Blick über den Tellerrand | Porto stoppt Benfica, Celtic vor der Meisterschaft

12. April 2023 | Global News | BY Yannick Lassmann

Die Berichterstattung über den internationalen Fußball dreht sich hauptsächlich um die führenden fünf europäischen Ligen und ihre Topklubs. Doch auch dahinter wird attraktiver Fußball geboten, auf den wir regelmäßig im „Blick über den Tellerrand“ ein genaueres Auge werfen. Unser Blick richtet sich dabei auf die deutschen Nachbarländer Niederlande, Belgien, Österreich und die Schweiz sowie Portugal und Schottland, die in der UEFA-Fünfjahreswertung starke Positionen einnehmen. Es gibt womöglich nochmal einen Titelkampf zwischen dem FC Porto und Benfica, während Celtic die Rangers distanzierte und ein lange Zeit in der Versenkung verschwundener Traditionsklub von der Meisterschaft träumt.

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Primeira Liga: Benfica erleidet Dämpfer nach Schmidt-Verlängerung

„Ich habe das Gefühl, am richtigen Ort zu sein. Ich bin sehr glücklich, dass Benfica an mich glaubt.“ So lauteten die Worte von Roger Schmidt (56), nachdem er seinen Vertrag bei Benfica bis 2026 verlängerte. Der einst in der Bundesliga zwar sportlich anerkannte aber oftmals aneckende Trainer scheint auf seinen Auslandsstationen in Peking sowie Eindhoven gereift zu sein und nun in Lissabon sein Glück gefunden zu haben.

Die Resultate sprechen eine eindeutige Sprache: In 42 Pflichtspielen gab es bis zum Karfreitag 36 Siege, vier Unentschieden und zwei Niederlagen, sowohl im Ligabetrieb als auch im Pokal gegen Sporting Braga. Einen Dämpfer setzte es dann im mit Spannung erwarteten Topspiel gegen den FC Porto. Trotz früher Führung durch einen wuchtigen Kopfball von Torjäger Goncalo Ramos, der vom Rücken des Gästekeepers Diogo Costa ins Netz prallte, gelang es dem von über 62.000 Fans unterstützten Rekordmeister nicht, die gewohnte energiegeladene Spielweise auf den Rasen zu bringen.

Das Geschehen war geprägt von vielen intensiv geführten Zweikämpfen und ungewöhnlich vielen Fehlern auf Seiten von Benfica. Ein Unaufmerksamkeit in der Defensive führte in der 45. Minute zum Ausgleich durch Mateus Uribe. Vollkommen chaotisch agierte die Viererkette nach dem Seitenwechsel, was zum 1:2 durch Mehdi Taremi (54.) führte. Akteure wie der hochtalentierte, von Schmidt enorm geförderte António Silva oder der auf der linken Seite sonst konstant überzeugende Alejandro Grimaldo gaben keine allzu gute Figur in den entscheidenden Situationen ab. Hinzu kam das frühzeitige verletzungsbedingte Ausscheiden von Rechtsverteidiger Alexander Bah, der das 1:0 noch eingeleitet hatte.

Doch nicht nur hinten leistete sich der Spitzenreiter seltene Schwäche. Auch offensiv lief nur wenig zusammen, weshalb der FC Porto den 2:1-Vorsprung recht souverän über die Ziellinie transportierte und den Rückstand in der Tabelle auf sieben Punkte bei noch ebenso vielen ausstehenden Spielen verkürzte. Das Restprogramm dürfte Benfica vor Herausforderungen stellen, denn es warten noch Duelle mit Braga und dem Stadtrivalen Sporting. Die Bilanz aus den Vergleichen mit den Top-Vier schaut wettbewerbsübergreifend übrigens längst nicht so erfolgreich aus wie die gesamte Saison. Aus fünf Partien sprang nämlich lediglich ein Sieg heraus.

