Blick über den Tellerrand | Unaufhaltsame PSV, Fast-Absteiger Zürich träumt von Meisterschaft

5. Dezember 2023 | Global News | BY Yannick Lassmann

Die Berichterstattung über den internationalen Fußball dreht sich hauptsächlich um die führenden fünf europäischen Ligen und ihre Topklubs. Doch auch dahinter wird attraktiver Fußball geboten, auf den wir regelmäßig im „Blick über den Tellerrand“ ein genaueres Auge werfen. Unser Blick richtet sich dabei auf die deutschen Nachbarländer Niederlande, Belgien, Österreich und die Schweiz sowie Portugal und Schottland, die in der UEFA-Fünfjahreswertung starke Positionen einnehmen. Wir blicken auf die jetzt auch noch international siegende PSV Eindhoven, den chronisch unter seinen Möglichkeiten agierenden SK Rapid Wien und den FC Zürich, der nur Höhen und Tiefen zu kennen scheint.

Eredivisie: Goldener November für die PSV – Ajax stabilisiert sich

Die PSV Eindhoven stellt in der laufenden Spielzeit bekanntermaßen in der Eredivisie das Maß aller Dinge. Schwer tat sie sich dagegen noch in der Champions League, wo aus den ersten drei Vorrundenspielen nur zwei Punkte heraussprangen. Doch auch hier gelang der Mannschaft von Peter Bosz (60), der an seinem Ansatz im Vergleich zu seinen Zeiten in der Bundesliga nicht allzu viel verändert hat, die Trendwende. Der RC Lens wurde im eigenen Stadion mit 1:0 niedergerungen. In der vergangenen Woche gelang in Sevilla der große Coup. Die PSV lag bis zur 68. Minute mit 2:0 zurück und drehte dennoch die Partie. Ricardo Pepi (20), einst unglücklich beim FC Augsburg aktiv und im Sommer für elf Millionen Euro verpflichtet, erzielte in der Nachspielzeit das umjubelte Siegtor.



Die zwei Siege über Gegner, die vor Beginn als zumindest schlagbar eingestuft worden, steht die Qualifikation für das Achtelfinale bereits fest. Das letzte Gruppenspiel gegen den FC Arsenal hat dennoch nicht nur statischen Wert, denn im Hinspiel kassierte Eindhoven eine herbe Niederlage – zugleich die einzige, die mit 0:4 deutlich ausfiel. National lief es zudem weiter wie geschmiert. 6:0 in Almelo, 4:0 zuhause gegen Zwolle und 3:0 bei Twente Enschede, immerhin Tabellenvierter, lauteten die Resultate vor dem Topspiel beim Noch-Meister aus Rotterdam.

Im mit 47.500 ausverkauften De Kuip entwickelte sich eine rasante, vor allem von vielen Zweikämpfen geprägte Begegnung. Die fußballerischen Qualitäten beider Mannschaften blieben teilweise auf der Strecke. Doch auch hier hatte die PSV den längeren Atem. Ein Doppelschlag von Ismael Saibari (22) sowie Innenverteidiger Olivier Boscagli (26) mit einem wuchtigen Kopfball stellte die Weichen auf Auswärtssieg. Santiago Gimenez verkürzte zwar durch einen nicht unhaltbaren Distanzschuss noch einmal auf 1:2. Die drei Punkte nahm dennoch der Tabellenführer mit, der nun sensationelle 14 Siegen aus 14 Spielen bei einem Torverhältnis von 50:6 (!) eingesammelt hat und bereits zehn Zähler vor Feyenoord liegt.

(Photo by MAURICE VAN STEEN/ANP/AFP via Getty Images)

Ganz anders erging es in den vergangenen Monaten dem niederländischen Rekordmeister Ajax Amsterdam, über dessen Absturz auch an dieser Stelle schon berichtet wurde. Ende Oktober befand er sich nach dem 2:5-Debakel beim designierten Champion in Eindhoven sogar am Tabellenende. Anschließend übernahm John van`t Schip (59) den Trainerposten. Unter seiner Leitung befindet sich Ajax auf dem Weg der Besserung. 13 Punkte sprangen aus den bisherigen fünf Ligaspielen heraus. Dabei wussten die Amsterdamer vor allem im eigenen Stadion zu gefallen. International bekamen sie gegen Brighton (0:2) und beim dramatischen 3:4 in Marseille jedoch mit van`t Schip, der dem Verein über den Sommer hinaus erhalten bleiben soll, die Grenzen aufgezeigt.

Bundesliga: Ex-Nürnberger Klauß soll Rapid in die Spur bringen

Zehnmal in Folge gewann RB Salzburg mittlerweile die österreichische Meisterschaft. Wie schon im Vorjahr muss sich der Dauermeister wieder erheblicher Gegenwehr von Sturm Graz stellen. Aktuell trennen beide Vereine lediglich zwei Zähler. Zwischenzeitlich führten die in der Europa League aktiven Grazer sogar die Tabelle an. Gar nicht mehr mit der Spitze in Verbindung gebracht wird dagegen der prominenteste Verein des Landes: Rapid Wien.

