Blick über den Tellerrand | Feyenoord löst Ajax ab, Auf und Ab beim FC Basel

26. April 2023 | Global News | BY Yannick Lassmann

Die Berichterstattung über den internationalen Fußball dreht sich hauptsächlich um die führenden fünf europäischen Ligen und ihre Topklubs. Doch auch dahinter wird attraktiver Fußball geboten, auf den wir regelmäßig im „Blick über den Tellerrand“ ein genaueres Auge werfen. Unser Blick richtet sich dabei auf die deutschen Nachbarländer Niederlande, Belgien, Österreich und die Schweiz sowie Portugal und Schottland, die in der UEFA-Fünfjahreswertung starke Positionen einnehmen. Feyenoord und Salzburg befinden sich auf Meisterkurs. In ganz anderen Gefilden bewegt sich dagegen der FC Basel.

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Eredivisie: Feyenoord vor der Meisterschaft – Spielabbruch in Groningen

Der 30. von 34 Spieltagen dürfte in der Eredivisie bereits die Entscheidung im Titelrennen gebracht haben. Spitzenreiter Feyenoord, der noch am Donnerstagabend nach großen Kampf der AS Roma mit 1:4 unterlag und aus der Europa League ausschied, ließ im Heimspiel gegen den FC Utrecht wieder einmal nichts anbrennen. Ein wunderbar herausgespielter Treffer von Sebastian Szymanski leitete den 3:1-Erfolg ein. Der zehnte Ligasieg hintereinander ließ das Punktekonto der Rotterdamer auf 73 anwachsen und die erste Meisterschaft seit 2017, als Giovanni van Bronckhorst noch als Cheftrainer und Dirk Kuyt als Kapitän fungierte, näherrücken.

Der Vorsprung auf den ärgsten Verfolger PSV Eindhoven beträgt schon acht Zähler. Dieser beschleunigte ebenfalls am Sonntag die Entthronung von Noch-Meister Ajax (62 Punkte). Das direkte Duell verlief erstaunlich einseitig und endete letztlich nach zwei Treffern von Luuk de Jong sowie einem verwandelten Foulelfmeter durch den wieder einmal äußerst umtriebigen Xavi Simons mit 3:0. Ajax könnte somit erstmals seit 2017 die Champions League verpassen und wird in den kommenden Wochen Fragen, die über die Weiterbeschäftigung von Interimstrainer Johnny Heitinga hinausgehen, beantworten müssen. Der Mitte Mai offiziell seinen Posten antretende Sven Mislintat wird dabei eine zentrale Rolle einnehmen. Feyenoord hingegen kann sich mit Blick auf das Restprogramm nur noch selbst schlagen. In den letzten vier Spielen warten ausschließlich Gegner aus der unteren Tabellenhälfte.

Der als „De Topper“ bezeichnete Vergleich zwischen der PSV Eindhoven und Ajax stand jedoch nicht nur aus sportlichen Gründen im Blickpunkt. Zwischenzeitlich unterbrach Schiedsrichter Serdar Gözöbüyük die Begegnung für eine Viertelstunde, nachdem Gegenstände aus dem Publikum in Richtung Ajax-Akteur Steven Berghuis flogen. Damit wandte er die Regelverschärfung des Niederländischen Fußballverbandes konsequent an. Dieser ordnete nämlich infolge des Feuerzeugwurfs auf Davy Klaassen an, dass die Spiele schon beim Wurf eines Gegenstandes auf den grünen Rasen unterbrochen werden müssen und bei einem zweiten Vorfall der sofortige Abbruch folgt.

Das Thema prägt derzeit die Diskussionen im niederländischen Fußball. Schon am Samstagabend endete das Heimspiel des abstiegsbedrohten FC Groningen gegen NEC Nijmegen bereits nach 18 Minuten, da ein Schiedsrichterassistent von einem aus den Rängen fliegenden Bierbecher getroffen wurde. Dem Unparteiischen Richard Martens blieb daher bei seiner Entscheidung gar keine andere Wahl. Die verbleibende Spielzeit wurde am Dienstagnachmittag unter Ausschluss der Öffentlichkeit nachgeholt. Groningen unterlag mit 0:1 und wird sich aller Wahrscheinlichkeit nach mit dem Gang in die Zweitklassigkeit anfreunden müssen.

Bundesliga: Salzburg gewinnt Topspiel – wieder Lizenzprobleme bei Austria Wien

Neunmal in Folge gewann RB Salzburg die österreichische Meisterschaft, zumeist höchst souverän. Der knappste Abstand auf den Zweitplatzierten betrug sechs Zähler. Am Sonntag reiste der unter personellen Sorgen, wie beispielsweise dem Ausfall von Angreifer Noah Okafor, leidende Konzernklub mit gerade einmal zwei Zählern Vorsprung ausgestattet zum Konkurrenten Sturm Graz, der insbesondere im eigenen Stadion nur schwer zu schlagen ist. Darüber hinaus verlor der Tabellenzweite keines der letzten vier direkten Aufeinandertreffen.

Doch am Sonntag befanden sich die Grazer in der mit 15.000 Fans ausverkauften Merkur-Arena ein ganzes Stück von ihrer Bestform entfernt. Nach einer ereignisarmen ersten Hälfte gewannen die Gäste im Zweiten Abschnitt an Kontrolle über das Geschehen. Nicolas Capaldo gelang per Flachschuss das wegweisende 0:1 (54.). Benjamin Sesko, den es im Somer zum Salzburger Partnerklub nach Leipzig zieht, erhöhte mit seinem 14. Saisontreffer auf 0:2. Dieser Vorsprung geriet zu keiner Sekunde in Gefahr, denn Sturm Graz kreierte keine einzige hochkarätige Möglichkeit. Angesichts des Spielverlaufs sowie der auf fünf Punkte angewachsenen Differenz in der Tabelle dürfen sich die österreichischen Fußball Anhänger auf die zehnte RB-Meisterschaft in Folge einstellen.