Jupiler Pro League: Saint-Gilloise träumt von Meisterschaft und will Leverkusen stoppen

Elf Meisterschaften und zwei Pokalsiege sprechen für sich: Royale Union Saint-Gilloise zählt zu den erfolgreichsten Vereinen Belgiens. Wenn man die Erfolge jedoch genauer betrachtet, kommt man zu der Erkenntnis, dass der Traditionsklub in der jüngeren Vergangenheit kaum noch eine Rolle spielte. Der letzte Titel stammt nämlich aus dem Jahr 1935. Im Sommer 2021 kehrte RUSG nach 48-jähriger Abstinenz in die Jupiler Pro League zurück.

Schnell wurde klar, dass es sich um einen ganz besonderen Aufsteiger handelt. Mit dem Abstiegskampf hatte er nämlich vom Start weg rein gar nichts zu tun. Stattdessen mischt Saint Gilloise an der Spitze mit und beendete die vergangene Saison letztlich als Vizemeister hinter dem FC Brügge. Dass dieser Erfolg keineswegs zufällig entstand, bestätigte die laufende Spielzeit. RSGU greift, obwohl Erfolgscoach Felice Mazzu zum Brüsseler Stadtrivalen RSC Anderlecht abwanderte und dort schon ach nicht einmal vier Monaten seinen Posten räumen musste, wieder ins Meisterschaftsrennen ein, grüßt aktuell von Rang zwei.

(Photo by BRUNO FAHY/BELGA MAG/AFP via Getty Images)

Die Wiederauferstehung des exzellent mit seinen geringen Mitteln umgehenden und auf ein gutes Scouting bauenden Traditionsvereins stößt dennoch nicht überall auf Gegenliebe. Grund dafür ist der Besitzer Tony Bloom, der sein Vermögen über Pferdewetten und Pokerturniere aufbaute. Er führt nämlich auch, ebenfalls sehr vorbildlich, den Premier-League-Klub Brighton & Hove Albion. Bezeichnend für die Verbindung beider Klubs steht wohl der Wechsel des aus Meppen zu Saint-Gilloise gekommenen Angreifers Deniz Undav. Ihn zog es nach starken Leistungen in Belgien nach Brighton, wo er sich aber noch nicht nachhaltig durchsetzen konnte.

Am vergangenen Samstag erlitt RSGU einen leichten Rückschlag im Kampf um die Meisterschaft. Beim starken Tabellenvierten KAA Gent gab es ein 1:1. Der Rückstand auf Genk schrumpfte aufgrund der Niederlage des Spitzenreiters sogar auf zwei Punkte. Der Fokus des Vereins dürfte sich schon kurz nach Abpfiff auf den Donnerstagabend gerichtet haben. Denn es steht ein großes Highlight in der über 125-jährigen Vereinsgeschichte auf dem Programm. Im Europa-League-Viertelfinale tritt Saint-Gilloise bei Bayer Leverkusen an.

Um sich der Schwierigkeit der Aufgabe zu vergewissern, muss der Werksklub nur bei Ligakonkurrent Union Berlin nachfragen. Dieser traf nämlich sowohl in der Gruppenphase als auch im Achtelfinale auf den seit Sommer vom vorherigen Co-Trainer Karel Geraerts belgischen Tabellenzweiten und gewann lediglich eines von vier Duellen. In den K.o-Spielen wurde er sogar durch die eigenen Waffen bezwungen. An der alten Försterei nutzte RSGU seine Möglichkeiten eiskalt und ergatterte ein 3:3. Im Rückspiel, das aufgrund des von der UEFA für untauglich erachteten eigenen Stadions in Anderlecht stattfand, gelang Teddy Teuma das frühe 1:0, woraufhin sich Saint-Gilloise zurückzog, kaum eine Chance zuließ und per Konter zwei weitere Treffer nachlegte und glatt mit 3:0 gewann, sodass die Reise in Europa fortgesetzt und der Leverkusener Respekt vorhanden sein wird.

