stieg das schwierige Auswärtsspiel beim stark verbesserten Rekordmeister Rapid Wien (33). Gerade im ersten Abschnitt verlief die Begegnung auf Augenhöhe, doch nach dem Seitenwechsel setzte sich die hohe Qualität im Salzburger Kader durch. Ein lupenreiner Hattrick von Benjamin Sesko ebnete den Weg zum letztlich zu klar ausfallenden 4:2-Erfolg.

Danach ging es zum LASK (37), der als Tabellendritter ebenfalls keine leichtzunehmende Hürde darstellt. Zudem konnte er auf die Unterstützung von über 18.000 Anhängern im frisch sanierten Stadion zurückgreifen. Sportlich entstand jedoch kein Vergleich auf Augenhöhe. Zu überlegen agierte Salzburg. Sékou Koita und der im Sommer nach Leipzig wechselnde Nicolas Seiwald trafen beim ungefährdeten 2:0-Erfolg. Sturm, das sich durchaus Chancen auf einen Salzburger Patzer ausrechnete, festigte immerhin den zweiten Platz. Die Siege über Lustenau (2:0) und Austria Wien (3:1) fielen überzeugend aus und unterstrichen nochmals, dass die Grazer aktuell wohl die klar erkennbar zweitstärkste Kraft in Österreich stellen.

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In ganz anderen Gefilden bewegt sich dagegen der SCR Altach (16). Dies war den Verantwortlichen, die vor Saisonbeginn Miroslav Klose als Cheftrainer präsentieren, stets bewusst. Die Lage spitzt sich jedoch immer mehr zu, was sich schon in der Transferphase andeutete, als begabte Akteure wie Alexis Tibidi ohne wirklichen Ersatz abgegeben wurden. Seitdem sammelte der SCR lediglich einen Punkt aus fünf Ligaspielen, blieb dabei 367 Minuten torlos. Im Abstiegsgipfel gegen den SV Ried beendete Mike-Steven Bähre die Flaute in der siebten Minute. Der Treffer brachte Altach jedoch keine Sicherheit. Die gesamte Spielzeit über kontrollierten die Gäste das Geschehen, gewannen letztlich mit 2:1 und reichten die Rote Laterne an den SCR weiter. Dieser wird sich davon am letzten Spieltag der Hauptrunde wohl kaum trennen, denn es wartet das Auswärtsspiel in Salzburg. Die Trendwende muss also in der Abstiegsrunde her. Ob der zunehmend kritisierte Klose dann noch das Zepter in der Hand hat, bleibt abzuwarten.

Premiership: Celtic lässt Hearts zweimal abblitzen – Pokal-Viertelfinals sind vorüber

Erst am 26. Februar bestritten Celtic (79) und die Rangers (70) das Endspiel des League Cups. Im SFA-Cup könnte es schon bald zu einer Neuauflage kommen, denn es scheint so, als würde lediglich die Auslosung ein Finale zwischen den beiden Erzrivalen verhindern können. Die Rangers gewannen standesgemäß ihr Viertelfinale gegen die Raith Rovers, einem durchschnittlichen Zweitligisten, mit 3:0. Ebenso glatt gewann das national kaum zu bändigende Celtic bei den Hearts of Midlothian. Der aktuelle Tabellendritte hatte im eigenen Stadion nichts entgegenzusetzen, geriet bereits nach nicht einmal 120 Sekunden durch Aaron Mooy ins Hintertreffen. Kurz vor dem Pausenpfiff erhöhte der wieder einmal auffällige und seine Leistung mit einem Hackentor vollendende Kyogo Furuhashi auf 0:2. Nach dem Seitenwechsel stellte Innenverteidiger Cameron Carter-Vickers den 0:3-Endstand her.

(Photo by Ian MacNicol/Getty Images)

Am vorherigen Mittwoch stieg der Ligavergleich zwischen beiden Mannschaften. Hier erwischten die Hearts den besseren Start, führten durch Josh Ginelly nach sechs Minuten, doch Daizen Maeda erzielte den schnellen Ausgleich (25.). Nach dem Seitenwechsel sorgten Furuhashi und der eingewechselte Sead Haksabanovic für klare Verhältnisse. Die beiden Duelle mit dem Ligaprimus zeigten die Hearts nochmals auf, dass mehr als Rang drei in näherer Zukunft wohl kaum realistisch scheint. Dieser ist zumindest gesichert, denn der Vorsprung auf Hibernian, den Stadtrivalen aus Edinburgh, beträgt fünf Zähler, auch dank der teils sehr überlegen geführten direkten Vergleiche.