Der Rekordmeister spielt trotz seiner 32 Titel aus der Vergangenheit keine Rolle mehr, sondern kämpft aktuell darum, die obere Tabellenhälfte zu erreichen. Angesichts der mangelhaften Resultate erfolgte Mitte November die Trennung des bei den Fans durchaus geschätzten Zoran Barisic (53). Auch sportlich schien seine Entlassung durchaus vermeidbar, denn Rapid stellte in vielen Spielen die aktivere Mannschaft, erspielte sich die besseren Möglichkeiten, um trotzdem regelmäßig leer auszugehen.

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Exemplarisch dafür stehen Spiele wie das 1:1 gegen Graz (1,74:0,68 xGoals), das torlose Remis im Stadtderby trotz doppelter Überzahl, die 2:3-Niederlage gegen Klagenfurt (1,34:0,48 xGoals) oder das zum Barisic-Aus führende 0:1 in Hartberg mit 2,29:0,30 xGoals aus Rapid-Sicht. Bei der Suche nach einem Nachfolger bediente sich der Klub nicht in den Reihen der in Österreich stets genannten Kandidaten. Stattdessen entschieden sich die Verantwortlichen für Robert Klauß (39), zuvor von 2020-2022 beim 1. FC Nürnberg.

„Ich bin glücklich, dass wir mit Robert Klauß einen jungen, engagierten und modernsten Standards verpflichteten Trainer gefunden haben, der sich zu hundert Prozent mit unserem Weg und unserer Philosophie identifiziert“, erklärte Geschäftsführer Steffen Hofmann (43). Die Wahl von Klauß ist durchaus mutig, denn aufgrund seiner RB-Vergangenheit herrscht bei vielen langjährigen Anhängern Skepsis. Das Debüt des neuen Cheftrainers verlief erfolgreich. Aufsteiger Blau-Weiß Linz wurde mit 1:0 bezwungen. Dabei ließ das defensiv anfällige, derzeit nur auf Platz sieben liegende Rapid nicht eine nennenswerte gegnerische Möglichkeit zu. Daran soll in den ausstehenden zwei Spielen bis zur Winterpause angeknüpft werden. Ein erster Härtetest erfolgt am kommenden Samstag gegen Salzburg.

Super League: Erst Titel, dann Fast-Abstieg, dann wieder Titel – Das Auf und Ab beim FC Zürich

Bis zur Saison 2021/2022 spielte der FC Zürich, einer der größten Namen im Schweizer Fußball, im Meisterrennen so gar keine Rolle mehr. Dann kam Andre Breitenreiter (50), formte eine Mannschaft, die seinen Umschaltfußball herausragend umsetzte und gewann mit gleich 14 Punkten Vorsprung die Meisterschaft. Breitenreiter zog anschließend weiter nach Hoffenheim, wo er nur ein halbes Jahr bleiben durfte. Ebenso gingen wie der damalige Toptorjäger Assan Ceesay (29).

Franco Foda (57) gelang es nicht annähernd, an die vorherigen Erfolge anzuknüpfen, sodass der FC Zürich ans Tabellenende abstürzte. Foda musste schon im September wieder gehen. Auch Nachfolger Bo Henriksen (48) hatte seine liebe Mühe mit einem nicht ausbalancierten Kader, verhinderte aber letztlich den neuerlichen Absturz in die Zweitklassigkeit. Der Däne ist darüber hinaus weit mehr als ein Feuerwehrmann, der mit guter Menschenführung die Spieler auf seine Seite zieht. Der FCZ weiß nämlich mittlerweile auch spielerisch wieder zu überzeugen, erzielte knapp zwei Tore pro Ligaspielen.

(Photo by Ryan Pierse/Getty Images)

Die positive Entwicklung spiegelt sich auch in den Resultaten wider. Die Züricher stehen auf Platz eins, den sie sich durch einen verdienten 3:1-Erfolg über die als klaren Meisterschaftsfavoriten geltenden Young Boys eroberten. Mit Jonathan Okita (27) und Antonio Marchesano (32), der zudem ein gutes Auge für den Mitspieler mitbringt, kann sich der FC auf gleich zwei Offensivakteure verlassen. Darüber hinaus nehmen Keeper Yanick Brecher (30), die Innennverteidiger Lindrit Kamberi (24) und Nikola Katic (30) sowie der zentrale Mittelfeldspieler Cheick Condé (23) eine prägende Rolle ein.

Kamberi oder Condé könnte es jedoch im Sommer ins Ausland ziehen, würde aber zumindest eine Ablöse einbringen. Anders schaut es bei Coach Henriksen aus, dessen Vertrag ausläuft. Fragen nach seinen Zukunftsplänen wollte er zuletzt nicht beantworten. Der Blick auf die jüngste Vergangenheit zeigt, dass Erfolg beim FC Zürich auch aktuell wieder auf wackligen Beinen steht. Umso wichtiger wäre der Verbleib von Henriksen, den es jedoch in eine größere Liga treiben könnte.

Die Tabellen der anderen Ligen:

Portugal: Primeira Liga

Belgien: Jupiler Pro League

Schottland: Premiership

(Photo by JORGE GUERRERO/AFP via Getty Images)

Yannick Lassmann

Rafael van der Vaart begeisterte ihn für den HSV. Durchlebte wenig Höhen sowie zahlreiche Tiefen mit seinem Verein und lernte den internationalen Fußball lieben. Dem VAR steht er mit tiefer Abneigung gegenüber. Seit 2021 bei 90Plus.


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