Premiership: Celtic triumphiert im Old Firm und ist der Meisterschaft nahe

Die 434. Auflage des Old Firm hatte es wieder einmal in sich. Die rund 60.000 mitfiebernden Zuschauenden bekamen von Anfang an eine mitreißende Partie geboten, in der die ersten beiden Tore durch das Schiedsrichtergespann um den viel beschäftigten Kevin Clancy aberkannt worden. Gerade das Tor der Rangers durch Alfredo Morelos sorgte durchaus für Diskussionen. Solche Zweikämpfe wurden auf der britischen Insel auch schon mal durchgewunken. So war es wieder einmal Kyogo Fururashi, der Celtic, indem er nach feiner Kombiantion zum 1:0 vollendete mit 1:0 in Führung brachte.

Kurz vor dem Pausenpfiff glich James Tavernier mit einem traumhaften Freistoß aus. Doch nach dem Seitenwechsel übernahm Celtic das Kommando. Nachdem die Ranges den Ball nicht aus der Gefahrenzone geklärt bekamen, war erneut Fururashi zur Stelle – 2:1. Als sich John Souttar einen zu kurzen Rückpass erlaubte, spritzte Jota dazwischen und erzielte das 3:1. Der nun bei unfassbaren 15 Saisontoren stehende Außenverteidiger Tavernier verkürzte nochmals auf 3:2. Seine Mannschaft musste sich, obwohl sie sich im Vergleich zu anderen Gastspielen im Celtic Park wesentlich stabiler präsentierte, allerdings erneut geschlagen geben.

(Photo by Ian MacNicol/Getty Images)

Strahlender Sieger war wieder einmal Celtic, das in der Tabelle nun zwölf Punkte vor dem Erzrivalen liegt. Bei noch sieben ausstehenden Partien ist der Gewinn des 53. Meistertitels eine Frage der Zeit. Gerade wenn man die Bilanz genauer betarchtet. Die in den vergangenen 16 Pflichtspielen siegreichen Bhoys sammelten nämlich überragende 88 von 93 maximal möglichen Zählern ein und bringen es mit ihrem höchst attraktiven Ballbesitzstil auf ein Torverhältnis von 98:23.

Als Architekt des Erfolgs gilt Trainer Ange Postecoglou. Bei der Verpflichtung des zuvor lediglich in Australien und Japan tätigen Coachs bildeten sich noch Fragezeichen auf der Stirn vieler Celtic-Anhänger. Inzwischen fällt die Verehrung riesig aus, denn einen ansehnlicheren und dazu zumindest auf nationaler Ebene extrem erfolgreichen Fußball spielte eine Celtic-Mannschaft wohl selten.

Selbiges gilt für Kyogo Fururashi, dem Dreh- und Angelpunkt im Offensivspiel. Im Sommer 2021 kam er für rund fünf Millionen Euro Ablöse von J-League-Klub Visuell Kobe. Die Skepsis fiel groß aus und wuchs nachdem der Japaner in der vergangenen Spielzeit verletzungsbedingt rund die Hälfte der Spiele verpasste, aber schon gute Ansätze zeigte. Der endgültige Durchbruch gelang in der laufenden Saison. Fururashi erzielte bereits 28 Pflichtspieltore und entschied die letzten beiden Old Firms jeweils per Doppelpack. Seine Auftritte dürften auch den ein oder anderen Klub beeindruckt haben, möglicherweise aus der Premier League. Im Fall des Angreifers kann Celtic auf den noch bis 2025 laufenden Vertrag verweisen. Bei Postecoglou hingegen endet das Arbeitspapier am 31.05.2023. Angebote aus größeren Ligen wird es geben. Die Zukunft des australischen Trainers, der vielen Fans die Freude am Fußball zurückbrachte, ist aktuell offen.

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Yannick Lassmann

Rafael van der Vaart begeisterte ihn für den HSV. Durchlebte wenig Höhen sowie zahlreiche Tiefen mit seinem Verein und lernte den internationalen Fußball lieben. Dem VAR steht er mit tiefer Abneigung gegenüber. Seit 2021 bei 90Plus.


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