Im Pokalhalbfinale werden sich Celtic und die Rangers allerdings nicht mit Ligakonkurrenten messen. Der abstiegsgefährdete FC Kilmarnock (24) vergab die große Gelegenheit auf den Einzug unter die letzten Vier. Bei Zweitligist Inverness ging er sogar in der dritten Minute durch Kyle Vassell in Führung, verlor danach aber den Faden. Die Konsequenz war das 1:1 durch einen verwandelten Elfmeter von Billy McKay. Fünf Zeigerumdrehungen später gelang Sean Welsh der Siegtreffer für Inverness, das als einziger Zweitligist unter den letzten Vier steht. Hinzu kommt noch ein Drittligst. Der FC Falkirk gewann am Montagabend gegen den klassenhöheren Ayr United FC nach Rückstand mit 2:1.

Super League: Trainerchaos in Sion, Grasshoppers mit Befreiungsschlag

Standesgemäß mit 4:0 bezwangen die Young Boys (51 Punkte) den aufgrund eines Platzverweise frühzeitig dezimierten FC Sion (23) mit 4:0. Angesichts von 16 Punkten Vorsprung dürfte der 16. Berner Meistertitel nur noch eine Frage der Zeit sein. Wesentlich mehr Aufregung bietet der Abstiegskampf – und dort insbesondere der letzte YB-Gegner. Der ewige Präsident Christian Constantin traf schon so manch eigenwillige Entscheidung. Gerade bei Trainerwechseln besitzt er eine sehr kurze Zündschnur. Auf die Sieglosserie im Jahr 2023 reagierte er daher mit der Beurlaubung von Übungsleiter Fabio Celestini  für vorerst eine Woche. Zum Interimstrainer ernannte Constantin seine eigene Person. Unter seiner Leitung ergatterte der FCS zumindest im Ligabetrieb ein Remis gegen Lugano (1:1), scheiterte aber im Pokal kurioserweise deutlich am selben Gegner.

(Photo by FABRICE COFFRINI/AFP via Getty Images)

Während seiner Tätigkeit als Coach bemühte sich der allmächtige Constantin zugleich um einen neuen Trainer. Dem Präsidenten gelang es, trotz der sportlich schwierigen Situation einen prominenten Namen zu verpflichten, während Celestini nach nicht einmal vier Monaten Amtszeit endgültig die Koffer packen durfte. Davide Bettoni, zuvor bei allen Champions-League-Erfolgen bei Real Madrid an der Seite von Zinedine Zidané tätig, setzte sich auf den Schleudersitz. Sein Start fiel auswärts in Bern denkbar schlecht aus. Schon im kommenden Heimspiel soll das Resultat stimmen. Der FC Sion besitzt die Möglichkeit, mit einem Sieg über die Grasshoppers (28) Anschluss an einen direkten Konkurrenten herzustellen.

Der Zürcher Traditionsklub befand sich in einer ähnlich schwierigen Situation wie der FC Sion, hielt aber an Trainer Giorgio Contini fest. Der Lohn folgte in Form von vier Zählern aus zwei Spielern. Beim FC St. Gallen sprang nach munteren 90 Minuten ein munteres 1:1 heraus. Das Sechs-Punkte-Spiel gegen den FC Winterthur (23), aktuell aufgrund des schlechtesten Torverhältnisses Schlusslicht der Super League, entschied GC für sich. Guilherme Schettine erzielte das Siegtor. Die Grasshoppers liegen somit fünf Punkte vor dem Tabellenende und drei Punkte vor dem FC Zürich. Der Stadtrivale konnte den starken Start ins Jahr nicht bestätigen und blieb zuletzt gegen stärkere Gegner dreimal hintereinander sieglos.

(Photo by MAURICE VAN STEEN/ANP/AFP via Getty Images)

Yannick Lassmann

Rafael van der Vaart begeisterte ihn für den HSV. Durchlebte wenig Höhen sowie zahlreiche Tiefen mit seinem Verein und lernte den internationalen Fußball lieben. Dem VAR steht er mit tiefer Abneigung gegenüber. Seit 2021 bei 90Plus.


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