(Photo by KRUGFOTO/APA/AFP via Getty Images)

Vor Beginn der Salzburger Dominanz gewann Austria Wien in der Spielzeit 2012/13 die Meisterschaft. Inzwischen muss der Traditionsklub sich mit ganz anderen Sorgen auseinandersetzen. So startete er aufgrund von Verstößen gegen die Finanzvorgaben mit minus drei Punkten in die Saison. Die Lizenz wurde zudem von der österreichischen Bundesliga erst im Zweiten Anlauf erteilt. Auch diesmal erhielten die bei 64 Millionen Euro Verbindlichkeiten angekommenen „Veilchen“ beim ersten Anlauf keine Lizenz. Vorstand Gerhard Krisch bezeichnete die Entscheidung als „nicht nachvollziehbar“.

Nichtsdestotrotz musste die Austria bis zum vergangenen Freitag verbesserte Unterlagen nachreichen, die die bis zu 6 Millionen Euro, die im Etat fehlen, sichern. Die Reaktion der Bundesliga wird mit Spannung erwartet. Realistisch scheint wieder einmal die Lizenzvergabe unter Auflagen, wie beispielsweise einem neuerlichen Punktabzug. Sportlich spielen die vom Ex-Stuttgarter Michael Wimmer trainierten Wiener trotz dieser Probleme eine sehr ansprechende Rolle. Sechs Spieltage vor Saisonende liegt die Qualifikation für die Conference League in Reichweite. Die kommenden zwei Duelle mit Graz sowie das Stadtderby im eigenen Stadion dürften aufzeigen, wohin die Reise führen wird.

Super League: International hui, in der Liga pfui – die zwei Welten des FC Basel

Der FC Basel sicherte sich zwischen 2010 und 2017 achtmal in Folge die Schweizer Meisterschaft. Er galt als Paradebeispiel für einen Klub, der immer wieder Spieler weiterentwickelte, für viel Geld in europäische Topligen verkaufte und mit diesem die passenden Neuzugänge fand. Der Wind drehte sich im Sommer 2017, als sich mit Präsident Bernhard Heusler und Sportchef Georg Heitz zwei langjährige Führungsfiguren verabschiedeten. Ebenso trennte sich der Klub damals von einem gewissen Urs Fischer, dem heutigen Coach von Union Berlin, aufgrund der eher unattraktiven Spielweise.

Seitdem beschäftigte der inzwischen von Ex-Profi David Degen gelenkte FCB sieben verschiedene Übungsleiter, kam aber nicht einmal mehr in die Nähe eines Meistertitels. Im Gegenteil: Aktuell steht der Klub in der Tabelle lediglich auf dem siebten Tabellenrang und wird abermals von einem Interimstrainer betreut – Heiko Vogel, eigentlich als Sportdirektor beim Klub angestellt. Diesem gelang es nach der Entlassung der lediglich sieben Monate anwesenden Klubikone Alexander Frei ebenfalls nicht, Konstanz in die Leistungen zu bringen. In elf Spielen unter seiner Leitung sprangen nur mittelmäßige 14 Punkte heraus.

Überstrahlt wird die enttäuschende, mit einem Scheitern im Pokalhalbfinale gegen die Young Boys garnierte Saison auf nationaler Ebene durch die Auftritte in der Conference League. Über Trabzonspor und Slovan Bratislava führte der Weg ins Viertelfinale, wo mit dem OGC Nizza ein Kontrahent mit wesentlich höherer individueller Qualität im Kader wartete. Vor recht magerer Kulisse von nur knapp über 21.000 Zuschauenden erlangte der FC Basel im heimischen St. Jakob-Park, der schon einige magische europäische Nächte erlebte, ein achtbares 2:2. Zeki Amdouni erzielte in Minute 71 den wichtigen Ausgleichstreffer.

(Photo by VALERY HACHE/AFP via Getty Images)

Somit reiste der Schweizer Traditionsklub mit einer Chance aufs Weiterkommen, aber ohne seine Anhänger an die Cote d’azur. Das französische Innenministerium hatte ihnen die Anreise untersagt, mit der Begründung, dass Auswärtsfahrten der Baseler „häufig Störquellen für die öffentliche Ordnung“ seien. Als Nizza dann noch frühzeitig durch einen abgefälschten Schuss von Gaetan Laborde in Führung ging, schien das FCB-Schicksal besiegelt. Doch der FCB überstand kritische Phasen, stemmte sich gegen das Ausscheiden und meldete sich in der 86. Minute mit dem Ausgleich durch den einst als großes Talent geltenden Jean-Kevin Augustin zurück. In der Verlängerung köpfte Kasim Adams zum umjubelten 1:2-Siegtor ein. Der FC Basel qualifizierte sich somit zehn Jahre nach dem Europa-League-Halbfinaleinzug zum zweiten Mal für ein europäisches Halbfinale. Mit der Fiorentina kommt ein Gegner aus der Kategorie Nizza. Die Träume von Endspiel dürften sowohl Spieler und Fans etwas entspannter auf den tristen Ligaalltag schauen lassen.

(Photo by OLAF KRAAK/ANP/AFP via Getty Images)

Yannick Lassmann

Rafael van der Vaart begeisterte ihn für den HSV. Durchlebte wenig Höhen sowie zahlreiche Tiefen mit seinem Verein und lernte den internationalen Fußball lieben. Dem VAR steht er mit tiefer Abneigung gegenüber. Seit 2021 bei 90Plus.


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